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Schwesternliebe

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Eine inzestfreie Geschichte über Tabubrüche.
14.7k Wörter
4.07
28.7k
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Wespe
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Ein tiefer Seufzer dringt aus meinem Brustkorb.

Die Sonne scheint, kühler Wind weht von Meer herüber über meine erhitzte Haut.

Ich liege entspannt am Strand von Ibiza, einen Cocktail in meiner Hand, auf meinem Bauch schlummert die Liebe meines Lebens.

Alles ist gut -- es ist einfach perfekt hier zu sein!

Während ich mir eine Zigarette anzünde und genüsslich den aromatischen Rauch tief in meine Lungen einatme, gehen meine Gedanken zurück ... zurück in eine andere Zeit, damals, nach Deutschland, als ich noch Schwester Katja war. Eine graue Maus, geprägt von Pflichterfüllung und dem Druck, welcher mir von früher Kindheit an auferlegt wurde.

Zufrieden lasse ich einen weiteren Schluck „Grand Margarita" in meinen Rachen rinnen, ich genieße den Geschmack von Tequila und Früchten.

Ich war nicht immer so glücklich.

***

Mein Vater hatte die Familie verlassen, als ich meine ersten Tage im Kindergarten verbrachte, meine Schwester war noch ein Baby. Dem Druck nicht standhaltend, für die Familie allein sorgen zu müssen, verfiel meine ohnehin schon labile Mutter innerhalb weniger Monate dem Alkohol und nur wenige Jahre später, nachdem ich in der Grundschule Fuß gefasst hatte, war es offensichtlich, dass diese bedauernswerte Frau ein nicht zu verachtendes Suchtproblem hatte.

Ich kann mich an kaum eine Zeit erinnern, in welcher wir zu Hause nicht über unzählige leere Bier-, Schnaps und Weinflaschen, eine volltrunkene Mutter oder deren Saufkumpane gestolpert sind. Das einzige Zimmer, das von dieser Katastrophe halbwegs verschont blieb war jenes, in dem ich mit meiner kleinen Schwester lebte.

Nadja, mein Stern, mein Sonnenschein, mein Leben, mein ganzer Halt!

Ich umsorgte die kleine Maus so gut ich es vermochte. Früh lernte ich einzukaufen, zu kochen, zu waschen, zu putzen, um diesem Küken das Leben halbwegs erträglich zu gestalten.

Wir waren ein Team, verschworen gegen die Welt, da uns ohnehin niemand half. Verbündet gegen die Nachbarn, die lästernd aus dem Fenster schauten, wenn unsere Erzeugerin betrunken aus der Eckkneipe nach Hause wankte. Gegen die Lehrer, die uns oft und gern als Sündenböcke gegen den Rest der Klasse ausspielten, weil sie wussten, dass unsere Mutter ohnehin nicht in der Lage sein würde, zur nächsten Elternsprechstunde zu erscheinen.

Gegen die lästigen Verwandten, die es lieber gesehen hätten, Nadja und ich wären in Pflegefamilien untergebracht worden oder in einem Heim, völlig egal, nur weg aus ihrem Dunstkreis. Wie oft hatte meine Oma mir ein paar Geldscheine zugesteckt, damit ich für den Rest des Monats Lebensmittel kaufen konnte und mir dabei ins Ohr geflüstert: „Nicht anrufen, wenn sie wieder betrunken ist, Opa regt sich immer so schnell auf!".

Oder Tante Magda, die gelegentlich vorbeikam, um mir seufzend und voller Selbstmitleid vor sich hin jammernd bei den gröbsten Hausarbeiten zu helfen. Immer wieder betete sie beim Fensterputzen ihre Meinung herunter, dass es doch nette Familien gäbe die bereit wären, sich um ein niedliches kleines Ding wie Nadja zu kümmern und für mich würde sich doch auch irgendwo ein akzeptabler Heimplatz finden. So lange, bis meine kleine Schwester ihr eines Tages das nasse Putztuch aus der Hand riss, es ihr in das aufgedunsene Gesicht schleuderte und aus vollem Hals brüllte: „Ich will aber bei meiner Katja bleiben! Du brauchst hier garnie mehr herkommen, du olle fette Kuh ...lass uns in Ruhe, wir schaffen das auch allein!" Die Maus muss damals 12 gewesen sein, genau kann ich mich nicht mehr erinnern.

