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Der Hexenwaldacker Teil 1 von 4

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„Und wie der erst aus dem Maul riecht. Hat ja auch keinen heilen Zahn mehr drin."

Die Schankmagd mischte sich flachsend mit ein.

„Ach Fronicka, ein Küsschen würdest du ihm aber doch trotzdem geben."

„Ach Jobst! Nur dann wenn er gut zahlt."

„Und von der Bettkante würdest du ihn auch nicht stoßen."

„Doch Jobst. Das würde ich sofort. Selbst ein Schankweib hat noch einen Rest an Würde und Anstand. Auch wenn der Willin gutes Geld gibt ... Willin ist kein guter Mensch. Er säuft! Er wäscht weder sich, noch seine Kleider. Er spielt. Er betrügt! Er ist feige und er ist hässlich, wie die Nacht und sein Schwanz verlässt die Büx wahrscheinlich nicht mal zum Pissen."

Der Rest ging im allgemeinen Gelächter unter.

---

Willin hatte draußen vor der Tür alles mitbekommen. Und er war nüchtern genug, um den tieferen

Sinn zu erfassen. Was er hörte, traf ihn schwer.

Er wusste, dass Fronicka recht mit dem hatte was sie da sagte.

Kein Respekt, keine Achtung, keine Liebe -- nur seine Münzen machten ihn zu dem, der er war.

Er lebte in seinem heruntergekommenen alten Hof mit ein paar Nebengebäuden. Seine vier Grundhörigen hatten nur Respekt vor der Peitsche. Er wusste das. Nur Härte, aber keine Liebe.

Alles, was sein Vater und dessen Vater vor ihm aufgebaut und erarbeitet hatten, zerrann Jahr für Jahr mehr unter seinen Händen.

Er war weder ein wirklich guter Gutsherr noch ein guter Waldbauer.

Und genau deswegen schmerzten ihn die Worte der anderen. Wegen der darin enthaltenen Wahrheit.

Aber Willin verstand es immer wieder seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen und irgendwo Geld aufzutreiben oder irgendetwas zu Geld zu machen.

Hass loderte kurz in seinen Augen.

Ja, niemand hatte ihm je eine Chance gegeben, sich zu beweisen.

Deswegen eben auch keine Achtung, kein Respekt, keine Würdigung seines Rangs und seiner Person.

Im Gegenteil.

Sie verspotteten ihn hinter seinem Rücken -- allesamt!

Er schmeckte kurz die Säure, die vom Magen her hochstieg. Mehr Bier, mehr Essen.

Aber vorher musste er sein Wasser abschlagen.

Er hasste sie alle.

Er war besser als sie!

Das würde er ihnen alsbald schon beweisen.

Alle mochten sehen, was sie davon hatten ihn zu verspotten.

Irgendwann!

Er brauchte ein Weib. Ein junges hübsches Weib.

Und er war Waldbauer. Wer konnte das schon von sich behaupten. Nur vier hatten hier dieses Privileg.

Kaum hatte er sich erleichtert, spürte er auch schon wieder diesen brennenden Durst. Er brauchte noch mehr Bier.

Er kehrte zurück in den Schankraum -- zu seinen Freunden und zu „Seinesgleichen", den Ärger herunterschluckend.

Sie würden alle schon sehen, was sie davon hatten ...

3. Die alte Ursell

Mehr schlecht als recht bewegte sich die alte Ursell durch den Regen. Für einen Adelheitstag, wie der sechzehnte Dezember auch genannt wurde, war es überraschend warm und es hatte schon die ganze Woche über geregnet und gestürmt.

Sie wollte für die Seelen ihrer Tochter und ihres Schwiegersohnes beten und das Fest der Heiligen Adelheid war ihr sehr wichtig.

„Die Adelheid liebt weiße Flocken, da bleibt die Erde selten trocken ..."

Leise summte sie das Liedchen vor sich hin.

„Um Adelheid, da kommt der Schnee, der tut der Wintersaat nicht weh ..."

Ursell lächelte schmerzerfüllt.

