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Wespensommer

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Marty bekämpft die schwarzgelbe Plage und trifft ein Mädchen.
8.3k Wörter
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20k
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Marty bekämpft die schwarzgelbe Plage und trifft ein Mädchen.

Dingo666

********************

„So. Das reicht jetzt wirklich!"

Meine Frau Irina schob den Teller weg und rückte ihren Stuhl nach hinten. Ihre Miene sah aus, als hätte sie gerade in eine Toilette gefasst. Auf dem Schinkenbrötchen, das sie sich gerade zubereitet hatte, krochen acht oder zehn Wespen herum. Sie schwirrten aufgeregt mit den Flügeln und schnitten mit den Kieferzangen Stücke aus dem Schinken. Erstaunlich große Stücke. Die umklammerten sie mit den Beinchen und hoben ab wie Schwerlasthelikopter.

Ich seufzte, nahm die Kaffeetasse und warf einen Kontrollblick hinein, bevor ich trank. Die Viecher mochten keinen Kaffee. Übereifrige Exemplare stürzten sich dennoch hinein. Regelmäßig.

Irina fixierte mich mit ihrem Blick. Dem Eisenblick, wie ich ihn heimlich nannte. Ich seufzte nochmals.

„Ich treffe mich gleich mit Charlotte", erkläre sie mir und ignorierte die zwei Wespen, die an ihrem Haar herumflogen. „Wenn ich wiederkomme, hast du was unternommen, Marty. So einen Sommer mache ich nicht nochmal mit!"

Ich nickte ergeben. Sie warf einen letzten Blick auf das gelbschwarze Gewimmel auf ihrem Teller, auf dem ganzen Tisch, und erhob sich. Langsam. Um die Tiere nicht zu sehr aufzuregen. Dann ging sie ins Haus und ließ mich alleine auf der Terrasse zurück. Wobei alleine hier ein unpassender Begriff war. Ich genoss die Gesellschaft von mindestens fünfzig Exemplaren von Vespula Germanica, der Deutschen Wespe.

Meine Liebste hatte ja recht. Einerseits. Es war wirklich ein ausgesprochener Wespensommer gewesen. Schon ab April schwirrten die ersten der Insekten bei uns herum, und es wurden über die Saison stetig mehr. Jetzt, an diesem herrlichen Sonntag Mitte September, hatte die Plage ihren Höhepunkt erreicht. Ständig brummten einige Tiere im Haus umher, an den Fensterscheiben vor allem. Auf der Terrasse war es kaum noch auszuhalten. Wir bewegten uns schon automatisch wie in Zeitlupe.

Andererseits verhielten sich die Tiere ganz manierlich. Gut, sie krabbelten überall herum und betrachteten jede Art von offener Nahrung als ihren Besitz, egal ob es sich um Kuchen, Obst, Wurst oder Fleisch handelte. Doch sie stachen nicht, und wirkten auch nicht besonders bedrohlich. So, als ob sie sich an das Leben mit diesen lästigen Zweibeinern gewöhnt hätten und uns mit einer gewissen Nachsicht auf ihrem Grund und Boden tolerierten.

Woher sie kamen, war kein Geheimnis. Oberhalb unseres Grundstücks stand eine alte Villa, unbewohnt und halb verrottet. Unter dem Dach hing ein riesiges Nest, um das es immer wimmelte, keine dreißig Meter von unserem Tisch entfernt. Im Dachstuhl und im Inneren gab es vermutlich weitere Brutstätten.

Die alte Frau Goedevert, die dort gewohnt hatte, war schon vor Jahren gestorben. Die Erben konnten sich nicht einigen, was mit dem Haus geschehen sollte. Also geschah nichts. Außer, dass die Wespen sich dort ansiedelten. Jedes Jahr waren es mehr geworden, so als würde eine Besatzungsarmee das Land übernehmen. Auch die Nachbarn klagten, doch wir waren am heftigsten betroffen.

