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Pfarrhaus 01

Geschichte Info
Junger Kastratensänger wird vom Pater im Pfarrhaus bedrängt.
9.5k Wörter
4.16
33.8k
4

Teil 1 der 5 teiligen Serie

Aktualisiert 06/08/2023
Erstellt 06/01/2016
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Gesa
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Dies ist der erste Teil von Pfarrhaus, der ein Versuchsballon über sexuelle Identität ist. Vielleicht gibt es auch noch Teil 2.

Pfarrhaus - Teil 1

Georg Maria bekommt Probleme

Ich bin ernüchtert. Meine Zukunftsaussichten für die Jahre 1961 und 1962 sehe ich düster, obwohl mir meine spanisch-stämmige Mutter immer das Gegenteil prophezeit hat. Spätestens in zehn Monaten werde ich mein 18. Lebensjahr vollendet haben -- und ich habe noch immer kein Angebot für eine Aufnahme als Sänger in einem Chor oder eine Bühne. In Francos Spanien sah meine Zukunft für eine gewisse Zeit sehr positiv aus. Selbst noch vor gut einem Jahr in 1959 konnte ich damit rechnen, eine musikalische Karriere in der ‚katholischen Pracht' der spanischen Kirche einzuschlagen. Das hörte in 1960 mit dem offenen Brief der baskischen Priester auf. Meine arme verwitwete Mutter hatte nach dem spanischen Konkordat zwischen Staat und katholischer Kirche in 1953 darauf gesetzt, dass ein sängerisch begnadeter Knabe wie ich eine ähnlich gute Zukunft als Kastratensänger hätte, wie es früher der Fall in Italien gewesen war. Das wäre ein Weg gewesen, der Armut zu entkommen und gleichzeitig zu einer höheren Bildung zu kommen, die für die arme Landbevölkerung praktisch nicht erreichbar war. Meine Mutter hatte es also eigentlich gut mit mir gemeint als sie den Weg als Kastratensänger für mich gewählt hatte, aber nur in punkto Bildung hatte es einigermaßen funktioniert. Die Zukunft als Sänger verschwand mit der schwindenden Macht der Kirche dort genauso wie meine Hoden ein knappes Jahrzehnt früher eben dieser Zukunft geopfert wurden.

Die Umstände hatten sich in der Welt eben geändert. Die Unterstützung der katholischen Kirche in Spanien durch den Diktator Franco begann schwächer zu werden. Das musikalische Comeback der Kastratenstimmen, die meine Mutter mit der Renaissance der Katholischen Kirche in Spanien ersehnte, zeichnete sich nicht ab. Auch diese Aussicht mit den deutschen Knabenchören, nach meinem Ausscheiden mit 17 Jahren aus dem spanischen Knabenchor, war nur ein Strohfeuer gewesen. Sobald ich 19 werden würde, war meine Mitgliedschaft auch in diesem katholischen Knabenchor beendet. Meine Zukunft sah nicht rosig aus.

Da mein verstorbener Vater Deutscher war, konnte ich zumindest als Knabentenor in einen katholischen Knabenchor im Rheinland wechseln. Kost und Logis waren ebenso frei wie der Zugang zum Abitur im Internat. In Deutschland waren spanische Gastarbeiter seit 1960 willkommen. Und jetzt hatte ich in den Sommerferien im August 1961 noch einmal Luft, meine weiteren Chancen zu prüfen. Meine Mutter hatte in Ost-Berlin eine Stelle als Haushälterin bei einem Pfarrer ergattert. Der hatte wiederum Verbindungen zur Thomanerkirche in Leipzig. Der weltbekannte Thomanerchor erschien mir als eine letzte Chance, selbst wenn es ein evangelischer Chor war. Das zeigte wohl schon, wie verzweifelt ich nach Möglichkeiten suchte.

Also machte ich mich auf den Weg nach Berlin mit einer günstigen Mitfahrgelegenheit, die mir der Pfarrer vermittelte, der den Kirchenchor betreute. Dem Herrn von Roden war ich dafür ehrlich dankbar.

