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Dunkler Abgrund Ch. 08

Geschichte Info
Mardi Gras.
9.1k Wörter
4.54
35.2k
1
Geschichte hat keine Tags

Teil 8 der 19 teiligen Serie

Aktualisiert 08/30/2022
Erstellt 05/28/2010
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Notiz der Autorin: Diese Geschichte enthält viel Handlung, NonConsent-Elemente, BDSM (mit und ohne Zustimmung), Homosexualität (ff, mm), psychische und physische Folterbeschreibungen und eine Liebesgeschichte. Sie ist lang und entwickelt mit der Zeit einen verhältnismäßig komplexen Handlungsablauf.

Wer auf der Suche nach einem Quickie ist - und das sind wir alle mal - sollte sich vielleicht noch einmal umschauen. Alle Figuren und Ereignisse in dieser Geschichte - auch die, die sich auf real lebende Personen beziehen - sind gänzlich frei erfunden. Talalaaa. Winkewinke. Niemand liest das mehr. Die Autorin hat keinerlei journalistische Ausbildung und nicht über alles, was sie schreibt, hat sie vorher auch wirklich nachgedacht. Zudem enthält die folgende Geschichte viele schlimme Wörter und aufgrund ihres Inhalts sollte sie von niemandem gelesen werden.

Kapitel 8

„Cocktail?", wiederholte Grace verwirrt. Mit der rechten Hand griff sie nach dem störrischen Hebel der Gangschaltung und entlockte dem fein abgestimmten Getriebe ein protestierendes Quietschen. Doch dann war der Gang drin, der Wagen ruckelte, als sie Gas gab, und fuhr etwas schneller weiter.

Alec betrachtete sie stumm, aber mit hochgezogener Augenbraue.

Grace hatte nicht vor, ihre Fahrweise zu kommentieren, sondern starrte weiterhin aus der Frontscheibe. Auf gar keinen Fall würde sie sich rechtfertigen vor einem Mann, der bei der Erfindung des Autos bereits gelebt und somit sehr viel mehr Zeit damit verbracht hatte zu lernen, wie man mit einer Gangschaltung umging. Grace selbst besaß kein eigenes Auto und wenn sie mal fuhr, leaste sie sich einen Wagen mit Automatikgetriebe. Das hatte nichts damit zu tun, dass sie eine Frau war. Der Grund war ein anderer: Sie war clever. Automatik war nun einmal bequemer; weshalb sich also mit Gangschaltungen abquälen, wenn man es bequem haben konnte? Schließlich kaufte sie sich auch keinen Bauchtrainer, wenn sie vor ihrem Fernseher einen Sessel haben könnte.

Außerdem hatte sie noch nie einen Wagen gefahren, der mehr als ein Haus wert war. Sie hatten kurz vor der Ausfahrt auf die Autobahn den Wagen gewechselt und den Lexus am Straßenrand stehengelassen. Alec hatte einfach angehalten, winkte einen Mann in einem Porsche heran und zauberte mit seinen Gedanken, bis er ihm die Schlüssel des neuen Wagens gab. Wieder eine Sache, die sie in ihr Notizbuch schreiben musste. Noch mehr Schulden, die sie eines Tages begleichen würde. Aber so würden sie zumindest nicht von der Polizei angehalten werden. Der ehemalige Besitzer des Porsches glaubte noch einige Zeit, dass er den Wagen einem Freund geliehen hatte, meinte Alec, als sie nachfragte. Würde die Versicherung so etwas zahlen? Wohl kaum. Also musste es in ihr Schuldenbuch, auch wenn Alec sie beim Schreiben seltsam ansah. Doch auch das würde sie ihm gegenüber nicht kommentieren. Ein Vampir hatte mit Sicherheit kein Verständnis für moralische Bedenken gegenüber Diebstahl, deshalb band sie ihm auch nicht auf die Nase, was im Notizbuch stand. Das übrigens auch gestohlen war, fiel ihr dabei ein.