Selbst die eigene Mutter wurde zu unserem Feind. Ich habe vergessen, wie oft sie mich im Suff grün und blau schlug, vor allem für Verfehlungen meiner kleinen Schwester. Auch hier hielten wir zusammen wie Pech und Schwefel. Ich ertrug die Prügel, Naddel tröstete mich hinterher in unserem Zimmer.

So wuchsen wir heran, meine Teenagerzeit kam und verging wie im Flug.

Freundinnen, sofern sie überhaupt zu finden waren, konnte ich nie lange halten. Wenn der Alkohol und seine Nebenwirkungen oder die Unordnung und der nicht zu übersehende Schmutz in unserer Wohnung sie nicht verscheuchte, tat Naddel dies mit Akribie und Nachdruck. Sie schien sich hierbei nie irgendeiner Schuld bewusst zu sein, verstand meine Tränen, meinen Frust nicht, wenn ich wieder aus der Schule nach Hause kam und mir ein Mädel die Freundschaft aufgekündigt hatte.

„Aber du hast doch mich!", war der Standartsatz, mit dem sie mir ihre Welt erklärte.

Damals schon mit einem gewissen Übergewicht kämpfend hatte ich keine Lust und irgendwie auch keine Zeit für Romantik, zum Händchen halten, für die erste große Liebe, Flirts oder Verabredungen.

Erste Bekanntschaften mit Jungs kamen und gingen, ohne großartigen Eindruck zu hinterlassen. Irgendwann passierte „Es", dieses angeblich magische Erste Mal. Ich nahm die Dinge schweigend hin, ohne je Gefallen oder Genuss dabei empfunden zu haben, weil sie ab einem gewissen Alter einfach dazu gehörten. Meist dauerte ein solcher Akt ohnehin nie länger als ein paar Minuten, die Männer waren rücksichtslos, grob, ohne Phantasie und Zärtlichkeit. Am Ende überkam mich immer Erleichterung, wenn es vorbei war.

Später fiel bei mir die Entscheidung für die Verwendung eines zuverlässigen Vibrators. So umging ich langweilige Dates oder blödsinnige Bekanntschaften und konnte meinen körperlichen Bedürfnissen wenigstens halbwegs selbst gerecht werden.

Im Grunde war ich in dieser Zeit immer mit meiner Ausbildung zur Krankenschwester beschäftigt, hatte so gut als eben möglich einen chaotischen Haushalt zu führen und war bereits eine Mutter. Mutter, Schwester, Vertraute, beste Freundin und starke Schulter von Nadja, „meinem" Kind.

Mir war bewusst, dass ich mich vernachlässigte, aber was hätte ich anderes tun können?

Zwar trug auch ich die Haare lang und eigentlich wären sie wunderschön gewesen, dunkelblond und leicht gelockt hätten sie mein eher herbes Gesicht sicher weicher wirken lassen, aber da war einfach keine Zeit, sie stundenlang zu Fönen, zu bürsten und zu pflegen.

Quälte mich morgens um 6.00 Uhr der Wecker aus dem Bett, hatte ich gerade noch genug Zeit für eine Dusche. Danach wurde das Haar, feucht wie es war, einfach mit einem Gummiband zu einem strengen Pferdeschwanz gebunden. Das musste reichen.

Mode stand für mich nie zur Debatte. Zum einen fehlte mir das Geld, um für mich erstklassige und passende Kleidung zu kaufen, zum anderen hätte ich nicht gewusst, was an meinem eher plumpen Körper betont werden sollte. Mein Hintern und die Oberschenkel waren eindeutig zu dick. Die großen und für meinen Geschmack unförmigen Brüste störten mich eher, als das sie mich stolz machten. Ich war immer bemüht, sie zu verstecken, statt sie als Hingucker zu präsentieren.

