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Krieg und Liebe - Einfach vergessen auf Falkland

Geschichte Info
Falklandkrieg: Farmerwitwe verliebt sich in argent. Rekruten
9.9k Wörter
4.69
9.7k
4

Teil 2 der 7 teiligen Serie

Aktualisiert 11/23/2023
Erstellt 06/22/2023
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JoeMo1619
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© JoeMo1619 -- Juli 2023

Port Howard, West-Falklands, März 1982

Der Südhalbkugel-Herbst hatte bereits im März mit seinen üblichen Stürmen begonnen. Nicht umsonst hatten die Segler und Seefahrer der letzten Jahrhunderte, die sich aus den unterschiedlichsten Gründen in den Südatlantik begeben hatten, diese Gegend die „Roaring Sixties" genannt. Ich, Margret MacIntosh, geborene Douglas, genannt Maggie, dreißig Jahre alt, seit zwei Jahren verwitwet und ohne Kinder, bewirtschaftete seit vier Jahren unsere Familienfarm oberhalb von Port Howard auf der sehr dünn besiedelten westlichen Hauptinsel der Falkland-Inseln. Mein Vater hatte unsere eigene Farm lange Jahre als Teil der großen Port Howard Estate mit bewirtschaftet, die er als Verwalter führte. Dann hatte er sich mit den nicht ortsansässigen Besitzern der Estate überworfen und sich auf seinen eigenen, wesentlich kleineren Besitz zurückgezogen; aber es war für ihn und meine Mutter genug, um ihren bescheidenen Lebensstandard zu erwirtschaften und zugleich meine Schwester und mich ordentlich großzuziehen. Meine Eltern waren beide auf den Falklands geboren, mein Vater mit einem sehr schottischen Stammbaum, während die Familie meiner Mutter ursprünglich aus Nordirland stammte. Beide Familien waren offiziell katholisch, womit wir als Familie auf den Falklands zu einer kleinen Minderheit gehörten.

Die Schulzeit meiner zwei Jahre älteren Schwester Claire und mir war in den späten fünfziger und frühen sechziger Jahren in der ein paar Jahre zuvor eingerichteten einklassigen Schule vergleichsweise rudimentär, was meine Eltern dazu bewog, uns zu Verwandten ins schottischen Dundee zu schicken, damit wir wenigstens einen ordentlichen Schulabschluss erreichen konnten. Wir beide hatten in der schottischen Industriestadt großes Heimweg und sehnten uns nach dem offenen Himmel und dem weiten, hügeligen Land der Falklands zurück. Während Claire in Dundee tatsächlich einen vollen High School-Abschluss erreichte und dann im National Health Service eine Krankenschwesternausbildung antrat, wollte ich so schnell wie möglich zurück. Und so trat ich Sechzehnjährige die lange Rückreise um die halbe Welt an, um wieder nach Port Howard zu gelangen. Erst dort fiel mir auf, dass die Farm meiner Eltern für eine langsam heranwachsende Frau doch ein verdammt langweiliger Ort war und zog in den Hauptort auf den östlichen Falklands, Port Stanley, um. Dort arbeitete ich in einem kleinen Betrieb, der aus den Fellen der geschlachteten Schafe echte, verkaufsfähige Schafsfelle für den Export herstellte.

Zu Weihnachten 1976 war ich auf der heimischen Farm zu Besuch, als mein Vater am Boxing Day einen absolut überraschenden Herzinfarkt erlitt und mangels rechtzeitiger medizinischer Hilfe zu Hause starb. Ich gab meine Arbeit in Port Stanley auf und zog wieder nach Hause, um mich um meine Mutter und die Farm zu kümmern. Aber meine Mutter folgte meinem Vater nur wenige Monate später, wohl am ‚gebrochenen Herzen', wie der Volksmund sagt. Ich hatte mich zu diesem Zeitpunkt in einen jungen Fischer verliebt, der kurz darauf mein Ehemann wurde. Wir entschieden uns, die Farm meiner verstorbenen Eltern zu übernehmen und weiter zu bewirtschaften, Ian wollte seinen Beitrag zu unserem Lebensstandard auf der Basis der reichhaltigen Fischbestände in den Bächen der Insel und dem Falkland-Sund zwischen den beiden Hauptinseln erarbeiten. Zwei Jahre später verschwand sein kleiner Kutter in einen plötzlich aufziehenden Sturm, ich war wie so viele Ehefrauen der vergangenen Jahrhunderte zu einer Fischermannswitwe geworden.