„Cocktail?", fragte sie noch einmal deutlich, um Alec wieder auf das Gespräch zurückzubringen. Doch Alec achtete gar nicht auf ihre Worte, sondern streckte eine vernarbte Hand aus und strich mit einer seidigen Berührung über ihre Wange, bevor er die Hand wieder sinken ließ. Seine Stirn fasziniert gerunzelt, schloss er kurz die Augen.

Das machte er schon den ganzen Tag. Oder Nacht vielmehr. Sie war in seinen Armen aufgewacht, was eine ziemlich aufwühlende und faszinierende Erfahrung war. Viel interessanter allerdings war für sie, dass sie sich so unglaublich gut fühlte. Geheilt, gesund, ausgeschlafen. Einfach rundum gut. Von den Zehen bis zur Kopfhaut. Das war wohl einer der Effekte des Vampirblutes in ihrem Organismus. Ein anderer Effekt war, dass sie alles um einiges intensiver wahrnahm. Sie konnte weder besser sehen, noch riss sie beim Öffnen eine Tür aus den Angeln, oder konnte sie irgendwelche faszinierenden Nuancen eines Duftes wahrnehmen, aber jede von Alecs Berührungen schickte einen kleinen Blitz durch ihren Körper. Wie ein Schuss pures Adrenalin ins Herz. Ein Ruck ging jedes Mal durch ihren Leib und ließ sie innerlich flimmern. Ja, das war das Wort, nach dem sie gesucht hatte. Flimmern. Als würde ihr Körper seinen erkennen und sich nach ihm sehnen. Das Verlangen, ihn zu berühren, war wie ein elektrisierender Schlag bei jeder einzelnen noch so kleinen Berührung. Und dieses Gefühl war eben so verwirrend, dass sie näheres über die Eigenschaften seines Blutes und seines Daseins wissen musste.

Doch Alec fand es offensichtlich viel lustiger, mit dem Zeigefinger nun über ihren nackten rechten Arm zu streichen. Die Stacheln seiner Wimpern senkten sich leicht über seine Augen, als er hinuntersah und den Anblick aufzusaugen schien.

Sie erschauderte und sah unwillkürlich auf seine narbenverzierte Hand, in der festen Überzeugung, dass man Funken sehen müsste. Doch dem war nicht so. Sie fühlte nur dieses Prickeln, das sich von ihrem Arm langsam ausbreitete und einen Nachhall in ihrem ganzen Körper fand, bis zu ihrem Schoß. „Alec!", zischte sie auffordernd, als sie merkte, dass sie langsam von der Fahrrille abdriftete. „Das lenkt mich ab. Und du antwortest nicht!"

Alec hob ruckartig den Kopf, als erwache er aus einer Art Trance. „Worauf?"

„Was meinst du mit Cocktail?"

Er nahm seine Finger von ihren Arm und betrachtete seine Fingerspitzen. Sein hartes Gesicht wirkte fast für einen Moment ein kleines bisschen weich, als er Daumen und Zeigefinger aneinander rieb und das nachhallende Prickeln genoss. Dann sah er sie an. „In meinen Zähnen sind Hohlräume", erklärte er schließlich und öffnete leicht den Mund. Mit dem Fingernagel tippte er auf seine eingefahrenen Fangzähne. „Wie bei einer Schlange. Damit injizieren wir bei einem Biss dem Opfer eine Art Droge. Ein Hormoncocktail, wenn du so willst. Allerdings auch Blutverdünnungsmittel, Adrenalin, jede Menge Glücklichmacher und einen Botenstoff, der auf das Kurzzeitgedächtnis der Menschen wirkt. Sie vergessen uns."

Sie warf ihm einen kurzen Blick zu und hob die Augenbraue. „Kann man kontrollieren, welche Hormone drin sind? Ich habe nämlich keinen Bock darauf, einen Bart zu bekommen, nur weil du mich mit deinen Hormonzähnen beißt."

