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Natalya

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Wie sich mein Leben damals auf links drehte.
10.7k Wörter
4.52
52.3k
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Ich möchte eine kleine Geschichte erzählen. Vielleicht hat sie sich auch so zugetragen, wer weiß das schon.

Vom Geschichten Schreiben habe ich keine Ahnung. Das hier ist mein erster Versuch. Vielleicht helft Ihr mir ein wenig mit Euren Kommentaren. Es wäre nett, wenn Ihr am Anfang noch ein wenig lieb zu mir seid. Die Geschichte selbst ist ein wenig länger, baut sich noch auf. Ob ich weiter schreibe, hängt davon ab, ob es Euch gefällt.

Der Satz, den ich hier schon so oft gelesen habe, möge dann auch nicht fehlen - also Bitteschön: Alle beteiligten sind älter als 18.

## Disco

„Oah - Arsch!" vernahm ich, eher zischend von meiner rechten.

Wohl nicht böse gemeint, eher äußerst bewundernd, doch zuordnen konnte ich diesen Ausbruch von Jacek bislang nicht und blickte zu ihm. Nachdem ihm meine Aufmerksamkeit zuteil wurde, sah' ich auch, wo ihm der Schuh, oder irgendetwas anderes drückte.

„Sag' mal kriegst Du eigentlich irgendwas mit?", fragte Jacek und deutete auf zwei Mädchen, die sich auf dem kurzen Grünstreifen vor der Schule bequem machten.

„Jacek, ich habe gerade diese Klausur verbockt und ich versteh's einfach nicht. Im Prinzip schreibe ich doch dasselbe, wie Du. Die olle Schaff hat was gegen mich, anders kann ich das nicht deuten!"

„Babo, ey mach Dich mal locker und schau Dir das mal an. Die Aussicht ist viel zu schön, als sich diesen Tag noch von der Schaff vermiesen zu lassen!", erlaubte sich Jacek und deutete auf die beiden - zugegeben - äußerst nett anzusehenden Mädels, die sich mit Ihrem Rücken zu uns direkt vor unseren Augen befanden.

Der hatte gut reden. Er hatte ja auch kein Problem mit der deutschen Sprache. Ich schon. Und irgendwie wollte ich ja auch mit einem halbwegs vernünftigen Abiturschnitt rechnen, doch gelingen wollte mir das nicht.

Die erwähnten selbst lachten und genossen den Tag offenbar genauso, wie mein bester Freund Jacek. Über was genau sie lachten, wusste ich nicht, doch es war - zugegeben - ein wahrlich schöner Anblick.

„Nur noch zwei Stunden, dann ist Wochenende. Du hast die beiden den ganzen Tag, ich seh die nur alle paar Stunden mal", meinte er enttäuscht.

Die eine der beiden erwähnten war meine Halbschwester und die andere ihre beste Freundin. Beide waren tatsächlich eine Augenweide. Zudem machten sie sich offenbar einen Spaß daraus, uns „Typen" um den Verstand zu bringen. Ich fügte meinem Seufzer über die missratene Klausur hinzu „Dir ist schon bewusst, dass meine Zicke von Schwester meine Zicke von Schwester ist?", fragte ich Jacek, als der Schulgong ertönte.

Zicke war wohl ganz recht, denn wir sahen uns in den letzten Monaten des öfteren einem handfesten Streit ausgesetzt. Belangloses. Eigentlich. Unsere Eltern waren machtlos. Ich hatte keine Ahnung, wie das passieren konnte, aber es gab Tage, an jenen redeten wir kein Wort mehr und gingen uns aus dem Weg. Schade eigentlich, denn irgendwie hing ich an meiner Schwester. Sehr sogar.

Noch Bio und dann hatten wir es hinter uns - für diese Woche. In ein paar Tagen schon sollten wir die letzten Sommerferien als Schüler dieser mittelprächtigen Schule genießen. Die zwei standen auf und grinsten zu uns herüber. „Tatsächlich alles eingebaut, was Spaß macht...", stellte Jacek fest, als die zwei an uns vorbeiliefen und wir ihnen nachschauten.