Ich lebte und wirtschaftete nun auf unserer Farm allein, aber die kleine, eng miteinander verknüpfte Gemeinde von Port Howard, die rund 25 ständig hier lebende Menschen umfasste, war wie eine eng miteinander vertraute Großfamilie. Hin und wieder kamen Besucher auf die Estate mit ihren grünen Dächern und zur Schafsschere auch Saisonarbeiter, die vier bis fünf Wochen vor Ort blieben und dann wieder abzogen.

Wir Bewohner der Falkland-Inseln verfolgten die seit den sechziger Jahren immer wieder zwischen Großbritannien und Argentinien geführten Gespräche über die Zukunft der britischen Besitzungen im Südatlantik mit Argwohn und Misstrauen. Die selten auf unseren Inseln auftauchenden britischen Politiker mussten sich immer wieder anhören, dass niemand der fast ausschließlich britisch-stämmigen Bevölkerung unter argentinische Hoheit geraten wollte. Der 1976 erfolgte Putsch des argentinischen Militärs gegen die Witwe des populistischen Präsidenten Juan Peron, die ihm als Staatspräsident nachgefolgt war, hatte das Misstrauen der Falkländer weiter erhöht. Immer wieder gab es Gerüchte über eine militärische Invasion durch Argentinien und die Bewohner der Falklands hatten wenig Hoffnung, dass ihr im wirtschaftlichen Chaos steckende Mutterland in der Lage wäre, dies zu verhindern.

Trotzdem war es für mich und die Bewohner unseres Minidorfes eine große Überraschung als Anfang April plötzlich argentinische Schiffe vor den Falklands auftauchten und mehrere tausend Soldaten an Land brachten. Lediglich um die Hauptstadt Port Stanley mit ihrem Gouverneurssitz gab es für einige Tage Kämpfe, die sogar zu gefallenen beziehungsweise verwundeten Soldaten auf beiden Seiten führten. Wenige Tage später besetzten rund eintausend argentinische Soldaten die unverteidigten West-Falklands und wurden zu unseren neuen Herren. Das Verhältnis von acht Soldaten auf einen Zivilisten auf unserer extrem dünn besiedelten Insel führte zu gewaltigen Veränderungen in unserem Leben. Zwar hatte die argentinische Armee sehr schnell die Versorgungswege für ihre Soldaten geregelt, die beiden regulären Start- und Landepisten in Port Howard und Fox Bay wurden weiterhin von kleinen Versorgungsflugzeugen aus dem unbeschädigt eroberten Flughafen in Port Stanley angeflogen, aber ansonsten gab es für die Soldaten keine Aufgaben. Die Kommandeure suchten strategische Punkte zur Beobachtung der Küstenlinie, des Falkland-Sunds und der Insel aus, auf denen sie kleine Beobachtungspunkte errichteten. Zudem hatten sie das Haupthaus der Port Howard Estate für ihr nördliches Kommandocenter requiriert, dass die eigentliche Kommandantur der West-Falkland-Besatzungstruppen in Fox Bay ergänzte. Aber ansonsten ließen uns die Soldaten in den ersten Tagen weitgehend in Ruhe. Ich musste nur meine Kurzwellenfunkantenne, die mich mit der Welt verband, herunternehmen, damit ich keine militärischen Lagenachrichten abgeben konnte, ansonsten konnte ich meiner täglichen Farmarbeit ohne Einschränkungen nachgehen.

Das Verhalten der Besatzungseinheiten, die überwiegend aus sehr jungen und unerfahrenen Rekruten im Alter zwischen achtzehn und zwanzig Jahren bestanden und von erstaunlich wenigen Offizieren und Unteroffizieren geführt wurden, änderte sich im Laufe des April deutlich, nachdem offensichtlich wurde, dass die britische Regierung in London militärischen Widerstand aufbaute und eine Flotte zur Rückeroberung der Falkland-Inseln ausrüstete und auf den langen Marsch Richtung Südatlantik schickte.

