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Anita und wir Episode 08

Geschichte Info
Können alte Hunde noch neue Tricks lernen?
8.7k Wörter
4.66
50.2k
4
Geschichte hat keine Tags

Teil 19 der 23 teiligen Serie

Aktualisiert 06/08/2023
Erstellt 12/12/2016
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Anitas und wir 8 -- Adam und Ilona

Von Phiro Epsilon

Hallo,

Dies ist die achte in sich abgeschlossene Episode der Familiensaga um die deVilles und die Schuppachs.

Hier wird die Vorgeschichte von Episode 5 und die Episoden 3 bis 5 aus der Sicht von anderen Personen erzählt, die während dieser Zeit ihre eigene Entwicklung durchmachen.

Alle an sexuellen Handlungen beteiligten Personen in dieser Serie sind volljährig.

Aus gegebenem Anlass: Copyright © 2017 Phiro Epsilon Das Posten dieser Geschichte, auch auszugsweise, auf einer anderen Webplattform oder unter einem anderen Namen ist nicht gestattet.

1

Die ganze Geschichte begann damit, dass dieser junge Kerl im Hof unserer Schreinerei auftauchte.

Nun ist "unsere" etwas übertrieben. Sie gehörte meinem Freund aus Kindergartentagen Hannes Angermann und war schon seit sechs Generationen im Besitz seiner Familie.

Ich war "nur" sein Vorarbeiter, Meister, Vertrauter und Mädchen für alles. In den letzten paar Jahren war die Last der Verantwortung auf meinen Schultern immer größer geworden, nachdem seine Ehefrau Mathilda gestorben und bei ihm Krebs diagnostiziert worden war.

Ich stand also mit Hannes, der gerade wieder eine von seinen Chemotherapien hinter sich gebracht hatte, auf dem Hof der Schreinerei, als der Junge auftauchte.

Schwarzer Samtanzug mit Halstuch, breitkrempiger Hut, Stiefel trotz des Schnees und des Salzes auf der Straße spiegelblank geputzt, Wanderstock und Charlottenburger. So wie man sich einen zünftigen Gesellen auf der Walz vorstellt.

Er blieb vor uns stehen und tippte an seinen Hut. "Meister Angermann?"

Hannes nickte. "Das bin ich."

"Gott grüße Sie, ehrbarer Schreinermeister.

Haben Sie nicht eine ehrbare Beförderung für einen ehrbaren Schreiner auf acht oder vierzehn Tage, oder so lange es dem ehrbaren Meister beliebt und mir ehrbaren Schreinergesellen gefällt nach Handwerks Brauch und Gewohnheit?"

Hannes legte seinen Kopf schief und kniff die Augen zusammen, wie er es immer machte, wenn er verblüfft war.

"Ich vermute, junger Mann, dass ich jetzt einen intelligenten Spruch als Antwort geben müsste, aber ich bin völlig überfordert. Können Sie das nochmal auf Deutsch wiederholen?"

Der junge Mann grinste breit. "Mein Name ist Frank Schuppach. Ich bin Geselle im dritten Jahr und bitte Sie um eine kurz- oder langfristige Anstellung.

Ich habe mein erstes Jahr in Stuttgart und mein zweites in Hannover gearbeitet. Meine Papiere sind in Ordnung und mein letzter Meister in Eisenach hat mir empfohlen, bei Ihnen vorzusprechen. Ich würde gerne lernen, wie man alte Möbel fachgerecht restauriert."

"Da sind Sie bei uns schon richtig", mischte ich mich ein und streckte ihm meine Hand hin. "Adam Fritz, ich bin der Werkstattleiter." Er nahm sie mit festem Griff und schüttelte sie.

"Ich bin allerdings nicht sicher ...", fuhr ich fort, doch Hannes unterbrach mich.

"Lass mal stecken, Adam, ich denke, wir sollten es mit dem jungen Frank probieren. Zwei Wochen, normaler Gesellenlohn, und dann sehen wir weiter?" Er hielt Frank seine Hand hin.

Der schlug ein. "Danke, Meister."

"Hast du schon eine Unterkunft?", fragte Hannes.