Heute vor sechsunddreißig Jahren hatte sie ihrer Tochter Grete das Licht der Welt geschenkt. An dem Tag legte Adelheid ihrem Patronat Ehre ein. Es war ein wahrer Wintersturm -- so ganz anders, als das heutige Wetter.

Eigentlich rechneten Ursell und ihr Mann damals auch gar nicht mehr damit, dass Gott ihnen neben ihrem Sohn Thomen noch ein weiteres Kind schenken könnte. Ursell hatte bei der Geburt immerhin schon fünfundvierzig Winter gesehen.

Ihr gemeinsamer Hof war groß. Groß genug, um neben Thomens Familie und dem Gesinde auch Grete, ihrem Mann und den Kindern Platz und Nahrung zu bieten.

Aber dann kam vor drei Jahren der schwarze Tod ...

Und das große Sterben begann.

Der Schnitter machte keinen Unterschied zwischen Reichen und Armen ... zwischen Jungen und Alten... zwischen Bauern, Steinmetzen, Tagelöhnern und selbst der Klerus wurde nicht verschont.

Sie schüttelte sachte den Kopf und Tränen rannen ihre Wangen herunter -- Tränen, die sie niemanden zeigen wollte.

Aber sie war allein unterwegs -- alleine mit ihrem krumm gewordenen Rücken, geformt von der Last der Verantwortung und dem Alter. Verantwortung hatte sie wahrlich mehr als genug und sie war sich dessen nur allzu bewusst.

Verantwortung für Mertein und Margred, ihre beiden Enkel ...

Verantwortung für den Hof und die letzten beiden verbliebenen Knechte.

Jetzt war wieder sie die Bäuerin, denn Mertein war erst elf und Margred zwölf.

„Ja, die alte Ursell wird´s wohl richten. Ich werde es immer irgendwie richten."

Sie fühlte sich alt. Und sie hatte das Gefühl, dass ihr die Zeit weglief. So viel zu tun. So viel zu organisieren.

Heftig schüttelte sie erneut ihrem Kopf um diese Gedanken zu vertreiben.

Der Eschbach, dem sie folgte, führte im Moment sehr viel Wasser. Sie musste die Flutwiesen umgehen. Doch als Bäuerin haderte sie nicht damit, denn das Hochwasser brachte Fruchtbarkeit. Stetig näherte sie sich der Hirzbacher Ansiedlung, in der die Marienkirche mit dem alten Bildnis der heiligen Adelheid stand.

Anders als in Hostheim war die Marien -- Kirche für jedermann geöffnet. Die Antoniter lasen hier die Messe und begannen auch mit dem Ausbau.

Sie konnte schon von weitem das Baugerüst sehen, welches die kleine karolingische Holzkirche seit Kurzem umgab.

Seit sich hier die Antoniter vor knappen 15 Jahren niedergelassen hatten, bewegten sie sehr viel in dieser Gegend -- selbst an diesem kleinen Klostergehöft. Es wurde überall gebaut.

4. Die Waldbauern und das Holz

„Abt Simon, bei allem Respekt, den ich für Euch empfinde und all dem guten Handel, den ich mit Eurem Kloster zusammen betreibe..."

Kopfschüttelnd und zugleich regelrecht sprachlos saß Selbolt am Tisch. Das Vorhaben war gewaltig, nie dagewesen und es barg ein sehr großes Potential für offene Konflikte. Ein aus Selbolts Sicht unerhörtes Wagnis für alle Anwesenden!

Mit Selbolt, Kai und Willin war auch Jorg, der vierte Waldbauer dieser Region, auf Einladung Abt Simons in die klösterliche Verwaltung gekommen.

Neben Simon von Arras saßen auf der klösterlichen Seite Prior Markus und Pater Reginald, der mit der Verwaltung und den Finanzen beauftragte Cellear. Alle warteten gespannt darauf, dass Sebolt fortfuhr.

