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Proterogania 01

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Das turmartige Habitat gründete auf dem Meeresboden. Das untere Drittel befand sich unter Wasser und beherbergte Maschinen und Anlagen, wie die Frischwasserversorgung, Recyclinganlagen und geothermale Energieerzeugung. Im mittleren Drittel, das über Wasser lag, waren die Wohnbereiche sowie Restaurants, Geschäfte, Kinos und weitere Unterhaltungseinrichtungen untergebracht. Das obere Drittel ragte mehrere hundert Meter in den Himmel und war nahezu vollständig aus Glas und transparenten Kunststoffen gebaut. Hier befanden sich die Gewächshäuser für die Nahrungsversorgung. Auf der Spitze drehten sich mehrere Windräder, die zur Energieerzeugung beitrugen.

Jedes Habitat stellte eine autarke Nahrungs- und Energieversorgung für seine Bewohner sicher und unter guten Bedingungen wurden sogar Überschüsse erwirtschaftete. Eine Gruppe aus zwölf im Kreis angeordneten Habitaten wurde Kolonie genannt. Die Habitate einer Kolonie waren durch Röhren auf dem Meeresboden und Hängebrücken miteinander verbunden. Im Zentrum dieses Kreises schwamm eine künstliche Insel auf dem Wasser, auf der Sportstätten, große Konzerthallen und Hochhäuser für die Unternehmen und Verwaltungseinrichtungen erbaut waren.

Weiter entfernte Kolonien waren mit Schiffen und Flugzeugen erreichbar. Produkte, die Kolonien nicht selbst herstellen konnten, wurden in Industrieanlagen und Plantagen auf dem Festland hergestellt. Jede Kolonie und jeder Landstrich war kulturell einzigartig und dennoch galten weltweit für alle Proteroganier die gleichen Rechte und Pflichten.

Solange sie sich an die Gesetze hielten, standen allen Proteroganiern von ihrer Geburt an kostenlose Grundnahrungsmittel, einfache Kleidung, Wohnraum und medizinische Versorgung zu. Schulbildung war für Kinder bis zum sechzehnten Lebensjahr Pflicht. Hochschulbildung war lebenslang Kostenlos. Wer einen darüberhinausgehenden Lebensstandard anstrebte, musste Arbeiten, um Geld zu verdienen. Es gab kaum einen Proteroganier, der nicht für eine gewisse Zeit seines Lebens die Vorzüge der sozialen Hängematte genossen hatte. Ebenso verbrachten wenige ihr ganzes Leben mit Nichtstun.

Abgesehen von den Verlockungen eines gehobenen Lebensstandards, schlummerte in fast jedem Proteroganier der Wunsch, zumindest zeitweise einen sinnvollen Beitrag zur Gemeinschaft zu leisten. Da nahezu alle gefährlichen oder monotonen Arbeiten von Maschinen erledigt wurden, waren hoch spezialisierte Techniker sehr gefragt. Ansonsten gab es eine große Nachfrage nach individuellen Dienstleistungen, sowie im Bereich der Unterhaltungsindustrie und bei kreativen, schöpferischen Tätigkeiten. Wer in diesen Feldern keinen Beitrag leisten konnte oder wollte, wurde vom Militär mit offenen Armen aufgenommen.

*

Als Ariu ihren Wohnbereich betrat, sah sie das blinkende Licht ihres Comsystems. Sie nahm das handtellergroße Gerät, dessen Oberfläche aus einem berührungsempfindlichen Display bestand und sah, dass Oriu, ihre jüngste Tochter, sie mit Textnachrichten regelrecht zugemüllt hatte. Anstatt lange Erklärungen in das Gerät einzutippen, rief sie ihre Tochter an.

»Hallo Schatz... Nein, ich habe dich nicht vergessen. Ich bin in einer Stunde da.«

Als Oriu trotz dieser klaren Aussage wie ein Wasserfall weitersprach, unterbrach Ariu deren Redeschwall: »das kannst du mir doch nachher in Ruhe erzählen.«

Ihre Tochter ließ es sich nicht nehmen, ihrer Mutter vom gestrigen Ereignis am Sternenhimmel zu erzählen. Ariu rollte genervt mit den Augen. Sie hörte weiter zu und versuchte dabei ihr Nachthemd abzustreifen.