"Nein, Meister. Ich bin gerade erst angekommen."

Ich staunte. "Zu Fuß von Eisenach bei dem Wetter?"

Er lächelte verlegen. "Nööö. Ich weiß ja, es ist nicht unbedingt zünftig, aber einer der Lieferwagen meines alten Meisters hat mich hierher mitgenommen."

Hannes lachte. "Zünftig oder nicht ist mir völlig egal. Wenn du willst, kannst du da oben wohnen."

Er wies auf die Dachwohnung über der Schreinerei. Sie hatte seit fünf Jahren leer gestanden, seit Johann, sein einziger Sohn, bei einem Autounfall ums Leben gekommen war. Keinem der Azubis oder Gesellen in der Zwischenzeit hatte er das angeboten.

Hannes war schon immer ein besserer Menschenkenner gewesen als ich. Er musste in diesem jungen Mann etwas sehen, das ich nicht sah.

2

"Was denkst du über den Jungen", fragte Hannes eine Woche später.

"Er stellt sich gut an", sagte ich. "Tut, was man ihm sagt, stellt intelligente Rückfragen, sagt gleich Bescheid, wenn er denkt, dass er eine Arbeit in der gestellten Zeit nicht fertigkriegen kann."

"Sollten wir ihn behalten?"

"Für sein drittes Gesellenjahr? Nichts dagegen. Wir könnten wirklich schlechtere Leute kriegen."

"Und danach? Könntest du ihn dir als deinen Chef vorstellen?"

"Hannes!"

"Ich habe nicht mehr lange zu leben. Du willst die Schreinerei nicht haben. Hast du eine bessere Idee?"

"Nach der kurzen Zeit?"

"Je früher wir anfangen, ihn darauf vorzubereiten, desto länger könnt ihr euch aneinander gewöhnen."

"Ach, Hannes!"

Er hatte natürlich Recht. Wie immer. Deswegen war er auch mein Chef und ich nicht seiner. Keiner der anderen beiden Gesellen wäre auch nur im Entferntesten geeignet. Ich wusste nicht, ob ich mit jemandem Fremden zurechtkommen würde. Einem alten Hund bringt man keine neuen Kunststücke bei.

"Er wird vielleicht gar nicht hierbleiben wollen. Er benimmt sich zwar nicht wie ein Wessi, aber er ist einer."

"Krieg's raus. Lade ihn gelegentlich mal zum Essen zu euch nach Hause ein. Lass Ilona den Jungen ausquetschen."

Ich lachte auf. Da musste ich gar nichts tun. Ihn einzuladen und sie ihn nicht unters Mikroskop legen zu lassen, wäre eher die Herausforderung.

"Gib mir Bescheid, falls du irgendetwas herausfindest, das ich wissen sollte."

* * *

Wir fanden schnell ziemlich viel über ihn heraus. Wie ich vermutete, brauchte ich nur nach dem Essen für meine tägliche Zigarette — ich hatte das Rauchen stark reduziert, aber nie wirklich aufgegeben — auf den Balkon zu gehen, und fand ihn danach, eine Bierflasche in der Hand, auf dem Seziertisch meiner Gattin. Sie war schon sehr tief mit ihrem Skalpell in sein Gehirn eingedrungen.

Er erzählte gerade von seinem Zwillingsbruder, den er seit zwei Jahren nicht mehr gesehen hatte, dass sie sich über ein Mädchen verkracht hatten, und das auch ein Grund für ihn gewesen war, auf die Walz zu gehen, statt eine Gesellenausbildung der modernen Art zu machen.

Es hörte sich an, als wäre er trotz allem sehr stolz auf Max, der inzwischen studierte. Mehr als auf seine Eltern, die sich immer wieder gestritten hatten, weil sein Vater so viel arbeitete und seine Mutter als Sportlehrerin nur gelegentlich Geld verdienen konnte, und so weiter und so fort.

Ilona war schon immer gut darin gewesen, sich die Probleme anderer anzuhören. Mehr noch, seit sie Großmutter von nunmehr vier Enkeln war.