Mädchen waren dieser Tage sehr geübt darin, wirklich allen Jungs den Verstand zu rauben. Meine Schwester konnte das besonders gut. Da war zum Beispiel ihr String-Tanga, jener im Moment über ihrer ziemlich knapp geschnittene Jeans quasi leuchtete wie der Nordstern. Selbige verpackte ein wahrhaft aufregendes Fahrwerk, welches in diesem Moment an uns vorbei lief.

Zugegeben, es war schwer, unsere Begeisterung zu verbergen - und die beiden stellten das mit Sicherheit fest. Kichernd und glucksend verschwanden sie in der großen Eingangshalle unserer Schule. „Jacek, Deine Klappe ist eine Klappe. Die kann man auch zuklappen!", erboste ich mich.

So gingen die letzten Stunden vorbei und ich war nach einer etwas anstrengenderen Fahrradtour von unserer Schule endlich zurück in meinem Zimmer und starrte auf die Decke.

Ich war im Arsch. Ich hatte definitiv nicht nur einen Schnupfen weg, so fand ich, wohl etwas zu wehleidig. „Männergrippe!", titulierte das meine Schwester. Ich würde wohl sterben. „Ach diese weinerlichen Typen...!"

Mama und Papa waren über das Wochenende nach Frankfurt gefahren und ich war alleine zuhause. Geflohen in mein Zimmer, da der Garten an diesem Nachmittag für mich quasi nicht benutzbar war, sofern ich an dem Problem in meiner Hose keine Fahne hätte aufhängen wollen. Kendra und Natalya sonnten sich in unserem Garten, nachdem sie einige Zeit im Pool planschten.

Ich war wohl in den Tagen zuvor etwas zu lange im Wasser geblieben und hatte mir etwas eingefangen. Nach einem Nickerchen war ich zwar immer noch wie gerädert, aber die Kopfschmerzen vergingen und auch der Schnupfen löste sich. Also versuchte ich es mit einem Spielfilm. So wollte man in meinem Alter bestimmt keinen Freitagabend verbringen, doch Bruce Willis schaffte es irgendwie, mich von allem abzulenken. „Stirb langsam, na das passt ja!", dachte ich.

Doch konzentrieren konnte ich mich auf den Film nicht. Mir ging immer noch dieser String-Tanga meiner Schwester durch den Kopf. Ertappt zuckte ich zusammen. Verbotene Gedanken.

Es passte irgendwie alles. Nicht. Erst die verbockte Englisch—Klausur, dann auch noch das mit Sabine. So ein verdammter Mist. Ach ja, das mit Sabine.

Eigentlich hätte ich wegen Sabine am Boden zerstört sein müssen. Sabine war fremdgegangen, so hatte ich es zumindest mitbekommen. Sie und ich waren seit 4 oder 5 Jahren ein Paar und hatten doch nur eine platonische Beziehung. Ich wollte in der letzten Zeit deutlich mehr, doch viel dabei herausgekommen ist nicht. Sabine selbst war eigentlich ein scharfer Feger. Ich kannte sie schon, seitdem ich in diese Schule gekommen bin, naja, nicht sofort. Ich bin halt eine Stufe sitzen geblieben und kam verspätet in diese Klasse, in der dann auch meine Schwester, Kendra und Sabine verweilten. Ein - mit Verlaub - komisches Gefühl. Später, in der Oberstufe, wenn man gesiezt wurde, war das noch einmal mehr schräg.

Irgendwann ist es mit Sabine halt passiert und ich hatte niemals über andere Mädels nachgedacht. Man musste wohl eine Freundin haben, weil sich das so gehört. Doch das Trara darum konnte ich nicht verstehen. Es war nichts besonderes für mich. Wie falsch ich lag, wusste ich damals noch nicht.

