Swipe, um zu sehen, wer jetzt online ist!

Out of Neverland Teil 06

ÖFFENTLICHE BETA

Hinweis: Sie können die Schriftgröße und das Schriftbild ändern und den Dunkelmodus aktivieren, indem Sie im Story-Infofeld auf die Registerkarte "A" klicken.

Sie können während unseres laufenden öffentlichen Betatests vorübergehend zu einem Classic Literotica® Erlebnis zurückkehren. Bitte erwägen Sie, Feedback zu Problemen zu hinterlassen oder Verbesserungsvorschläge zu machen.

Klicke hier

„Und was ist der Vorteil für die Unternehmen?", will ich nun von Jan wissen.

„Die garantierten Investitionen der Bundesregierung sichern Arbeitsplätze. Eine ganze Menge von Unternehmen stehen vor dem Konkurs, wenn nicht bald öffentliche Aufträge kommen", erklärt er.

„Und was hat die Bundesregierung von der Einigung?", frage ich die Kanzlerin.

„Die Unternehmen geben die Garantie ab, den Beschäftigungsstand von heute zu gewährleisten. Entlassungen sollen vermieden oder durch Neuanstellungen bei anderen Unternehmen aufgefangen werden. Das erspart uns eine ganze Menge Probleme und schlechte Publicity", antwortet die Kanzlerin prompt.

„Und den Betroffenen erspart es eine Menge Leid und Sorgen", sage ich entschlossen, „Gut, dann lasst uns raus gehen und den Herren und Damen da draußen den Kompromiss aufs Auge drücken", verkünde ich entschlossen.

„Hast du einen Plan?", fragen beide ganz verwundert.

„Nun ja, lasst mich nur machen", sage ich. Ich nehme meine Unterlagen und mache mich auf den Weg zurück in den Sitzungssaal.

Mit den beiden, die etwas überrascht sind und hinter mir herhasten, betrete ich den Sitzungssaal. Ich verstehe die Überraschung der beiden nicht. Sie haben mich ja genau dafür geholt, den Kompromiss zu verkaufen.

„Meine Damen und Herren, die gute Nachricht: Es gibt eine Einigung! Wie Sie sicher vermuten, wird sie nicht allen von ihnen schmecken. Es werden Kompromisse von beiden Seiten erforderlich sein. Das ist, so empfinde ich es, keine schlechte Nachricht, sondern einfach eine Tatsache. Seien wir ehrlich, wenn wir hier und heute ohne Einigung auseinander gehen, dann ist das zum Schaden für unsere Wirtschaft und vor allem zum Schaden für unser Land. Nur das wäre eine schlechte Nachricht", erkläre ich. Damit überrasche ich offenbar die Anwesenden, die mich recht betreten anschauen.

Jan und die Kanzlerin stellen die einzelnen Punkte der Einigung vor. Im Saal ist es still, man könnte eine Stecknadel fallen hören. Alle hören gebannt zu. Das ist gut, denn sie beschäftigen sich mit der Sache. Ich beobachte jede und jeden einzeln. Schon bald ist mir klar, dass es tatsächlich nur die beiden Sturköpfe sind, die auf Kurs gebracht werden müssen. Wenn das der Fall ist, ziehen alle anderen mit. Das sieht man deutlich daran, dass alle diese beiden beobachten und wissen wollen, wie sie reagieren.

Bevor wir in den Sitzungsaal zurückgegangen sind, habe ich mir von Jan noch den Namen vom Kritiker aus seinen eigenen Reihen sagen lassen. Es ist Anton Rüsselsheimer, er ist Inhaber eines Stahlwerks. Eine kurze Internetrecherche am Handy zeigt mir, dass sein Unternehmen in letzter Zeit immer wieder durch Meldungen über finanzielle Schieflage in Erscheinung getreten ist.

„Das ist viel zu wenig!", brüllt dann auch Rüsselsheimer gleich nach der Vorstellung des Papiers.

„Das ist nicht finanzierbar!", meldet sich prompt auch der Finanzminister zu Wort.