„Abt Simon, mit nur sehr wenigen Ausnahmen sind die hier dafür geeigneten Wälder kaiserlicher Besitz. Wir Waldbauern haben das alleinige kaiserliche Privileg, diese zu bewirtschaften. Für jeden gefällten Baum, müssen wir Sorge tragen, dass zwei neue heranwachsen."

Selbolt sah in die Runde. Die anderen Waldbauern nickten zustimmend. Er wusste, er erzählte den Mönchen nichts Neues. Aber er brauchte einen Einstieg.

„Größere Rodungen, zum Beispiel für den Bau von Siedlungen oder das Anlegen zusätzlicher Äcker oder Weideflächen müssen durch die kaiserliche Verwaltung genehmigt oder angeordnet und somit für uns legitimiert werden.

Wenn wir das, was Ihr braucht und das, was Ihr damit vorhabt...", Selbolt musste unwillkürlich tief durchatmen bevor er weiter fortfuhr.

„Wenn wir das in Angriff nehmen, wird der kaiserliche Statthalter Reinhard, dies sicher nicht so einfach hinnehmen und in der einen oder anderen Art offen einschreiten."

Prior Markus war sichtlich fassungslos. Er schüttelte energisch den Kopf und antwortete anstelle Simons.

„Manfred der Staufer ist als Kaiser durch den Papst abgesetzt und exkommuniziert. Reinhard ist als ein Anhänger Manfreds ebenso mit dem Bann der Kirche belegt.

Wie könnt ihr so daherreden? Reinhard hat kein Legat mehr. Er ist nicht länger kaiserlicher Vogt und Rechtswahrer. Ihr dagegen steht unter dem Schutz der Kirche und des kirchlichen Rechtswahrer Erzpriester Simon von Arras.

Macht Euch deutlich: es ist gutes Gotteswerk, das ihr hier vollbringen dürft."

Markus war ungehalten und alle realisierten, dass der Prior mit Widerspruch nicht gut umgehen konnte.

Selbolt runzelte seine Stirn.

„Kein Legat? Reinhard hat etwa fünfzig Hussmänner ständig unter Waffen. Ihm folgen in der hiesigen Region allein zwölf Ritter mit ihrem Gefolge. Das ist eine Hausmacht, der wir uns als Waldbauern nicht entgegenstellen können und ehrlicherweise auch wollen."

„Das sehe ich genauso." Jorg unterstützte Selbolts Einwand und auch Kai nickte zustimmend. Willin wirkte nachdenklich.

Markus merkte, dass er hier so nicht weiter kam. Der Prior zwang sich mühsam zur Ruhe und wiederholte seinen Standpunkt:

„Reinhard hat kein Legat. Er hat eine Hausmacht. Ja ... Aber Wilhelm von Holland ist der wahre Kaiser. Manfred ist dagegen abgesetzt und in Sizilien. Der Papst hat ihn exkommuniziert und das Erzbistum in Mainz ist die hiesige Schutzmacht und wir vertreten hier derzeit alleinig die kaiserlichen Interessen."

Prior Markus ließ seine Worte einen Moment wirken, bevor er weiter fortfuhr:

„Abt Simon spricht hier also nur teilweise zu euch in seiner Funktion als Abt unseres Antoniterkonvents. Er spricht jetzt vielmehr in seiner Funktion als Archipresbyter, als Erzpriester und damit als der oberste kirchliche Gerichtsherr und Statthalter des Erzbischofs zu Mainz. Das hier sind zudem Liegenschaften des Erzbistums ... Wir handeln auf direkte Weisung des Domkapitels und zuletzt vertritt der Erzbischof direkt die Interessen Wilhelms, des rechtmäßigen Kaisers!"

Die Stimme des Priors hatte einen höhnisch schneidenden Unterton bekommen:

„Ihr wollt ein neues Legat, dass zu tun, was wir euch nicht länger bitten, sondern euch befehlen zu tun? Pater Reginald hat für euch alle die passenden Ernennungsurkunden, ausgestellt vom Domkapitel zu Mainz und gesiegelt vom Erzbischof persönlich."

