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Nachtwache

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Er drehte sich um und schien mich mit seinem finsteren Blick durchbohren zu wollen. Wir standen so dicht voreinander, dass ich den Kopf heben musste, um ihm in die Augen zu sehen.

„Na?", fragte er gefährlich sanft.

Ich grinste verlegen und hob die Schultern. „Nichts."

Seine Augen funkelten. „So?"

Gerade wollte ich sicherheitshalber einen Schritt zurück machen, als sein rechter Arm plötzlich vorschnellte und seine Hand mich im Genick packte. Ehe ich auch nur einen Laut der Überraschung herausbringen konnte, hatte er mich an sich gepresst und küsste mich! Es war grob, fordernd und verlangend, dauerte aber nur wenige Sekunden, weil ich ihm so fest ich konnte mit der Faust gegen die Brust schlug. Sofort ließ er mich los und wir taumelten nach Luft schnappend auseinander. Unsere Blicke trafen sich und ich empfand fast etwas wie Genugtuung, dass er mindestens so erschrocken aussah wie ich mich fühlte. Mit zitternden Fingern richtete ich den Kragen meines Mantels und verließ nach einem letzten Blick auf meinen Vater mit schnellen Schritten das Ruderhaus.

Draußen empfing mich der scharfe Wind und kühlte meine glühenden Wangen. Meine Knie waren weich. Ich schwankte zur Backbord-Reling und stützte mich schwer darauf.

„Scheiße", murmelte ich, „Scheiße, Scheiße, Scheiße!"

Der Wind, der an meinen Locken zerrte und die Salzluft, die er von der Nordsee in den Hafen trug, beruhigten mich ein wenig, zumindest so weit, dass ich in der Lage war, die Situation logisch zu analysieren.

Mein Vater, Wolf Harms, hatte mich geküsst, und das nicht auf väterliche Weise. Warum hatte er das getan? Gut, er sah in mir keine Tochter, aber das war doch noch lange kein Grund... Es war zwecklos, seine Absichten oder Gefühle ergründen zu wollen, also wandte ich mich lieber meinem eigenen Empfinden zu.

Ich war schockiert von mir. Natürlich hatte ich mich gegen ihn gewehrt, aber nicht aus Abscheu. Ich hatte mich gewehrt aus Entsetzen darüber, dass ich seinen Kuss um ein Haar erwidert hätte. So etwas durfte mir doch nicht gefallen!

Es musste daran liegen, sagte ich mir, dass ich schon zu lange allein war. Wann hatte ich das letzte Mal jemanden geküsst, geschweige denn Sex gehabt? Ich wusste es nicht mehr. Beziehungen dieser Art waren nichts für mich, zumindest nicht auf Dauer. Erstens ging ich vollends in meiner Arbeit auf, sodass mir ohnehin wenig Zeit für soziale Kontakte blieb -- außerdem hatte ich ja den Hund -- und zweitens hatte ich bisher kaum einen Menschen getroffen, mit dem ich wirklich Lust hatte, zusammen zu sein und womöglich das Bett zu teilen. Es dauerte lange, bis ich anderen vertraute, und ohnehin sahen die meisten Männer in mir wahrscheinlich eher einen guten Kollegen und Kameraden als eine potentielle Partnerin.

Das ist es wahrscheinlich, dachte ich. Mit seinem Kuss hat er etwas in mir zum Vorschein gebracht, was ich schon erfolgreich verschüttet geglaubt hatte. Sehnsucht nach körperlicher Zuwendung. Was sah ich denn in ihm? Einen älteren, aber immer noch recht attraktiven Mann mit einer faszinierenden Persönlichkeit, den ich durchaus mochte und der mir auf eine gewisse Art vertraut war. „Papa" hatte ich ihn vorhin gerufen, beim Versuch ihn einzuholen. Dabei entsprach diese Bezeichnung nicht im Geringsten dem Bild, das ich von ihm hatte.

Der Hund rieb seinen Kopf an meiner Hüfte und forderte mit einem klagenden Laut meine Aufmerksamkeit. Ich hockte mich neben ihn aufs Deck und vergrub das Gesicht in seinem weißen Fell.

„Ach, Paulo, warum muss eigentlich immer alles so verkorkst sein?"

Er leckte mir übers Ohr und ich musste gegen meinen Willen lachen. „Guter Junge", sagte ich und kraulte ihm den Nacken. „Was meinst du, soll ich noch mal versuchen, mit ihm zu reden?"