»Ach Schatz, ich habe es auch gesehen ... bei einem Freund von mir ... Ja, beim letzten Mal warst du schon auf der Welt. Da warst du fast noch ein Baby.«

Ariu stand nackt in ihrem Bad und wollte sich für den Tag herrichten: »wenn du nicht aufhörst zu reden, schaffe ich es nicht rechtzeitig, zu euch zu kommen.«

Ariu atmete erleichtert aus, als ihre Tochter das Gespräch beendet hatte. Sie bändigte ihre zerwühlten Haare zu einer adretten Frisur, zog sich einen modischen Rock mit einer dazu passenden Chiffonbluse an und schminkte sich dezent. Mit den High Heels in den Händen eilte sie barfuß auf die Promenade. Sie war zu spät dran, um mit einer regulären Zugverbindung in das Habitat zu fahren, in dem ihre jüngste Tochter wohnte, seit diese vierzehn geworden war.

Bis zum vierzehnten Lebensjahr waren die Mütter die unmittelbarsten Bezugspersonen für ihre Kinder, dennoch fand die Kinderbetreuung in der Gemeinschaft des Habitats statt und jede Mutter behandelte alle Kinder der Gemeinschaft mit der gleichen Fürsorge. Nicht selten betreuten einige wenige Frauen eine Schar aus Kindern, um den restlichen Müttern einen freien Tag oder eine sorglose Nacht zu ermöglichen. Zur Gemeinschaft eines Habitats gehörten auch Männer, die zu allen Kindern ein gleichermaßen herzliches Verhältnis pflegten und zuweilen mit ihnen über die Promenade tobten. Meist waren die Männer sogar nachsichtiger und alberner als die Mütter, die sich um eine anständige Erziehung bemühten. Dennoch war es äußerst selten, dass ein Kind seinen leiblichen Vater kannte und einen besonderen Bezug zu diesem aufbaute.

Ariu stieg auf einem, dafür vorgesehenen Parkplatz, im unteren Bereich des Habitats, in ein einsitziges Elektroauto und legte das Handgelenk ihres rechten Arms auf einen Scanner. Der Chip, den jeder Proteroganier kurz nach seiner Geburt implantiert bekam und mit dem seine Identität zweifelsfrei und fälschungssicher nachgewiesen werden konnte, legitimierte sie für die Fahrt. Unter ihrer Haut sah sie ein hellblaues Licht als Bestätigung aufflammen. Mit dieser Legitimation wurden die anfallenden Kosten automatisch von Arius Guthaben abgezogen. Sie fuhr los und fädelte sich in den Verkehr ein, der sie aus ihrem Habitat führte. Auf der Hängebrücke, die sich zu der zentralen Insel spannte, kam es Ariu vor, als flöge sie über das Meer -- die Freiheit war hier spürbar grenzenlos.

Natürlich waren Tränen geflossen, als Ariu sich von ihrer jüngsten Tochter trennen musste, aber die Gesetzt schrieben es vor, dass Kinder mit vierzehn Jahren in ein anderes Habitat umgesiedelt wurden, um dort bis zur Volljährigkeit unter Gleichaltrigen aufzuwachsen. Zu Beginn war es schrecklich, wenn Ariu von der Arbeit kam und ihren Wohnbereich leer und still vorfand. Nach einigen Wochen hatte sie ihre neue Freiheit zu schätzen gelernt, zumal sie weiterhin Kontakt zu allen ihren Töchtern hielt.