Allein in der Großstadt Berlin zu sein, war schon ein Erlebnis für mich. Ich begriff schnell genug, dass es zwar nicht richtig war, direkt von West- nach Ost-Berlin zu wechseln, aber es war auch andererseits einfach, das zu tun. Weder die eine Seite noch die andere Seite konnte alle Straßen kontrollieren. Wer pfiffig genug war, schlüpfte einfach durch die Lücken.

Meine Mutter war begeistert mich zu sehen. Sie war auch optimistisch, dass es mit dem Thomanerchor eine Chance für mich gab. Schließlich war eine ganze Reihe von ehemaligen Thomanerknaben zu Ruhm und Reichtum gelangt. Als erstes sollte ich dem Pfarrer Rodesius vorsingen. Der ältere Herr war von meiner Stimme begeistert. Er wollte daraufhin am Abend des 12. August nach Leipzig fahren und beim Thomanerchor vorfühlen. Ich müsse allerdings dann legal einreisen, falls ich dort offiziell vorsingen wolle.

Meine Voraussetzungen dafür seien zwar nicht ideal, aber meine Stimme sei es. Er begreife zwar nicht, wie ein fast erwachsener Abiturient noch eine derart helle Stimme haben könne, aber das war nach seinen Worten zweitrangig. Falls sich die evangelische Chorleitung dazu durchringen könnte, würde er sich übermorgen melden.

Das war zumindest eine Möglichkeit. Ich würde wohl noch viele Möglichkeiten erkunden müssen. Aber dann kam alles anders als gedacht.

Hauptmann Wiesler von der Stasi sieht Möglichkeiten

Was er brauchte, war jemand, der ihm verlässliche Informationen beschaffte. Das konnte nur jemand sein, der ganz nahe an den Priester heran konnte, der das beste Potential dafür aufwies. Erik von Roden war gleichzeitig der beste Kandidat auf längere Sicht, aber auch jemand, der in mehreren Hinsichten nicht unproblematisch war. Er hatte Kontakte zu den regionalen Militärs in Westdeutschland, was natürlich positiv oder negativ sein konnte. Es gab Gerüchte, dass er gerne ein Glas Wein zu viel trank. Er hatte auch den Ruf, der Prügelstrafe bei Chorknaben nicht abgeneigt zu sein -- aber das galt für viele der streng konservativen Priester.

Die beste Möglichkeit Informationen zu beschaffen, war jemand im Haushalt des Pfarrers, aber die derzeitige Haushilfe war alles andere als geeignet, um darauf angesprochen zu werden. Eine nicht so intelligente Haushilfe als Agentin anzuwerben war keine gute Idee. - Aber er hatte da eine andere Idee. Wenn der Herr von Roden eine Neigung zu Prügelstrafen bei Chorknaben aufwies, dann konnte man das für eine Erpressung ausnutzen.

Und der Zufall spielte ihm in die Hände. Nach der Schließung der Grenze durch den Mauerbau am 13. August 1961 fiel ihm ein junger Mann durch einen Versuch des unerlaubten Grenzüberganges in die Hände, der genau in das Raster passte.

Georg Maria hat ziemliche Probleme

Ich war in der Falle. Meine Zukunftsaussichten für das Jahr 1961 sahen alles andere als gut aus. Wie hatte mir das bloß alles passieren können? Noch im letzten Jahr hatte ich immer der Volljährigkeit entgegengefiebert, damit ich ein richtiges Musikstudium aufnehmen konnte. Jetzt musste ich einsehen, dass dieses Ziel in weite Ferne gerückt war bzw. wohl nicht mehr realistisch war.