Hechelnd sah er mich an, als verstünde er jedes Wort und wedelte dann mit dem Schwanz.

„Okay", murmelte ich und erhob mich langsam, „dann mal los."

Im Ruderhaus war er nicht mehr, aber unten in der Messe brannte Licht. Vorsichtig stieg ich die steile Treppe hinunter, unsicher, in welcher Verfassung er wohl sein mochte.

Er saß auf der Sitzbank, die Ellenbogen auf den Tisch vor ihm gestützt, das Gesicht in den großen Händen vergraben. Es versetzte mir einen Stich ins Herz, ihn so in sich zusammengesunken vorzufinden. Schließlich hob er den Kopf und sah mich an, offenbar völlig überrascht, dass ich noch da war und nicht längst das Weite gesucht hatte. In seinen Augen lag ein seltsamer Ausdruck. Ich weiß nicht, wie ich es am besten beschreiben soll. Es war etwas wie Erschöpfung, Hunger -- und gleichzeitig schien ein Feuer in seinen Augen zu brennen. Dieser Ausdruck ließ mein Herz schmerzhaft schneller schlagen, weil er widerspiegelte, wie es in mir aussah.

Ich ging langsam in den Raum hinein, sein Blick hing an mir wie der eines bettelnden Hundes, aber unterschwellig immer noch gefährlich. Es lag etwas Surreales über der Szene und ich hatte nicht die geringste Vorstellung, wie sie ausgehen mochte.

Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Paulo sich in der Ecke ausstreckte. Ihm war das Ganze zu dumm und er hatte beschlossen, zu schlafen. Ich hätte gern mit ihm getauscht.

Ich stand Wolf gegenüber und nachdem wir uns eine Weile schweigend angestarrt hatten, räusperte er sich.

„Ich kann mich nicht dafür entschuldigen", sagte er rau.

Halb belustigt, halb erstaunt schnaubte ich. „Weil du dich im Recht fühlst?"

Er lehnte sich zurück und rieb sich den Nacken, eine Verlegenheitsgeste, die ich noch nie bei ihm gesehen hatte. „Weil es mir nicht Leid tut", antwortete er kurz.

Ich stieß seufzend die Luft aus und schüttelte den Kopf. „Du bist total irre, weißt du das eigentlich?"

„Mhm."

Entschlossen gab ich meine Verteidigungsstellung hinter dem Tisch auf und setzte mich neben ihn auf die gepolsterte Bank. Er wirkte verwundert, sagte aber nichts.

„Liebst du Tanja eigentlich?", wollte ich wissen.

Sein Blick schweifte weg von mir in den Raum, dann nickte er.

„Du zeigst es ihr aber nicht oft, was?"

Sein Schweigen war Antwort genug. Ich seufzte erneut und lehnte den Kopf an die Wand.

„Wenigstens in den Arm solltest du sie mal nehmen. Das kann doch nicht so schwer sein."

Jetzt spürte ich wieder seinen Blick auf mir. „Ach nein? Wie oft machst du das denn, jemanden in den Arm nehmen?"

Nun war ich es, die schwieg.

„Emotional verkrüppelt", murmelte er, „das sind wir beide. Mach bloß nicht die gleichen Fehler wie ich."

„Du hast doch jetzt noch 'ne Chance", entgegnete ich lebhaft. „Du hast eine tolle Frau geheiratet und ein Kind bekommen. Du hast deinen alten Job aufgegeben um mehr Zeit für deine Familie zu haben! Dann nimm dir die Zeit auch und sei ein guter Ehemann und Vater. Nutz deine Chance!"

Er sah mir in die Augen mit seinem brennenden Blick. „Weißt du, dass ich noch nie so sehr das Gefühl hatte, einen anderen Menschen zu brauchen, wie jetzt gerade?"

Ich wich ihm aus, hielt mich mit den Augen verzweifelt an anderen Dingen in der Messe fest, an der Tischplatte, der Deckenlampe, dem Schrank... Noch kannst du weg, rief es in mir. Aber wenn ich jetzt ging, dann würde das hier für immer zwischen uns stehen.

