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Geschichten, die das Leben Schreibt 01

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Ich schlug vor ein wenig spazieren zu gehen. Immerhin kam er hier aus der Gegend und Nachbartische oder Bedienungen hatten Ohren. Schnell wäre da mal was aufgeschnappt und plötzlich in aller Munde.

Andi fand den Vorschlag gut. Ich reservierte noch schnell einen Tisch für den Abend. Und wir zogen los. Der nahegelegene Wald hatte ein gut ausgebautes Netz an Wanderwegen und war schnell erreicht.

Er war „aufgetaut". Er erzählte mir von seiner Kindheit. Seinem Vater, den ich ja bereits kennen lernen durfte; davon dass dieser früher Landwirt war, sich das aber irgendwann nicht mehr rechnete. ER arbeitete jetzt für das Straßenbauamt und hatte heute frei. Der Vater trauerte den alten Zeiten nach und haderte mit der Gegenwart. Andi erzählte, dass der Vater gerne einen „richtigen Sohn" gehabt hätte und stattdessen er als „Bub" und seine drei Schwestern im Haus waren, ... Er war halt der Bub. Der ewige Bub. Und das war eins seiner Probleme.

Irgendwann hatten wir einen größeren Waldabschnitt durchquert, kamen an den Waldrand und blickten auf eine langgezogene, abfallende Wiese mit kleinem Bachlauf und einer einsam gelegenen Kapelle. Das Gespräch versiegte kurz. Niemand sonst schien hier unterwegs zu sein. Ein toller Aussichtspunkt mit einem Panoramablick auf große Teile des Spessart. Wir nahmen auf einer Bank Platz und unterhielten uns im Halbschatten weiter.

„Andi, sehe ich das richtig? Du hast die Erwartungen Deines Vaters nicht erfüllt. Du warst nicht der starke Sohn, den er sich gewünscht hat."

„Kann man so sagen."

„Du hast etwas ziemlich Feminines an Dir. Du konntest und wolltest auch gar nicht dieser Sohn sein. Ist das richtig?"

"Ja, ziemlich genau. Er war enttäuscht. Auf seine Art."

„Und das tut Dir weh?"

„Ja."

„Du fühlst Dich zu Jungs hingezogen?"

Zustimmendes Brummen.

„Und der Junge von der Rötelzeichnung -- in den hattest Du Dich verguckt?"

„Ja Alex. Ein ziemlich cooler Typ. Wir kennen uns seit dem Kindergarten und haben ziemlich viel zusammen gemacht. Doch er hat in mir immer nur einen guten Freund gesehen. Nie mehr, aber auch nie weniger. Wir konnten immer über alles reden. Und dann kam Sabine."

„Die Blonde?"

„Ja. Er hatte keine Zeit mehr und als es mit Sabine auseinander ging musste er zur Bundeswehr. Er ist jetzt in Rennerod, irgendwo im Westerwald stationiert. Ab und zu schreiben wir uns noch Mails. Aber das ist nur oberflächliches „Blah Blah"."

„Er sieht Dich nicht, als die Person die Du bist. Wärst Du gerne eine Frau?"

„Ehrlich gesagt ja. Aber davon bin ich ziemlich weit entfernt."

Ich musterte ihn kurz.

„Ja ein ziemlich gutes Stück. Du siehst wirklich aus wie ein Bub. Die seitliche Beckenansicht und die Brustwarze -- die waren von Dir?"

Er errötete deutlich. Damit hatte ich jetzt an dieser Stelle nicht gerechnet.

„Ja, die Bilder zeigen Teile von mir. Aber ich wollte sie nie jemanden zeigen."

(Ein kleiner, wohl gezielter Seitenhieb, der gesessen hatte!)

„Du magst Dich und Deinen Körper nicht?"

„Nein. Ich wäre gerne so eine richtige Granate. Irgendwas zwischen Angelina Jolie und Kirsten Dunst."

„Der typische feuchte Traum vieler Männer."

