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Erben und Erben lassen 09

Geschichte Info
Die Zauberschwestern.
8.3k Wörter
4.56
21.3k
4
0

Teil 9 der 11 teiligen Serie

Aktualisiert 06/07/2023
Erstellt 12/18/2015
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Ein Sex-Krimi. Wer nur den Sexteil lesen will, kann die erste Hälfte des Kapitels überspringen.

Montagnachmittag

Ich hatte gehofft, Sandy würde zu einem Business-Lunch einladen, dann hätte ich schon mittags aus der Firma verschwinden können. Aber vermutlich passte das bei Jessica oder Colin nicht, jedenfalls treffen wir uns erst am Nachmittag.

Als James mir öffnet, läuft Sandy gerade hinter ihm durch den Flur. Lächelnd kommt sie auf mich zu, gibt mir einen beschwingten Begrüßungskuss, direkt unter James' Augen. Sie hat ihre Souveränität wiedergefunden, und sie lässt mich daran teilhaben. Es fühlt sich an, als würde ich nach Hause kommen.

„James bringt Dich zu Colin und Jess, ich komme gleich nach."

Es ist, als sähe ich die Villa zum ersten Mal. Weil es jetzt allein Sandys Villa ist, und weil Sandy jetzt meine Sandy ist? Ich folge James in den kleinen Salon, einen gar nicht so kleinen Raum voller Tischchen, kleiner Sessel und Grünpflanzen.

Jess begrüßt mich erfreut mit Küsschen links und Küsschen rechts, wobei sich ihre weichen Brüste etwas mehr als unbedingt nötig an mich drücken. Sie ist auch heute wieder nett geschminkt, das Pink ihres Lippenstifts passend zum Pink des übergroßen Sweaters, den sie zur Jeans trägt.

„Sir", ich nicke Colin zu, der wie immer korrekt gekleidet mit Anzug und Weste erschienen ist.

„Jetzt komm", mischt Jess sich belustigt ein, „Du gehörst doch praktisch zur Familie, ihr solltet Euch wirklich duzen."

Colin zögert, ich setze mich. „Nun ...", fängt Colin an.

„Ach was." Jess steht hinter mir, legt ihre Hände auf meine Schultern. „Wenn Du wüsstest, wie sehr er zur Familie gehört." Sie drückt meine Schultern.

„Nun gut. Colin."

„Ben. Freut mich."

Wir schütteln uns über den Tisch hinweg die Hände.

Sandy kommt herein und wir besprechen erst einmal die Firmenangelegenheiten.

„Ich möchte, dass Ben meine Interessen in der Gesellschafterversammlung vertritt", eröffnet Sandy den beiden anderen, „er versteht ohnehin mehr vom Geschäft als ich. Und ich möchte, dass diese Aufgabe offiziell in seinen Arbeitsvertrag aufgenommen wird. Also die Geschäfte zu kontrollieren und mir darüber zu berichten."

Sie schaut zu mir rüber, ich strahle sie an.

„Das kannst Du ja halten wie Du willst." Colin ist desinteressiert.

„Na ja, für den Arbeitsvertrag sollten wir der Geschäftsführung schon gemeinsam eine Anweisung erteilen."

„Damit kontrolliert Ben die Bereichsleiter. Wie früher Karl." Jess findet sichtbar Gefallen an der Idee. „Nur dass sie dann Geschäftsführer sind und er die Gesellschafter vertritt. Trotzdem: wie Karl."

Sandy kann mit Jessicas Ausführungen zwar wenig anfangen, aber alle stimmen zu und damit ist meine berufliche Zukunft beschlossen.

Ein Mädchen bringt Kaffee und Gebäck herein. Sandy wartet, bis sie das Zimmer wieder verlassen hat, wechselt dann das Thema.

„Ich möchte endlich verstehen, was es mit Derek und diesem Andreas Sunbirski auf sich hat. Können wir mal zusammentragen, was wir wissen?"

„Sie müssen sich kennengelernt haben, während Karl im Krankenhaus war", fange ich an, „es ging um die Finanzierung von Dereks Reiterhof. Derek hat gegenüber Andy Sunbirski Sandys Namen ins Spiel gebracht und Andy hat sich darüber gewundert.