„Sie sagen es! Dieses Papier ist die Quadratur des Kreises. Zumindest wenn man Sie beide so hört. Zu wenig und dann noch dazu nicht finanzierbar, was machen wir überhaupt hier?", frage ich und schaue die beiden direkt an. Sie rutschen sichtlich nervös auf ihren Stühlen herum.

„Die sollen nicht so stur sein", antworten mir beide, wie im Chor.

„Herr Finanzminister, Herr Rüsselsheimer, glauben Sie mir, wenn lediglich eine der beiden Seiten auf den anderen zugehen soll, dann ist das eine Einbahnstraße? Wenn wir hier mit einem Ergebnis raus gehen wollen, dann müssen beide Seiten einen gewaltigen Schritt machen. Treffen wird man sich nicht links und nicht rechts, sondern weitgehend in der Mitte. Also lassen Sie uns vernünftig miteinander reden.

Sie, Herr Rüsselsheimer, stehen mit Ihrem Unternehmen mit dem Rücken zur Wand. Ob das alle hier im Raum wissen, kann ich nicht sagen, aber eine kurze Recherche im Internet lässt keinen Zweifel daran. Also plaudere ich auch keine Geheimnisse aus. Ihnen, aber auch vielen anderen Unternehmen garantiert genau dieses Abkommen den wirtschaftlichen Fortbestand. Wenn wir hier ergebnislos durch diese Tür marschieren, dann können sie schon morgen die Entlassungsschreiben für viele Ihrer Mitarbeiter unterschreiben. Das ist nichts, was man gerne tut. Das kann ich Ihnen garantieren.

Und Sie, Herr Finanzminister, ich schätze Sie sehr. Aber in diesem Fall ist ihre Entschlossenheit nicht angebracht. Natürlich sind die in diesem Papier vorgesehenen Investitionen der Bundesregierung ein enormer Batzen Geld. Lassen wir jetzt die zusätzlichen Steuereinnahmen, die das vorgesehene Programm ja auch wieder generiert bei Seite. Was glauben Sie, passiert, wenn Herr Rüsselsheimer und viele andere Unternehmen Mitarbeiter entlassen müssen? Was glauben Sie, müssen Sie dann an staatlicher Hilfe ausgeben? Und auch, wenn sie das Geld dafür haben, glauben Sie wirklich, es ist besser den Leuten Harz IV zu zahlen anstatt ihnen eine ordentliche Arbeit und damit einen Sinn im Leben und ihre Würde zu garantieren? Können Sie es verantworten, dass wir hier hinausgehen und als Folge davon Tausende Menschen ohne Arbeit bleiben? Ist es nicht viel, viel besser, wenn diese Menschen auch weiterhin -- wie hat man früher so schön gesagt -- in Lohn und Brot stehen?", versuche ich den beiden ins Gewissen zu reden.

„Wissen Sie, wie viel Geld notwendig ist, um dieses Programm zu finanzieren?", wendet sich nun der Finanzminister an mich.

„Herr Minister, ich bin die erste, die dazu bereit ist, den Saal ohne konkretes Ergebnis zu verlassen, wenn Sie mir garantieren, dass sie dann persönlich zu zehn, nur zehn betroffenen Familien hingehen und ihnen sagen, dass sie kein Einkommen mehr haben, weil sie keinen Weg gefunden haben, die Probleme zu lösen. Genau die Probleme, deren Lösung Sie im Wahlkampf versprochen haben. Wenn Sie ein paar Umschichtungen im Haushalt vornehmen, Umschichtungen, die weniger wehtun als tausende Arbeitslose, dann wette ich, finden Sie das Geld. Davon bin ich überzeugt", antworte ich ihm.

„Sie sind eine harte Verhandlerin und ziehen echt alle Register", meint der Finanzminister, „Aber gut, ich glaube, Sie haben Recht. Ich könnte der Einigung zustimmen."

„Aber ich nicht, das ist viel zu wenig", meldet sich Rüsselsheimer zu Wort.