„Bin gegen sechs zurück", rief mir Irina zu, und warf die Haustür ins Schloss. Ein akustisches Ausrufezeichen. Sollte heißen: Ich hatte an diesem Sonntagnachmittag knapp sieben Stunden Zeit, um mir was einfallen zu lassen. Bei ihrer Rückkehr würde sie mindestens einen handfesten Plan erwarten.

Natürlich hatte ich mich informiert. Wespen stehen unter Naturschutz, die Zerstörung von besiedelten Nestern kann bis zu fünfzehntausend Euro kosten. Andererseits sterben die Staaten im Spätjahr, nur die befruchteten Prinzessinnen überwintern in einem Versteck. Im Frühling kommen sie raus, bauen neue Nester und schaffen Völker mit tausenden von Arbeiterinnen. Faszinierend, rein biologisch betrachtet. Und ebenso lästig, wenn man sie am Hals hat.

Im Winter darf man Nester entfernen, dann sind sie unbewohnt. Ich könnte also im Dezember rauf zur Villa und für Ordnung sorgen. Doch würde das helfen? Würden die Königinnen nicht einfach neue Nester bauen, an denselben Stellen? Sie mochten das alte Gemäuer offenbar. Und leider gab es keine gesetzliche Grundlage, auf der man Nachbarn zwingen kann, die Häuser wespensicher auszurüsten. Auch das hatte ich schon in Erfahrung gebracht, von unserem Anwalt.

Ich konnte also im Moment überhaupt nichts tun. Doch das würde nicht gut aussehen für Irina. Am besten schaute ich einfach mal hoch zur Villa und machte ein paar Fotos von den Nestern. Dann konnte ich ihr erklären, dass ich schon einen genauen Plan hatte, wie ich die Dinger im Dezember entfernte. Welche Leiter ich brauchte, welche Werkzeuge und so. Mit etwas Glück konnte ich meine Liebste so besänftigen, bis die Plage in ein paar Wochen auf natürliche Weise zu Ende gehen würde.

Nachdem ich den Tisch abgeräumt und die Wespen dabei mit einer frischen Scheibe Schinken abgelenkt hatte, steckte ich mein Handy ein und machte mich auf den Weg. Die alte Sandsteinmauer hoch, über den Zaun und durch das Dickicht. Das früher mal parkähnlich gepflegte Gartengrundstück der Nachbarvilla hatte sich in ein blühendes Biotop verwandelt, voller Unkraut und Gestrüpp. Ich zerkratzte mir die Arme an Dornen und abgebrochenen Zweigen und war froh, wenigstens eine ordentliche Jeans anzuhaben. Fliegen, Käfer und Wespen summten überall herum. Dazu das Zwitschern der Vögel und das Raunen der Blätter im Wind. Ganz nett, eigentlich. Ich spürte, wie ich ruhiger wurde und mich entspannte.

Vor dem Haus blieb ich stehen und sah mich um. Der Blick ging über das Tal, eine wunderbare Aussicht. Der verwunschene Garten ringsum verströmte ein Hauch von Dornröschen. Am liebsten hätte ich mich einfach in die Sonne gesetzt, die Augen geschlossen, und den Tag genossen. Oder gleich ins Gras legen? Wegdämmern, eins werden mit dieser Umgebung, mit der Natur?

Ich schob diese Träumereien beiseite. Die Uhr tickte. Meine Ehefrau war tolerant und verständnisvoll, jedoch nur bis zu einer gewissen Grenze. Sie verachtete Leute, die sich um anstehende Probleme drückten. Insbesondere Ehemänner, die das taten.

Zunächst ging ich um das Anwesen herum und schoss ein paar Bilder. An der Südwestecke, unter dem Dachüberhang, hing das gewaltige Nest, das ich schon von unserer Terrasse aus gesehen hatte. Es mochte einen Meter Durchmesser haben. Die Luft am Einflugsloch lebte förmlich, so viele Insekten drängten sich hinaus und hinein. Die Oberfläche zeigte eine gräuliche Farbe. Also ein Volk der Deutschen Wespe, wie mir meine Recherchen gesagt hatten. Vespula Germanica.

