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Schicksalsschläge

Geschichte Info
Ger zweite Anlauf ist oft der richtige.
11.2k Wörter
4.69
15.3k
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Der zweite Anlauf

Nach einem Schlaganfall und Herzinfarkt habe ich beschlossen wieder mit dem Schreiben anzufangen. Nicht nur dass es meinem Selbstbewusstsein gut tut, es fördert auch meine Mobilität und die Beweglichkeit meiner Finger. Und was mich noch sehr anstrengt, ist über einen längeren Zeitraum meine Konzentration aufrecht zu erhalten und meine Gedanken logisch zu verarbeiten. Noch bin ich in Bad Krozingen in einer Reha-Klinik, aber die Ärzte und Therapeuten sind ausgesprochen kompetent, erfahren und hilfsbereit. Eine Geschichte davon wird auch noch dieses Jahr erscheinen; ich schreibe jeden Tag ein wenig, so wie es geht, aber das dauert noch. Gott sei Dank bekomme ich tatkräftige Hilfe von meiner Familie und von Freunden, denn noch kann ich noch nicht alles alleine machen. Ich habe diese Story schon vor 2 Jahren angefangen, aber erst jetzt, da ich notgedrungen sehr viel Zeit habe, weitergeführt und abgeschlossen. Meine Reha ist erst zwei Wochen alt, aber ich habe jetzt schon eine Verlängerung bekommen und weiß nicht, was noch alles auf mich zukommt.

* * *

Diese Geschichte ist ein wenig anders als meine anderen, auch wegen der Erfahrungen, die ich die letzten Wochen machen durfte. Nicht nur eitel Wonne und Sonnenschein, sondern auch Tief- und Nackenschläge formen einen Menschen und machen ihn zu der Persönlichkeit, die man schätzt und auf die man sich im Ernstfall verlassen kann.

Man darf alles machen, nur sich aufgeben, das darf man nicht.

Theo war so ein Zeitgenosse. Eigentlich unscheinbar, änderte sich sein Leben durch mehr als eine Tat, die wohl nicht jeder so gemacht hätte.

Als es darauf ankam, sprang er über seinen Schatten und half wo er nur konnte.

* * *

Theo war Graphiker und Siebdrucker und arbeitete in der Schweiz bei einer großen Sportartikelfirma, die vor allem durch Sponsoring beim Wintersport bekannt war. Skisport und Eishockey waren die beiden großen Standbeine in der kalten Jahreszeit. Und Theo stellte Eishockeyshirts für Vereine in aller Welt her.

Und so unscheinbar Theo privat auch war, in seinem Beruf war er komplett anders. Er verhandelte mit Vereinsvorständen und Sportdirektoren aus aller Welt, mit Captains von Nationalmannschaften und beriet sie bei der Auswahl von Farben und Designs. Man hörte auf ihn, wenn es um Stoffqualität und Farbenauswahl ging und er wurde auch oft zu verschiedenen Turnieren als Beobachter und Gast eingeladen. Er kannte einige Spieler persönlich und hatte schon einige Trikots mit Sponsoren entwickelt und gefertigt.

Er druckte und presste die Trikots mit 2 Helfern und hatte drei Näherinnen, die die Stoffteile mit modernsten Overlock-Nähmaschinen zusammennähten und verpackten.

Er war also rundherum mit seiner Arbeit zufrieden und konnte nach jeder Saison mit einer Anerkennung in Form eines ordentlichen Bonus in Fränkli rechnen.

Aber er musste jeden Tag über 120 km zur Arbeit in die Nähe von Winterthur und zurück fahren, denn Theo wohnte im Hochschwarzwald in einem kleinen Dorf mit gerade mal 200 Einwohnern. Er arbeitete zwar gerne in der Schweiz, weil das Arbeitsklima sehr gut war und der Verdienst und auch die Rente, die er ansparen konnte, waren mit dem in Deutschland nicht zu vergleichen, aber wohnen wollte er lieber da, wo seine Familie und seine Freunde waren. Bei ihm im Dorf wusste man zwar was er beruflich machte, hatte aber keine richtige Vorstellung davon. Und Theo redete auch nicht besonders ausführlich darüber.