Zögernd drehte ich mich zu ihm um. Ich schlug mein linkes Bein unter, sodass ich im halben Schneidersitz neben ihm saß und rückte langsam an ihn heran. Halb erstaunt, halb erwartungsvoll beobachtete er mich. Es kostete mich schon Überwindung, weil ich ihm nie wirklich nah gekommen war, aber endlich traute ich mich und legte die Arme um seinen Hals. Zuerst versteifte er sich, aber dann erwiderte er die Umarmung und drückte mich vorsichtig an sich. Er roch gut, stellte ich fest, nicht nach Rasierwasser oder Deo, sondern einfach nach ihm. Ein warmer, herber Geruch. Unwillkürlich schmiegte ich mich enger an ihn und spürte, wie auch er mich fester hielt und sein Gesicht in meinem Haar verbarg. Sein Herz schlug kräftig und schnell gegen meines. Plötzlich merkte ich, dass ich immer noch angespannt war. Ich war es nicht gewohnt, mich in Gegenwart eines anderen zu entspannen, auch nicht oder vielmehr es recht nicht in einer solchen Situation. Jegliche Art von Kontrollverlust war mir verhasst. Aber jetzt... ach, zum Teufel mit Vernunft und Kontrolle! Wir waren beide ausgehungert, ausgelaugt. Wir brauchten diese Art der Zuwendung, das Wissen, gewollt zu sein, genau jetzt.

Also ließ ich mich fallen in das Gefühl von Nähe und Vertrauen und spürte, dass mit ihm gerade etwas ähnliches passierte. Ich sog tief seinen Geruch ein und drehte ihm einem Impuls folgend den Kopf zu. Nur ganz leicht berührten meine Lippen seine Wange, man konnte es eigentlich kaum einen Kuss nennen. Er aber hatte es gefühlt, wandte ebenfalls den Kopf. Ich löste mich ein wenig von ihm und wir schauten einander in die Augen. Im warmen Schein der Lampe hatte seine Iris einen fast goldenen Schimmer, die Farbe erinnerte mich an Bernstein, den ich manchmal als Kind am Strand gefunden hatte. Er hob die rechte Hand und streichelte mir ein wenig unbeholfen, aber sachte übers Haar. Ich schloss kurz die Augen, dann überschritt ich die Schwelle.

Bisher hatte ich Küsse selten als besonders erhebend erlebt. Es war warm und nass und damit hatte es sich in der Regel. Jetzt aber blendete ich alle anderen Gedanken aus, ließ es zu, dass die Berührung und die Empfindungen, die sie auslöste, mich ganz erfüllte. Zunächst noch scheu und vorsichtig trafen sich unsere Zungen, dann aber wurde er zunehmend fordernder und drängte mir entgegen, was ich mit erstaunlicher Leidenschaft erwiderte. Ich verlor mein Zeitgefühl, ich weiß nur, dass es ziemlich lange dauerte und ich trotzdem nicht genug bekam. Im Nachhinein kam ich mir wie verwandelt vor, aber in diesem Moment dachte ich nicht mehr. Meine kühle Logik hatte ich über Bord geworfen.

Seinen Mantel hatte er anscheinend schon ausgezogen, als er in die Messe hinunter gegangen war und jetzt machte er sich daran, meinen aufzuknöpfen. Mein Herzschlag beschleunigte sich weiter und ich ließ mir bereitwillig das schwere Kleidungsstück von den Schultern streifen. Er streichelte mir über den Rücken und zog mich an sich. Als ich seine Hände plötzlich unter meinem Sweatshirt spürte, zuckte ich kurz zusammen, entspannte mich aber schnell wieder. Es war schön, seine warmen Hände auf der bloßen Haut zu fühlen, wie sie sanft über meinen Rücken kreisten. Ich barg den Kopf an seinem Hals und strich über seine breite Brust, erahnte die Muskeln, die sich unter dem rauen Stoff bewegten. Kleidung erschien mir mit einem Mal als etwas unglaublich Lästiges, ich wollte seine Haut auf meiner spüren und...

Er ließ es zu, dass ich seinen Pullover hoch schob und schloss die Augen, als er meinen Atem auf der Haut spürte. Ich küsste seine Brust, die sich unregelmäßig hob und senkte, gleichzeitig merkte ich, wie er meinen BH-Verschluss öffnete. Kurz ließ ich von ihm ab und zog mir das Sweatshirt über den Kopf. Als ich auch den BH ausziehen wollte, hielt er mich zurück. Er zog sich den Pullover vollständig aus und ließ ihn achtlos zur Seite fallen. Dann streifte er fast wie in Zeitlupe einen Träger nach dem anderen von meinen Schultern. Einen Moment lang fühlte ich mich unwohl, seinen Blicken schutzlos ausgeliefert zu sein, aber das vergaß ich schnell, als er mich in die Arme nahm und wir gemeinsam auf die Sitzbank zu liegen kamen. Ein Kribbeln strömte durch meine harten Brustwarzen, als sie seine Haut berührten. Ich legte die Hände auf seine Schultern, grub leicht die Finger hinein, dann ließ ich sie sachte über seinen Rücken gleiten. Wir küssten uns und während er meine Brüste streichelte, drückte er sein Becken gegen meine Hüfte. Er war hart und wie als Antwort darauf fuhr ein sehnsüchtiges Ziehen durch meinen Unterleib. Ich wollte ihn in mir spüren, jetzt sofort.