Er zog einen Mundwinkel hoch und schüttelte den Kopf. Unbewusst hob er wieder die Hand, um sie zu berühren und sie spannte sich unwillkürlich an in der Erwartung, dieses exquisite Prickeln wieder zu fühlen. Doch er entschied sich anders und ließ die Hand wieder fallen. „Keine Sorge, Testosteron ist kein Teil dieses Drogencocktails." Er zögerte kurz. „Und scheinbar wirkt das Gift auch anders auf deinen Organismus. Du erinnerst dich noch an den Biss in dem Bunker, richtig?"

„Ja", gab sie leise zurück. Toll, noch eine Sache, die bei ihr anders war, als bei allen anderen Menschen. Was war sie doch für ein Glückspilz. „Und dein Blut? Ist das auch gespickt mit Muntermachern?"

Alec schüttelte halb abwesend den Kopf und streckte wieder die Finger aus, um ganz zart ihre Schulter zu berühren und dann bis zu ihrem Hals zu streichen.

Ihre nackten Zehen auf den Pedalen des Wagens krümmten sich begehrlich, als ein Luststrom langsam durch ihren Körper zirkulierte. „Wie... Was ist dann drin?", keuchte sie halb atemlos und versuchte sich auf die Fahrbahn zu konzentrieren.

„Viren."

Der Wagen machte einen Ruck, als sie vor Überraschung auf die Bremse tippte. Alec ließ die Hand sinken, während sie das Hupkonzert hinter sich abwartete und ihn dann ansah. „Viren?! Was für Viren?"

Alec zuckte mit den Schultern. „Viren. Wie in unserem Speichel. Genau kann ich dir das nicht sagen."

Grace runzelte die Stirn und fuhr langsam weiter. „In deinem Speichel?" Gott, sie musste ja voller Krankheiten sein! Viren? Himmelherrgott! Und dafür hatte sie die letzten Jahre so akribisch auf ihre Gesundheit geachtet, trainiert und Fleisch gemieden. - Obwohl Fleisch ihr auch ganz allgemein einfach nicht schmeckte. Aber trotzdem! Ihr ganzes Leben hatte sie auf sich acht gegeben, nicht eine ärztliche Versorgung verpasst und immer schön ihre Vitamine geschluckt, nur um am Ende von einem Vampir mit jeder Menge Viren gefüttert zu werden.

„Keine Panik", murmelte Alec ruhig, während sein Blick von ihren Lippen, über ihren Hals und dann über ihren nackten Arm wanderte. Ein seltsames Lächeln legte sich kurz auf seine Lippen, als freue er sich auf etwas. Und sie ahnte, was das war. „Es sind gute Viren."

„Gute Viren?", polterte Grace. „Gute Viren?" So wie AIDS einen guten Tod bescherte?

„Ja." Alec berührte ihr Haar und für einen kurzen Moment meinte sie, dieses Flimmern an ihrer Kopfhaut zu fühlen. „Heiligungsbeschleuniger; also gute Viren. Sie ähneln wahrscheinlich weißen Blutkörperchen. In meinem Blut und in meinem Speichel sind jede Menge davon. Je älter man wird, desto mehr davon ist in meinen Speichel und Blut enthalten. Ab einer bestimmten Dosis wirkt es deshalb umgekehrt und zerfrisst deinen Körper. Ähnlich wie bei Leukämie. Nur jüngere Vampire können normalerweise ihr Blut geben und verwandeln. Bei dir allerdings..." Er unterbrach sich, als wüsste er, dass sie ein weiteres Grace-ist-anders-Gerede nicht ertragen könnte. „Die Viren wirken positiv in deinem Körper und meinem. Deshalb bin ich auch gegen jede Krankheit immun und kann auch keine Krankheiten übertragen."

Sie entspannte sich. Wenn auch nur leicht. „Okay..." Sie zögerte kurz und warf ihm einen abschätzenden Blick zu. „Wenn du mich also beißt, kommen diese... Gefühle also nur von deinem Speichel?"

Alec grinste kurz und sein rechter Mundwinkel hob sich fast ganz. „So ungefähr. Kein Zauber; einfache chemische Biologie. Allerdings ist dieser Biss nicht für alle Menschen genussvoll. Andere fühlen sich einfach nur leichter oder müder. Du", er grinste, „empfindest Lust." Er verstummte einen Augenblick. „Hast du schon mal darüber nachgedacht, was für Gefühle das wären, würde ich in eine delikatere Stelle beißen?"