Der erste Schock war der Tatsache geschuldet, dass ich nach einem Treffen mit meiner Mutter in Ost-Berlin plötzlich nicht mehr ausreisen konnte, weil dies angeblich ein konspiratives Treffen war. Verhöre durch die sogenannte Staatssicherheit (Stasi) erfolgten. Es gab Drohungen mir und meiner Mutter gegenüber, bis ich mich für ein Jahr verpflichtete, für die Stasi zu arbeiten. Das Ziel war die Bespitzelung eines Militärpfarrers im ‚Westen'. Dieser Geistliche hatte angeblich gute Kontakte zu hochrangigen Militärs und nahm auch deren Beichten ab...

Als Kastratensänger durfte ich bis zur Vollendung meines 18. Lebensjahres in dem Knabenchor des Bistums bleiben, den Pater Erik von Roden nebenamtlich immer noch aus seiner früheren Tätigkeit betreut. Deshalb hatte mich der Stasi-Offizier, der mein erster offizieller Führungsoffizier wurde, auch ausgewählt, um mich dort einzuschleusen. Pater von Roden hatte den Ruf, Ministranten und Chormitglieder zu züchtigen, falls sie nicht ihren Pflichten nachkamen.

Ich hatte den Auftrag, meine Pflichten demonstrativ nur teilweise zu erfüllen, was mir zu häufigen Kontakten verhelfen sollte. So konnte ich nach dem Kalkül meines Führungsoffiziers einen häufigen Kontakt zu dem Pater aufbauen. Das Konzept ging auch auf, bis mein Schnüffeln in seinen Unterlagen aufflog und der MAD mich enttarnte. Das war die Katastrophe, weil ich danach für den Militärischen Abschirmdienst Fehlinformationen an den Stasi liefern musste. Ich war über Nacht zu einem Doppelspion geworden.

Das war noch nicht das Schlimmste. Der MAD sah meine Rolle als nützlich an, weil er durch die Anfragen der Stasi indirekt darauf schließen konnte, was sie gegen die mögliche Zukunft von Erik von Roden als Militärbischof machen wollten. Noch nützlicher erschien es ihnen, dass mein Priester Gefallen an mir gefunden hatte, weil dies sowohl mich als auch ihn erpressbar machen würde.

Ich mochte es aber absolut nicht, wie er mich wieder und wieder übers Knie legte, nur weil ich nicht jeder seiner Anweisungen sofort folgte. Ich hatte auch nur wenig Zweifel daran, dass er es mehr als alle seine Vorgänger in den Internaten genoss, meinen nur von einer Unterhose bedeckten Po in einer demütigenden Weise hart zu züchtigen. Das machte es nicht einfacher, es zu akzeptieren, aber es war nur eine graduelle Steigerung des Gewohnten. Noch unschöner wurde es durch die Tatsache, dass sein Schmerbauch und seine Halbglatze ihn in diesen Momenten noch abstoßender machten.

Ich hasste den Führungsoffizier vom MAD genauso wie meinen Führungsoffizier vom Stasi für die gnadenlose Ausnutzung meiner Erpressbarkeit wegen der Drohungen gegen meine Mutter.

Ich bewunderte hingegen den Pater für seine Rolle als Fürsprecher für Gastarbeiter, gerade auch für solche aus Spanien, das mir lange Jahre meine Heimat gewesen war. In dieser Hinsicht hatte er ein überaus feines Gerechtigkeitsempfinden. Das Züchtigen von mir hatte hingegen wenig mit Gerechtigkeit zu tun!

Nun ging jedoch das Jahr bald zu Ende -- und urplötzlich wurde die absurde Idee von dem Pater von meinem Führungsoffizier im MAD für gut befunden. Ich hatte die Idee ursprünglich nicht unwillig weiter gegeben, da ich fest damit gerechnet hatte, dass diese als lächerlich abgetan würde. Es kam anders und das brachte mich in Panik! Ich war ganz klar gegen die Idee, aber was sollte ich machen?

Peter Müller hat Schwierigkeiten

Selbstverständlich hatte Major Müller gewusst, dass Georg Maria Singer den Chor bald verlassen würde. Die ganze Zeit hatte er schon gegrübelt, was er machen konnte, um seinen Doppelspion weiterhin interessant für die Stasi zu halten. Das würde nur der Fall sein, wenn dieser nahe am Priester blieb.