„Genau."

„Hast Du versucht Dich anderen Jungs, als nur Alex zu nähern."

„Hab ich. Aber die haben alle schnell abgeblockt. Ich bin halt der „Bub". Nen Typ, zum Pferde stehlen und zum Spaß haben. Aber nicht für eine Beziehung."

„Vielleicht hast Du am falschen Ort gesucht. Hier auf dem Land geht es eher etwas konservativ zu. Da gibt es überwiegend Heteros und die paar Homos, die es hier gibt, werden sich in der Öffentlichkeit wahrscheinlich nicht outen.

Hast Du ein paar Homos kennen gelernt?"

Er grinste mich an.

„Zwei Stück. Haben mich beide sofort angegraben. Aber ich habe sie abgeblockt und dann haben die auch ziemlich schnell nichts mehr von mir wissen wollen."

„Darf ich fragen warum?"

„Klar. Ich war ihnen zu -- wie nennst Du es? -- zu feminin."

„Okay?" Ziemlich viele Fragezeichen tanzten vor meinen Augen.

„Du bist verwirrt?"

„Ehrlich gesagt ja. Ich versteh Dich jetzt irgendwo nicht so richtig. Du willst eine Frau sein oder werden. So richtig mit Brüsten, Becken, also auch den passenden weiblichen Formen."

Er nickte zustimmend.

„Du sehnst Dich nach Jungs und ich sag es wie es ist : Nach Schwänzen"

Er nickte wieder zustimmend.

„Du landest nicht bei den „normalen Jungs". Da hast Du keine Chancen."

Er nickte weiter.

„Und kaum interessieren sich Jungs Deiner Ausrichtung für Dich, blockst Du sie ab."

„Meiner Ausrichtung? Ich glaube da muss ich Dir jetzt wiedersprechen. Aber Du näherst Dich ansonsten sehr gut dem Kern."

Er stand auf. Er nahm meine Hand in die seine und trat vor mich.

Ich wollte ihm gerade meine Hand wieder entziehen, aber er sah mich an und hatte gemerkt was in mir vorging. Ich fühlte mich unwohl und wollte das nicht.

Er drehte die Handinnenfläche nach oben und sagte : „Keine Angst Markus. Nichts Schlimmes. Vertrau mir und mach einfach nur mal kurz mit."

Er ging langsam in einen leichten Grätschstand und führte meine Handinnenfläche an seinen Schritt. Mit leichtem, aber nachhaltigem Druck führte er meine Innenhand an sein Geschlecht und drückte sie dagegen.

Die Hose war trennend dazwischen.

„Und? Spürst Du etwas Markus?"

Ich war jetzt knallrot. Ich spürte so rein gar nichts von dem, was ich eigentlich hätte vorfinden sollen.

„Andi steht für Andrea. Ich bin eine Frau. Nur sehe ich nicht so aus. Keine Titten, kein Becken, kein Arsch und noch nicht einmal groß gewachsen.

Aber ich hab eine Möse und ich blute einmal im Monat, wie jede andere Frau auch. Und ich habe meine Bedürfnisse -- wie jede andere Frau. Ich will eine Beziehung, wie jede andere Frau. Ist das so schwer zu verstehen? Ist das denn zu viel verlangt von diesem Leben."

Er, nein Sie!!! Sie schluchzte und dicke Tränen rannten über ihr Gesicht. Ich war baff und fassungslos. Ich war die ganze Zeit so auf dem völlig falschen Dampfer.

„Ich sehne mich nach einem Schwanz, weil ich verdammt noch mal ein natürliches Anrecht darauf habe, mich nach einem Schwanz zu sehnen!"

„Andi, tut mir leid. Ich war die ganze Zeit der Meinung, Du wärst ein Junge. Ein schwuler Junge, der deswegen massive Probleme mit seinem Umfeld hat."

„Und da bist Du nicht der Erste, Markus. Das denken fast alle die mich nicht kennen, wenn sie mich kennen lernen."