Nur für meine Probleme interessierte sie sich schon lange nicht mehr. Warum wir uns nicht hatten scheiden lassen? Was hätten wir dann machen sollen? Jeder zu einem anderen unserer Kinder ziehen? Da blieben wir lieber beisammen, schliefen in getrennten Zimmern, weil ich angeblich schnarchte und sie nachts anfing unverständliche Geschichten zu erzählen.

Ich brachte das Geld nach Hause, sie kümmerte sich um den Haushalt, und manchmal konnten wir uns sogar auf ein gemeinsames Fernsehprogramm einigen.

Ich verbrachte einen oder zwei Abende in der Woche mit Hannes in unserer Stammkneipe und diskutierte Gott und die Welt. Sie hatte ihre Kirchengemeinde und Frauenkreise. Wir kamen uns nicht ins Gehege.

Ein fast optimales Leben, oder?

Auf jeden Fall schreckte ich aus meinen Träumereien gerade früh genug hoch, um mitzubekommen, wie sie ihn dazu einlud, doch regelmäßig zum Abendessen zu kommen, statt immer nur aus Dosen zu leben und sich Essen in der Mikrowelle heiß zu machen.

"Nein", sagte ich. "Da habe ich nichts dagegen." Das konnte ich aus vollstem Herzen sagen. Den Jungen ein bisschen besser im Blick zu haben, konnte nichts schaden.

3

Ein Jahr später kam der nächste Einschnitt. Frank hatte die Meisterschule mit Bravour abgeschlossen. Er war außerdem schlau genug, inzwischen den Braten gerochen zu haben, den Hannes ihm in den Ofen geschoben hatte.

Meinem alten Freund ging es von Monat zu Monat schlechter, und die Ärzte gaben ihm nur noch drei, höchstens sechs, bis er uns würde verlassen müssen.

Frank arbeitete schon seit einem halben Jahr, seitdem die beiden älteren Gesellen gegangen waren, nicht nur selbständig, sondern kümmerte sich auch um die Azubis.

Ich war mit den neuen Gesellen unterwegs zu den Kunden, derweil schmiss Frank die Werkstatt. Und sein Blick auf Hannes, wann immer der sich mal blicken ließ, war ein genaues Spiegelbild des besorgten Gesichts, das ich immer machte.

"Hannes will mich zu seinem Nachfolger machen", stellte er eines Abends fest, als wir nach dem Essen auf dem Balkon standen, ich mit meiner Zigarette, er mit einer Flasche Bier.

"Ich weiß", sagte ich.

"Aber du bist doch sein Freund."

"Ich weiß."

Er grinste mich an. "Du willst dir die Verantwortung nicht aufladen. Du bist zufrieden damit, Meister zu sein."

"Ich weiß", grinste ich zurück.

"Aber das hat ein Ende, sobald die Schreinerei dir gehört."

"Sie wird mir nicht gehören."

"Hannes hat doch keine Verwandten mehr, seit Johannes Junior vor sechs Jahren umgekommen ist."

"Ich weiß."

Er schwieg. Lange. "Ich bin doch noch so jung. Traust du mir das zu?"

Ich schlug ihm auf die Schulter. "Wenn nicht dir, wem dann? Irgendeinem Typ, den wir einstellen, und der nichts hat außer hochfliegenden Ideen? Oder willst du, dass die Schreinerei verkauft wird?"

"Nein. Aber das heißt, dass ich hierbleiben muss."

"Ich weiß."

"Dass Ilona mich noch länger verköstigen muss."

"Du wirst schon irgendwann eine Frau finden. Jetzt bist du Meister. Wenn Hannes dann von uns gegangen ist, bist du ein Meister, dem eine gutgehende Schreinerei gehört. Da fliegen die Frauen drauf."

* * *

Nun, damit hatte ich mich getäuscht. Die Zeiten hatten sich geändert, seit ich vor dreißig Jahre meinen Meister gemacht hatte.

Heutzutage wollten die jungen Dinger keine schwer arbeitenden Handwerker mehr als Ehemänner, sondern geschniegelte Bürofuzzis mit großen Autos.

Nicht, dass Frank sich kein großes Auto hätte leisten können.