Er war schlau genug zu kapieren, dass Sandy zu Karl gehört und Karl zu seiner Stieftochter Lara. Also hat er bei Lara nachgefragt, ob mehr dahinter steckt."

„Woher willst Du denn das wissen?" fragt Sandy erstaunt.

„Von Lara. Ich habe nach der Beerdigung mit ihr gesprochen. Ihr habt mich ja da hinten stehen gelassen, also habe ich mich an sie gehalten."

Sandy senkt den Kopf. Zum Glück traut sie sich nicht, genauer nachzufragen.

„Dann gibt es eine Lücke. Lara wusste nämlich nichts von Derek, erst recht nichts von Derek und Sandy. Also konnte sie Andy nicht weiterhelfen. Trotzdem muss er irgendwie hinter Eure Affäre gekommen sein. Wahrscheinlich hat er Derek nachspioniert."

„Besonders unauffällig wart ihr nicht", meint Colin gereizt, erklärt aber nicht weiter, wie er das meint.

„Jedenfalls taucht Andy nach Karls OP im Krankenhaus auf", fährt Sandy fort. „Was immer er zu erzählen hatte, Karl hat sich mächtig darüber aufgeregt. Er wollte jemanden umbringen, hat die Krankenschwester uns erzählt."

„Nachdem Andy und Karl keine anderen Berührungspunkte hatten, kann es sich doch nur um Derek gedreht haben. Andy muss Karl von Sandys Affäre mit Derek erzählt haben, alles andere ergibt keinen Sinn. Daraufhin ist Karls ausgerastet."

„Das passt zu ihm", stimmt Jess zu.

„Mir gegenüber hat Karl gesagt, er habe von Andy sehr wichtige Informationen bekommen, während er im Krankenhaus war", ergänzt Colin, "das passt auch ins Bild. Aber warum hat er dann nichts getan? Er hätte diesen Derek ja nicht gleich umbringen müssen, aber er hätte unsere Anwälte auf ihn hetzen können, oder Privatdetektive, um ihn fertig zu machen."

„Vielleicht hat er ja was getan, er war nur noch nicht ganz fertig." Alle schauen mich erwartungsvoll an. „Ich meine, er hat offenbar weiter mit Andy und Derek über Investitionen in den Reiterhof gesprochen."

„Derek selber hat gesagt, Karl habe ihm Investitionen versprochen, wenn auch nur als Kredit", stimmt Sandy zu.

„Und das ist der springende Punkt, glaube ich. Wäre das Geschäft zustande gekommen, hätte Derek sich bis über beide Ohren verschuldet. Das ganze Projekt ist totaler Wahnsinn, das habe ich von Anfang an gesagt. Derek hätte sich hoffnungslos übernommen, wäre überschuldet gewesen, abhängig von Karl."

„Schuldsklaverei nennt man sowas." Jessica ist voll dabei. „Du meinst, Karls ganzer Kontakt zu Derek war nur dazu da, um ihm zu schaden?"

„Um ihn von sich abhängig zu machen, und ihn dann nach Belieben manipulieren zu können. Karl hätte Derek benutzt, um Sandy eins auszuwischen. Ja, das glaube ich."

Sandy starrt ins Leere. Wahrscheinlich malt sie sich aus, wie Karl Derek gegen sie ausgespielt hätte.

„Im Grunde war Andy hier ein Meister der Finanzberatung: Er hat den wahrscheinlich einzigen möglichen Investor gefunden. Weil Karl der Einzige war, der nicht in einen Erfolg, sondern gezielt in einen Misserfolg investieren wollte. Andy hätte die Provision für den Deal bekommen und bestimmt hat Karl ihm noch was extra versprochen."

Es klopft, die Tür öffnet sich und die grüne Schirmmütze des Gärtners schiebt sich durch den Türspalt.

„Entschuldigen Sie bitte, gnädige Frau, James bittet sie, in ihre persönlichen Räume zu kommen. Ein akuter Vorfall erfordere Ihre Anwesenheit, so drückte er sich aus."

Sandy hebt erstaunt die Augenbrauen.