Er galt als unauffällig und war auch nicht gerade im Visier der Weiblichkeit. Er trank und rauchte nicht, gab sein Geld nicht übermäßig aus und auch sein Auto war ein Allerweltsmodell. Das besondere an seiner Reisschüssel war der Allradantrieb, den er für den Winter benötigte, aber ohne ihn gab es das Modell auch gar nicht.

* * *

Eine Freundin hatte Theo nicht. Er war den ganzen Tag weg, auch oft am Wochenende und die zwei Frauen, die es mal mit ihm versuchten, gaben entnervt nach kurzer Zeit auf. Aber es gab schon jemanden, der sein Interesse weckte, eine junge Frau, die er gerne ansah. Sie hieß Sylvia Biehler und war beim Supermarkt im Nachbardorf angestellt. Dort saß sie an der Kasse, immer freundlich und gut gelaunt, so dass Theo schon darauf achtete, wohin er seinen Einkaufswagen schob. Sie wechselten, wenn möglich immer ein paar Worte, aber mehr war da nicht.

Die Eishockey-WM 2004 war vorbei und Theo kehrte nach zwei Wochen wieder in seine Firma zurück. Die Stresszeit beim Drucken war vorbei und es war genug auf Vorrat gefertigt worden, so dass die Teile nur noch in den bestellten Größen gepreßt, genäht und versendet werden mussten.

Er ging mit vorsichtigen Schritten den vereisten, abschüssigen Weg zu seiner Druckerei, hört hinter sich den Motor eines Lkw, achtet aber nicht besonders darauf. Auf einmal vernahm er durchdrehende Räder, das Aufheulen eines schweren Motors und dann spürte er einen heftigen Schlag in seinem Rücken. Ein furchtbarer Schmerz durchfuhr ihn, dann nahm ihm eine barmherzige Ohnmacht das Bewußtsein.

* * *

Theo wachte kurz auf und wusste nicht wo er war. Er lag in einem Raum, der ihm vollkommen unbekannt war und fühlte sich benommen und gefühllos. Eine Menge Messgeräte standen neben ihm und Schläuche und Kabel führten von seinem Kopf, dem rechten Arm und von seiner Brust zu ihnen. Er dachte nach, aber es fiel ihm nicht ein was passiert war.

Eine Schwester kam zu ihm, kontrollierte den Durchfluss des Tropfes und gab ihm eine Spritze in die Kanüle, die auf seinem Handrücken befestigt war.

Wieder öffnete sich die Tür und ein Arzt kam herein. Er zog einen Stuhl zu sich und setzte sich neben Theo´s Krankenliege.

„Ich bin Dr. Frey, Herr Wellmann. Wissen Sie, was passiert ist?"

Theo bewegte seinen Kopf sehr vorsichtig zur Seite.

„Nein", krächzte er.

„Sie wurden von einem Lkw angefahren und schwer verletzt. Sie haben bereits zwei Operationen hinter sich. Die Kopfverletzung haben wir versorgt und die verletzten Lendenwirbel haben wir versteift, weil zwei Bandscheiben vollkommen zerstört waren. Jetzt werden wir die beiden Füße versorgen und wenn Sie wieder auf dem Damm sind, bekommen Sie wahrscheinlich auch noch eine neue Hüfte. Wir müssen aber noch ein wenig warten, da wir ihnen nicht sofort eine weitere Vollnarkose zumuten können. Ruhen Sie sich ein wenig aus, die Schwestern werden ständig nach ihnen schauen. Das Schwesternzimmer ist nebenan und sie bekommen noch einen Rufknopf. Sie sind in einem Lagerraum für medizinisches Gerät und der OP ist direkt gegenüber. Ich werde bis zum nächsten Eingriff noch ein paarmal nach ihnen schauen."