Auf der Zentralinsel fädelte sie sich in den Verkehrskreisel ein, der die gesamte Insel umschloss und bog auf den Zubringer ab, der sie zu dem Habitat brachte, in dem ihre jüngste Tochter nun wohnte. Ariu kam fast pünktlich zum Treffpunkt auf der dortigen Promenade an. Ihre drei Töchter umarmten sie alle zugleich und nach dem ersten Freudentaumel noch einmal einzeln. Eriu, ihre älteste Tochter hatte einen deutlich sichtbaren Babybauch und schaute ihre Mutter freudestrahlend an: »Noch drei Monate.«

»Genieße die Ruhe vor dem Sturm«, sagte Ariu mit einem wissenden Lächeln und schlug vor: »wir essen erst einmal, ich hatte noch kein Frühstück.«

Nach dem Frühstück wendeten sie sich dem eigentlichen Anliegen des heutigen Treffens zu, denn Oriu konnte es kaum erwarten, ihren ersten BH mit ihrer Mutter auszusuchen. Nachdem sie sich seit ihrem zwölften Lebensjahr Sorgen gemacht hatte, ob ihr überhaupt je Brüste wachsen würden, hatten diese in den letzten Monaten zu wachsen begonnen und zeichneten sich deutlich unter ihrem T-Shirt ab. Ariu war bei diesem wichtigen Ereignis auch bei ihren beiden großen Töchtern dabei gewesen und nun bestand Oriu auf die Fortführung des Familienrituals.

Alle Modelle, die Oriu aus den Regalen des Fachgeschäftes hervorkramte und ihrer Mutter zeigte, wurden abgelehnt.

»Nimm keine Materialien die mit L anfangen, damit meine ich Lack, Leder und Latex«, sagte Ariu mit nachsichtigem Blick, »beschränke dich für den Anfang auf hautfreundliche Baumwolle.«

»Geh doch mit ihr, anstatt sie damit alleine zu lassen«, schlug Iriu, ihre mittlere Tochter vor, während sie den Babybauch ihrer großen Schwester streichelte.

»Den Fehler habe ich bei euch beiden gemacht«, konterte Ariu, »sie wird aus Prinzip alles ablehnen, was ich ihr vorschlage.«

»Ich kann es kaum erwarten schwanger zu werden«, sagte Iriu und himmelte ihre große Schwester an.

»Da wirst du mindestens noch ein Jahr warten müssen, und selbst das halte ich noch für zu früh«, sagte ihre Mutter und Iriu rollte mit den Augen: »das ist voll gemein. Ich bin schon eine richtige Frau, warum sind die Gesetze so streng?«

»Weil achtzehn früh genug ist, um sich mit Männern zu treffen. Lerne bis dahin erstmal deinen Körper und seine Bedürfnisse kennen, das kann dir keiner verbieten.«

»Habe ich schon«, trotze Iriu.

»Dann konzentriere dich auf die Schule«, schlug ihre Mutter vor.

»Das ist sinnlos, Mama. Was soll ich mit Differenzialgleichungen, wenn ich ein Baby machen könnte?«

»Weil du keine Gebärmaschine, sondern ein äußerst facettenreiches und talentiertes Wesen bist. Hast du im Geschichtsunterricht nicht aufgepasst?«, sagte Ariu unbeherrscht, »als es die Altersgrenze noch nicht gab, waren halbe Kinder schon mehrfache Mütter. Sie waren durch diese verfrühte Belastung dauerhaft geschwächt und verbraucht, bevor sie überhaupt ein selbstbestimmtes Leben führen konnten.«

Um die sinnlose Diskussion auf eine andere Ebene zu verlagern, sagte die schwangere Eriu: »mein zweites Baby soll bei einem Gang-Bang gezeugt werden. Die Vorstellung, dass viele Männer in mich rein spritzen und die Spermien um die Befruchtung der Eizelle wetteifern, macht mich tierisch an.«

»Wie geil ist das denn?«, frohlockte Iriu mit großen Augen und schaute vorsichtig zu ihrer Mutter, die sich ein Lächeln verkneifen musste.

»Mama, hast du sowas auch gemacht?«, fragte Iriu.

»Oriu ist ein Gang-Bang Baby«, gestand Ariu ihren älteren Töchtern im Vertrauen, »und jetzt ist sie nicht einmal fünfzehn Jahre alt und kramt nieten besetzte Lackleder BHs aus den Regalen.«

Die drei lachten herzhaft, dann sagte Ariu: »ich habe sie zum Fressen gerne. Ich liebe euch alle unbändig.«

»Wissen wir. Wir dich auch«, sagte Iriu.