Ein zweites Nest fand ich unter den Dachsparren am Anbau, hinter der Villa. Deutlich kleiner, aber nicht minder umschwärmt. Und auch eine zerbrochene Fensterscheibe im Obergeschoss schien eine Einflugschneise zu sein, also musste sich eine weitere Siedlung im Inneren befinden. Dieses Haus war das verdammte Manhattan der Wespenzivilisation!

Ich betrachtete die Villa, die Hand als Sonnenschutz über den Augen. Gründerzeit-Stil, mit üppigen, stuckverzierten Fensterlaibungen und Fachwerk im Dachgeschoss. Ehemals weiß, nun ein abgeschossenes Grau, und an mehreren Stellen von Ranken und Bäumen überwuchert. Der Bau strahlte eine melancholische Ruhe aus. Er erinnerte mich an eine alte Dame im Liegestuhl, die mit geschlossenen Augen vor sich hin dämmert und auf das Ende wartet.

„Schön. Und jetzt?" fragte ich mich halblaut. Mal ganz abgesehen davon, dass ich mich auf fremdem Grund und Boden befand und streng genommen Hausfriedensbruch beging -- was konnte ich schon gegen diese Insektenplage unternehmen? Man würde die Villa bis auf die Grundmauern niederbrennen müssen, um alle Nester zu erwischen.

Ach was. Ich war hier gewesen, das musste Irina reichen. Die Eingangstür war sicher abgeschlossen, und einen Einbruch konnte Irina wirklich nicht von mir erwarten. Lieber schrieb ich noch einen Beschwerdebrief an die Gemeindeverwaltung. Sollten sich doch die Beamten mit den Erben herumplagen!

Abgebrochene Ästen und Laub bedeckten die sieben oder acht Stufen vor dem Eingangsportal, ich kam nur mit Mühe zur Tür. Doch zu meiner Überraschung war diese nur angelehnt. Als ich drückte, schwang sie mit einem hohlen Knarren auf.

„Hallo?" rief ich und spähte hinein. Keine Antwort, natürlich. Was nun? Am besten umdrehen. Was sollte ich auch in dem alten Kasten? Immerhin wusste ich nun, dass ich dann im Dezember reinkam. Aber wahrscheinlich sollte ich zumindest mal kurz die Lage checken. Die Anzahl der Nester feststellen. Das würde Irina befriedigen. Also schob ich mich über die Schwelle und ins Innere, mit einer leichten Enge im Hals.

Ich stand in einer Eingangshalle. Direkt vor mir führte eine imposante Freitreppe hoch ins Obergeschoss, und drei Türen führten in andere Räume. Jemand hatte die Einrichtung teilweise entfernt, nur eine alte Kommode stand noch an einer Wand, und ein wunderbar altmodischer Kronleuchter hing von der hohen Decke. Der Boden war dick mit Dreck und Staub und vertrockneten Insekten bedeckt, Tierspuren zogen sich hindurch.

Überraschend empfand ich den Eindruck von tiefer Ruhe, ja von Frieden, der mich umgab wie ein Kissen. Ich ertappte mich bei einem sinnenden Lächeln. Die unwirkliche Umgebung verzauberte mich regelrecht. Wie wohl das Leben in diesen Gemäuern gewesen sein mochte? Unwillkürlich dachte ich an Kinderlachen, an Männerstimmen und weibliche Ordnungsrufe. Die Villa war wie einer dieser „Lost Places", von denen ich gelesen hatte. Das Echo einer vergangenen Zeit, ein Nachhall aus Nostalgie und Träumen. Ich schoss ein paar Bilder mit der Handykamera.

Der kleine Ausflug machte mir nun richtig Spaß. Ich schlenderte durch das Erdgeschoss, erkundete die alte Küche und ein Esszimmer mit Panoramafenstern in den hinteren Garten. Überall standen noch einige der alten Möbel und Einrichtungsgegenständen herum, an andere erinnerten nur noch hellere Umrisse an den Wandtapeten. Staub und Schmutz überall, doch die Substanz schien noch nicht angegriffen. Noch wäre diese Villa zu retten, und sie wusste es.