„Ich komme mit", kündigt Jessica an. Aha, neugierig ist sie also auch. Da schließe ich mich mal an.

Wir folgen Sandy durch die Gänge und einen hübsch eingerichteten Ruheraum in ihr Schlafzimmer. Das Bild, dass sich uns bietet, ist unfreiwillig komisch: James steht auf der einen Seite des großen Bettes, mit einem Vibrator in der Hand, auf der anderen Seite stehen zwei junge Frauen ohne Hose.

„Es tut mir leid, dass ich Sie damit belästigen muss", eröffnet James, „ich habe die beiden dabei ertappt, wie sie hier ihrem Privatvergnügen nachgingen, unter Nutzung ihres Schlafzimmers und dieses Objektes."

Alle starren zuerst auf den Vibrator, dann auf die beiden Frauen. Die sind selbst schon ein komisches Paar: eine füllige Irin, so sieht sie zumindest aus mit rotblonden Haaren und Sommersprossen, und ein ausgesprochen schmales Mädchen mit kurzen schwarzen Haaren.

Die Irin ist offenbar eine Küchenhilfe namens Bettina, der Strich in der Landschaft heißt Mona und arbeitet als Gärtnerin. James hat sie in flagranti erwischt, ihnen dann lediglich den Vibrator weggenommen und sie ihre Slips wieder anziehen lassen. Obenrum sind beide korrekt in weiße Blusen gekleidet, aber ihre Beine gucken nackt unten raus, einmal rund und sommersprossig, einmal weiß und dünn wie Zahnstocher.

Beide sind knallrot im Gesicht und suchen den Teppich ab, vermutlich auf der Suche nach einem Weg, um im Boden zu versinken. Ihre peinliche Nacktheit steht im Kontrast zu Sandy, die heute besonders korrekt gekleidet ist, in einer Art femininem Nadelstreifenanzug und cremefarbener Bluse.

„Und, James", fragt Sandy mit klarer Stimme, „was ist der übliche Umgang mit einer solchen Situation?"

James ist sichtlich geschmeichelt, dass sie ihm die Initiative zuspielt und damit auch seine Position gegenüber den beiden stärkt. „Ich plädiere normalerweise immer zuerst für einen strengen Verweis", antwortet er, „aber angesichts der groben Ungehörigkeit, die auch für jugendliche Gemüter klar erkennbar gewesen sein muss, bleibt hier wohl nur die sofortige Entlassung."

Der schmalen Mona läuft eine Träne über die Wange.

„Haben wir Dich nicht erst neulich eingestellt?" fragt Sandy sie. „Aus einem sozialen Projekt?"

Mona nickt, findet aber offenbar ihre Sprache nicht wieder.

„Wiedereingliederung ehemaliger Drogenabhängiger", erklärt James, „sie sollte raus aus der Stadt, draußen im Grünen arbeiten können. Der Gärtner war nicht unzufrieden mit ihr. Bisher."

„Was habt ihr Euch eigentlich dabei gedacht, hm?" Sandys Stimme ist scharf.

„Bitte", schaltet sich Jess ein, „wenn Du sie jetzt feuerst, rutscht sie womöglich wieder komplett in ihre alte Szene ab. Ich weiß, Du als Hausherrin musst so handeln, aber ich könnte doch eine andere Lösung finden? Überlass sie mir, Sandy, ich regle das. Sie werden ihre Lektion lernen, glaub mir."

Sandy ist überrascht, erkennt aber wohl die Eleganz von Jessicas Vorschlag. Sie kann ihren Status wahren, und trotzdem dem armen Ding eine Chance geben.

„Na gut, Jessica, Dir zuliebe. Aber damit ist meine Toleranzgrenze endgültig erreicht!"

Jessica schiebt uns aus dem Zimmer und schließt die Tür vor unserer Nase. Ich zeige Sandy ein Daumen-Hoch, sie blickt mich zufrieden an und geht mit selbstbewussten Schritten vor mir her zurück zu Colin.

„Was machen Deine Beine?"

„Sehr viel besser. Heute Morgen habe ich sie noch mal eingecremt, seitdem spüre ich praktisch nichts mehr."