Ein Stromstoß schoss zwischen ihre Schenkel und ließ sie plötzlich zittern. Keuchend holte sie Luft, während sich ein Bild vor ihrem inneren Auge abzeichnete. Alec zwischen ihren Beinen, die Augen hinauf zu ihr, während er seine Zähne tief in ihren Schenkel bohrte und so nah an ihrer Quelle das Gift injizierte. „Oh Gott!" Sie presste die Schenkel zusammen, um den plötzlich einsetzenden Fluss ihrer Erregung zu stoppen. Dieses Gift zwischen ihren Schenkel, das sich ausbreitete und einen Orgasmus nach dem anderen in ihrem Körper erzwang. Heiliger Strohsack, das musste ein Genuss sein!

Alec grinste zufrieden und lehnte sich leicht in seinem Sitz zurück, als wüsste er ganz genau, welche Art von Bildern nun in ihrem Kopf herumspukten. Unwillkürlich warf sie einen Blick zum fließenden Verkehr und dann zur Fahrbahnmarkierung am Rand. Sie könnten eine kleine Pause einlegen und rechts ranfahren. Die vorbeifahrenden Autos würden mit Sicherheit nicht sehen können, was dort passierte. Nicht bei sechzig Meilen pro Stunde.

Alec berührte ihr Knie, als sie vom Gas ging, drückte ihren Fuß wieder aufs Pedal und schüttelte bedauernd den Kopf. „Wir müssen zu meinem Stützpunkt. Damon..."

Allein die Erwähnung seines Namens wirkte wie ein Guss Eiswasser auf ihr erhitztes Gemüt. Als sie heute Morgen aufgestanden war, lange vor Alec, hatte sie sich vorgenommen, heute nicht mehr an Damon und die ganze Scheiße zu denken. Sie hatte Alecs Blut getrunken und wenn es stimmte, was er sagte, war sie nun stark genug, mit ihm zu schlafen. Darauf hatte sie sich konzentrieren wollen. Das Ziel seines Stützpunktes war für sie zu einem nervig langen Weg geworden, bis sie endlich angekommen waren und zusammen ins Bett schlüpfen durften. Seit dem Aufstehen schien Alec dasselbe zu denken, denn er triezte sie ununterbrochen. Mit Bildern, Anspielungen und feinen, elektrisierenden Berührungen. Doch jedes Mal, wenn sie es kaum noch aushielt vor Spannung, ließ Alec die Damon-Bombe platzen. Sie seufzte frustriert.

Zusammen mit der Damon-Bedrohung kamen unwillkürlich auch die ganzen anderen Ängste zurück. Was war, wenn das Blut nicht so funktionierte, wie es sollte? Bei ihr funktionierte schließlich eine Menge einfach anders. Sie reagierte nicht richtig auf sein Gift und konnte sich noch daran erinnern, wie er sie gebissen hatte. Außerdem konnte er ihre Gedanken nicht beeinflussen. Das lief schon falsch. Was, wenn sie starb? Alec hatte angedeutet, dass er beim Sex roh und fast gewalttätig war. Darauf stand Grace. Sie liebte es, wenn es etwas härter zuging, doch so wie er das beschrieben hatte, würde er sie nicht mit harten Stößen ficken und sie durch die Gegend klatschen, während er sich in ihr versenkte, sondern er würde ihr die Knochen brechen. Wunderbar erregende Vorstellung. Vielleicht würde sie sogar umbringen. Sexy. Wirklich, wirklich sexy.

