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Schicksalsschläge

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Plötzlich läutete das Telefon und Walter, Sylvias Schwiegervater beeilte sich, den Anruf entgegen zu nehmen. Er hörte dem Anrufer zu, nickte und gab seine Zustimmung, verabschiedete sich und kam zufrieden brummend zum Tisch zurück, wo er von allen mit fragender Miene erwartet wurde.

"Das war das Krankenhaus", sagte er zu den Kindern, "Mama geht es soweit gut. Sie hat sich den Arm gebrochen, eine leichte Gehirnerschütterung und ein paar Prellungen. Sie muss noch eine gute Woche in der Klinik bleiben, dann darf sie wieder nach Hause."

Die Kinder jubelten kurz auf und Walter wandte sich an Theo.

"Wärst du so lieb und würdest sie dann abholen? Wie du weißt, fahre ich kein Auto mehr und das von Sylva ist scheinbar hinüber."

"Natürlich und morgen Nachmittag fahren wir sie besuchen und bringen ihr frische Wäsche und ein paar Kleinigkeiten zum Naschen mit. Sie braucht wieder Kräfte, die ihr auf die Beine helfen. Und wegen ihres Autos rufst du morgen beim Wagner an , damit er es abschleppt. Ob er noch etwas richten kann, wage ich zu bezweifeln, aber er gute und preisgünstige Gebrauchtwagen bei sich auf dem Hof stehen und da wird sich bestimmt etwas finden."

Theo überlegte noch kurz.

"Braucht ihr etwas vom Supermarkt. Bevor ich euch morgen hole kann ich es noch kurz einkaufen und euch vorbeibringen. Am besten machst du mir einen Einkaufszettel, damit ich das Richtige hole und keine unnützen Dinge mitbringe."

Renate nickte.

"Komm mit in die Küche, da schreibe ich dir die Liste."

Theo verabschiedete sich von Walter, knuddelte die Kinder und hatte erhebliche Mühe, sich von Fabienne zu lösen, die ihn offensichtlich ins Herz geschlossen hatte und gar nicht mehr loslassen wollte.

Er ging zu Sylvias Mutter, die am Küchentisch saß und konzentriert den Einkaufszettel ausfüllte. Er setzte sich ihr gegenüber und blickte sie an. Diese Frau wäre beinahe einmal seine Schwiegermutter geworden und jetzt machte sie sich große Sorgen um ihre Tochter.

Renate legte den Bleistift neben das Blatt Papier, lehnte sich im Küchenstuhl zurück und blickte Theo offen an.

"Warum Theo, warum machst du das alles?"

Urplötzlich liefen Theo die Tränen über die Wange und er schluchzte leise.

"Weil ich deine Tochter immer noch liebe, weil ich unsere gemeinsame Zeit nicht vergessen habe und weil ich gemerkt habe, das sie mir jeden Tag gefehlt hat."

"Aber sie hat dich doch im Stich gelassen und Michael geheiratet."

"Das mag schon sein, Renate. Aber heute verstehe ich, in was für einer Situation sie damals war und dass sie einfach für uns beide keine gemeinsame Zukunft gesehen hat. Ich habe ja damals selbst nicht gewusst, ob ich jemals wieder ganz gesund werde und meine Zeugungsfähigkeit wieder erlangen würde. Und Sylvia wollte doch unbedingt Kinder und auf ihre Kinder kann sie wirklich stolz sein. Mit mir wäre das damals nicht möglich gewesen. Und ich habe dann Monika kennen und lieben gelernt. Wir hatten zwar nicht viel Zeit miteinander, aber sie hat mir wieder Halt im Leben gegeben."

"Wie du sagst, Theo, ihr hattet nicht viel gemeinsame Zeit und dann bist du wieder alleine dagestanden."

"Ach Renate, mich hat damals meine Arbeit ausgefüllt und ja, ich gebe es zu, sie hat mich auch am Leben gehalten. Hätte ich damals resigniert, dann weiß ich nicht, ob ich vielleicht keine Dummheiten gemacht und meinem Leben vielleicht ein Ende gesetzt hätte. Aber heute ist heute und es bringt nichts, verpassten Gelegenheit hinterher zu weinen. Was jetzt zählt ist, dass Sylvia schnell in den Kreis ihrer Familie zurückkehrt, dass sie wieder gesund wird und sich um ihre Kinder und den Hof kümmern kann. Vor allem die Kinder brauchen ihre Mutter dringend, wenn sie schon ihren Vater verloren haben. Und wenn ihr Hilfe braucht und ich dazu in der Lage bin, dann werde ich euch jederzeit helfen. Egal, worum es dabei geht."