Das Gespräch, oder nur das Zuhören strengte Theo sehr an und ihm fielen die Augen zu. Die noch wirksamen Medikamente, die Schmerzmittel und die Nachwirkungen der Narkosen ließen ihn wegdämmern und er bekam nichts mehr mit.

* * *

Die nächsten Wochen waren ein Albtraum. Ständige Überwachung und Versorgung ermüdeten ihn sehr und immer noch hatte er keine Erinnerung an das was passiert war.

Seine Mutter und seine Schwester kamen ihn oft besuchen und redeten viel mit ihm. Und ganz allmählich stellten sich die Erinnerungen wieder ein. Nur der Unfall selbst lag im Dunkeln und der Arzt war der Meinung, das würde auch so bleiben. Er bezeichnete es als Selbstschutz des Körpers und des Geistes.

Nach zwei Wochen konnte er zum ersten Mal ohne fremde Hilfe aufstehen, ohne dass es ihm schlecht wurde. Noch wurde er in einem Rollstuhl herum gekarrt, aber seine Krücken standen schon neben seinem Bett. Die Arbeit mit den Therapeuten war sehr anstrengend, aber er hatte jetzt ein Ziel. Wenn alles gut ging, kann konnte er in drei Wochen zur Reha nach Rheinfelden (Schweiz) und wäre in zwei Monaten wieder daheim.

Also biss er die Zähne zusammen und machte mit, wenn auch manchmal mit Tränen in den Augen.

* * *

Endlich war er wieder zuhause und stellte fest, dass er überall hinkommen konnte, wo er hin wollte. Langsam und vorsichtig zwar und mit Krücken, aber immerhin. Er begann sich wieder einzuleben.

Und dann kam der nächste Faustschlag mitten ins Gesicht. Er war bei der Nachuntersuchung bei seinem Hausarzt, als der ihm mitteilte, dass es mit dem Arbeiten vorbei sei. Er würde für den Rest seines Lebens beim Gehen einen Stock benötigen und wenn die neue Hüfte eingesetzt wäre, dann wäre es Essig mit der Druckerei. Zudem wurde auch noch Diabetes II diagnostiziert und er hatte das Riesenglück, dass er nicht spritzen müsste, sondern dass „nur" Tabletten benötigt wurden. Sein Arzt schickte ihn zum Sozialarbeiter, den er gut kannte und sagte, er sollte dort einen Rentenantrag stellen.

Theo verließ die Praxis und nahm Platz auf einer kleinen Bank davor. Er musste sich setzen, denn alles drehte sich plötzlich. Er hatte schwere Probleme, das Gehörte einigermaßen zu verdauen.

Dann rappelte er sich auf und ging zu Johann, der im Rathaus für Soziales, also auch für Rentenanträge zuständig war. Er musste einige Zeit warten, bis der seine Termine aufgearbeitet hatte, dann konnte er sein Anliegen vorbringen.

Johann kannte er schon seit der Schule, aber dann trennten sich ihre Wege. Er wurde Graphiker und Siebdrucker, Johann schlug eine Laufbahn als Kommunalbeamter ein.

Er hörte sich an, was Theo zu sagen hatte, dann gab er einige Dinge in den Computer ein. Er nahm die Daten von Theo auf und sagte ihm, was er alles noch an Papieren und Unterlagen benötigte. Es würde noch einige Zeit dauern, bis eine Entscheidung getroffen wäre und dann müsste er noch zu einer Untersuchung zum Vertrauensarzt. Danach könne man weiter schauen.

Theo fuhr heim und fiel erst einmal in ein tiefes Loch. Stundenlang saß er herum und grübelte, ohne auf ein Ergebnis zu kommen. Zwei Tage aß er nichts, er schlief nicht und dementsprechend sah er aus, als er Johann die Papiere vorbei brachte.

Johann schüttelte nur den Kopf als er Theo´s Zustand bemerkte und redete ihm ordentlich ins Gewissen. Dann machte er den Rentenantrag fertig, lies ihn unterschreiben und nachdem er eine Kopie für Theo gemacht hatte, schickte er ihn ab.