„Schön, dann brechen wir hier ab. Der Finanzminister hat sich echt einen Ruck gegeben und hat einen Riesenschritt auf Sie zugemacht. Jetzt sind Sie an der Reihe. Sagen Sie einfach ja oder nein. Das ist jetzt Ihre Entscheidung", sage ich ihm klar und deutlich.

„Sie können nicht nur mir den Schwarzen Peter zuschieben", protestiert er.

„Na, wem denn sonst, Herr Rüsselsheimer? Alle hier im Saal haben sich bewegt und wirklich den Willen bewiesen, eine Lösung zu finden. Nur Sie nicht. Sie sitzen da wie ein kaputter Bulldozer und bewegen sich keinen Millimeter. Ich sagen Ihnen nochmals, treffen Sie die Entscheidung. Ein schlichtes Ja oder Nein will ich von Ihnen hören. Dann gehe ich hier hinaus, trete vor die Presse und sage, wir haben eine Einigung oder ich verkünde, Sie haben alles platzten lassen. So einfach ist das."

„Das können Sie nicht machen!"

„Glauben Sie?", frage ich. Gleichzeitig mache ich Anstalten aufzustehen.

„Halt, halt! Dann stimme halt auch ich zu. Wenn alle anderen dafür sind, dann will ich einer Einigung nicht im Weg stehen", lenkt er ein.

Alle schauen mich an. Als ob ich ihnen nun sagen sollte, was sie zu machen haben.

„Meine Damen und Herren, wir haben eine Einigung", sage ich etwas lapidar. „Ich würde vorschlagen, die Bundeskanzlerin und Herr Müller treten vor die Presse und stellen den Kompromiss der Öffentlichkeit vor".

Plötzlich gibt es Applaus. Ich sehe es allen an, dass sie erleichtert sind. Die Kanzlerin lächelt mir verstohlen aber zufrieden zu und zwinkert mit dem Auge.

Schnell wird die Presse zusammen gerufen. In der Zwischenzeit stoßen wir auf die Einigung an. Dabei bedanken sich die Kanzlerin und Jan.

„Ich hätte nie geglaubt, dass der Finanzminister das schluckt", flüstert mir die Kanzlerin zu, „Dich könnte ich im Team gut brauchen."

Nach einer kurzen Pause geht es für alle ab in den Pressesaal, wo die Journalisten bereits gespannt warten. Die Kanzlerin gibt mir ein Zeichen, ich solle mit zum Rednerpult kommen, doch ich winke ab. Stattdessen setze ich mich in der ersten Reihe ganz rechts außen hin. Ich brauche keine Aufmerksamkeit. Auch die anderen Regierungsmitglieder und Jans Vize nehmen im Zuschauerraum Platz.

Also stellen die Kanzlerin und Jan die Einigung vor und bezeichnen sie als einen Meilenstein im Verhältnis zwischen der Regierung und der Wirtschaft. Ich höre nur mit einem halben Ohr hin, da mich die in diesen Kreisen sicher notwendige Selbstbeweihräucherung einfach nur langweilt. Ich hänge eher meiner Frage nach, was ich wegen meines Vaters unternehmen soll. Will ich ihn sehen oder nicht?

„Lorena, welche Rolle haben Sie bei dieser Einigung gespielt?", reißt mich ein Reporter aus meinen Gedanken.

„Ich?", bin ich ganz überrascht, „Ich hatte nur eine Nebenrolle."

Scheiße, in diesen Kreisen muss man echt aufpassen. Wie kommt der auf mich?

„Herr Finanzminister, Sie haben vor der Sitzung noch dezidiert gesagt, dass es keine Einigung geben wird. Was hat zu dieser Meinungsänderung geführt? Das ist ja eine Kehrtwende um 180 Grad", bohrt derselbe Journalist an anderer Stelle nach.

„Auch wenn Frau Lorena sagt, sie habe nur eine Nebenrolle gespielt, dann möchte ich sie einmal erleben, wenn sie die Hauptrolle spielt", lächelt der Finanzminister mir freundlich zu.

„Also hat sie doch eine Vermittlerrolle eingenommen?"