Als er endlich vollständig nackt zwischen meinen Beinen lag, hielt er noch einen Augenblick inne und schaute mich an, als wollte er sicher gehen, dass dies hier nach meinem Willen geschah. Auffordernd presste ich mein Becken gegen seines, er lächelte und kam mir entgegen. Nahezu widerstandslos glitt er in mich hinein, bis ich ihn ganz aufgenommen hatte. Ein leises Seufzen entfuhr mir, ich hatte nicht gedacht, dass ich dieses Gefühl des Ausgefülltseins einmal derart genießen würde. Fast gleichzeitig begannen wir, uns zu bewegen, anfangs langsam, ineinander versinkend, bis seine Stöße allmählich schneller und kraftvoller wurden. Ich drückte den Rücken durch um ihm so nah wie möglich zu sein, die Reibung seines Körpers auf meinem so intensiv wie möglich zu spüren. Wir verloren uns in unserem Rhythmus, vergaßen alles, was außerhalb dieses Schiffes existierte und schließlich kam er. Als er den Kopf zurück warf und mit einem Aufstöhnen einen Schwall heißen Samen in mich hinein pumpte, gab es eine Explosion in meinem Unterleib. Alle Muskeln und Organe dort schienen sich auf ein Minimum zusammen zu ziehen, um im nächsten Moment auseinander zu springen und unkontrolliert weiter zu pulsieren. Ich wand mich unter diesem unglaublichen Gefühl und stieß einen Schrei aus, der mich selbst erschreckte.

Noch eine ganze Weile blieben wir zusammen, Arm in Arm unter einer Wolldecke, die in einer Ecke der Sitzbank gelegen hatte und genossen die ungewohnte Innigkeit. Das Brennen war aus seinen Augen verschwunden, dafür blickten sie so ruhig und sanft, wie ich es nie für möglich gehalten hätte.

Drei Worte tauchten in meinem Kopf auf und ich öffnete schon den Mund, aber mein Verstand war dabei zurückzukehren, also überlegte ich es mir anders. Natürlich hatte er es gemerkt.

„Was?", fragte er leise.

„Schon gut", antwortete ich ebenso leise. „Ich hätte nur fast was Dummes gesagt."

Er drückte mich leicht. „Komm schon. Keine Geheimnisse mehr."

Ich schloss die Augen. „Ich liebe dich. Nicht so, wie du denkst", fügte ich schnell hinzu und riss die Augen wieder auf. „Ich meine..."

Er küsste mich auf die Stirn. „Ich weiß. Ich dich auch."

Wieder schwiegen wir eine ganze Weile, während der jeder seinen Gedanken nachhing.

Schließlich seufzte ich. „Morgen wird mir das hier bestimmt Leid tun", murmelte ich.

Er zog belustigt die Augenbrauen hoch. „Glaubst du?"

„Du nicht?"

„Nee", meinte er trocken. „Erstens, weil es schön war und zweitens ist es eh nicht mehr zu ändern."

Da hatte er natürlich recht.

Wir blieben nicht mehr lange so liegen. Ein Blick auf die Uhr sagte uns, dass schon acht vorbei war. Die anderen würden sich bereits Sorgen machen. Gut, seine Schwiegereltern vielleicht nicht unbedingt, aber Tanja auf jeden Fall. Also zogen wir uns zügig an und verließen die „Marianne" gemeinsam mit Paulo, der ausgelassen um uns herum sprang.

Auf dem Rückweg sprachen wir nicht viel, aber an die Stelle der Spannung, die vorher oft zwischen uns geherrscht hatte, war nun Eintracht getreten. Ein schönes Gefühl.

Vor der Haustür hielt er inne, den Schlüssel in der Hand.

„Ich trau mich fast nicht, rein zu gehen", gestand er mir. Aufmunternd stupste ich ihn in den Rücken.

„Dir wird schon keiner den Kopf abreißen. Außerdem bist du ja nicht allein."