Die in Port Howard residierende Kommandantur requirierte ein Teil meines Farmhauses für die Besatzung eines Beobachtungs- und Luftabwehrstandortes auf dem kleinen Berg oberhalb meiner Farm und quartierte mir einen Unteroffizier und drei junge Rekruten ein. Dafür musste ich zwei Zimmer freiräumen, zudem kassierten sie meine beiden Jagdgewehre ‚zur Sicherheit' ein. Immerhin durfte ich wenigstens in meinem Haus bleiben; ich erfuhr Monate später, dass es anderen Familien in Fox Bay deutlich schlechter ergangen war. Meine vier aufgezwungenen Stammgäste waren wenigstens halbwegs vertrauenswürdig, die drei Rekruten waren noch richtige Jungen und ihre winteruntauglichen, schlecht passenden Uniformen ließen sie eher wie laufende Vogelscheuchen aussehen als als Angst machende Krieger. Lediglich der sehr schweigsame Unteroffizier machte mir ernsthaft Sorgen, so dass ich abends meine Schlafzimmertür regelrecht verrammelte, damit ich überhaupt einschlafen konnte.

Das Herbstwetter in diesem April war wirklich bescheiden. Eine Schauerstaffel nach der nächsten zog mit mehr oder weniger kräftigem Wind über die Insel, trotzdem hielt ich mich tagsüber von den Soldaten und ihren über die Estate und meine Farm verstreuten Standorte fern. Alle vier meiner Zwangsgäste litten unter dem Klima der Falklands. Sie kamen samt und sonders aus dem warmen, nördlichen Teil Argentiniens, der neunzehnjährige Gerado Muller kam sogar von einem Weingut bei Mendoza und hatte von zuhause aus viel landwirtschaftliche Erfahrung.

Da die drei Rekruten wechselnde Wachtschichten auf ihrem Beobachtungsstand schoben und der Unteroffizier sich am liebsten am Kommandopunkt auf der Estate aufhielt, entwickelt sich zumindest mit Gerado eine zunehmend freundliche Gesprächsebene. Er saß in seiner freien Zeit gern an meinem Küchentisch, trank Tee und unterhielt sich mit mir. Der Wehrpflichtige war erfreulich intelligent, hatte erfolgreich das argentinische Gegenstück zu unserer High School abgeschlossen und hoffte, nach dem Wehrdienst studieren zu können. Zudem sprach er überraschenderweise drei Sprachen: Spanisch, Englisch und Deutsch.

„Wo hast Du so gut Fremdsprachen gelernt?" fragte ich ihn neugierig.

Er zuckte mit den Schultern. „Englisch habe ich neun Jahre in der Schule gelernt. Da fehlt mir eigentlich nur Übung, aber ich kann Dich sehr gut verstehen. Und Deutsch ist meine zweite Muttersprache."

„Aha. Daher der Nachname ‚Muller'."

„Ja. Mein Großvater hieß im Original ‚Müller', aber die argentinischen Behörden haben einfach aus dem ‚ü' ein ‚u' gemacht."

„Ist Deine Familie aus Deutschland eingewandert?"

„Ja und nein. Sagen wir einmal nicht so ganz freiwillig."

Ich schaute ihn irritiert an. „Was soll das heißen?"

„Meine beiden Großväter, eben Fritz Müller väterlicherseits als auch Klaus Struwe mütterlicherseits waren Besatzungsmitglieder auf der ‚Admiral Graf Spee", dem Panzerkreuzer, der sich 1939 vor Montevideo selbst versenkt hat. Und die Besatzung war vor der Versenkung von Kapitän Langsdorff sehr trickreich nach Argentinien in Sicherheit vor den Engländern gebracht worden."

„Und sind dann gleich dort geblieben?"

„Ja. Sie konnten sich in ihrem Gastland frei bewegen und arbeiten. Meine Großväter haben dann während der Krieges in Argentinien geheiratet, haben sich in beziehungsweise bei Mendoza niedergelassen und hatten nie wieder den Wunsch, in ein zerstörtes Deutschland zurückzukehren, obwohl sie beide sehr Deutsch waren."