Schuhe mussten bequem sein, denn nach einer stressigen Schicht in der Tagesklinik unseres Krankenhauses brannten meine Fußsohlen oft wie Feuer, die Knöchel waren geschwollen und ich verspürte keine Lust, die abendlichen Einkäufe in High Heels zu erledigen.

Kurzum: Ich war eine graue, unscheinbare Maus, welche stets ungeschminkt, mit weiten Hosen und Schlabbershirts unterwegs war. Turnschuhe und Flip-Flops im Sommer, dicke, rutschfeste Stiefel im Winter, dazu irgendeine Jacke aus der Wühlkiste, am besten günstig und pflegeleicht, genügten völlig.

Bei Nadja lagen die Dinge anders. Für sie war ich bereit, alles zu tun, jeden Cent zu geben, nur um die Kleine glücklich zu machen.

Von dem Tag an, als ich mein erstes Lehrlingsgeld verdiente, gab ich es aus für

unzählige Kleinigkeiten, DVDs, Zeitschriften, Gürtel, Taschen, Nagellacke ...

Ich wollte, dass sie glücklich war.

Schwieriger und vor allem teurer wurde es, als auch meine Maus in das Alter kam, in dem erste männliche Wesen begannen, eine Rolle in ihrem Leben zu spielen. Ich weiß nicht woran es lag, aber plötzlich schien sie nie und nirgends Grenzen zu kennen.

Herangewachsen zu einem wirklich hübschen Mädchen, verdrehte sie jedem der ihr zu nahe kam den Kopf, völlig egal, ob es Jungs in ihrem Alter waren, verheiratete Familienväter oder Männer, die gut und gern ihr Großvater hätten sein können. Sie schien sich immer neu beweisen und bestätigen zu müssen.

Nadja benutzte für diese Spielchen all ihre Vorzüge in einer Gnadenlosigkeit, die mir stellenweise Angst machte.

Egal, ob es ihre langen, dunklen Haare waren, ihre großen grünen Augen, die zum Schmollmund aufgeworfenen Lippen, ihre perfekt geformten, festen Brüste, ihre langen schlanken Beine, der kleine, knackige Po ...alles an ihrem Körper schien eine Verheißung zu sein und wurde gleichzeitig eine gefährliche Waffe.

Bei der Wahl ihres Make Up traf sie zielsicher ins Schwarze. Dunkler Lidschatten betonte ihren Blick und ließ ihre Augen noch tiefer und verträumter wirken, heller Lipgloss schimmerte selbst dann auf ihrem Mund, wenn sie nur zum Briefkasten ging, um die Tagespost zu holen.

Wegen ihres Kleidungsstils kam es jetzt zwischen uns immer öfter zu Streitereien. Ich war der Meinung, sie sollte sich zurückhaltender und ihrem Alter angemessener anziehen, sie hingegen wollte sich zeigen, bewundert und angestarrt werden.

"Ach Dicke," nannte sie mich oft abfällig, „Sei nicht so streng mit mir! Wenn die Typen auf mich abfahren, ist vieles so leicht. Ich spring doch nicht mit jedem von denen

gleich in die Kiste, ist doch nur Spaß, wie ein Spiel!"

Aber dieses „Spiel" blieb leider nur für eine gewisse Zeit ein Spaß.

In den Monaten, als unsere Mutter ihre letzten Hirnzellen versoff und eines Tages nicht wieder aus der Klinik entlassen wurde, sondern an multiplem Organversagen starb, entwickelte Nadja einen geradezu unangenehm ausgeprägten Hang zu nuttiger Kleidung. Die Ausschnitte ihrer T-Shirts wurden tiefer, die Absätze ihrer Schuhe höher. Die Jeans waren so eng, dass ich mich gelegentlich frage, wie sie diese Dinger noch über die Hüften bekam. Sie liebte Hotpants und Miniröcke, hautenge Stretchkleider und Korsagen.