Der Geruch fiel mir auf. Alt und staubig, klar, aber darunter roch es noch nach etwas anderem. Ein wenig nach Stall, aber frischer, beinahe zitrusähnlich. Ganz angenehm, irgendwie. Wohlig. Ich sog den Duft tief in die Lungen, denn er schien ein Teil dieses Hauses zu sein.

Dann ging ich die Treppe hoch. Langsam, um die Stabilität der Holzkonstruktion zu erkunden. Der Geruch wurde stärker, je höher ich kam. Außerdem hörte ich ein Summen, ganz leise, gerade an der Wahrnehmungsschwelle. Nicht überraschend. Doch hier im Treppenhaus flog keine einzige Wespe. Nur am Boden lagen die verkrümmten Körper vergangener Jahre.

Sehr vorsichtig öffnete ich die Tür ganz links. Das Summen schwoll an, als ob jemand einen Verstärker hochdrehen würde. Ein Blick durch den Türspalt zeigte ein gigantisches Nest, das die gesamte Ecke zwischen zwei Fenstern auszufüllen schien. Ich schluckte und zog die Tür wieder zu. Da hinein zu gehen wäre keine gute Idee. Und ob ich so ein Monster im Dezember alleine abmontieren und herausbringen konnte, schien mir fraglich. Das hier schrie nach dem Einsatz eines professionellen Kammerjägers. Mit Flammenwerfer.

Die nächste Tür führte in ein anderes, komplett leeres Zimmer. Kein Nest, nur an den Fenstern schwirrten einige Wespen herum. Der Boden war dick mit schwarzgelb gestreiften Leichen bedeck. Der sonderbare Geruch drang betäubend stark in meine Nase. Ich atmete die Luft tief ein, obwohl mir dabei komisch zumute war.

Auf der rechten Seite befand sich ein Schlafzimmer. Das altertümliche Bett enthielt nur noch die Matratze unter einem Plastiküberzug, und auch hier lagen überall tote Insekten herum. Die Luft war hingegen rein, abgesehen von dem Geruch.

Ich blickte nach oben. In die Decke eingelassen sah ich eine Luke, die ins Dachgeschoss führte. Da oben würde ich mit Sicherheit auf weitere Kolonien stoßen. Nein, das hier war mit Sicherheit eine Nummer zu groß für mich. Das musste ich Irina begreiflich machen, Wespensommer hin oder her.

Also gut. Pflicht erfüllt. Ich trottete zurück und die Treppe runter, um --

Unten stand jemand. Ich stoppte, als sei ich gegen eine Wand gelaufen. Eine schmale Gestalt, ein Mädchen. Sie blickte zu mir hoch.

„Äh, hallo!", brachte ich heraus und setzte mich wieder in Bewegung, trotz meines schlechten Gewissens. War ja klar, dass ausgerechnet jetzt jemand von den Besitzern vorbeikommen und mich ertappen musste.

„Hallo." sagte sie, mit einer angenehm klaren Stimme. Sie klang nicht böse, und ich atmete auf.

Ich kam unten an und stand ihr gegenüber. Und staunte. So eine schmal gebaute Frau hatte ich noch nie gesehen. Sie mochte so groß sein wie Irina, also etwa einssechzig, aber sie war höchstens halb so breit. Kaum Oberweite unter der gelbem Bluse, und die Taille fiel beinahe unmenschlich dünn aus.

Das, zusammen mit den eleganten Kurven der Hüften und der langen, dünnen Beine, ergab ein unzweifelhaft feminines Gesamtbild. Dieses Mädchen ließ jede Barbie-Puppe übergewichtig erscheinen. Umso erstaunlicher, dass sie keineswegs unterernährt oder ausgezehrt wirkte. Nur -- dünn!

Mit einem bemühten Lächeln riss ich meinen Blick von dieser traumhaften Figur. Sie legte den Kopf schräg und sah mich interessiert an. So als wollte sie wirklich wissen, was ich für einer war. Ein schmales Gesicht mit langen, tiefschwarzen Haaren, unbestimmbar exotisch. Osteuropäisch? Die Augen schimmerten wie Asphalt nach dem Regen. Spanische Gene, oder nordafrikanische? Sie erinnerte mich vage an die Schauspielerin Audrey Hepburn. Allerdings nach einer längeren Diätphase.