Im Laufe der kommenden Wochen wurde unser Verhältnis immer offener und freundschaftlicher, zumindest wenn wir sicher allein waren. Gerado war einfach ein lieber junger Mann, der eigentlich überhaupt nicht als Besatzungssoldat auf den Falklands hätte sein dürfen. Aber die Generäle in Buenos Aires dachten anders.

Die Situation für uns wenigen britischen Bewohner der West-Falklands wurde Anfang Mai deutlich unangenehmer. Meine Nachbarn und ich waren von jeglichen Nachrichten aus der Außenwelt abgeschnitten, nachdem man uns unsere Kurzwellenfunkanlagen demontiert hatte. Wir wussten absolut nicht, was außerhalb unseres kleinen Dorfes in der Welt oder unserer Inselgruppe vor sich ging. Wir registrierten nur, dass die Soldaten, besonders die Offiziere und Unteroffiziere erstens deutlich feindseliger uns gegenüber wurden und zweitens die Beobachtungs- und Luftabwehrstandorte ausgebaut und weiter befestigt wurden.

„Was ist passiert?" fragte ich Gerado in einer der seltener gewordenen Gesprächsstunden.

„Die Briten haben am 30. April den Flughafen von Puerto Argentino angegriffen und die Startbahn zerbombt sowie drei Tage später das größte Schlachtschiff der argentinischen Marine westlich der Malvinas versenkt. Viele hundert Tote", war Gerados einfache Antwort. „Zudem nähert sich eine große britische Flotte von Norden, um uns hier auf den Malvinas anzugreifen."

So wussten meine Nachbarn und ich wenigstens ein bisschen von den Vorgängen, die unsere Inseln betrafen. Als Konsequenz dieser Entwicklung durften wir uns in Port Howard nicht mehr frei bewegen. Wenn wir uns um unsere Schafe und unsere Höfe kümmern mussten, durften wir dies nur unter permanenter Begleitung von Wachsoldaten tun, wobei auf jeden Zivilisten mindestens ein Soldat kam. Zusammen mit den Nachbarn der Estate entschieden wir uns, dass wir mindestens zu zweit waren, wenn wir auf die Weiden hinausgingen. Gottseidank war Herbst, die Lämmer waren jetzt ein halbes Jahr alt und ziemlich selbständig, die Schafe waren Anfang des Jahres in unserem „Hochsommer" geschoren worden. So bestand die Hauptarbeit aus Zaunreparaturen und ähnlichen Instandhaltungsmaßnahmen.

Unser Hauptproblem als Schafszüchter lag in der Zukunft. Bei einer normalen Tragzeit von 150 Tagen und einer gewünschten Lammsaison von Anfang November bis Mitte Dezember mussten wir spätestens Mitte Mai die Böcke auf die Mutterschafe loslassen. Das war der natürliche Paarungsrhythmus unserer Schafsrassen, der von den kürzer werdenden Helligkeitsperioden des Herbstes von allein startete. Unsere Böcke waren einsatzbereit und hatten überhaupt kein Verständnis für uns blöde Menschen, die sich mit Kriegsspielen aufhielten und uns nicht um ihr natürliches Recht kümmerten.

Es kostete James Wright, den langjährigen Nachfolger meines Vaters als Estate-Verwalter, mich und zwei weitere Estate-Angestellte sehr viel Überredungskunst, den örtlichen Kommandeur davon zu überzeugen, unserer Arbeit nachgehen zu können. Niemand von uns Vieren sprach auch nur ein Wort Spanisch, das Englisch der argentinischen Offiziere war praktisch auf demselben Nullniveau. Hier bewährte sich nun mein lieber Gerado, der als Dolmetscher herbeikommandiert worden war und seine Aufgabe brillant meisterte. Am 10. Mai konnten wir damit beginnen, unsere weit verstreuten Schafe mit unseren Border-Collies auf Hof-nahe Weiden zusammenzutreiben und dann unsere Böcke auf die Herden loszulassen. Den Rest erledigten unsere Böcke und Mutterschafe von allein.