An ihrem 18. Geburtstag feierte sie eine 24stündige Non-Stop-Party zu der ich nicht mal eingeladen war. Immer öfter kam sie erst tief in der Nacht nach Hause, war betrunken oder bekifft, stank nach Schweiß und den Ausdünstungen von Bars, Discotheken und Männern.

In diesen Nächten bekam ich vor Sorge kein Auge zu, schlaflos wälzte ich mich voller Sorge in meinem Bett hin und her.

Aber auch andere Probleme begannen sich aufzutun.

Eines Tages klingelte ein wütender Nachbar an unserer Tür und zerrte mich am Ärmel nach unten auf den Hof, wo die Autos der Anwohner geparkt wurden. Mitten auf der Motorhaube seines drei Jahre alten Renault Megane klaffte in wirklich tiefen Kratzern das Wort „Arsch". Es brauchte nicht lange, um mir begreiflich zu machen, dass Nadja in der letzten Nacht mit betrunkenem Kopf Scheiße gebaut hatte ... wirkliche Scheiße ... teure Scheiße! Selbstverständlich kam ich für den finanziellen Schaden auf und entschuldigte mich bei dem aufgebrachten Mann mit einem dicken Blumenstrauß. Naddel hatte wie so oft keine Lust, diese versöhnliche Geste selbst auf die Reihe zu kriegen.

Auch der Polizei bleib Nadja im Laufe der Jahre keine Unbekannte. Es begann vergleichsweise harmlos mit kleinen Diebstählen im Supermarkt. Hier eine Flasche Schnaps, dort eine Tafel Schokolade.

Es brachte nichts, wenn ich sie zu den Aussprachen mit den Marktleitern mitschleppte oder ihr die Mitarbeiter des Jugendamtes fast schon verzweifelt klar machen wollten, dass sie sich bereits mit einer Spirale nach unten, in die Bodenlosigkeit der Asozialität umgeben hatte.

Meine kleine Schwester nahm nichts wahr, wollte nicht nachdenken. Alles was sie augenscheinlich vom Leben erwartete, spielte sich auf der Straße, in Discotheken, Spielhallen oder den Betten unzähliger Kerle ab.

Die Streitigkeiten nahmen zu, wurden immer heftiger und irgendwann war der Punkt erreicht, an dem ich so nicht weiter machen wollte.

Ich hatte keine Kraft mehr, keinen Atem, keine Ausdauer, um diesem Mädchen Tag für Tag hinterher zu rennen und die Scherben hinter ihr weg zu räumen.

Mir wurde langsam klar, dass die Zeit gekommen war, mein eigenes Leben zu leben, wollte ich nicht irgendwann gemeinsam mit ihr unter gehen.

Ich begann zu begreifen, dass unsere Schwesternliebe immer mehr in den Hintergrund rückte und für Naddel immer weniger Bedeutung hatte.

Ich fühlte mich allein, verlassen, ausgenutzt und irgendwie amputiert.

Aber noch konnte ich diesen großen Schritt nicht gehen, noch hatte ich Ängste und Skrupel Nadja allein zu lassen, sie in die Eigenverantwortung der Realität zu schuppsen.

Ja, ich war oft wütend auf sie, wenn sie wieder einen weiteren Monat hatte verstreichen lassen, ohne sich ernsthaft um eine Ausbildung oder einen Job zu bemühen. Natürlich schimpfte ich, wenn ich abends nach Hause kam und die Einkäufe nicht erledigt waren, das Geld aber für irgendwelchen Schnickschnack ausgegeben worden war.

Ich war genervt, wenn der Zustand unserer Wohnung dem ähnelte, als zu der Zeit, in welcher unsere Mutter noch lebte.

Klar gefiel es mir nicht, dass Nadja sich oft tage - und nächtelang herumtrieb oder sich immer wieder wahllos an meinen Sachen bediente.

Aber sie war doch meine kleine Zuckermaus, mein Baby!