Theo trollte sich wieder nach Hause und vergrub sich noch einmal für zwei Tage. Dann raffte er sich auf und als er in den Badezimmerspiegel schaute, erschrak er gehörig. Dieser Horrorcharly, der ihn da aus kleinen Augen musterte, war er das?

So konnte er unmöglich aus dem Haus zum Einkaufen gehen. Die Leute würden bei seinem Anblick erschrecken.

Die nächste Stunde hatte er alle Hände voll zu tun, um sich wieder auf Vordermann zu bringen. Danach sah er wieder wie ein Mensch aus.

Nachdem er sich mit seinen Hilfsmitteln angezogen hatte, war er wieder schweißnass und musste sich noch einmal das Gesicht waschen.

Er schrieb sich einen Einkaufszettel, steckte sich seinen Geldbeutel ein und stakste mit seinen Krücken zum Auto. Er fuhr ins Nachbardorf zum Supermarkt. In dem Ortsteil, wo er wohnte war die größte Attraktion eine Bushaltestelle und zwei Papierkörbe.

Beim Markt angekommen, holte er sich einen Einkaufswagen, legte seine Krücken hinein und stützte sich auf dem Griff auf. So konnte er ohne seine Stecken einigermaßen bequem und schmerzfrei laufen. Es war kurz nach Mittag und relativ wenige Kunden waren da. Er konnte sich ungestört umschauen, ohne ständig mit Fragen belästigt zu werden oder dauerndes Mitleid in den Augen der anderen zu sehen.

Die nächste Stunde lud er seinen Einkaufswagen so voll, als wenn eine Hungersnot bevorstünde.

Als es ans Zahlen ging, sah er dass Sylvia an ihrer Kasse saß. Sie war noch genau so hübsch, wie er sie in Erinnerung hatte. Etwas mollig, ein süßes Gesicht und kürzere Haare als das letzte Mal. Dazu passend ein schmale, schwarz umrandete Brille, die aber ihren leichten Silberblick nicht kaschieren konnte. An ihrer Kasse war momentan kein Kunde.

Sylvia sah ihn, riss ihre großen braunen Augen weit auf und winkte ihn hektisch zu sich.

Theo schob seinen Wagen bis an das Band und begann seine Einkäufe langsam und umständlich aufzulegen.

Sylvia kam aus der Kasse zu ihm und half ihm, so dass es nicht so anstrengend für ihn wurde. Theo nickte ihr dankbar zu und sie lächelte ihn an. Ihm war, als würde die Sonne noch einmal aufgehen und es wurde ihm warm ums Herz.

Sylvia zog seine Einkäufe über das Scannerfeld, kassierte und dann kam sie wieder aus ihrer Kasse hervor. Sie stellte ein Schild mit dem Aufdruck „vorübergehend nicht besetzt" auf das Band und half Theo seine Sachen im Wagen zu verstauen.

Als er sich bei ihr bedankte, schüttelte sie ihren Kopf.

„Schon gut, Herr Wellmann, das habe ich doch gerne gemacht. Haben Sie ein wenig Zeit?"

Theo sah sie fragend an.

„Ich habe gleich Feierabend", fuhr sie fort und deutete auf das Café. „Ich würde gerne mit ihnen einen Kaffee trinken und mich etwas mit ihnen unterhalten. Ich muss nur noch schnell die Kasse übergeben und meine Sachen holen."

Er nickte überrascht und sagte freudig erregt zu. Es würde ihm gut tun, sich mit jemanden zu unterhalten, der ihm sehr sympathisch war. Er bestellte zwei Kaffee am Tresen und Christina brachte sie an seinen Tisch.