Er lächelte mich dankbar an, dann schloss er die Tür auf. Wir standen kaum im Flur, da erschien Tanja in der Wohnzimmertür, in ihrem Gesicht noch deutliche Spuren vom Weinen. Hinter ihr sah ich ihre Eltern.

Erst sagte keiner der beiden etwas, dann gingen sie langsam aufeinander zu. Plötzlich fing Tanja wieder an zu weinen, diesmal aber offenbar aus Erleichterung. Als er sie in die Arme nahm, spürte ich eine stille Freude in mir.

„Ach, Wolf..."

„Es tut mir Leid", sagte er und strich ihr übers Haar. „Es tut mir Leid."

Insgesamt wurde das Wochenende doch noch gut. Georg Winter nahm die Entschuldigung seines Schwiegersohns zwar nicht sehr enthusiastisch auf, aber zumindest Hannelore zeigte sich versöhnlich, sodass es an diesem Abend zu keinem weiteren Krach mehr kam. Am nächsten Morgen, Samstag, fuhren die beiden wie geplant bereits wieder ab und wir drei -- vier, wenn man Lina mit zählt, fünf zusammen mit Paulo -- verbrachten eine schöne Zeit zusammen, bis ich mich Sonntag ebenfalls auf den Heimweg machte.

Dieses Ereignis ist jetzt fünf Jahre her. Über das, was zwischen Wolf und mir passiert ist, haben weder er noch ich je wieder ein Wort verloren, es hat sich auch nichts Derartiges noch einmal ergeben. Es scheint aber fast so, dass sich damals bei uns beiden eine Blockade gelöst hat. Er ist nicht mehr so jähzornig wie früher und zeigt Tanja und Lina gerne, wie wichtig sie ihm sind. Und wichtiger als sein Beruf sind sie ihm ganz sicher. Was mich angeht: Ich habe mittlerweile auch wieder eine Beziehung, die danach aussieht, als könnte sie länger halten. Wer weiß, vielleicht gründe ich auch eines Tages eine Familie -- ein bisschen Zeit, es mir zu überlegen, habe ich ja noch.

Wolf und ich besuchen uns relativ oft gegenseitig, allein schon, damit ich Zeit mit Lina verbringen kann. Meine kleine Schwester ist ein ziemlicher Racker und schon ganz schön stur -- von wem sie das wohl hat...

Zwischen meinem Vater und mir hat sich eine tiefe Freundschaft entwickelt. Ernsthaft streiten tun wir eigentlich gar nicht mehr, dafür liefern wir uns ziemlich unterhaltsame Wortgefechte. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass man früher so mit ihm herumalbern konnte. Schön, dass Lina ihren Vater so erlebt.

Unsere Familie ist sicher weit davon entfernt, perfekt zu sein, aber zumindest hat mittlerweile jeder seinen Platz darin gefunden. Und das reicht allemal, um zufrieden zu sein.

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20 Kommentare
Leonie12Leonie12vor mehr als 8 Jahren
Danke für den Tipp, Ludwig.

Diese Geschichte ist eine blühende Oase in der LIT-Wüste.

Ludwig_v_ObbLudwig_v_Obbvor mehr als 8 Jahren
Verdient

Eine Geschichte die es verdient in Erinnerung gerufen zu werden - absolut lesenswert!

Ludwig

Ale58Ale58vor mehr als 9 Jahren
Erschütternd, aber sehr schön.

Dass der Leser sich so herantasten darf, so hineinführen in Situationen, die nicht unbekannt sind, um dann diese Wendung zu erleben, das bewirkt, dass man mitfühlen kann - eigentlich, das Schönste an jeder Beziehungsgeschichte. Dieser Moment, wo es sich dreht zwischen den beiden, der ist eben erschütternd, auch wenn es dann so atemberaubend schön und zart beschrieben weitergeht. Dass man überhaupt mitfühlen kann, und es einem mit dieser Liebesgeschichte, die Mutter und Schwester mit umschließt, warm um's Herz wird, ist sicher Ihrer Einstellung zu den Dingen, und hier aber vor allem Ihrer Schreibkunst geschuldet - großes Kompliment und lieben Dank!!

TomGoTomGovor mehr als 11 Jahren
Gut!

Inhaltlich zwar nicht mein Fall, aber gut und schlüssig. Gibt also doch Leute, die schreiben können (und bei Lit. veröffentlichen ;))

MfG Tom

AnonymousAnonymvor fast 12 Jahren
Grosses Kopfkino. Wunderbare Emotionen

Eigentlich ist damit alles gesagt!

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