„Manchmal träumt man von der Potenz eines Schafsbocks", lästerte meine Freundin Betty, die Ehefrau des Estate-Verwalters, die ihren Haushalt für die Kommandantur hatte räumen müssen und die mit ihrem Mann auf dem Farmcottage ihrer Schwester mit untergekommen war. „Ein guter Bock kann schon mehrfach am Tag ein Mutterschaf glücklich machen."

Ich lachte zurück. „Und nicht nur einmal. Er macht es in der Brunftzeit regelmäßig durch seine ganze Herde."

„Stimmt. Nur die Länge des Begattungsaktes darf bei mir deutlich länger sein", grinste Betty. „Da wären mir die zehn bis fünfzehn Sekunden deutlich zu kurz."

Unser lautes, gemeinsames Lachen machte unsere beiden Wachsoldaten, die als nordargentinische Städter nicht das geringste Verständnis für das Leben auf dem Land aufbrachten, bereits nervös und misstrauisch.

Mitte Mai ergab es sich durch Zufall, dass ich in der frühen Abenddämmerung des Nachmittags allein mit Gerado in meiner Küche saß. Über Port Howard donnerten nun in regelmäßigen Abständen Jagdflugzeuge der argentinischen Luftwaffe auf Patrouillenflügen hinweg, aber wir hatten bis dahin noch keinen Befehl bekommen, unsere Häuser zu verdunkeln. Die Estatebesitzer hatten meinem Vater dreißig Jahre zuvor den Bau eines kleinen Wasserkraftwerks ermöglicht, das aus einem kleinen, hochgelegenen See gespeist wurde und uns seither zuverlässig mit Strom versorgte. Das hatte auch die Kommandantur veranlasst, das Haupthaus der Estate zu beschlagnahmen, weil sie dort eine Diesel-unabhängige Stromversorgung hatten.

Gerado war ziemlich verzweifelt. „Ich bin sehr misstrauisch, was unseren Optimismus zum Sieg über die anrückenden Engländer angeht", drückte er seine Sorgen unmissverständlich aus. „Wir sind zwar vermutlich deutlich mehr Soldaten, aber mit ziemlicher Sicherheit schlechter ausgerüstet." Er schaute an sich herunter. „Wenn ich allein meine Uniform sehe. Wenn hier erst einmal richtig Winter einzieht und es, wie Du sagst, waagerecht regnet und schneit, dann holst Du Dir in dieser Uniform den Tod. Ich friere jetzt schon am Ende meiner Wachtschicht wie ein Erfrierender." Er schaute auf seine Hände. „Ganz schlimm sind unsere Handschuhe. Wenn ich aus unserem Beobachtungsstand ins Haus komme, sind meine Hände bereits jetzt taub und blau gefroren."

Er sah tief deprimiert aus. „Und ohne gute Hände kann man kein Weinbauer werden."

„Willst Du auch Weinbauer werden?" Ich hatte zum ersten Mal etwas über seine Zukunftswünsche gehört.

„Nichts lieber als das. Aber richtig. Ich will am liebsten in Europa auf eine Weinbauakademie gehen und richtig studieren. Und dann aus dem Betrieb meiner Eltern ein richtig erstklassiges Weingut machen, dass seine Weine auch nach Amerika oder Europa verkauft. Dann ist man nicht von der schwierigen Wirtschaftslage in unserem Land abhängig."

Ich ließ den jungen Mann eine Stunde lang von seinen Zukunftsträumen erzählen. Er hatte leuchtende Augen dabei bekommen. Dann musste er wieder raus zu seiner Stellung, seine Wachtschicht im kalten und nassen Beobachtungsstand begann.

Bevor er aus der Tür rausging, hielt ich ihn kurz auf. „Ich glaube, es wird kalt heute Nacht. Ich gebe Dir was für Deine Hände." Dann ging ich in mein Schlafzimmer und kam mit den schafsfellgefütterten Handschuhen zurück, die ich vor Jahren für meinen Vater genäht hatte. „Hier, stecke sie ein. Und wenn Du dann allein da draußen bist, ziehe sie an. Die halten Deine Hände garantiert warm."