Sylvia kam aus dem Kassenbereich zu ihm und Theo stand auf und schob ihr einen Stuhl zurecht, was sie mit zustimmendem Blick dankte. Dann begann erst zögernd eine Unterhaltung, die im Lauf der nächsten Stunde immer privater und persönlicher wurde. Sie erfuhren Dinge voneinander, die eigentlich sonst nur sehr intime Freunde oder andere Familienmitglieder wussten. Als sie sich später trennten, brachte Theo Sylvia zu ihrem Auto und sie wussten beide, dass dies nicht die letzte Unterhaltung zwischen ihnen gewesen war.

* * *

Im Lauf der nächsten Monate trafen sich die beiden immer öfter, aber dann fiel ein Schatten auf ihre Beziehung.

Theo hatte festgestellt, dass er Probleme mit seiner Männlichkeit bekam. Der Sex ging bei ihm nur noch vom Kopf bis zur Gürtellinie, ab da rührte sich fast nichts mehr. Oh ja, spritzen konnte er noch wie ein C-Schlauch der freiwilligen Feuerwehr, ab er brachte sein bestes Stück nicht mehr in den aufrechten Stand. Als hätte man ihm Hängolin verabreicht.

Auch Sylvia hatte das festgestellt und hatte ihn daraufhin zum Arzt geschickt.

"Weißt du Theo," sagte Doktor Sven K., sein Hausarzt zu ihm, "bei deinem Tablettenkonsum nach dem Unfall ist so etwas schon möglich. Die Herz- und Kreislauftabletten, das Metformin gegen Diabetes, die Blutverdünner und die Betablocker können sich sicher auf deine Manneskraft auswirken. Und da hilft auch Viagra nicht. Wir müssen deinen körperlichen Zustand wieder auf einen einigermaßen normalen Level bringen, damit wir deine Medikamente reduzieren können. Aber ich sage dir, das wird nicht leicht und geht auch nicht so schnell."

"Wie lange wird denn so etwas dauern?", wollte Theo wissen.

"Nun, wenn du dich in deiner Ernährung umstellst, deinen Zuckerwert und die Nierenwerte in den Griff bekommst, dann schätze ich so drei bis vier Jahre. Und so lange wird sich deine hübsche Freundin schon gedulden müssen."

"Ach du lieber Himmel, Sylvia will doch Kinder und von einer künstlichen Befruchtung hält sie überhaupt nichts. Was sollen wir denn da machen?", fragte Theo mit einem leichten Anflug von Verzweiflung. Der Sex mit ihr machte ihm sehr viel Spaß, aber wenn er seinen Schlaffi mangels Standfestigkeit nicht mehr einfädeln konnte, dann war bald Schluss mit Lustig. Und durch Schluckimpfung konnte keine Frau ein Kind bekommen.

"Also, du musst sowieso bald wieder auf Reha wegen deiner Hüfte und der Wirbelsäule und ich rede mit der Klinik, dass sie entsprechende Behandlungen in die Wege leitet. Aber das dauert trotz allem ziemlich lange und du musst deinen Teil dazu beitragen. Und glaube mir, das wird bestimmt nicht leicht."

* * *

Deprimiert machte sich Theo auf den Heimweg. Er nahm sich die Zeit, mit Sylvia ausführlich zu reden, ihr seine Probleme und deren Behandlung darzulegen und sagte ihr dass er sie wirklich liebte und sie glücklich machen wollte.

"Aber Theo, ich will doch wirklich Kinder und ich will nicht ewig warten", jammerte Sylvia. "Ich werde doch auch nicht jünger."

Sie war jetzt sechsundzwanzig und Theo meinte, dass sie sich noch ein wenig gedulden müsse. Er musste seinen Gesundheitszustand auf Vordermann bringen und das ginge halt nicht von einem Tag auf den anderen.

Mit der Zeit merkte er, dass sie sich immer mehr auseinander lebten; sie stritten häufiger und Sylvia kam immer seltener zu ihm.

Die erste Reha brachte keine sichtbaren Fortschritte, aber die Ärzte hätten ihn auch vor allzu großem Optimismus gewarnt.

Und dann machte Sylvia mit ihm Schluss. Sie war zu der Einsicht gekommen, dass sie sich ihre Zukunft anders vorgestellt hatte und es besser wäre, wenn sie sich trennten.