„Du kleidest Dich aber auch gar nicht fraulich und Deine Pagenkopffrisur sieht zwar nicht schlecht aus. Aber sie macht aus Dir auch keine Frau, sondern eben -- Tschuldige den Ausdruck : einen Bub."

„Wie soll ich mich denn wie eine Frau kleiden?"

Tränen rannten über ihre Wangen. Sie ergriff mit ihrer anderen Hand die Meinige und drückte sie mit der Innenfläche auf ihr Shirt an ihre Brust. Ich spürte ihre Warze zwischen Zeige- und Mittelfinger.

„Da ist nichts! Nichts, um einen BH zu rechtfertigen!!! Wenn ich mich wie eine Frau anziehe, sehe ich noch lächerlicher aus. Jeder würde mich ansehen und würde mir ansehen, dass ich mich hasse. Dass ich meinen Körper hasse."

Mir wurde bewusst, dass eine Hand auf ihrer Brust und die andere immer noch in ihrem Schritt verweilte. Ich nahm vorsichtig beide Hände weg und umarmte sie. Ihr Kopf lag auf meinem Bauch und sie weinte und weinte. Ich sagte nichts, sondern hielt sie einfach nur umarmt. Nach einer halben Ewigkeit entspannte und beruhigte sie sich ein wenig. Wir setzten uns wieder auf die Bank und sie nahm den Faden wieder auf.

„Ich habe schon Einiges versucht. Was meinst Du, warum ich nur Realschulabschluss gemacht habe. Ich hatte sehr gute Noten. Aber ich hielt es in der Schule nicht mehr aus. Meine ganzen Freundinnen wurden zu Frauen und ich? Ich blieb einfach so. Klar, es wurde nicht offen gelästert. Aber diese Blicke der anderen Mädels taten verdammt weh. Auch die Blicke der Jungs, die wachsende Oberweiten und Ärsche beurteilten. Und dann kamen von meinen Freundinnen die mitleidigen Blicke und die taten jetzt so richtig weh. Ich wollte alles, nur kein Mitleid.

Ich wollte nur einfach so sein, wie jede andere."

Sie brach einen Moment ab und ich drängte sie nicht weiter. Wir saßen wieder nebeneinander und aus einem Impuls heraus, legte ich meinen Arm um sie und ihre Schulter.

„Deswegen habe ich nach der Realschule nicht weiter gemacht sondern eine Lehrstelle gesucht und bekommen. Bewusst weit weg. Ich wollte neu anfangen. Aber jetzt bitte nicht lachen. Es ist schon fast tragisch.

Ich weiß nicht, ob die meine Bewerbungsunterlagen nicht richtig gelesen haben. Überall steht Andreas. Auf meinem Namensschild, auf meinem Spind. Die Namenslisten in der Berufsschule.

Für meine Kollegen bin ich der „Bub" -- auch jetzt noch, im dritten Lehrjahr. Mein Spind steht in der Männerumkleide. Ich dusche mich nicht zusammen mit den Kollegen. Das ist für die aber in Ordnung. Die halten mich -- wie Du vorhin -- für stockschwul und machen so ihre Scherze. Aber sie sind nicht grausam oder bösartig. Ich bin gerne dort. Auch in der Umkleide. Und wenn die meisten nach Schluss duschen, sehe ich wenigstens auch mal ein paar richtige Männerschwänze.

Björn, ein eigentlich ziemlich netter Kollege, hat einen ziemlich derben Humor. Manchmal strippt er vor mir und kreist mit seinem Becken und lässt sein 30 Zentimeter Superschwanz vor mir rumschaukeln -- „Andi, nur gucken, nicht anfassen!" ... Alles liegt dann platt und auch ich muss dann immer lachen. Wenn auch aus anderem Grund."

Sie lächelte etwas zaghaft und fing an, leise zu singen :

„Ach wie gut, dass niemand weiß, dass Andi eigentlich Andrea heißt. Ob Björn dann immer noch vor mir strippen würde?"