Nach über einer Stunde hatte Oriu zwei BHs, die bezüglich Material und Schnitt von ihrer Mutter für gut befunden wurden, in die engere Auswahl genommen, konnte sich aber nicht entscheiden.

»Nimm doch beide, mit einem BH kommst du sowieso nicht aus«, schlug ihre Mutter ungeduldig vor.

»Aber heute geht es doch um den Allerersten, das können unmöglich zwei sein«, protestierte Oriu.

»Wenn du dich nicht entscheiden kannst, dann nimm doch den«, sagte Ariu und zeigte willkürlich auf einen von beiden.

»Warum ausgerechnet den?«, fragte ihre Tochter.

»Weil es verdammt nochmal scheißegal ist, welchen du nimmst«, zischte Ariu.

In Orius Augenwinkeln bildeten sich Tränen.

»Ich bin doch in der Pubertät, da ist alles komplizierter«, sagte sie mit trauriger Stimme und Ariu fuhr sich gestresst durch die Haare.

»Oriu, ich glaube, es liegt nicht an dir«, fuhr Eriu dazwischen und schaute ihre Mutter an, »es liegt daran, dass Mama in ein komisches Alter kommt.«

»Rede kein dummes Zeug«, herrschte Ariu ihre älteste Tochter an.

»Ja, Papa«, sagte sie und entging einer Ohrfeige, weil sie den Kopf reflexartig zurückzog und ihre Mutter den Handstreich nicht konsequent genug ausführte. Ariu schaute ebenso erschrocken, wie ihre älteste Tochter, denn sie hatte ihr drei Kinder, trotz aller kindlichen Krisen, bisher gewaltfrei erzogen.

Der BH -- Kauf, auf den sich Oriu gefreut hatte, wurde zu einem Fiasko. Unter Tränen stand sie neben ihrer Mutter an der Kasse, die sich beide BHs einpacken ließ und ihr Handgelenk auf den Scanner zum Bezahlen legte. Arius Handgelenk leuchtete hellblau. Sie nahm die Einkaufstüte und drückte sie ihrer jüngsten Tochter in die Hand.

»Entschiede in Ruhe zuhause, welcher der erste sein soll, den du trägst«, sagte Ariu. Sie strahlte zu viel Unruhe aus, um ihre enttäuschte Tochter mit diesem Kompromiss trösten zu können.

»Was unternehmen wir jetzt?«, fragte sie mit einem fahrigen Rundumblick in die Gesichter ihrer Töchter.

Eriu stemmte ihre Hände in die Hüfte und drückte ihren Babybauch vor, ehe sie ihrer Mutter antwortete: »Vielleicht solltest du mal einen Gang zurückschalten. Wir versuchen unterdessen Orius Tag zu retten, damit kein BH -- Trauma zurückbleibt.«

Es war offensichtlich, dass Ariu von ihren Töchtern für die restliche Tagesgestaltung ausgeladen worden war. Entsprechend kühl verlief der Abschied.

Ariu trottet unter Selbstzweifeln über die Promenade. Sie sehnte sich nach ihrem Bett und Ruhe, nach der aufreibenden Nacht und dieser schief gelaufenen Shoppingtour. Sie hätte mit einem der regulären Schnellzüge in ihr Habitat fahren können, entschied sich jedoch, die Heimreise erneut mit einem Elektroflitzer anzutreten. Ariu fuhr so schnell, es der Verkehrsfluss zuließ und führte einige gewagte Überholmanöver durch. Die Aussicht auf der großen Brücke, die zur zentralen Insel führte, war genauso atemberaubend wie heute Vormittag, aber Ariu starrte stur geradeaus.