„Darauf können Sie ein Jahresgehalt verwetten. Ohne diese Frau hätte es diesen Kompromiss ganz sicher nicht gegeben. Ich will jetzt nicht Einzelheiten ausplaudern, aber diese Frau hat sich mit bewundernswerter Energie und Entschlossenheit für die Belange der Menschen in Deutschland eingesetzt. Ihr ging es nicht darum, zwischen der Regierung und dem Wirtschaftsverband zu vermitteln. Sie war auf Seite tausender Arbeiter, deren Arbeitsplatz auf dem Spiel stand. Sie ist für den sogenannten kleinen Mann eingestanden. Und sie hat es mit einer solchen Klarheit getan, dass auch ich mich ihren Argumenten nicht entziehen konnte. Die wahre Heldin dieser Verhandlungen ist mit Sicherheit sie", überrascht der Finanzminister alle mit einer sehr klaren Aussage.

Der ganze Saal schweigt und schaut mich an. Scheiße, ich habe ja nur das getan, was mir aufgetragen wurde.

„Ich habe Herrn Müller gebeten, Lorena mitzubringen. Ich kenne sie und ich wusste, dass sie als Vermittlerin zwischen den beiden Seiten meine Geheimwaffe sein würde. Sie hat mich nicht enttäuscht. Danke, Lori!", mischt sich nun auch die Kanzlerin in die Diskussion ein.

„Sie sind die Lebensgefährtin von Herrn Müller und sie werden von der Kanzlerin als ihre Geheimwaffe bezeichnet. Waren Sie dann nicht in der Zwickmühle?", bohrt ein anderer Journalist nach.

„Ich glaube, sowohl Herr Müller und sein Verband, als auch die Kanzlerin, der Finanzminister und die gesamte Bundesregierung sind in der Lage, ihre Position selbst zu vertreten. Ich habe nur versucht Ihnen zu erklären, welche Bedeutung dieses Abkommen für die Arbeiter hat. Und gerade weil es vernünftige Leute sind, die sich für die Menschen in Deutschland verantwortlich fühlen, war diese Einigung möglich. Wie gesagt, ich habe nur eine Nebenrolle gespielt", winke ich erneut ab.

„Da sagen der Finanzminister und die Kanzlerin etwas anderes", bohrt er nach.

„Was bitte wollen Sie von mir hören?", spreche ich ihn nun direkt an, „Die beiden Parteien haben sich genau in der Mitte getroffen. Und die Verhandlungen waren relativ bald vorbei. Ihr Fernsehkanal hat heute früh noch spekuliert, dass sich die Verhandlungen wohl bis tief in die Nacht hineinziehen würden. Wir haben es jetzt elf Uhr am Vormittag. Das ist doch der Beweis dafür, dass sich beiden Seiten mit großem Verantwortungsbewusstsein und einem enormen Willen zur Einigung hier getroffen haben. Meine Rolle war in der Folge ein Kinderspiel. Das hätten Sie an meiner Stelle auch machen können."

Der Finanzminister zwinkert mir zu und hebt den rechten Daumen. Die Presse konzentriert sich noch auf einige Detailfragen zum Abkommen, lässt mich aber in Ruhe.

„Gehen wir zusammen essen? Ich habe heute Nachmittag frei, weil du die Verhandlungen so schnell zum Abschluss gebracht hast", meint die Kanzlerin, nach der Pressekonferenz zu mir.

„Gerne", antworte ich überrascht.

Sie nimmt mich unterm Arm und geht mit mir Richtung Ausgang. Jan bekommt mit etwas Verzögerung mit, dass wir uns vom Acker machen und kommt hinter uns her. Als wir vor das Gebäude treten, drehen sich die dort wartenden und miteinander diskutierenden Journalisten um und schon wieder bricht ein Blitzlichtgewitter los. Die Kanzlerin, die sich in diesem Metier auskennt, bleibt stehen, gibt den Fotografen Zeit und setzt sich dann wieder in Bewegung, um ins Auto zu steigen.

Ich darf im Wagen der Kanzlerin mitfahren! Mein Gott, das hätte ich nie gedacht. Noch vor ein paar Tagen war ich eine unbekannte, sorgengeplagte junge Frau aus Frankfurt, vor ein paar Tagen war ich eine Sexsklavin und musste mich von Pit auf dem Tisch ficken lassen, und heute bin ich hier in Berlin und fahre mit der Kanzlerin zum Mittagessen.