Wir hatten auch einen Urlaub miteinander verbracht, doch die waren eher anstrengend. Meine Schwester und sie - das passte mal gar nicht. Es war eine fast schon gefährliche Reagenz, die permanent drohte, zu explodieren. Ständig war eine von den beiden beleidigt.

Sabine und ich hatten uns zuletzt immer mehr voneinander entfernt. Vielleicht war sie auch einer der Gründe, warum das Verhältnis zu meiner Schwester äußerst schwierig war, doch ich hatte die Prioritäten damals noch ganz anders ausgelegt. Zudem kamen mir meine schulischen Probleme in die Quere. Ich hatte mit meinen sprachlichen Fähigkeiten zu kämpfen. Schreiben war sehr schwer für mich. Es ging mir einfach nicht von der Hand. Das schlug sich in meinen Zensuren nieder. Irgendwie ging das dann auch wegen meiner fehlenden Zeit immer mehr in die Brüche. Und dann, tja, dann war's wohl passiert.

Torsten, ein Typ aus unserer Klasse, hatte sie flachgelegt. Genau der Typ, der auf alles draufsprang, was nicht bei drei auf den Bäumen war. Torsten war einer dieser Widerlinge, die alles und jeden nieder machten. Ein Intrigant. Hänseleien waren nicht sein einziges Hobby. Die örtliche Tuningszene aus unserem Kaff hatte es ihm zusätzlich angetan. Ob an seinem Wagen alles eingetragen war, was er sich an Anbauteilen, Turboladern und Ladeluftkühlern vom Geld seiner Eltern zugelegt hatte und auf dem McDonalds-Parkplatz im Nachbarort regelmäßig zur Schau stellte, will ich mal besser nicht in Frage stellen. Die Kiste, die er da so dermaßen rücksichtslos durch unser Dorf fuhr, die konnte einem schon gewaltig auf den Zünder gehen. Jeder konnte zumindest hören, wo er sich gerade befand. Ein widerlicher Schnösel neureicher Eltern.

Sein Import war vor ein paar Wochen eher unvorsichtig hinter einer Zelt-Diskothek in Duisburg geparkt. Beschlagene Scheiben hinderten dann wohl nicht vollends am Durchblick.

Es hatte tatsächlich einen Eklat gegeben, als die beste Freundin meiner Schwester an ihrem kleinen Mini die Scheinwerfer anstellte. Sie wollte eigentlich gemeinsam mit meiner Schwester nach Hause fahren. Kendra war cool. Eine, mit der man reden konnte. Sie hatte für alles und jeden einen Rat.

Doch das, was sie auf diesem Parkplatz sah, war offenbar zu viel für sie. Ende mit Coolness. Seitdem hatte der Wagen von Torsten eine bleibende Erinnerung von ihr, nämlich einen sauberen Fußabdruck ihrer Chucks, die man zu dieser Zeit so trug.

Und so kam wohl vor ein paar Wochen so ziemlich alles heraus. Kendra und meine Schwester kümmerten sich die nächsten Tage rührend um mich, doch das war alles gar nicht so notwendig, wie ich immer wieder befand.

Ich wollte meine Ruhe haben. Verwundert musste ich jedoch feststellen, dass sich die Beziehung zwischen meiner Schwester und mir seitdem schlagartig wieder zum Guten wandelte. Gottseidank, meinte ich damals - zuvor noch zweifelnd an mir selbst. Konnte ja nicht sein, dass ich mit Mädchen überhaupt nicht klarkam. Überhaupt, wer verstand die schon - gab ja noch nicht mal eine Bedienungsanleitung oder ein Fremdwörterbuch dafür.

Tja, seit diesem Zeitpunkt war ich „solo" - so sagte man das damals wohl. Eine ziemlich neue Erfahrung. Jacek, mein bester Kumpel, fand das super. Er meinte, ich könne jetzt endlich mal das Leben genießen. Er brannte schon darauf, mit mir die neuen Diskotheken im Umfeld zu besuchen. Der arme Schwerenöter. Der musste wohl viel eher als ich mal lernen, wie schön das ist. Oder auch nicht. Naja, wenn es eine echte Männerfreundschaft gab, dann zwischen Jacek und mir. Zwischen uns kam und kommt niemand.