Colin hat sich in Detektivpose geworfen, übereinandergeschlagene Beine, Pfeife im Mund -- es fehlt nur diese typische Sherlock Holmes Mütze. „Wenn sich alles um dieses Reiterhofgeschäft drehte", fragt er nach, „wann wurde es abgeschlossen?"

„Gar nicht. Derek behauptet, er sei aus den Gesprächen ausgestiegen. Aber nachdem seine Fingerabdrücke am Tatort sind und Zeugen ihn am Sonntag bei der Firma gesehen haben, muss man annehmen, dass die letzte Verhandlung am Sonntag stattfand. Karls Tod war das Ende der Verhandlungen."

„Angebliche Zeugen", präzisiert Sandy. „Und sie haben ihn nur durch die Straße rennen sehen."

„Aber alles andere ergibt keinen Sinn. Am Sonntag war Derek zu einem Verhandlungstermin mit Karl in der Firma. Jede Wette."

„Soweit passt das zusammen", überlegt Colin. „Dieser Derek sucht einen Investor, Karl bietet sich an, um ihn reinzulegen. Die Verhandlungen gehen schief, vielleicht weil Derek das böse Spiel durchschaut. Aber wieso gibt er Karl dann Zyankali? Er hätte einfach die Verhandlungen abbrechen können."

„Zumal Derek beteuert, er habe mit dem Zyankali nichts zu tun", bestätigt Sandy.

„Aber vielleicht mit dem Rohypnol", gebe ich zu Bedenken. Colin nimmt die Pfeife aus dem Mund, schaut uns fragend an.

Sandy erklärt es ihm: „Vor dem Zyankali nimmt Karl Rohypnol oder ein anderes Medikament mit demselben Wirkstoff zu sich. Und er trinkt Whisky. Vielleicht war das Rohypnol auch im Whisky?"

Colin zieht an seiner Pfeife. „Rohypnol? Hm, keine schlechte Idee, wenn man mit Karl verhandelt. Beim Thema Geld war er hart wie Kruppstahl, da kann man jeden Weichmacher gebrauchen, den man bekommen kann."

Ich starre ihn an. „So habe ich das noch gar nicht gesehen. Aber natürlich! Das Rohypnol könnte einfach ein fieser Trick gewesen sein, um Karl zur Unterschrift zu bewegen."

„Aber warum findet sich dann kein Investitionsvertrag für den Reiterhof auf Karls Schreibtisch?" überlegt Sandy. „Darum ging es Derek doch. Stattdessen liegt da eine Testamentsänderung."

Jetzt brauchen wir erst einmal Zeit, um Colin die Sache mit dem geänderten Testament zu erklären. Danach dürfen wir es gleich nochmal Jess erzählen, die wieder zu uns stößt.

„Die Testamentsänderung ist wirklich eine ganz andere Geschichte, die sich auch überhaupt nicht mit Derek in Zusammenhang bringen lässt. Er scheint nichts davon zu wissen, er profitiert nicht davon, gar nichts."

Ich überlege laut vor mich hin. „Das geänderte Testament erwähnt sowohl Sandys Affäre als auch Karls medizinische Diagnose, also dass seine Metastasen kurzfristig tödlich sein können. Wer immer das Testament geschrieben hat, musste von beidem wissen. Kanntet ihr den Arztbericht?"

Alle verneinen. „Aber hat Karl es nicht selber geschrieben?" wundert sich Jessica.

„Niemals. Dafür ist es zu unprofessionell. Das wäre Karl nicht passiert."

„Aber wer dann?"

„Genau das ist der Punkt", bestätige ich, „praktisch niemand wusste von der Diagnose. Die Firma nicht, ich habe die Bereichsleiter danach gefragt, und seine eigene Familie nicht. Einem Fremdem dürfte er es kaum verraten haben."

„Wusste dann überhaupt jemand davon, außer seinen Ärzten?" fragt Jessica.

„Ja."

Alle sehen mich erwartungsvoll an.

„Familie Sunbirski. Lara hat zugegeben, dass Karl es ihr schon am vorletzten Freitag gesagt hat. Also mehr als eine Woche vor seinem Tod. Und sie hat es am Wochenende dann direkt ihrer Mutter erzählt, die es wiederum Andy Sunbirski erzählt haben dürfte."