Willin räusperte sich vernehmlich. Es reichte ihm. Er mochte den Prior und sein selbstgerechtes Auftreten nicht. Er hatte sich zurückgehalten. Doch nun bezog er Position.

„Der Mainzer Erzbischof muss dem Papst Folge leisten und Alexander ist es erst seit einem Monat.

Wenn die Händler es recht berichten, ist Alexander nicht bei bester Gesundheit. Er musste vor Manfred aus Rom nach Viterbo fliehen.

Wieviel Gebiet haben die päpstlichen Truppen in Italien eingebüßt? Und wie lange wird Alexander noch Papst sein? Und wenn er abgelöst wird? Dann wird ein anderer Papst eingesetzt. Wie viele Bischöfe werden dem Staufer als Sieger folgen?

Wie viele Bischöfe in deutschen Landen folgen dem Staufer?

Wer wird dann die Macht haben?

Wem wird der Erzbischof zu Mainz dann folgen, wenn der nächste Papst aus dem Stauferlager käme?

Was wird dann mit denen, die sich Kaiser Manfred entgegengestellt haben?"

Willin unterbrach kurz seinen Monolog und Simon betrachte Willin etwas eingehender. Für einen, der nicht Lesen und schreiben konnte, war dieser verblüffend gut informiert und gab sich viel zu selbstsicher. Simon fragte sich selbst, warum?

Der Waldbauer setzte erneut an: „Ich für meinen Teil lebe direkt in Reinhards Gebiet und möchte meine Privilegien nicht ohne weiteres aufs Spiel setzen. Mein Vater war Waldbauer, dessen Vater war Waldbauer und meine Kinder sollen es auch mal irgendwann sein. Das will ich nicht einfach so für „ein paar kleine Priesterlein" riskieren."

Markus war aufgebracht. „Ein paar kleine Priesterlein" -- Willin hegte offensichtlich keinen Respekt vor der Kirche.

Markus widersprach ihm mit unüberhörbarer ärgerlicher Stimme:

„Willin! Auch wenn Ihr ein freier Waldbauer seid, möchte ich doch um den nötigen Respekt vor Simon und seiner Funktion als Abt und als Erzpriester bitten!"

Der Waldbauer blickte sich kurz um und antwortete dem Prior:

„Mein Hof liegt auf Reinhards Gebiet, nicht auf dem eurem. Reinhard hat auch Priester. Ja, die Kirchen sind noch geschlossen ... Noch.

Reinhard hat dem Bistum Bamberg gerade einige Schenkungen gemacht und der Bischof von Bamberg wurde vom vorherigen Kaiser Konrad dem Staufer höchst selbst eingesetzt.

Ihr könnt euch vorstellen, dass dies auch zu etwas führen wird.

Prior? Habt ihr euch überlegt, was ihr da eigentlich von uns verlangt?"

Simon dachte über Willin nach. Der Waldbauer mochte ungepflegt und dem eher leichten Leben zugetan sein ... es war gemeinhin bekannt, dass er verschwenderisch und ein Spieler war. Aber er hörte wahrscheinlich in der Schänke immer zu, wenn über Wesentliches gesprochen wurde. Boten und Händler aus dem ganzen Reich zogen durch die Gegend.

Und Politik und das richtige Positionieren war in diesen Tagen nicht nur wesentlich, sondern auch überlebensnotwendig. Auch gehörten die Waldbauern gehören zur Elite der ländlichen Gesellschaft.

Aber dieser Willin verhielt sich nicht wie ein Waldbauer. Er trug sein Wissen mit Stolz zur Schau.

Der Abt wurde nicht schlau aus diesem Kerl. Noch nicht!

Instinktiv wusste er, dass Willin Probleme machen würde.

Der Waldbauer hob erneut an:

„Ihr wollt in Hostheim, Reinhards Grund, eine Ziegelei errichten und den Ort mit einem Wall umgeben -- zum Schutz gegen die Kaiserlichen.

Ihr wollt in Detzelheim die Motte Wonnecke zur Burg ausbauen. Als Gegengewicht zu Reinhard wird wahrscheinlich ein Mann der Mainzer Domherren zum Burgherrn eingesetzt.