Doch unabhängig von dem ganzen Sexdebakel gab es einfach zu viel, worüber sie eigentlich nachdenken sollte. Ihr Leben war vorbei; ihr ganz normales Leben mit einem Job, einer Wohnung und One-Night-Stands aus dreckigen Bars. Und natürlich ihr Hilfsprojekt für Afrika konnte sie sich abschminken. Wenn sie mit Alec zusammenblieb, würde sie nur noch nachts leben. Vielleicht könnte sie in einem Krankenhaus eine Anstellung finden und die Nachtschichten machen. Sie könnte in ein paar Monaten, wenn die ganze Mord-Geschichte um die Fosters aus der Welt und den Medien verschwunden war, etwas von einer Sonnenallergie erzählen und so ihren Tagesrhythmus einfach umstellen, damit sie ihre Nächte mit Alec wach sein konnte. Allerdings - und das war das große Manko - konnte sie einfach nicht abschätzen, wie lange Alec tatsächlich mit ihr zusammen bleiben wollte. Sie selbst hatte keinerlei Erfahrungen mit längerfristigen Beziehungen. Aber er war zu ihrem Lebensinhalt mutiert. Etwas anderes hatte sie nicht mehr. Und damit war sie sogar glücklich. Vielleicht aber nur sie und Alec eben nicht. Sie hatte ihm zwar das Versprechen abgenommen, dass er sich um sie kümmerte, aber wenn sie ehrlich war, wollte sie von ihm nicht eines Tages als Belastung angesehen werden.

Und dieses ganze persönliche Drama setzte sich nur wie ein kleiner Rahmen in eine Geschichte ein, in der Damon eine Hauptrolle spielte. Die Gefahr von ihm war trotz allem omipräsent. Er würde kommen, das war nur eine Frage der Zeit. Und bis dahin musste Alec eine Armee ausgehoben haben und den Krieg beginnen.

Krieg! Himmel, sie würden kämpfen müssen. Und Grace war eben absolut keine Kämpferin; Alec würde sie deshalb verstecken müssen. Wieder eine Belastung, um die er sich Sorgen machen musste. Und eine richtige, echte Beziehung würde das alles noch um ein hundertfaches steigern! Und - oh mein Gott - er könnte sterben!

Klar, er musste kämpfen und sie würde ihm das mit Sicherheit nicht ausreden, schließlich war er nun einmal in erster Linie ein Krieger. Und sie mochte ihn so wie er war. Das bedeutete allerdings nicht, dass sie keine Angst um ihn hatte. Ihr Magen zog sich schmerzvoll zusammen. Die Zukunft war so schrecklich ungewiss. Selbst ihre Träume konnten ihnen nicht helfen. Statt die Kriegsplanung von Damon zu träumen, erfuhr sie immer nur seltsame Bruchstücke von diesem Werwolf Sam. Und allein bei dem Gedanken an ihn, wurde ihr mulmig zumute. Irgendetwas stimmte nicht mit ihm, aber er war in der Lage, seine Sorgen, Ängste und Gefühle vor sich selbst zu verstecken. Immer fühlte sie nur diese Wut, diesen Hass. Und dieses seltsame Gefühl der Belanglosigkeit, das sich nicht richtig einordnen ließ. Als wolle er gar nicht mehr leben. Als habe er schon alles getan, was er jemals tun wollte. Als habe er keinen Grund mehr zu leben, weil alles so langweilig und... belanglos war. Weshalb träumte sie nur von ihm? Und nicht von Damon oder einem seiner Spitzel? Das würde so viel mehr bringen.

Alec hatte versucht zu verbergen, wie sehr in die Eröffnung erschüttert hatte, dass auf Damons Seite sogar Werwölfe kämpften. Doch sie fühlte seine Sorge. Seine Angst; nicht um sich und sein Leben, sondern ganz allein um sie, Grace. Wollte sie wirklich, dass sich diese Angst noch intensivierte, indem sie die Beziehung einen Schritt vorwärts trieb? Gestern hatte sie sich keine Gedanken darüber gemacht, was das alles für Konsequenzen hatte. Da ging es einfach nur um Sex und Blut. Denn sein Blut in ihrem Körper bedeutete auch, dass nun Sex möglich war. Sie hatte ihn wieder in eine ausweglose Situation gebracht und ihm wieder etwas aufgezwungen. Ja, er wollte mit hundertprozentiger Sicherheit mit ihr schlafen, so wie sie mit ihm, aber das ganze Drumherum war ihr scheißegal, während er alles abwägen musste. Vielleicht wäre es besser, wenn sie nicht miteinander schliefen. Es wäre für ihn eine Ablenkung, eine Sorge weniger. Vielleicht wusste er das. Vielleicht ließ er deshalb mit schöner Regelmäßigkeit die Damon-Bombe platzen.