Das Mädchen lächelte nicht.

„Gehören Sie zu den Besitzern?" tat ich harmlos. „Ich wohne nebenan, und wollte nach den Wespennestern hier sehen. Die Biester nerven."

Sie sah mich nur an, mit diesem forschenden Blick. Dann sagte sie: „Ich wurde von meiner Familie hierhergeschickt." Ihre Stimme klang rauchig, wie die einer Soul-Sängerin. Ungewöhnlich, auf eine unbestimmbare Art und Weise. Insgesamt eine faszinierende Erscheinung. Sie trug einen schwarzen Rock und Sandalen mit Lederriemchen.

„Aha. Gut", stotterte ich und streckte ihr die Hand hin. „Martin Minkstetter. Aber sagen Sie gerne Marty zu mir."

„Mein Name ist -- Suniva." Sie schüttelte meine Hand. Ihre Finger fühlten sich unglaublich schmal an in meiner Pranke. Doch ich spürte auch die Kraft hinter ihrem Griff. Das war kein schwaches Mädchen, sondern eine junge Frau, die zupacken konnte. Sie war alleine hier. Das bedeutete, dass sie einen Führerschein haben musste, also mindestens achtzehn war. Vielleicht älter, das war schwer einzuschätzen.

„Sie sind mit der alten Frau Goedevert verwandt, ja?" fragte ich nach.

Sie lächelte versonnen, und die Sonne schien auf einmal in den düsteren Raum. Ihr Gesicht strahlte eine derartige Schönheit aus, dass ich sie nur angaffen konnte.

„Meine Familie vermisst sie sehr." sagte sie leise. „Sie war immer so gut zu uns allen. Wir sind immer noch untröstlich."

„Wir kannten sie leider nicht so gut. Wir zogen erst vor sieben Jahren ein, und da konnte sie schon kaum noch aus dem Haus." steuerte ich zur Unterhaltung bei und konnte kaum den Blick von Suniva wenden. Und war das ihr Duft, der mir da in die Nase stieg? Ein Parfum, bei dem mir buchstäblich die Knie weich wurden, so gut roch das. Frisch und jung und fruchtig. Limone und Ananas. Nein -- gefrostete Erdbeeren. Oder Papaya in Gin?

Sunivas Blick ging langsam an mir hinab und wieder hinauf. Normalerweise finde ich so ein ostentatives Begucktwerden peinlich bis ärgerlich. Doch sie machte das auf eine so natürliche Art, dass ich mich durch ihre Aufmerksamkeit beinahe geehrt fühlte. Hey -- fand sie mich etwa interessant? Einen Kerl Ende vierzig? Wie konnte ich das herausfinden?

Am besten, indem ich das gleiche tat. Ich betrachtete sie, in aller Ruhe. Das Gesicht, mit den großen, schwarzen Augen. Die angedeuteten Erhebungen unter dem Shirt. Diese unfassbar schmale Taille. Die Beine, endlos lang und dünn, aber perfekt geformt.

„Findest du mich hübsch?", fragte sie leise.

„Äh -- ja. Natürlich!", stotterte ich, ein wenig überrumpelt.

„Du bist auch hübsch." Sie grinste schwach. „Du siehst stark aus."

„Stark?"

„Ja. Schau mal."

Sie hielt ihren Unterarm an meinen. Ich spürte glatte Haut, und ihre Wärme. Neben ihr wirkte mein Arm massiv, obwohl ich nicht zu den Athletentypen gehöre. Wir sahen uns an, die Arme aneinander. Sie hatte die Lippen leicht geöffnet. Mir war leicht im Kopf, als hätte ich schon zwei Gläser Wein getrunken.

„Äh, ja, also...", brachte ich schlagfertig heraus.

„Ich gehe nach oben. Kommst du mit?"