Aber die Wonnecke wurde von Reinhards Vater schon an den Bischof zu Bamberg verschenkt.

Ihr wollt die Straßen nach Hanau und nach Friedberg ausbauen und damit einen Gegengewicht zu den alten Handelsstraßen setzen, die im kaiserlichen Gebiet sind. Damit würden den Kaiserlichen die Zölle wegbrechen.

Und als Erzpriester sprecht ihr Recht in den Mainzer Gebieten, doch ihr wollt Euren Einfluss weiter ausdehnen."

Willin hielt kurz inne. Er hatte einen Moment überlegt, sich die Zusammenhänge zusammengereimt und wie er es beim Spiel zu tun pflegte, setzte er alles auf eine Karte. Seine Stimme war schneidend und höhnisch.

„Prior, ich bin mir sehr bewusst, dass ich vielleicht nicht gerade respektvoll rede. Ich bin ein einfacher Mann. Aber das was ihr wollt frisst Unmengen von Holz. Allein der Bedarf einer Ziegelei würde beispielsweise Jorg komplett auslasten.

Mit den vier Familien meiner Grundhörigen bringe ich es auf neun Arbeiter. Sebolt hat elf, Kai sechs und Jorg kann fünf aufbieten.

Unsere Gutshöfe wollen aber auch bewirtschaftet sein.

Von Gold allein kann man nicht leben.

Für solch ein Vorhaben braucht es deutlich mehr Arbeiter und Tagelöhner. Ihr vergesst, dass die Pest hier gewütet hat und durch das Wetter hat sich das Korn verändert. In vielen Menschen brennt nach wie vor das Antoniusfeuer. Aber daran muss ich euch nicht erinnern. Deswegen ist euer Orden hier -- und meines Wissens ... nur deswegen!

Und sagt ehrlich: Wie viele konntet ihr mit Euren Gebeten schon vom Feuer befreien?! Viel häufiger „befreit" ihr sie von ihren Gliedmaßen und macht sie zu Krüppeln.

Wenn alle für Euch in den Wäldern arbeiten, wer soll dann noch wirtschaften? Schon jetzt herrscht Mangel an Händen überall. Sogar die Weiber treiben heuer schon Männerwerk -- weil sonst niemand mehr da ist, dies zu tun.

Und denkt ihr ernsthaft, dass Reinhard sich das so bieten lassen wird?

Er hat nichts dagegen, wenn wir mit Euch Handel treiben und ihr dadurch zum Beispiel ein Spital bauen oder Eure Kirchen erweitern könnt. Aber wenn ihr zur Gefahr werdet, seine Interessen oder die des Kaisers zu kreuzen, wird das zu einem offenen Krieg führen.

Nicht in Italien -- hier!

Wir reden von Reinhards Bäumen.

Wenn wir wirklich das Risiko eingehen sollen, müsst ihr uns extrem gut bezahlen, mehr Arbeiter stellen -- Unfreie, Gefangene oder Sklaven ... da muss euch Mainz behilflich sein.

Und Arbeiter wollen auch ernährt werden."

Markus war drauf und dran aufzustehen. Abt Simon beschwichtigte seinen Prior mit einem eindeutigen Handzeichen.

Simon war sich bewusst, dass hier gerade ein sehr kritischer Punkt in den Verhandlungen erreicht war, bei dem Druck an der falschen Stelle oder unnötige Konfrontation schnell zu einem unnötigen einseitigen Abbruch des Handels führen konnte.

Simon beschloss, dass er diesen Willin nicht sonderlich mochte.

Der Mann war dreckig, er hatte keinen Respekt, er war arrogant und er besaß kein Rückgrat. Simon wusste, Willin behandelte seine Arbeiter schlecht und wenn er von Kindern redete -- er hatte nicht einmal eine Frau. Und dabei war er knappe vierzig Jahre. Bier Wein und Met; Schankweiber und Spiel -- dieser Mann kannte keine Werte, außer einem wohlgefüllten Goldfuchs.