Als sie den großen Kreisel der Zentralinsel erreichte, war sie so in Gedanken, dass sie den anderen Verkehrsteilnehmer zu spät bemerkte und ihm die Vorfahrt nahm. Der andere Wagen musste scharf bremsen, um einen Blechschaden zu vermeiden. Anstatt sich zu entschuldigen, hörte sich Ariu sagen: »Pass doch auf du Vollidiot!«

Der ältere Herr schaute sie einen Moment lang an und gewährte ihr die Vorfahrt, die eigentlich ihm zugestanden hätte. Ariu ließ ihren Wagen langsam weiter rollen und hörte den Mann in der Tonlage eines Motivationstrainers sagen: »Lass alles raus, dann fühlst du dich besser und in ein paar Monaten bist du mit dir im Reinen.«

Mit tränen verschleiertem Blick nahm Ariu die nächste Ausfahrt aus dem Kreisel und parkte in einer Seitenstraße auf der zentralen Insel, um sich zu beruhigen. Stattdessen steigerte sie sich weiter in das Gedankenkarussell.

Das ihr erfahrener Lieber Umai und ihre älteste Tochter die Zeichen erkannt hatten, konnte sie mit Wehmut verkraften, aber, dass ein wildfremder Mann erkannt hatte, was mit ihr los war, traf sie bis ins Mark. Ariu musste sich eingestehen, dass sie die Realität viel zu lang verdrängt hatte: der Reifeprozess hatte längst begonnen.

Ihre Scheide war bereits enger geworden. Mit Mühe konnte sie noch zwei Finger einführen. Der Kanal würde sich weiter verengen und sich von innen heraus schließen, bis dort nur noch das kleine Löchlein für den Harnaustritt übrigblieb. Ihre Klitoris würde hingegen wachsen, Schwellkörper ausbilden und zu einem funktionsfähigen Penis heranreifen. Ihre äußeren Schamlippen waren bereits voller geworden, sie würden zu Hauttaschen werden, in die ihre, nun wachsenden, Hoden bald aus dem Körperinneren hineinwandern würden. Im gleichen Maß verkümmerte ihre Gebärmutter und die Eierstöcke, bis diese nicht mehr auszumachen waren. Ihre weiblichen Brüste würden sich zurückbilden. Das wusste sie alles, das passierte täglich millionenfach. Dieses Schicksal hatte für sie immer in weiter Ferne gelegen. Das einzig Gute, war die bevorstehende Straffung ihrer Haut und des Bindegewebes, sowie der Muskelaufbau, durch die männlichen Hormone.

Ariu schloss das Verdeck des Wagens, drehte die Klimaanlage voll auf und hielt ihr Gesicht vor das Gebläse, um dem Schweißausbruch entgegenzuwirken.

***

In den nächsten Wochen verkroch sich Ariu in ihrem Wohnbereich, obwohl es nicht in der Natur der Proteroganier lag, sich eigenbrötlerisch zu verhalten. Das gesamte soziale Leben spielte sich auf der Promenade, dem Herz eines Habitats ab. Dort wurden alle Mahlzeiten eingenommen. Man saß in seiner Freizeit in den Bistros oder Restaurant, sprach mit Freunden und schloss unweigerlich neue Bekanntschaften.

Ariu litt unter ihrer selbst gewählten Isolierung. Sie war nicht mehr aufgeschlossen und lebensfroh, wie früher. Sie ging auf die Arbeit, erledigte auf dem Heimweg ihre Einkäufe und aß ihre Mahlzeiten im Stehen. Soziale Kontakte pflegte sie nahezu ausschließlich virtuell oder gar nicht mehr. Es verging kein Tag, an dem sie Einladungen ablehnte. Fragen nach ihrem Befinden beantwortete sie stets mit: »ganz gut, ich brauche aber mal einen Abend für mich.«

Wie jeden Morgen, während dieser Zeit, fragte sich Ariu, warum sie überhaupt noch zur Arbeit ging. Die Arbeitsinhalte machten ihr weiterhin Spaß, aber die vielen jungen Frauen in dem Großraumbüro, vergällten ihr die Lust an ihrem Job. Die jüngsten beratschlagten sich unentwegt über ihre ausgeklügelten Taktiken, wie sie sich einen Mann angeln wollten und wie schön es wäre, schwanger zu werden.