Für Theo brach eine Welt zusammen, als er von Sylvias Mutter erfuhr, dass sie einen betuchten Bauern kennengelernt hatte, der ihr vehement den Hof machte und dem sie schließlich das Jawort gab.

Am Tag der Hochzeit von Michael und Sylvia besoff sich Theo zu ersten Mal in seinem Leben bis zur Besinnungslosigkeit. Als er am übernächsten Tag wieder bei klarem Verstand war, nahm er sich vor, sein Leben von Grund auf zu ändern.

* * *

Er stürzte sich auf seine Arbeit. Seine ehemaliger Arbeitgeber hatte ihn händeringend um einige Entwürfe von Eishockeytrikots gebeten, da sein Nachfolger in der Firma als Graphiker scheinbar über wenig Fantasie und Kreativität zu verfügen schien. Als Theo dessen Trikots sah, da wunderte er sich nicht, dass der Absatz mehr als schleppend lief.

Aber als Drucker war an ihm nichts zu meckern. Die Papiere warten perfekt bedruckt, es gab keine Farbverläufe, die Farben waren genau so, wie sie der Auftraggeber wollte und alles war extrem passgenau gefertigt.

Also besorgte er sich einige Rollen Amberlith-Folie, spitzte seine Bleistifte und schärfte sein Skalpell. Aus PVC hatte er sich in den passenden Größen entsprechende Schablonen geschnitten, übertrug die verschiedenen Folien auf seinem Lichttisch auf Papier und begann zu zeichnen und zu entwerfen. Nach zwei Wochen hatte er 8 neue Designs für die Trikots entworfen, fuhr in die Schweiz und legte sie seiner ehemaligen Firma vor. Zu seinem Erstaunen wurden alle Entwürfe akzeptiert und angenommen und er erhielt eine stattliche Summe in Fränkli bar auf die Hand.

Von den Trikots wurden einige Probeexemplare gedruckt, die bei der ISPO in München den Vereinen zur Ansicht vorgelegt wurden. Theo war sehr gespannt, wie viele Exemplare davon in der nächsten Saison gefertigt werden würden.

In der ganzen Zeit hatte er alles daran gesetzt, Sylvia nicht über den Weg zu laufen, denn er war sich nicht im Klaren darüber, wie er das verkraften würde. Also ging er auch nicht mehr im Dorf einkaufen, sondern fuhr immer ins Rheintal nach Laufenburg hinunter, um sich mit allem Lebensnotwendigen zu versorgen.

* * *

So gingen etliche Jahre ins Land.

Theo war noch zweimal auf Reha gewesen und sein Gesundheitszustand hatte sich wesentlich verbessert. Er hatte sine Diabetes im Griff, seine Nierenwerte hatten sich stabilisiert und durch den Sport, den er mit Ergometer und Rudermaschine betrieb, hatte er sich nicht nur körperlich zum Besseren verändert. Nebenbei ging er viel zum Schwimmen und sogar das Mountainbike fahren hatte er begonnen. Und mit der Verbesserung seines Gesundheitszustandes ging auch eine Steigerung seines Selbstbewusstseins einher.

Einige seiner Trikots wurden weltweit ein großer Erfolg, er versorgte fast die gesamte DEL, 1. und 2. Liga, die Schweizer Nationalmannschaft und die österreichische Eishockeyliga; sogar zwei NHL-Clubs hatten sich damit eingedeckt. Damit war er in einen Markt eingebrochen, der sonst nur von nordamerikanischen und kanadischen Firmen beherrscht wurde.

Von seiner Rente aus der Schweiz und Deutschland konnte er einigermaßen gut leben, ohne sich einschränken zu müssen, seine Rechte und Beteiligungen am Verkauf der Trikots sorgten für eine finanzielle Grundlage und von der Versicherung des Unfallverursachers hatte er eine ordentliche Summe an Schmerzensgeld erhalten.