Aber der Mann wusste, das Kloster war auf jeden einzelnen der Waldbauern angewiesen. Nur deswegen hatte er es gewagt dergleichen Reden -- frei jeglichen Respekts -- den Mönchen gegenüber zu führen.

Willin hatte sein Hofgut auf dem Gebiet, über das Reinhard herrschte. Er ließ sich also auch nicht mal eben so gegen einen willfährigen anderen Waldbauern austauschen.

Zudem bestand auch die Gefahr, dass Willin oder einer der anderen, wenn diese Unterredung für sie unbefriedigend ausfiele, Reinhard aufsuchen könnten.

So ungepflegt und ungebildet Willin war ... der Kerl war schlau. Das musste ihm Simon zubilligen. Er hatte alle Vorhaben in den richtigen Zusammenhang gesetzt und das war gefährlich. Insbesondere auch, weil er die Pläne des Erzbischofs eben mal so erraten und vor allen hier Anwesenden ausgebreitet hatte.

Dass die alte Burg -- Motte Wonneke in Detzelheim möglichst vor Inbesitznahme durch einen Bamberger ausgebaut und zu seinem Amtssitz als Mainzer Erzpriester werden sollte, hatte Willin sicherlich auch schon längst erraten.

Die Antoniter waren als ein Hospitalorden gegründet worden, der die Pilger und Kreuzfahrer betreuen sollte. Aber der Orden hatte damit das ausdrückliche Recht, Waffen zu tragen, wie die Templer, die Hospitaliter und der deutsche Orden.

Simons eigentlicher Auftrag bestand eben auch darin, die notwendigen Strukturen zu schaffen, um eine stehende Truppe von waffentragenden Mönchen unterhalten zu können.

Der Orden wollte dann seinen Einfluss schleichend auch auf andere Regionen Deutschlands ausweiten.

Endlose Stunden in den Schänken der Region brachten leider eben nicht nur Rausch und Geschlechtserkrankungen mit sich -- Willins Gesicht sah wirklich nicht schön aus. Der Kerl war verblüffend gut informiert.

Simon dachte weiter nach.

Dass der Papst nach Viterbo flüchten musste, hatte er selbst erst gestern vom Erzbischof erfahren. Auch war das Legat von Kaiser Wilhelm von Holland wirklich schwach in der Wetterau. Die Truppen des Erzbistums Mainz konnten zwar mit Reinhard fertig werden, aber das würde Zeit in Anspruch nehmen und zugleich barg ein Kampf mit Reinhard die Gefahr, dass sich andere Gefolgsleute der Staufer, wie die Wormser über das nunmehr von Truppen entblößte Mainz hermachten.

Wie auch immer -- dieser Mann hatte keine Werte, außer einem wohlgefüllten Goldfuchs.

„Was ist euer Preis Willin?"

Direkte Worte mussten mit direkten Worten beantwortet werden. Der Mann war ein Verschwender, Münzen rannen durch seine Hände und solche Menschen waren immer auf der Suche, nach schnellem Gewinn.

Simon von Arras atmete tief durch.

Willin lächelte, als er zu seiner Antwort ansetzte:

„Wenn ich mich offen auf eure Seite stelle, riskiere ich mein Gut und mein Legat, Waldbauer zu sein. Ich brauche einen guten Gutshof in eurem Gebiet -- in „sicherem" Gebiet. Das Gut muss größer sein, als mein jetziges."

Willin kreuzte kurz seinen Blick mit Selbolt, Kai und Jorg.

„Das gilt auch für Selbolt.

Ihr müsst alle zusätzlichen Arbeiter stellen, deren Versorgung sicherstellen und bezahlen.

Wir brauchen Landsknechte zu unserem Schutz.

Wir wollen vom Zehnten befreit werden, jetzt und in Zukunft.

Wir nehmen den doppelten Lohn, weil wir das Risiko eingehen, mit den Kaiserlichen..."

Prior Markus konnte sich nicht länger beherrschen und sprang auf.