„Lori, was ich vorhin gesagt habe, dass ich dich im Team haben möchte, das habe ich ernst gemeint", sagt die Kanzlerin, als die Türen geschlossen sind und sich der Wagen in Bewegung setzt.

„Mich? Aber ich kann ja nichts?", antworte ich.

„Du warst sensationell. Jan und ich hatten uns auf den Kompromiss geeinigt. Wir wussten, dass der Finanzminister und Rüsselsheimer strickte Gegner einer solchen Einigung sind. Unsere Taktik war, dass wir mit dem unter deiner Vermittlung mühsam erarbeiteten Kompromiss in die Verhandlungen gehen.

Du aber bist gleich los marschiert und hast die beiden aber so was von platt gemacht, dass ich nur staunen kann. Du hast unsere Arbeit gemacht. Schneller, effizienter und überzeugender als wir es je hätten machen können. Ich brauche dich!", antwortet die Kanzlerin.

„Ich sollte gar nicht in der großen Runde die Einigung durchsetzen?", bin ich sichtlich überrascht.

„Nein, eigentlich nicht. Aber du bist da rein gegangen und warst nicht mehr zu bremsen", grinst mich Jan an.

„Oh, entschuldigt. Ich habe das anders verstanden."

„Du brauchst dich wirklich nicht zu entschuldigen. Du warst eine Wucht", meint die Kanzlerin, „Der Finanzminister war derart von dir angetan, der träumt sicher heute Nacht von dir."

„Es war ja auch genial ihm zu sagen, er solle zehn Familien sagen, dass sie seinetwegen ohne Einkommen dastehen. Das hat ihm die Dimension seines Handelns aufgezeigt", schwärmt Jan.

Wir fahren in ein Restaurant etwas außerhalb von Berlin. Wir plaudern zusammen und es ist ein wirklich entspannter und lockerer Nachmittag. Zu meiner Überraschung nimmt sich die Kanzlerin wirklich viel Zeit.

„Bist du dann mit in meinem Team?", kommt die Kanzlerin auf der Rückfahrt wieder auf das alte Thema zurück.

„Ich kann und will sicher nicht ständig in Berlin arbeiten und leben. Dazu ist mir Jan viel zu wichtig. Wenn er es mir erlaubt, kann ich dir bei Bedarf gerne zur Verfügung stehen", antworte ich.

„Wenn Jan es erlaubt? Was heißt das?", ist die Kanzlerin ganz überrascht.

„Ich habe in Jan die Liebe meines Lebens gefunden. Ich werde sicher nichts tun, was unsere ganz besondere Partnerschaft gefährden würde. Deshalb werde ich keine wichtige Entscheidung ohne ihn treffen", antworte ich ehrlich.

„Das nenne ich Liebe", meint die Kanzlerin und schaut Jan an. „Die Kleine ist das taffste Mädchen, das ich seit langem sehe und doch steht sie zu Hundertzwanzig Prozent zu dir. Pass immer auf Lorena auf, sie ist ein Schatz, wie du ihn nie wieder finden wirst."

„Ich weiß das", antwortet Jan ebenso ernst. „Glaub mir, ich weiß das."

Wir sind inzwischen wieder am Kanzleramt angekommen. Wir verabschieden uns herzlich, als der Presseverantwortliche mit einem Ausdruck der „Bild"-Zeitung von morgen erscheint. Es ist ein Probedruck, der ihm zugespielt wurde. Wenn nicht noch etwas Gravierendes passiert, geht die Zeitung so in Druck.

Auf der ersten Seite sehe ich ein Bild von mir. „Die Anwältin des kleinen Mannes -- genial (und) bescheiden" steht dort in großen Lettern, wobei das „und" ganz klein geschrieben ist und das Wortspiel verdeutlicht.

„Heißes Kleid", lächelt Jan. „Die Traumfrau schlechthin. Sexy, klug und bescheiden. Genau davon haben wir vorhin gesprochen."