Die Gesetze sorgten dafür, dass Proteroganier bis zur Volljährigkeit von sexuellen Handlungen ausgeschlossen wurden, um ihnen einen ungestörten Reifungsprozess, bis zur vollen Blüte zu ermöglichen. Sobald sie volljährig wurden und ihre erste eigene Unterkunft, ohne weitere Auflagen, beziehen durften, stolperten sie mit großen Illusionen und ohne Erfahrung in die Welt der Erwachsenen.

Ariu wusste aus ihrer eigenen Jungendzeit, dass es nicht einfach war, als ahnungslose Jungfrau einen Mann ins Bett zu bekommen, denn alle Männer waren ehemals Frauen gewesen. Mit diesem Lebenshintergrund waren sie in ihrer maskulinen Lebensphase nicht erpicht darauf, Pionierarbeit bei unerfahrenen Mädchen zu leisten, denn das kannten sie aus ihrer eigenen Jugend nur allzu gut. Jung, aber gut eingeritten und mit einem entsprechend verruchten Ruf, das waren Attribute, nach denen die Männer suchten.

Dieser Konkurrenzdruck wurde durch den augenfälligen Männermangel angeheizt, da viele Proteroganier erst mit dem Eintritt in ihren maskulinen Lebensabschnitt dem Militär beitraten. In der Zeit, bis zu ihrer Einberufung, tobten sie sich zwar aus, als gäbe es keinen Morgen mehr, aber danach verließen sie die Kolonien und nur die Wenigsten kamen je zurück.

Der Männermangel relativierte sich etwas, da sich schwangere Frauen und junge Mütter vorrangig um sich selbst und ihren Nachwuchs kümmerten, wodurch sie für viele Monate nicht an dem Verführungswettbewerb teilnahmen. Weiterhin war ein erfahrener Mann durchaus in der Lage täglich mehrere Frauen zu verkehren und nicht selten halfen sich die Frauen gegenseitig bei der Erfüllung ihrer Sehnsüchte.

Wenn sich die erfahreneren Frauen und jungen Mütter im Büro unter vorgehaltener Hand, von ihren Sexabenteuern erzählten, lauschte Ariu mit Wehmut. Zwar hätte Ariu hier einiges an Gesprächsstoff beitragen können, aber sie wurde nicht in diese Gespräche einbezogen. Scheinbar traute ihr Niemand zu, je Sex gehabt zu haben. Einzig bei dem Thema Kindererziehung wurde ihr Kompetenz zugesprochen. Seit Ariu ihre Stimme nicht mehr unter Kontrolle hatte, gab sie auch zu diesem Thema nur noch einsilbige Antworten. Sie behauptet hartnäckig, erkältet zu sein. Wer die Zeichen deuten konnte, wusste, dass sie im Stimmbruch war.

Da Ariu über die meiste Erfahrung in dieser Abteilung der Werbeagentur verfügte, konnte sie überall einspringen, wo wiedermal eine Kollegin schwanger geworden war. Der Abteilungsleiter wusste, wer seine wertvollste Arbeitskraft war und behandelte Ariu mit Respekt und Achtung, ebenso sah er mit großer Nachsicht über ihr introvertiertes Verhalten hinweg. Ariu wurde bewusst, dass ihr Chef als einziger in der Abteilung wirklich wusste, was sie gerade durchmachte.

Als Krisenmanagerin war Arius Arbeitsalltag entsprechend abwechslungsreich und manchmal konnte sie sogar vergessen, dass sie sich in ihrem Körper nicht mehr wohlfühlte.

Die Tischgruppe, an der die hochnäsige Niru saß, hatte den Auftrag bekommen, eine neue Werbekampagne zu entwickeln. Durch diese verantwortungsvolle Aufgabe wuchs Nirus herablassende Haltung gegenüber Ariu nochmals, denn immerhin gehörte sie nun zu einem Projektteam. Niru beging nie den Fehler, etwas zu tun, was Ariu bei ihrem Vorgesetzten melden konnte. Es waren die Blicke, das gezielte Ignorieren und gekonnt platzierte Spitzen, mit denen sich Ariu abfinden musste. Ein Arbeitstag, an dem Ariu nicht heimlich weinte, war ein guter Arbeitstag.