Irgendwann während dieser traurigen, frustrierenden Monate lernte ich im Krankenhaus Thomas, einen jungen Sanitäter kennen. Schon äußerlich verkörperte er das, was ich jahrelang in all meinen feuchten Träumen erfleht hatte.

Er war nicht sonderlich groß, aber muskulös, hatte ein markantes Gesicht mit ausgeprägten Wangenknochen und trug meist einen Dreitagebart. Seine Augen waren dunkelblau, die schwarzen lockigen Haare zu einem kurzen Pferdeschwanz gebunden.

Anfangs himmelte ich ihn nur aus der Ferne an. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass ein Typ wie er auf eine unscheinbare graue Maus wie mich überhaupt aufmerksam werden könnte.

Ich musterte ihn, beobachtete seinen Gang, seine Gesten, schmunzelte mit gesenktem Kopf in mich hinein, wenn er laut lachend den Witz eines Kollegen kommentierte.

Später, als wir zufällig während der Pause einen Tisch in der Kantine teilten, sprach er mich zum ersten Mal an. Mir rauschte vor Aufregung das Blut in den Ohren und ich verfluchte meine Schüchternheit, als er ganz locker eine Unterhaltung mit mir begann. Er versuchte schon fast verbissen, das Gespräch mit mir zu führen und vermittelte mir so seit ewiger Zeit wieder das Gefühl, wichtig zu sein. Schließlich gelang es mir, ihn offen in sein Gesicht blicken. Mit klopfendem Herzen fand ich halbwegs vernünftige Antworten auf seine Fragen und Argumente.

Von da an verbrachten wir, wann immer es möglich war, unsere Pausen miteinander.

Thomas gelang es in kurzer Zeit, Bedürfnisse bei mir zu wecken, die ich sicher in meiner Seele vergraben geglaubt hatte.

Egal ob es die Art von Sex war, an dem auch Frauen ihren Spaß hatten und den ich nun endlich live und in Farbe erleben wollte, Lust auf Partys, schicke Klamotten oder zum ersten Mal einen Urlaub an der See ... Durch die Gespräche mit ihm stieg plötzlich die Sehnsucht auf all das mit einem richtig gehenden Heißhunger in mir auf.

Und auch wenn ich dabei ein denkbar schlechtes Gewissen verspürte beschloss ich, Nadja für die Zukunft ein wenig kürzer zu halten, endlich mehr an mich und meine Wünsche zu denken.

Der Wunsch nach etwas Eigenem, etwas, das mir gehörte, einem Freund, einem eigenen Leben, einer Liebe wuchs stärker denn je.

***

"Naddel, am Samstag kannst du nicht zum Friseur gehen!", verkündete ich ihr eines Tages.

Keine Reaktion von Nadja, lediglich ein wütend verzogener Schmollmund.

„Keine Sorge, wir färben dir die raus gewachsenen Ansätze selbst, dass kriegen wir genau so gut hin.", versuchte ich einzulenken.

Weiterhin trotziges Schweigen.

„Sei nicht sauer Mausi. Meine Haare müssen mal wieder geschnitten werden."

"Warum?", fragte sie spitz nach. „Du sitzt doch eh nur ewig zu Hause rum."

Das erste nervöse Grummeln in meinem Magen war deutlich zu fühlen.

"Nein, meine Süße, du irrst dich. Ich gehe aus am Samstag!", war meine knappe Antwort. Nadjas Kopf fuhr hoch.

"DU gehst weg???", fragte sie vollkommen ungläubig. „Kann ich mir nicht vorstellen, dass dich jemand eingeladen hat. Oder will dein Chef was von dir?", grinste sie provozierend.

Das wütende Rumoren meines Bauches verstärkte sich.

"Selbst wenn du es dir nicht vorstellen kannst, ich BIN eingeladen worden. Von einem sehr netten jungen Mann der mir verdammt gut gefällt und ich habe vor, diesen Abend aus vollen Zügen zu genießen. Ob dir das nun passt oder nicht!"

„Pffffffffffffff...", war alles, was als Antwort zu hören war.

Nadja räkelte sich auf dem Sofa.