Ich überfliege den Artikel. Der Journalist scheint eines der Regierungsmitglieder ausgequetscht zu haben. Er weiß nämlich Einzelheiten, die nur jemand weitergeben konnte, der im Sitzungssaal dabei war. Er beginnt mit meinem bescheidenen Auftreten bei der Pressekonferenz und, dass ich dort wie ein unbedeutendes Anhängsel gesessen und den Ruhm und den Erfolg den anderen überlassen wollte.

Erst im Gespräch mit einem Beteiligten werde klar, welch ausschlaggebende Rolle ich gespielt hätte, schreibt der Journalist. Und dabei wisse niemand, welche Mühe es mich gekostet hätte, Jan und die Kanzlerin von einem Kompromiss zu überzeugen. „Sie hatte in jeder Phase der Verhandlungen die vielen Arbeiter vor Augen, welche die eigentlichen Leidtragenden eines Scheiterns gewesen wären, und sie hat sich zu deren Anwältin gemacht". Ich muss den Informanten unglaublich beeindruckt haben, denn er schwärmte offenbar in den höchsten Tönen von mir und hat es geschafft, diese Begeisterung auf den Journalisten zu übertragen. „Hätte Deutschland mehr solcher Menschen, wäre es ein besseres Deutschland", endet der Artikel.

„Du bist die Heldin des Tages!", ist die Kanzlerin begeistert.

„Aber das wollte ich nicht", winke ich ab.

Mir ist das echt peinlich, ich wollte nicht in der Öffentlichkeit stehen. Aber Jan und die Kanzlerin sind damit zufrieden. Offenbar haben die beiden genau das erreicht, was sie wollten. Sie haben den Kompromiss und der ist nur unter Vermittlung zustande gekommen.

„Wir hätten nie zu hoffen gewagt, dass du die beiden zum Kompromiss bewegst und dann auch noch so schnell", erklärt mir Jan im Flugzeug.

Auf einem Tablet können wir die Internetmedien lesen und die Mitschnitte der wichtigsten Fernsehsender zum Vertragsabschluss anschauen.

Alle überschlagen sich vor Lob über meine Vermittlung. Ich flimmere im Augenblick über alle Bildschirme des Landes. Ich hoffe, meine Oma bekommt keinen Schreck, wenn sie mich sieht.

Am meisten Raum widmet die Tagesschau auf der ARD dem Ereignis. Sie berichten über alle Einzelheiten der Einigung. Erst in einem zweiten Moment kommen sie auf meine Vermittlung zu sprechen.

„Der Finanzminister hatte noch im Vorfeld eine Einigung für nahezu unmöglich gehalten. Konzessionen seinerseits würde es nicht geben, hatte er gesagt. Wir haben ihn gefragt, warum er seine Meinung geändert hat. Und das auch noch so schnell", erklärt der Sprecher. Die Kamera schenkt zu einem Monitor, über den der Finanzminister zugeschaltet ist. Live, wie der Sprecher erklärt.

„Was soll ich Ihnen sagen, die Kanzlerin hat diese Lorena aus dem Hut gezaubert. Ich muss zugeben, eine nicht nur unglaublich hübsche, sondern auch eine hochintelligente Frau. Sie hat uns allen mit recht einfachen Worten sehr schnell klar gemacht, was für die Menschen in Deutschland auf dem Spiel steht. Sie hat uns die Augen geöffnet, weil wir vor lauter Tunnelblick das Wesentliche etwas aus den Augen verloren haben. Wir haben uns zu viel mit uns selbst und unseren eigenen Problemen befasst", antwortet er.

„Aber nicht nur der Finanzminister war ein harter Brocken, auch der Vizevorsitzende des Unternehmerverbandes, Anton Rüsselsheimer, hatte vor Verhandlungsbeginn eine Einigung ausgeschlossen. Die von der Regierung angebotenen Investitionen hatte er als Peanuts bezeichnet", hört man den Nachrichtensprecher, während die Kamera zu Rüsselsheimer schwenkt, der neben dem Finanzminister steht.