Damit wandte sie sich um und stieg mit langsamen Schritten die Treppen empor. Ich starrte ihr nach. Der schwarze Rock schwang um Hüften, die zu delikat schienen, um sie anzufassen. Die Kurve des Pos, der sich unter dem Stoff abzeichnete, ließ meinen Mund austrocknen.

Mit einem tiefen Atemzug riss ich mich zusammen und schloss ich den Mund. Anscheinend wollte sie sich auch im Haus umsehen. Vielleicht, weil ein Verkauf anstand? Eine Renovierung? Ich musste mehr wissen. Irina liebte Klatsch in der Nachbarschaft! Und vielleicht zeichnete sich eine Lösung des Wespenproblems ab.

Also trottete ich hinter Suniva her. Oben wandte sie sich nach links und wollte die Tür öffnen.

„Nicht!", rief ich und hastete zu ihr. „Dahinter lauern etwa eine Milliarde Wespen!"

Sie hielt inne und drehte den Kopf, sah mich an. „Hast du Angst vor Wespen?", wollte sie wissen, in neutralem Tonfall. Schwang da ein heimliches Amüsement mit?

Seltsamerweise fühlte ich mich nicht beleidigt. „Nein.", stellte ich klar. „Aber man sollte sie nicht stören, wenn es nicht notwendig ist."

„Das stimmt allerdings." Sie ließ die Klinke los und trat zurück.

„Ich habe vorhin kurz reingeschaut. Das Zimmer ist sowieso leer, bis auf ein riesiges Nest. In die anderen Zimmer kann man besser rein." Ich wies auf die Türen.

„Welches Zimmer ist denn am wenigsten besiedelt?", fragte sie, wieder in diesem unbeteiligten Tonfall, wieder mit einem möglicherweise spöttischen Einschlag.

„Da drüben vielleicht." Ich wies nach rechts. „Da ist die Luft am besten, schien mir."

Suniva nickte und ging hinüber, ich hinterdrein. Dann standen wir in dem Schlafzimmer und sahen uns um. Das Mädchen schürzte die Lippen, dachte nach. Sie drehte sich zu mir und nahm meine Hände, sah mich ernst an.

„Ich war lange ein... Kind", erklärte sie. „Aber jetzt nicht mehr. Ich bin jetzt erwachsen, auch wenn ich noch nicht alles in dieser seltsamen Welt verstehe. Ich lerne noch. Willst du mir helfen?"

„Uh, äh, na klar." Ich lächelte bemüht. War die Kleine vielleicht nicht ganz dicht? Kein normaler Mensch drückte sich doch so aus, oder?

„Gut. Danke, Marty. Das ist sehr nett." Sie lächelte und wieder erleuchtete dies den Raum. Ich strahlte zurück und kam mir vor wie zerlaufendes Wachs. Sie wickelte mich um ihren kleinen Finger, und ich ließ es nicht nur zu, ich half mit und machte mich extra biegsam für sie.

Langsam Marty!, bremste ich mich. Immer vorsichtig. Lass dich auf nichts ein, auch wenn die Kleine noch so lecker aussieht. Du weißt nicht, wer sie ist, und was sie will, und...

Suniva ließ meine Hände los und ging zum Bett. Es knirschte, als sie über die toten Wespenkörper schritt. Ich zuckte unwillkürlich zusammen beim Anblick der dünnen Sandalensohlen, mit denen sie hier herumlief. Sie nahm den Plastiküberzug und schlug ihn mit Schwung zurück. Chitinkörper flogen durch die Luft und prasselten herunter.

Ich riss die Augen auf. Mit einer sparsamen Bewegung setzte sie sich auf die Oberfläche der einigermaßen sauber erscheinenden Matratze und streifte die Sandalen ab. Sie zog die Beine auf das Bett und unter den Körper. Dann sah sie mich erwartungsvoll an und klopfte auf die Stelle neben sich.

Nein! Niemals! Das konnte einfach nicht wahr sein. So etwas passierte nicht. Nicht in der Wirklichkeit, und nicht einem Endvierziger wie mir.