Georg informierte ihn darüber, dass der Pater ihn weiter als Sänger fördern wolle, er das aber nur könne, wenn Georg Maria Singer in seiner Nähe bliebe. Der Pater mache sich Sorgen darüber, was für eine Arbeit er nach dem Abitur finden könne, um sein angestrebtes Musikstudium zu finanzieren.

Bisher war der abwägende Geistliche nie durch unvorsichtiges Verhalten aufgefallen. Sein Ruf als Priester, der körperliche Züchtigungen von Chorknaben mochte, deutete zwar eine latente homosexuelle Ader an, aber er hatte sich nie mehr als andere angreifbar gemacht. Das war ein Indiz. Peter Müller bekam eine brillante Idee, die sowohl den Stasi faszinieren würde, als auch den Pater kitzeln würde, wenn es klappte.

Georg sollte dem Pfarrer vorschlagen, dass dieser ihn adoptieren könnte, auch wenn das sehr schwierig und sehr langwierig wäre. Aber damit könnte Georg in dessen Pfarrhaushalt einziehen, was das Problem der Förderung lösen würde.

Natürlich war es ihm klar, dass dieser Prozess viel zu lange dauern würde. Was er wollte, war einfach die Fantasie vom Pater zu beflügeln. Dann sorgte er dafür, dass aus der verlassenen Wohnung von der Cousine von Erik von Roden einige Sachen als ‚Hinterlass' an den Pater geschickt wurde. Ein sehr wichtiges Utensil war hierbei der Pass der jungen Frau Maria von Roden, den diese in dem Kloster, das ihr als psychiatrische Anstalt diente, nicht mehr benötigte. Einige Wochen später arrangierte er es so, dass der Pater eine neue Stelle als Militärseelsorger in Hamburg angeboten bekam.

Es kam, wie es kommen musste. Der Pater bekam Ideen. Georg konnte nicht mehr als ein Chorknabe verbleiben wie bisher, denn in Hamburg war der Chor kein Internatschor. Und ein Umzug mit Georg wäre also nur dann möglich, wenn er als Maria, seine neue Pfarrhaushälterin in seinem nächsten Standort in Hamburg arbeiten würde.

Diese Idee mit der ‚Pfarrhaushälterin' war halsbrecherisch riskant und konnte nur bedeuten, dass der Priester aufs Ganze ging. Georg würde in seinem Haushalt leben -- und falls das aufflöge, dann war der Priester nach §175 geliefert. Genau das würde auch den Stasi so richtig munter machen, denn damit wäre eine optimale Erpressungsbasis gegeben. Er hätte einen weiteren perfekten Doppelspion, der den Stasi düpieren würde.

Er wies Georg Maria Singer harsch an, die Idee seines Paters an die Stasi offiziell zu melden, obwohl dieser sich dagegen wehrte.

Harald Wiesler hat Entscheidungsproblem

Natürlich hatte der Führungsoffizier gewusst, dass früher oder später eine Entscheidung fällig war. Die chiffrierte Nachricht von seinem Inoffiziellen Mitarbeiter ‚Chorknabe' hatte ihn aber kalt erwischt. Das hatte er nicht erwartet. Er hatte erwartet, dass sein Spion seine Nützlichkeit verlieren würde, weil er nicht mehr im Chor bleiben konnte -- und damit die Nähe zum Pater verlöre. Dann wäre es an ihm gewesen, zu versuchen ihn neu im Umfeld einzusetzen oder ihn zurückzuholen in die DDR.

Was Georg Singer ihm jedoch schrieb, erforderte eine ganz andere Entscheidung. Er informierte ihn darüber, dass der Pater wolle, dass er mit ihm in seinen neuen Standort als Militärseelsorger mit umzöge. Dies wenn er als Maria, seine neue Pfarrhaushälterin in seinem nächsten Standort, in Hamburg arbeiten würde. Als Pfarrhaushälterin könne er auch im Nebenjob als Chorleiterin agieren und Ausbildungen besuchen. Harald Wiesler war wie vom Donner gerührt. Wie stellte sich der gute Pater das vor??