"Die Pritsche ist doch toll", sagte er. "Die macht das sicher noch zehn Jahre."

Die "Pritsche" war ein VW-Pritschenwagen aus dem Jahr 1980. Wir hatten ihn kurz nach der Wende gekauft mit dem neuen zweiten Motor. Der Tacho hatte inzwischen wahrscheinlich die Hunderttausend schon zum achten oder neunten Mal passiert.

Das Auto hatte jetzt den dritten Motor drin, aber das Chassis noch keinen Rostfleck. Von außen sah das Ding allerdings zum Weinen aus.

"Wenn mich eine Frau trotz der Pritsche nimmt", fuhr er grinsend fort, "dann nimmt die mich auch trotz der Schreinerei."

Aber die Richtige kam nicht. Vorerst, zumindest.

Es war im Spätjahr 2018, als er mit einem Vorschlag ankam.

"Ich möchte etwas Neues probieren."

"Eine Datingshow im Fernsehen?"

Er lachte auf, fast schon hysterisch. "Nein, nein. Mit der Schreinerei. Wir dümpeln die ganzen Jahre irgendwie nur herum ohne einen festen Kurs zu haben. Die Restaurierungen halten uns über Wasser, aber ich kann nicht mehr Gesellen annehmen, weil wir nicht genug zu tun haben."

Ich nickte langsam. "Und was schwebt dir vor?"

"Da gibt es doch das Sanierungsprojekt in der Altstadt."

"Die vierzehn Heiligen? Das wird doch nichts mehr. Die Stadt redet schon seit Jahren davon und es geht nicht voran."

Es war eine ganze Reihe von uralten Häusern, die das Stadtbild verschandelten. Kurz nach der Wende waren die Fassaden neu gestrichen worden, doch das war nun auch wieder dreißig Jahre her und hatte nichts am inneren Zustand geändert. Die meisten waren inzwischen unbewohnbar. Sie standen — natürlich — alle unter Denkmalsschutz, also kamen die Investoren, warfen einen Blick darauf und verschwanden schneller als man 'Renovierung' sagen konnte. Abreißen und Geschäftshäuser hochziehen, das würden sie tun. Aber Wohnhäuser in der Innenstadt, bei denen man noch nicht einmal größere Fenster einbauen durfte?

"Erinnerst du dich an Doktor Hellmund?", fuhr er fort.

"Johann Friedrich, den Menschen-Reparierer? Klar doch."

"Er sitzt auch im Stadtrat. Letzte Woche hat er mich angerufen."

"Er hält dich für ein Geschenk des Himmels, seit du ihm seinen Schreibtisch restauriert hast."

Frank grinste. "Er denkt wahrscheinlich, dass er mir etwas Gutes tun muss, damit ich ihm beim nächsten Möbelstück bevorzugt behandle. Auf jeden Fall hat er mir gesteckt, dass sich die Fraktionen im Bauausschuss gegenseitig umbringen, wenn es nicht bald eine Lösung gibt."

"Und was schlägt er vor?"

"Dass ich die Häuser kaufen soll."

"Was?"

"Für einen Euro pro Stück plus dem Preis für den Grund auf dem sie stehen."

"Und dann?"

"Eins nach dem anderen komplett entkernen, nur das Fachwerk stehen lassen. Dann wieder aufbauen und an die Stadt zurückverkaufen oder an jemand anderen, der es haben will und mehr dafür bezahlt."

"Dann müssten die nicht alles auf einmal bezahlen."

"Das ist die Idee. Wir kriegen die Zuschüsse für den Denkmalschutz, und vielleicht springt ja auch ein Häuschen für mich und meine Zukünftige dabei heraus."

"Denk an die Kinder."

"Was?"

"Du, deine Zukünftige und viele, viele Kinder."

"Adam, du bist pervers."

4

Eine Woche später saß Frank bei uns zum Abendessen, als er unvermittelt sagte: "Meine Eltern haben mir geschrieben."