Nach einer Weile kam sie zu mir rüber, umarmte mich von hinten und fragte in ihrer zuckersüßen Art: „Wo geht ihr hin? Darf ich vielleicht mitkommen? Ich habe noch nichts vor am Wochenende."

Mein Magen krampfte sich völlig zusammen.

Ich log: „Du, dass wissen wir noch nicht genau, Thomas will mich wohl überraschen. Bist du dir sicher, dass dein Terminkalender bis Samstag tatsächlich leer bleibt? Das wäre wirklich das erste Mal."

"Oh, Thomas heißt der Glückliche...", unkte Nadja jetzt. „Kenn ich von deiner Station gar nicht."

"Er arbeitet nicht in der Tagesklinik.", antwortete ich ausweichend.

"Wo dann?"

"Sag mal, verhörst du mich?", fauchte ich ungehalten. „Es ist doch wohl wirklich meine Sache mit wem ich wohin ausgehe, oder? Als würdest du mir nur einmal Auskunft geben, wo du dich nachts herumtreibst!"

"Das ist was anderes, meine Dicke!", stichelte Nadja weiter. „Man kann immer im Laufe einer Nacht irgendwo stranden, wenn man spontan ist. Schließlich bin ich die Lockere von uns beiden, nicht du!"

"Ach lass mich in Ruhe mit deinem Unfug!", schimpfte ich genervt. „Der Friseurtermin steht und Samstagabend bin ich unterwegs. Basta!"

Damit war das Gespräch für mich beendet, auch wenn mich mein schlechtes Gewissen belastete.

Als der lang ersehnte Sonnabend endlich da war und ich mich bereits gegen 15.00 Uhr mit entsprechendem Lampenfieber ins Badezimmer verzogen hatte, konnte ich förmlich fühlen, wie sich Nadjas Laune stetig bergab entwickelte.

Erst lag sie maulend auf dem Sofa und klagte über Kopfschmerzen. Nachdem ich ihr zwei Tabletten gebracht hatte und mich wieder um meine Angelegenheiten kümmern wollte, war es ihr plötzlich ein Bedürfnis, mich über ihren aktuellen Liebeskummer aufzuklären. Stetig bohrend, erinnerte sie mich daran, dass es meine Pflicht war, für sie da zu sein. Gerade jetzt wollte sie meine Ratschläge hören, obgleich wir beide wussten, dass sie diese regelmäßig in den Wind schlug.

Aufgeregt und nervös wünschte mir nichts anderes, als die nächsten Stunden zu genießen. Ich wollte in Ruhe baden, meine Haut verwöhnen, mich stylen, meine Nägel lackieren. Es war schlimm genug, dass meine Erfahrung in solchen Dingen recht dürftig ausfiel und eigentlich entsprechende Tipps meiner kleinen Schwester angebracht gewesen wären.

Aber nein, sie wollte über sich reden, verlangte nach meiner Aufmerksamkeit.

"Naddel ...!", schimpfte ich nach ein paar Minuten entnervt. „Lass mich doch endlich in Ruhe! Mach die Tür von außen zu!"

Gerade hatte ich mich beim Auszupfen meiner Augenbraue wieder um einen wichtigen Millimeter verhauen, weil sie im Türrahmen stand und Grimassen schnitt.

"Du musst mir aber zuhören!", forderte sie mit der Sturheit eines ungezogenen Kleinkindes. „Nachher bist du weg. Keine Ahnung, was ich machen soll, wenn der Typ von gestern wieder anruft! - Übrigens sieht deine linke Augenbraue total scheiße aus! ", stänkerte sie weiter.

Ich war den Tränen nah.

"Leg auf und reagiere nicht auf ihn! Oder geh wieder mit ihm aus, so wie du es die letzten drei Male auch getan hast, obwohl wir besprochen hatten, dass er nicht gut für dich ist.", entgegnete ich gestresst. „Du machst doch sowieso was du willst. Heute ist ausnahmsweise mal mein Abend, verstehst du das nicht?"

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