„Dann wäre dieses Frauenzimmer, diese Lara, die Hauptverdächtige in Sachen Testament. Sie ist diejenige, die davon profitiert." Colin ist der Scharfsinn in Person.

„Schon", stimme ich zu, aber bevor ich fortfahren kann, unterbricht Colin mich.

„Nur habe ich der Polizei gleich gesagt, dass ich diese Person verdächtige. Kommissar Schmieder behauptet aber, sie habe ein Alibi. Sie war in einem Ausflugslokal außerhalb der Stadt, und angeblich erinnert sich so ziemlich das gesamte männliche Personal sehr gut an sie."

„Das glaube ich sofort", grinst Jess.

„Hätte sie mir so viel erzählt, wenn sie sich damit selber verdächtigt macht?" füge ich hinzu. „Na gut, vielleicht unterschätze ich sie, und sie ist eine wirklich gute Lügnerin. Aber wenn Lara die Täterin war, dann gibt es überhaupt keine Verbindung des Testaments zum Reiterhof-Projekt."

„Wenn hingegen dieser Andy das Testament vorangetrieben hat, wäre er die Verbindung zwischen beiden Themen", nimmt Jessica den Ball auf. „Dann hätten wir zwei separate Themenkreise, den Reiterhof und das Testament. Die beiden überlagern sich am Sonntag auf merkwürdige Weise, wenn es dort einerseits das Meeting mit Derek gab, anderseits aber das Testament übrig bleibt."

„Und wir haben zwei Substanzen in Karls Blut, die da nicht hingehören, Rohypnol und Zyankali", ergänzt Sandy.

„Das könnte passen." Colin beugt sich vor, benutzt seine Pfeife als Taktstock, mit dem er seine Gedanken orchestriert. „Dann liefe der Sonntag so ab: Stufe eins ist ein Treffen zur Verhandlung der Investitionen in den Reiterhof. Es treten auf: Karl, Derek und Andreas. Um Karl zur Unterschrift zu bewegen, hat jemand Rohypnol mitgebracht. Karl zum Whiskytrinken zu bewegen, dürfte nicht schwer gewesen sein. Dann musste man ihm die Droge nur noch unbemerkt ins Glas kippen."

„Das Rohypnol stammte von Derek", tippe ich, „vermutlich macht er sich damit an seine Reitschülerinnen ran. Und der Wirkstoff ist an und für sich geruch- und geschmacklos, er könnte also wirklich im Whisky gewesen sein."

Sandy guckt beleidigt, vermutlich wegen meiner Überlegungen zu Derek und seinen Reitschülerinnen.

„In Stufe zwei geht es dann um das Testament", nimmt Colin den Faden wieder auf, "hier passt Derek nicht mehr ins Bild, nur noch Karl und Andreas spielen eine Rolle. Karl unterschreibt das Testament, nimmt das Zyankali und stirbt."

„Das würde funktionieren. Die Ärztin hat die Dosis Rohypnol als sehr hoch eingeschätzt, in Kombination mit Alkohol. In dem Zustand konnte man Karl wohl zu allem überreden. Sowohl zu einer Unterschrift, als auch zu einem Glas Whisky-Zyankali-Cocktail."

Wir schweigen, prüfen jeder für uns Colins Gedankengang nach. Für mich passt das Bild gut zusammen. Jessica hingegen hat noch eine Frage: „Müsstest Du nicht wissen, dass Karl am Sonntag einen Termin mit Derek und diesem Andy hatte? Termine mit Karl liefen doch immer über Dich."

„Wenn es bei der ganzen Reiterhof-Geschichte wirklich darum ging, mir zu schaden, dann kann ich mir gut vorstellen, dass Karl Ben nicht eingeweiht hat", sagt Sandy leise und lächelt mir etwas gequält zu. „Er hätte wohl zu Recht angenommen, dass er sich da nicht auf Dich verlassen kann. Du hättest es mir verraten."

Wieder versinken wir in unseren Gedanken.