Es ging auf das letzte Schuljahr zu. Damals gab es noch dieses Schuljahr, und gerade das war wohl - wie ich rückblickend erwähnen darf - das allerwichtigste für meine Menschwerdung. Ich bedaure zutiefst, dass Schülern heutzutage dieses Jahr Lebenszeit genommen wird.

Ich hatte gerade meinen Führerschein erworben und war richtig stolz. Den hatte ich in derselben Fahrschule gemacht, wie Jacek, der gemeinsam mit mir eine Ehrenrunde in der Schule drehte. Wir zwei Rabauken wären zwar noch nicht reif für die Straße, wie unserer Fahrlehrer meinte, hatten aber nur 10 Stunden Praxis gebraucht, bis wir fehlerfrei durch die Prüfung kamen. Zwar wurden wir von unseren Eltern dabei unterstützt, doch die Hälfte der Kosten mussten wir selbst tragen. Ich arbeitete damals an einer DEA-Tankstelle und Jacek im Fernsehladen seines Vaters.

Meinem Paps war natürlich ganz recht, dass wir beide den Führerschein hatten, denn so konnten wir zwei der insgesamt 4 Transits fahren, die er eigens für einen seiner gemeinnützigen Vereine in der nächsten Großstadt angeschafft hatten. Das war sein Plan und er liebte es, wenn ein Plan funktionierte.

Trotzdem waren wir genötigt, zuvor ein ganzes Wochenende auf einem Verkehrsübungsplatz zu verbringen, um mit einem Lehrer eines deutschen Verkehrsclubs mal richtig „Fahren" zu lernen. Fortan arbeiteten wir für jenen Verein, der von den vielen Einzelhändlern und Supermärkten die Bruchware und das überschüssige Essen für die Bedürftigen einsammelten, jene sich besonders am Monatsende nicht mehr viel leisten konnten.

Ab und an arbeiten wir auch im Lager und sortierten Kleidung oder Kinderspielzeug. Am schönsten war es immer zu Weihnachten, wenn wir mit vielen anderen zusammen gemeinsam warme Mahlzeiten zubereiten konnten.

So lernten wir neben Demut auch unserer Dorf und die Landeshauptstadt besser kennen. Sicher, ab und an habe ich auch mal eine Schramme in dieses „Kölner Riesenungeheuer", wie ich es nannte, hineingefahren, doch ich kam immer besser damit klar. Es war schön, die vielen Händler zu besuchen und alle klopften uns auf die Schultern. Viele unterstützten das Vorhaben unseres Vereins. Hier und da gab es mal eine Cola oder ein Eis oder auch mal ein Rosinenstütchen mit Käse. Alleine auf der Straße, an den vielen Nachmittagen, ging es mir gut. Ich hatte meine Routen im Kopf und bekam eine bessere Orientierung.

Nur Jacek sah ich dadurch deutlich seltener. Wir hatten zwar beide denselben Nebenjob, doch unterschiedliche Routen. In den Sommermonaten, besonders in den Ferien, hatten wir so tatsächlich auch mal ein wenig Geld. Es war zwar nicht viel, dennoch reichte es, um sich Ersatzteile und Sprit für das Auto zu leisten. Meine kleine Zicke, so wie ich meine Schwester nannte, war indes immer in der Kleiderkammer und deren Ausgabe aufzufinden. Beim Ausladen trafen wir uns manchmal wieder. Dann fuhren wir noch „irgendwohin" und ließen es uns gut gehen. Meist war es ein See eines Surfclubs in der Nähe oder die Rheinwiese in der Nähe unserer Landeshauptstadt. Zumindest jetzt war auch meine Schwester wieder dabei und ab und an trafen wir dann auch ihre beste Freundin Kendra.