Ich blickte ihn an. Etwas an dieser Aussage war seltsam. Er hatte immer mal wieder Nachrichten mit ihnen ausgetauscht. Ich stamme zwar noch aus dem vorigen Jahrtausend, kann aber wohl die Segnungen des neuen durchaus würdigen. Es klang, als wären es diesmal aber nicht nur Kurznachrichten gewesen.

"Briefe", sagte er ohne jemanden von uns anzuschauen. "Zwei getrennte Briefe auf Papier. Per Luftpost aus Fuerteventura."

"Und", fragte Ilona. "Wie geht es ihnen."

"Gut. Anscheinend haben sie sich versöhnt. Ich wusste gar nicht, dass sie sich verkracht hatten."

"Das ist doch schön?"

"Ich soll über Weihnachten zu ihnen kommen. Sie wollen reden."

"Aber?", fragte ich.

"Max auch. Er hat mir 'ne Nachricht geschickt."

"Du bist immer noch stinkig auf ihn?"

"Nein, das ist es nicht. Wir müssen doch die ganzen Vermessungen machen und die Bauanträge schreiben. Und ..."

"Du glaubst doch nicht im Ernst, dass du dieses Jahr noch Antwort von der Stadtverwaltung kriegst."

"Ist egal. Ich habe ihm abgesagt."

"Nein, mein Junge", sagte Ilona mit fester Stimme, "das verbockst du nicht auch noch!"

Ich hatte sie noch selten so bestimmt reden hören. Damals, als Beate einen Musiker hatte heiraten wollen, hatte sie in diesem Tonfall interveniert. Und Recht behalten.

Frank blickte ganz verwirrt zwischen uns beiden hin und her. Dann senkte er den Kopf. "Das ist nicht so einfach. Ich habe euch noch nicht alles erzählt."

"Mir ist scheißegal", sagte Ilona, "was passiert ist. Du fliegst nach Fuerteventura, Junge, und bringst das in Ordnung."

So etwas, solch einen Ausdruck wie "scheißegal" hatte sie noch nie im Leben benutzt.

Frank zuckte genauso zusammen wie ich. Ich weiß nicht, wie er sich fühlte, aber ich war plötzlich stolz auf meine Frau.

Ich schaute sie an und sah plötzlich in ihren Augen das Feuer, das sie in ihrer Jugend gehabt hatte. Das, von dem ich gedacht hatte, es wäre schon längst erloschen.

"O-kay", sagte er langsam. "Ich überlege es mir."

"Nein", widersprach ich ihm. "Du holst jetzt sofort dein Handy raus und schreibst deinem Bruder, dass du kommst."

Hey, was meine Ilona kann, kann ich schon lange. Ich blickte zu ihr herüber, sie lächelte mich an und nickte zustimmend.

"Also?", fuhr ich fort.

Frank grinste verlegen. "Ist ja gut." Und dann tat er wie befohlen.

Braver Junge.

Eine Viertelstunde später standen wir auf dem Balkon — es war Dezember, aber unser Balkon ist schon etwas geschützt — als sein Handy piepste.

Er holte es heraus. "Max hat einen Flug für mich reserviert. Morgen Nachmittag. Und ein Bahnticket nach Frankfurt. Was? Heute Abend schon?"

"Dein Bruder gefällt mir. Also? Worauf wartest du noch?"

Drei Minuten später war er verschwunden.

Als ich an jenem Abend in meinem Bett lag, öffnete sich zu meinem Erstaunen die Tür, und Ilona kam herein. "Kannst du mal rücken?", sagte sie und legte sich neben mich ins Bett.

"Ich hoffe", flüsterte sie, "dass wir das Richtige getan haben."

Ich legte meinen Arm um sie und drückte sie an mich. Das Gefühl war fast vergessen und doch so vertraut. "Ich bin sicher", gab ich zurück. "Es war das Richtige."

Dann schliefen wir eng umschlungen ein.

* * *

Das Nächste, was wir von Frank hörten, war ein Bote von Fleurop drei Tage später. Er brachte einen gewaltigen Rosenstrauß für Ilona und eine Flasche alten Nordhäuser Doppelkorn für mich.

"Ich habe das dumme Gefühl", sagte ich grinsend, "dass wir tatsächlich das Richtige getan haben."