„Nehmen wir mal an, es war so, wie Colin es zusammengefasst hat", stelle ich schließlich fest, „dann bleiben immer noch Fragen offen: Wie und Warum verschwindet Derek plötzlich aus dem Bild? Laut seinen Beteuerungen hat er mit Stufe zwei nichts zu tun, vor allem nicht mit dem Zyankali.

Und anderseits: Wie profitiert Andy von dem Testament? Lara erbt ja, nicht Andy. Steckt Lara doch mit ihm unter einer Decke?"

Ich erinnere mich daran, wie Lara mir erklärt hat, dass mehr als genug Geld für uns beide da sei.

„Wir müssen das mit der Polizei besprechen", findet Colin.

„Aber die Wahrheit kennen nur Derek und Andy, vielleicht noch Lara", ergänzt Jess. „Wenn die Polizei bisher nichts aus ihnen herausbekommen hat, dann wird sie es auch in Zukunft nicht tun. Nein, das müssen wir selber schaffen. Derek vertraut Sandy und Lara vertraut Ben. Ihr beiden müsst was aus ihnen herauskriegen."

„Sandy, der Anwalt will doch ohnehin, dass Du Derek ins Gewissen redest, oder schreibst, genauer gesagt", unterstütze ich Jessica. „Erzähl ihm unsere Theorie. Frag ihn, warum er nicht aussagt. Er muss endlich erzählen, was an diesem Sonntag wirklich passiert ist."

Sandy nickt. Mir kommt noch ein weiterer Gedanke: „Und schreib ihm unbedingt, dass wir von der Ärztin wissen, dass sein Rohypnol nicht tödlich gewesen sein kann. Vielleicht ist das wichtig. Vielleicht hat er Angst, dass er Karl tatsächlich auf dem Gewissen hat, nur eben nicht mit Zyankali."

„Und sichere ihm unsere volle Unterstützung zu, falls er an Karls Tod unschuldig ist", ergänzt Colin, „auch gegen Andreas Sunbirski. Womöglich hat der ja Derek irgendwie in der Hand, zwingt ihn zum Schweigen."

„Womit sollte er ihn denn erpressen?" frage ich erstaunt nach.

Colin zuckt die Schultern. „Du hast das Mädchen auf der Gift Night gesehen, und wozu er sie getrieben hat. Gegen sie hatte er auch nichts in der Hand, er hat sie einfach so überredet, sich selbst zu verletzen, nur indem er mit ihr gesprochen hat. Wer weiß, was er Derek eingeredet hat."

Allein bei der Erinnerung stellen sich wieder meine Nackenhaare auf. „Du hast Recht", antworte ich mit belegter Stimme, „wer weiß, was der Kerl einem Menschen einreden kann."

„Okay, so viel zu Derek. Was ist mit Lara? Wenn Andy durch das Testament an Geld kommen will, geht das nur über Lara. Irgendwie muss sie da also mit drin hängen." Jess bleibt am Ball.

„Mit Lara kann ich sprechen", biete ich an, „aber sie wird eine Gegenleistung haben wollen. Und zwar, dass die Polizei das Testament bekommt. Also komplett, einschließlich Karls Unterschrift."

„Nein!" Sandy ist aufgesprungen, stößt an den Tisch, dass die Tassen überschwappen. „Das können wir nicht machen!" Ihre Wangen sind gerötet, nach Unterstützung suchend sieht sie sich um.

„Ganz ruhig", hält Colin sie zurück, „dieses Testament wir nie Erfolg haben. Egal, was wir letztlich noch an Fakten zusammentragen, schon jetzt würden unsere Anwälte es auseinander nehmen. Überleg doch mal: Das Testament taucht erst nach Karls Tod auf. Niemand weiß, wann er unterschrieben hat. Er hat aber vor seinem Tod Rohypnol genommen, das sagt der Obduktionsbericht. Also kann niemand beweisen, dass er im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte war, als er unterschrieben hat. Ben sagt, das Testament sei amateurhaft, die notarielle Beglaubigung fehle. Karl war nun wirklich Profi in Sachen Verträge. Es ist unglaubwürdig, dass er ein neues Testament so aufgesetzt haben soll. Ich denke, wir können das Risiko eingehen. Versuchen wir, soviel Wahrheit wie möglich ans Licht zu bringen."