Jetzt grinste ich auch wieder ein wenig. Irgendwie musste ich jetzt alles neu einordnen und bewerten. Wie konnte ich so falsch liegen. Das klang jetzt alles so plausibel.

„Operationen oder Hormontherapie? Hast Du schon einmal darüber nachgedacht.?"

„Ja. Hab ich. Will ich aber nicht. Ist mir zu gefährlich -- Hormone machen auch noch andere Dinge. Und mit dem Silikon. Das bin ich dann noch weniger. Ich will nicht vorgeben etwas zu sein, was ich nicht bin."

„Aber Du bist ziemlich unglücklich mit Deiner momentanen Situation. Der Tod, das Sterben und die Metamorphose. Das sind alles zentrale Themen in Deinem Buch."

„Manche Tage sind etwas dunkler, als die anderen. Geht uns das nicht allen irgendwann einmal so? Weißt Du, da kommt einfach mal wieder so ein Tag, da will man einfach nicht mehr. Man will den ganzen Scheiß hinter sich lassen -- ganz und für immer. Endgültig!!!"

„So habe ich das auch gelesen und ehrlich gesagt, hatte und habe ich Angst um Dich. Deswegen der kurze Brief. Deswegen die Zeit, die ich mir gerade für dich nehme."

Wir schwiegen einen Moment. Ich hatte meinen Arm noch um sie gelegt und nun legte sie ihren Kopf zaghaft an meine Schulter. Ich ließ sie gewähren.

„Weißt Du Markus. Es ist das erste Mal seit einer Ewigkeit, dass ich über das alles gesprochen habe. Ich fühle mich langsam wieder richtig gut und -- bitte nicht lachen -- ich bekomme gerade Hunger."

„Passt. Wenn Du Lust hast? Ich habe einen Tisch auf Verdacht reserviert. Komm, lass uns langsam zurück laufen."

„Lust schon, aber es ist der 28. Mein Lehrlingsgehalt ist noch nicht da."

„Du bist eingeladen."

„Warum tust Du das Alles?"

„Weil Du mich irgendwie berührt hast. Du hast zwar so völlig andere „Probleme" als ich, aber in dem was Du gezeichnet hast und in dem was Du geschrieben hast konnte ich mich an einigen Punkten selbst wieder erkennen.

Andi, wenn Du irgendwann einmal die Chance und Möglichkeit hast, einem anderen Menschen etwas Gutes zu tun, dann denk einfach an den heutigen Tag und tue es."

„Und alles wird gut?"

„Vielleicht nicht alles Andi, aber Einiges schon."

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8 Kommentare
Willspass41Willspass41vor 17 Tagen

Sehr einfühlsam und auf einem hohen Niveau geschrieben. Behandelt ein ernstes Nieschenproblem, Respekt!

BeuteschwabeBeuteschwabevor mehr als 2 Jahren

Einmalig gut

Ich habe vor Wochen schon mal mit der Geschichte angefangen. Aber aus irgendeinem Grund nicht weiter gelesen. Ich könnte mich dafür gerade Ohrfeigen, dass ich DAS verpasst gebe. Super!

Beuteschwave

MichaL36MichaL36vor mehr als 2 Jahren

Eine wundervoll geschriebene Geschichte. Ichliebe es, wenn einem eine Geschichte derartig tiefe Einblicke in die Gedankenwelt ihrer Protagonisten gibt. Natürlich werde ich gleich weiterlesen.

Liebe Grüße, Michael

DemandAndEmotionDemandAndEmotionvor fast 3 Jahren

Bin einfach nur begeistert von der Geschichte und der Art, wie du sie geschrieben hast.

Danke und bitte unbedingt weiterschreiben...

LatexmikeLatexmikevor fast 10 Jahren
Interessant

Gut geschrieben. Ich dachte mir gleich das der Junge 1 Mädchen ist als die Zeichnungen erwähnt wurden.

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