"Danke! Danke! Danke!", stand auf der Karte, die dabei lag. "Ich erzähle euch alles, wenn ich wieder zurück bin. Nach Neujahr."

Ilona stand neben mir und blickte mir über die Schulter. "Gottseidank!", sagte sie aus tiefstem Herzen.

Ich drehte mich um und breitete meine Arme aus. Und die Frau, mit der ich seit Jahren nur die nötigsten Worte gewechselt hatte, kam in meine Arme und spitzte ihren Mund. Natürlich nahm ich die Einladung an.

5

"Du hast was?", fragte Ilona.

"S-E-X", sagte Frank grinsend. "Soll ich es dir aufschreiben?"

"Sei nicht so frech, junger Mann", grinste sie zurück, "oder ich lege dich übers Knie."

"Ooooh toll!", lachte er, "Spanking! Ich wusste ja nicht, dass du das draufhast."

Ilona hob den Arm, und ich schnappte mir ihr Handgelenk. "Hast du nicht gemerkt, dass es der Kerl darauf anlegt?"

"Ach wirklich?", höhnte der weiter. "Ihr macht auch Bondage? Ja, wenn ich daaas früher gewusst hätte."

"Okay", sagte ich zu meiner Frau, "Du hältst ihn fest und ich hol den Rohrstock aus dem Keller."

"Also jetzt nochmal ernsthaft", sagte die. "Du hattest Sex mit deiner Mutter?"

"Kein Sex. Ich habe ihr nur den Rücken massiert, während sie masturbiert hat. Aber Jessica ... Wow! Und ihre Stiefmutter! Wow! Wow! Und beide auf einmal ..." Er leckte sich die Lippen, dann warf er sich auf den Sessel und griff nach seiner Bierflasche.

Ich versuchte, ruhig zu bleiben. "Und wie war das mit 'miteinander reden'?"

"Du glaubst nicht, wie locker man alle Probleme besprechen kann, wenn man nach dem Sex nackt zusammensitzt und dabei Bier trinkt. Nur Mamas Seitenblicke auf meinen Schwanz ..."

"Frank!", sagte Ilona ernst. "Bitte keine unflätigen Ausdrücke."

"Mamas Seitenblicke auf mein schon wieder erigiertes Geschlechtsteil — so gut?"

Ilona schüttelte nur resignierend den Kopf.

"Irgendwie ist bei denen der Knoten geplatzt, und unserer mit."

"Dein Bruder ..."

Er grinste so was von frech. "Du willst nicht wissen, was ich mit ihm unter der Dusche getrieben habe."

"Ja", sagte ich, "das wollen wir nicht." Ich wollte mit Ilona einen wissenden Blick austauschen, doch ihr Gesichtsausdruck ließ mich erstarren. Ein Ausdruck, den ich seit zwei Jahrzehnten nicht mehr gesehen hatte. Ilona wollte erfahren, was geschehen war. Sie war ... geil?

"Ihr vertragt euch also wieder?", fragte sie.

"Och jooo", machte er. "Das kann man sagen."

* * *

An diesem Abend ging ich in Ilonas Schlafzimmer. In dem Moment, in dem ich die Tür öffnete zuckte sie zusammen und zog ihre Hand unter der Bettdecke hervor.

Ich war irgendwie nicht überrascht. Ilona hatte auch schon früher gelegentlich masturbiert, als wir noch in einem Bett schliefen. Meistens dann, wenn ich nach einem Zwölfstundentag in der Schreinerei total erschöpft ins Bett gefallen war.

Ich hatte mich damals immer herumgedreht, und getan als ob ich schlief. Sie hatte sich wohl einen Zipfel der Decke in den Mund gesteckt, denn das Stöhnen, mit dem sie ihren Höhepunkt begleitete, klang immer sehr erstickt.

An diesem Abend setzte ich mich aufs Bett und legte ihr eine Hand auf die Wange. "Mach weiter", sagte ich, und sie blickte mich verwundert an. Ich küsste sie auf die Stirn. "Wer bin ich denn, dass ich dich vom Masturbieren abhalten würde."