Und Georg hatte bisher nichts berichtet, was darauf hätte schließen lassen, dass der Priester ihn auf die vollen Konsequenzen vorbereitet hätte. Würde der junge und wohl etwas naive Georg nicht in Panik verfallen, wenn er begriff, dass sein bisheriger Mentor sich nicht mit der Rolle als strenger Priester begnügen wollte?

Andererseits war der Standort in Hamburg natürlich auch mit der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg verknüpft, was eine glänzende Perspektive war. Er mochte sich nicht vorstellen, wie er seinem Vorgesetzten beibringen sollte, dass sein IM umziehen sollte -- und dies unter Umgehung aller Meldevorschriften. Das Abmelden und Verschwinden von Georg war ja noch einfach -- das Anmelden als Maria ohne gültigen vorherigen Aufenthaltsort war es nicht! Und wie sollte der junge Georg als Haushälterin Maria erscheinen?

Er suchte sofort seinen Oberst auf, der bei dem Stichwort Führungsakademie sofort glänzende Augen bekam. Es war ein Fehler gewesen, das sofort zu berichten. Der Oberst hatte ihm sofort befohlen, alles Mögliche zu erkunden, um eine solche potente Quelle zu sichern. Da hatte er den Salat!

Folglich setzte er per Eilkurier eine Nachricht an den ‚Chorknaben' ab, der ihn aufforderte, mögliche Handlungsalternativen aufzulisten.

Georg Maria sucht einen Ausweg

Ich hatte jetzt schon Stunden über der Nachricht von meinem Führungsoffizier in der Stasi gebrütet. Wenn ich eine Möglichkeit gesehen hätte, mich aus meiner Bredouille dadurch zu retten, dass ich keine Alternativen bieten konnte, hätte ich das sofort zurück gemeldet. Major Müller wusste jedoch, dass ich es wunschgemäß weitergegeben hatte. Früher oder später würde er mich nach einer Antwort durch mich fragen...

Es war vertrackt. Es blieb mir letzten Endes also gar nichts anderes übrig, als Harald Wiesler darüber zu informieren.

Major Müller war zufrieden. Seine Antwort war typisch für ihn:

„Du wirst ihn darüber informieren, dass Dein Pater noch einen Pass und all die weltliche Kleidung seiner ins Kloster eingetretenen Cousine Maria von Roden besitzt. Das will er dafür benutzen. Die Tochter seines Onkels sieht dir entfernt ähnlich, wenn man viel Fantasie hat. Dein Pater hätte Dich allerdings darauf hingewiesen, dass dafür Dein Aussehen etwas verändert werden müsste, aber das sei kein großes Problem. Du bekommst ein Foto von ihr als Illustration für die Stasi. Du wirst ihm mitteilen, dass Du zurückgeholt werden möchtest, weil Dir das alles viel zu heikel sei. Wenn Dein Führungsoffizier genügend stark interessiert ist, wird er eine Alternative vorschlagen..."

Dann überflog ein Lächeln sein Gesicht, das sehr verschmitzt aussah. Das machte mich sofort misstrauisch. Immer wenn er so ausschaute, hatte er oft einen Gedanken, der andere in Verlegenheit bringt.

„Ich will das Schreiben sehen, nachdem Du es abgeschickt hast. Die Art und Weise, wie Du es formulierst, wird mir sagen, was Du selber eigentlich möchtest."

Was sollte das denn nun schon wieder heißen? Ich wollte nur endlich aus der Falle heraus, in die mich das Verhör durch die Stasi gebracht hatte.