Der Verein selbst war wohl ein Teil des Gewissens meines Vaters. Ihm - und damit unserer Familie - ging es über die Maßen gut. Mit dem Verkauf seiner Unternehmensanteile hatte er schon vor langer Zeit einen guten Schnitt gemacht und kümmerte sich fortan primär um das Gemeinwohl.

Er hatte ziemlich gute Ideen und einige besprach er zu gerne mit uns. Er konnte sich schnell für etwas begeistern, manches waren doch auch Luftnummern, wie er herausfand. Er sagte immer „wer nicht wagt, der nicht gewinnt!". Nebenbei hatte er die Nase in das Immobiliengeschäft gesteckt und hinterließ überall mal wieder einen Prachtbau, jener schon weit vor Fertigstellung verkauft war. Seine Leidenschaft waren Jugendstil und Renovierung. Dazu etablierte er eine neue, kleine Firma voller richtig netter Handwerker. Sie konnten sich vor Aufträgen kaum retten und die Vorschläge von Hannes wurden nur zu gerne umgesetzt.

Unmittelbar nach meiner Geburt ist meine Mama gestorben. Ich hatte sie niemals kennengelernt. Meine um ein Jahr jüngere Schwester stammte aus einer Affäre von Paps mit der Frau, die Hannes anschließend heiratete. Man meinte, Hannes hätte seinen Kummer über den Verlust meiner Mutter mit ihr ertränkt, war sie doch seine Angestellte in dem Unternehmen, welches er bereits vor einiger Zeit gewinnbringend veräußerte.

Leider ging auch diese Ehe vor einigen Jahren in die Brüche und so waren wir eine Zeit lang nur noch zu dritt in diesem „Ding", wie er es nannte.

Ich kann gar nicht mehr richtig an seine zweite Ehefrau erinnern, Natalya war damals 6 und ich 7, als sie sich trennten. Es gab keine Streitereien um das Sorgerecht auch wenn rechtlich damals wohl noch problematisch und Väter meist das Nachsehen hatten. Natalya's leibliche Mama wurde nicht vermisst, zumindest nicht von uns. Sie hatte recht wenig - eher überhaupt nichts - für uns übrig, mehr doch für das Nachtleben. Papa hatte nie einen Hehl daraus gemacht, dass das Thema „Treue" in dieser Familie wohl ein Problem war und gerade er hatte damit besonders zu kämpfen.

Hannes mochte das Haus vielleicht auch deswegen nicht, denn es war so „siebziger", wie er es nannte. Vielleicht waren auch zu viele Erinnerungen darin. Ein Umstreichen der vielen Brauntöne in ein helles Weiß und hier und da ein wenig lichtes Grau, sowie ein Raumdesigner halfen ihm und uns, die letzten Nachlässe seiner letzten Frau zu übermalen. Vieles flog damals nicht einfach so in den Sperrmüll, sondern ging an ein Sozialkaufhaus als Spende. Ich kann mich noch gut daran erinnern, es war eine Woche in den Sommerferien, als wir den vielen Erinnerungen von Paps den Garaus machten und bei 30 Grad im Schatten alles neu einrichteten.

Papa wollte zwar immer mal wieder etwas kleineres, doch Natalya und ich hatten uns nur zu sehr an dieses Haus gewöhnt. Aber nicht aufgrund der luxuriösen Größe, weswegen es eine Hausangestellte brauchte - Natascha - eine wirklich treue Seele.

Das Haus selbst gehörte irgendwie zu uns, hatten wir hier doch unsere Kindheit verbracht. Außerdem hatte es Platz für Papa's Hobby, seinen alten 356er, den er wirklich liebevoll restaurierte. Ab und an konnte ich so ein paar Stunden mit ihm verbringen und ich lernte so auch eine Menge über Fahrzeuge, Bleche und Originalzustände - einige Ersatzteile waren wirklich schwer zu bekommen. In Holland wurden wir öfters fündig, nachdem wir unzählige Male auf Veranstaltungen für Oldtimer waren.