Sie warf ihm einen Blick zu. In einer anderen Situation wäre alles ganz anders. Ha! Wenn alles anders wäre, wäre eben alles anders. Gott, wie clever. Hätten sie sich auf eine andere Art kennengelernt, wären sie nie zusammengekommen. Er hätte niemals der Ärztin in dem Chirurgenkostüm einen zweiten Blick gegönnt und sie suchte sich niemals für Sex einen so gutaussehenden Mann aus. Schöne Männer wollten erobern und sie wollte meist einfach nur schnellen, anonymen Sex. Sie wären sich wahrscheinlich niemals begegnet. Oder sie wären beide tot.

Doch es war nun einmal so, wie es war. Und das bedeutete, dass für sie Sex an allerletzter Stelle kam. Es war schwer sich der Realität zu entziehen und einfach eine Nacht, eine Stunde nur für sich freizuschaufeln. Für Sex.

Wenn alles vorbei war; wenn der Krieg entschieden hatte, dann könnten sie wieder darüber nachdenken. Vorher nicht. Sie schloss einen Moment die Augen und drückte aufs Gas, auch wenn der Verkehr nach New Orleans immer stärker wurde.

Wären sie nur jemand anders, in einer anderen Realität, in einer anderen Nacht, in einer anderen Situation...

*

Alec bezwang den Drang, seine Hand wieder nach Grace auszustrecken. Auch wenn das einiges an Kraft kostete, blieb seine Hand sittsam auf seinem Schoß liegen. Sie zu berühren war wie... Feuerschoten zu essen, nur mit der Haut. Zuerst kam der frische, saftige Geschmack, der an Paprika erinnerte. Und dann kam der Biss der Schärfe, der durch den Körper rauscht. Es war pure, stechende Energie und trotzdem sanft wie ein Vorhang aus Seide, der im Wind weht und den Körper streift.

Er erwischte sich dabei, wie er wieder die Hand hob und diesmal konnte er nichts dagegen tun: Er strich leicht über ihr Ohrläppchen, dann über ihren schlanken Hals. Ein Prickeln rann durch seinen Körper und fand einen harten Widerhall in seiner Erektion. Die er schon seit Stunden hatte. Zumindest fühlte sich die aufgestaute Lust so an. Schmerzhaft und drängend.

Heute Morgen, lange bevor die Sonne unterging, musste sie geduscht haben. Es war gut, dass sie geduscht hatte, bevor er aufstand, weil er der Versuchung wahrscheinlich nachgegeben und sich zu ihr gesellen hätte. So sparten sie Zeit und würden schneller in Sicherheit sein. Dort konnte er sich schließlich Zeit für sie nehmen. Auch wenn dieses bedauernde Gefühl nicht gehen wollte. Sex in der Dusche konnte so befriedigend sein.

Grace erschauderte leicht bei seiner Berührung und bog sehr, sehr konzentriert und langsam in die angewiesene Straße ein. Sie hatten einen ungeplanten Umweg fahren müssen, weil alle Straßen Richtung Innenstadt von New Orleans mit Touristen verstopft waren. Das bedeutete für Alec eine gute halbe Stunde in dieser Nacht weniger, die er mit Grace im Bett verbringen könnte. Sie hätten sich vielleicht doch gemeinsam duschen sollen. Allerdings wären sie in dem Motel nicht sicher gewesen.

Er ließ die Berührung ausklingen und betrachtete sie. Nach der Dusche hatte sie ihr eisblondes Haar streng nach hinten gekämmt und in einen Zopf gedrückt. Von ihrem Hinterkopf ergoss sich ihr seidiges Haar wie ein Springbrunnen bis auf die Schultern. Das Kribbeln, sie zu berühren wuchs erneut. Ob er jemals genug davon haben könnte?