Gerado schaute die Handschuhe an, dann mich und machte plötzlich einen Schritt auf mich zu. Ganz spontan umarmte er mich und gab mir einen unbeholfenen Kuss, halb auf die Wange, halb auf den Mund. „Du bist unglaublich lieb. Danke." Er machte einen halben Schritt zurück, nahm die Handschuhe und drehte sich bereits zum Gehen. „Ich werde auf Dich aufpassen, damit Dir nichts geschieht. Egal, was für ein Krieg hier ausbricht."

Dann war er fort und ich stand wie vom Donner gerührt in meiner Küche. Es war Jahre her, dass mein im Meer ertrunkener Mann mich geküsst hatte. Ich hatte vergessen, wie schön das war und wie gut das tat.

Wenige Tage später wurden wir fünfundzwanzig Originalbewohner von Port Howard unter Hausarrest gestellt, auch eine Versorgung und Kontrolle unserer Schafe wurde untersagt. Eigentlich hatte der ranghöchste Offizier in Port Howard, ein Capitano Rugierro, befohlen, dass ich mein Farmhaus verlassen und ebenfalls nach Port Howard kommen sollte. Hier intervenierte der bei mir einquartierte Unteroffizier mit Unterstützung seiner mittlerweile auf sechs Soldaten angewachsenen Besatzung.

„Die Farmerin ist die einzige Person, die uns wenigstens einmal am Tag mit einen warmen Mahlzeit versorgt. Wir sind aufgrund der weiten Entfernung zur Estate darauf angewiesen, weil wir sonst vermutlich hungern würden und damit unseren wichtigen Dienstpflichten nur unzureichend nachkommen können", trug er als Protest seinem Capitano vor, wie er mir selbst, durch Gerado übersetzt, darstellte. Daraufhin wurde ich offiziell in meinem eigenen Farmhaus unter Hausarrest gestellt und durfte dies ausschließlich nur in Begleitung eines der Soldaten verlassen. Der Unteroffizier, der sich mir gegenüber bis dahin zwar korrekt, aber ziemlich herrisch verhalten hatte, grinste mich plötzlich an. „Ihr Lamm-Stew hält uns am Leben", übersetzte Gerado. „Von woanders kommt nichts mehr als Nachschub." Dann befahl er, dass Gerado mit meiner Dauerüberwachung beauftragt und solange von seinen Wachtschichten befreit wäre. „Es ist unabdingbar, dass die Verpflegung meiner Gruppe sichergestellt ist."

Ich war erneut wie vom Donner gerührt. Der Unteroffizier war anscheinend cleverer als ich ihn bis dahin eingeschätzt hatte.

Als ich später allein mit Gerado auf die Mutterschafsweide direkt neben der Farm ging, auf der mittlerweile die Böcke ihrer lustvollen Arbeit nachgingen, bekam ich erstmals nach langer Zeit ein paar Zusatzinformationen. „Die Briten sind im Norden dieser Insel gelandet und haben dann unseren Luftwaffenstützpunkt auf der vorgelagerten Insel mitsamt vielen Flugzeugen zerstört. Nach dem Angriff auf Puerto Argentino kann unsere Versorgung auf der westlichen Hauptinsel nur noch nach Fox Bay eingeflogen werden. Und davon kommt bei uns hier weiter nördlich nichts mehr an." Er blieb plötzlich vor dem kleinen Schauer an der Mutterschafsweide stehen, die die Schafe nach eigener Entscheidung als Schutz gegen schlechtes Wetter nutzen konnten. „Streng genommen sind wir von Deiner Gastfreundschaft abhängig." Er zuckte mit seinen Schultern. „Das weiß auch unser Unteroffizier. Und deshalb hat er diese Lösung arrangiert. Ob er wirklich an unseren Sieg glaubt, weiß ich nicht. Aber er hat eine Frau und zwei Kinder zu Hause. Und die will er nicht auf den Malvinas im Stich lassen." Bei seinen Erläuterungen vermittelte Gerado einen hoffnungslosen Eindruck, er ließ sichtlich seine Schultern hängen.

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