Meine Schwester und ich hatten das ganze Obergeschoss für uns alleine, inklusive eines wahrhaft ansehnlichen Badezimmers. Natascha schimpfte zwar ab und an über unsere Unordnung, doch irgendwann gelang es uns, den oberen Bereich des Hauses auch ohne Hilfe in Ordnung zu halten, ganz zur Freude unseren treuen Seele, die fortan nicht mehr so oft hinter uns herräumen musste. Es passierte doch noch, dass aus den beiden verzogenen ein par doch ganz ansehnliche Kinder wurden, wie sie fand.

Meine Schwester, Natascha und ich hatten eine ganze Zeit lang richtig Sorgen um Hannes, unseren geliebten Papa. Irgendwann jedoch wandelte sich sein Gemüt, ganz zur Freude von uns beiden, denn er fand seine neue Liebe in dem Verein, den er mit einigen anderen Freunden aus seinem Dorf gegründet hatte.

Anastasia war oberflächlich gesehen ähnlich hübsch wie Natalya's leibliche Mutter, doch sie hatte über ihre Schönheit hinaus noch einiges mehr zu bieten. Sie war ein wahres Organisationstalent, liebevoll, warmherzig und ein Mensch, mit dem man hätte Pferde stehlen können. Das fanden wir schnell heraus. Und so kam es auch, dass wir sie in unser familiäre Ritual, das gegenseitige „Streiche" spielen, schnell integrierten. Immer mal wieder passierte irgendwas. Nur völlig unerwartet, mit dem Resultat eines schallenden Gelächters und mindestens einer ziemlich laut fluchenden Person.

Eine Woche zuvor zum Beispiel war ich das. Natalya hatte es mal wieder geschafft. Sie wusste nur zu gut, dass ich nach dem Schwimmen immer mal gerne ein Glas Cola light trank, danach rülpste wie Affe, und das Ding mit den Mentos-Drops ausprobiert. Es ist ihr hervorragend gelungen. Mit ein Indiz dafür, dass zwischen meiner Schwester und mir wieder alles in Ordnung war.

Anastasia selbst haben wir alle in unser Herz geschlossen und so waren wir wieder komplett. Irgendwie völlig durcheinander und chaotisch, aber doch schon cool. Und wir konnten über alles reden. Offen. Naja, nicht alles, ihr wisst schon, aber über vieles.

Die Parties, die wir in unserem Haus feiern konnten, wenn Papa und Anastasia denn mal weg waren, die waren auch nicht zu verachten. Nicht selten war ein großer Teil unserer gemeinsamen Klasse da und sie ließen es sich wahrlich gut gehen. Klar hatte Jacek schon oft ein Auge auf meine Schwester geworfen, doch sie war für ihn einfach nicht „rumzukriegen". Ich hatte jedoch nichts gegen seine vielen, dennoch vergeblichen „Anwerbeversuche".

Natalya war sowieso ein Fall für sich. Sie hatte ein wunderschönes Gesicht, hohe Wangenknochen, eine liebliche, kleine Stupsnase und fantastische Lippen, auf die sie sich zu gerne biss. Das sah - umrahmt von ihrem frechen Pagenschnitt - schon in jüngeren Jahren so dermaßen - nunja - erotisch aus, dass ich sie - sofern sie nicht meine Schwester wäre - umgehend an den Haaren in meine Höhle gezogen hätte.

Sie hatte eine unglaublich zierliche Figur, war einen Kopf kleiner als ich, und sie hatte eine Menge Verstand darin. Ihr Ding waren Sprachen. Sie sprach damals schon fließend Französisch und Spanisch - zudem Russisch. Sie tat das in ihrer eigenen Art und Weise - nämlich ohne Punkt und Kommata. Doch ich mochte sie, so wie sie war. Technisch gesehen war es unmöglich, dass wir beide von demselben Papa kamen, so unterschiedlich waren wir. Doch wir ergänzten uns prima, denn das was sie nicht konnte, konnte ich und umgekehrt. Wir hatten uns und konnten jede Menge Blödsinn, vor allem gemeinsam anstellen.

dafoe
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