Harald Wiesler sieht sich im Zwiespalt

Natürlich hatte er gewusst, dass er keine einfache Antwort bekommen würde. Er mochte schon die Art der Antwort nicht. Der angeblich existierende Ausweis machte ihn unruhig. Das mit dem Ausweis eines Verwandten vom Pater war zu einfach -- und das mit dem Aussehen zu schwer. Einen Ausweis zu fälschen war nicht so schwer, aber das Aussehen von Georg anzupassen, wenn der Ausweis mit einem alten Foto existierte, war alles andere als einfach. Und es war ja nicht nur das Aussehen, auch die Art des Verhaltens von Georg müsste sich ändern, wenn er von Georg zu Maria wurde. Zudem würde jedwede Hilfe sorgfältig getarnt werden müssen, damit weder der Priester noch andere Außenstehende Verdacht schöpften. Er entschloss sich endlich, seinem Oberst von den Plänen des Paters abzuraten. Es war besser, Georg lieber zurückzurufen, bevor der Pater Schritte unternahm, die schwer einzufangen waren.

Georg selber hatte in der Nachricht seltsame Formulierungen gewählt, die Harald ebenfalls unruhig stimmten. Der junge Bursche hatte hauptsächlich deswegen protestiert, weil die Machbarkeit des Projektes seines Priesters ihm als zu heikel erschien im Hinblick auf Ausweise und Aussehen. Er hatte kein Wort über seine mögliche Akzeptanz verloren, falls es doch umsetzbar wäre. Das stimmte nicht so ganz -- er hatte Sorgen über die potentielle Anerkennung seiner musikalischen Ausbildung als Chorleiter geäußert, wenn sein Name doch nicht richtig sei. Das war eigenartig, weil das zukünftige Leben im Haushalt seines Priesters nicht mit einem Wort erwähnt wurde. War das nur so, weil der Bursche Hemmungen hatte diesbezügliche Fragen in seiner Nachricht aufzuwerfen?

Warum war er nicht überrascht, als sein Oberst zunächst mit hoher Priorität die Beurteilung des Fotos durch Experten eingeleitet hatte und seine Empfehlung des Abbruches nicht geteilt hatte? Das Ganze war eine echte Achterbahn. Entweder würde er nach dem Abschluss der Operation beglückt mit einem Grinsen auf dem Gesicht zum Oberstleutnant befördert werden-- oder er würde sich sauschlecht fühlen und alles in Reichweite vollkotzen, weil er die Verantwortung für einen möglichen Fehlschlag trage würde! Und nach seinem Dafürhalten war das letztere sehr viel wahrscheinlicher. Sein Oberst hatte nur die Lorbeerkränze im Auge, weil es gute Informationen aus dem Umfeld der Führungsakademie gäbe, wo es nur so von Generälen und Admiralen aus dem In- und Ausland wimmelte.

Er hatte eher das wahrscheinliche Misslingen im Auge, weil Georg zwar durch seine Stellung als Kastrat prinzipiell geeignet war, aber das Ganze zu absurd war, um durchgezogen werden zu können. Er verdrehte die Augen, als die Experten zuversichtlich behaupteten, dass eine Anpassung in weniger als sechs Monaten durch Hormongabe möglich sei. Sie hatten keine sechs Monate Zeit! Und wie sollte er Georg dazu bringen Hormone zu schlucken?

Es bedurfte eines formellen Befehles seines Obersten, damit er den ‚Chorknaben' zu einem Treffen nach Berlin einbestellte.

Georg Maria begibt sich auf den Weg

Alleine die Aufforderung nach Berlin zu kommen, machte mich schon unruhig. Die möglichen Konsequenzen eines Aufenthaltes im MfS waren nicht dafür geeignet, für einen guten Schlaf zu sorgen. Die Bahnfahrt nach Berlin war schon an sich ein Vorbote dessen, was mich bei dem Gespräch mit meinem Führungsoffizier erwarten würde. Die Grenzkontrollen mit den Vopos und deren gründlicher Vergleich vom Passfoto mit dem eigenen Aussehen gaben mir schon einen Vorgeschmack auf das, was kommen sollte.

Gesa
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