"Aber warum Theo, nach all dem, was passiert ist?"

"Wie gesagt Renate, ich mag deine Tochter immer noch, um es vorsichtig auszudrücken und nachdem ich jetzt ihre Kinder kennenlernen durfte, dann erst recht."

"Nun gut. Wenn dem so ist, dann soll es so sein. Hier ist der Einkaufszettel und wenn es dir recht ist, rechnen wir danach ab. Und du willst uns wirklich morgen zu Sylvia ins Krankenhaus bringen?"

"Ich habe es euch versprochen, also mache ich es auch. Packe bitte eine Tasche für sie zusammen, mit allem was sie braucht. Ich rufe morgen früh noch einmal in der Klinik an und frage nach, ob unser Besuch nicht zu früh kommt. Sonst müssten wir halt noch einen Tag warten. Aber es wird schon werden. So und jetzt mache ich, dass ich mit meinem einäugigen Panzer nach Hause komme, bevor die Polizei auf die Idee kommt, mir noch einen Strafzettel zu verpassen. Ich muss morgen früh mir beim Wagner die Birne und das Glas ersetzen lassen und zum Doc, um mir meine Hände verpflastern zu lassen."

Theo umarmte Renate kurz, steig in sein Auto und fuhr vorsichtig vom Hof, weil schon wieder leichter Schneefall eingesetzt hatte.

* * *

Nach einer viel zu kurzen und unruhigen Nacht, ließ sich Theo beim Wagner eine neue Birne einbauen; das Lampenglas musste bestellt werden, weil es nicht vorrätig war. Hauptsache er hatte wieder Licht.

Danach fuhr er ins Dorf und kaufte den Supermarkt leer, denn Renate hatte ihm einen umfangreichen Einkaufszettel geschrieben und da sie jetzt kein Auto hatten, durfte Theo all das einkaufen, was dringend gebraucht wurde. Als er auf den Hof kam, sah er dass Walter schon mit dem Traktor den Schnee aus der Einfahrt geräumt hatte. Er rangierte rückwärts bis vor die Haustür und Leonidas half ihm beim Ausladen, während Renate und die Mädchen die Sachen aufräumten. Fabienne konnte nur ein wenig helfen, aber sie wusste schon, wo alles hinmusste. Weil sie noch so klein war, ließ Theo sie nur das Toilettenpapier und das Zewa tragen, aber das tat sie voller Enthusiasmus und war anschließend stolz wie Bolle.

Nach einem Anruf bekam er vom Krankenhaus mitgeteilt, dass sie ihren Besuch um einen Tag verschieben sollten, da sich Sylvia erst von ihrer Gehirnerschütterung erholen sollte. Gerade den Kindern war die Enttäuschung anzumerken, aber Theo und die beiden Alten konnten sie ablenken, indem sie mit ihnen am Nachmittag Brettspiele machten.

Dann zeigte Leonidas Theo den Hof, dass er schon mit dem Trecker fahren und Schneeräumen konnte. Er war ganz stolz, dass Theo ihn lobte und Anerkennung zeigte und auch die Mädchen, die Renate im Haushalt geholfen hatten, freuten sich über seine lobenden Worte.

* * *

Am nächsten Vormittag war Theo wieder um 11 Uhr auf dem Bernauerhof.

Nach einem kurzen Mittagessen, bei dem die Kinder voller Vorfreude schon ganz zappelig waren, wurden sie von Renate ordentlich herausgeputzt, was bei Walter ein leichtes Kopfschütteln hervorrief.

"Die gehen doch nicht zur Kommunion, sondern nur Mama im Krankenhaus besuchen", meinte er brummig, aber Renate sagte ihm, dass die Kinder schon ordentlich ausschauen sollten. "Typisch meine Frau, immer viel Geschiss um alles", maulte er leise, aber Renate ließ sich davon nicht beeindrucken und setzte ihren Kopf durch.

ˋHoppalaˋ, dachte sich Theo verdutzt, Walter redete von Renate als "seine Frau"? War da zwischen den beiden vielleicht etwas im Busch? Er würde es ihnen gönnen, denn er wusste ja aus eigener Erfahrung, dass alleine zu leben nicht so richtig Spaß machte. Mal abwarten, ob und was sich zwischen den beiden entwickeln würde, oder vielleicht bereits hatte.

Theo hatte Sylvias Kindersitze in seinem Forrester eingebaut und die Kleinen festgeschnallt. Renate nahm auf dem Beifahrersitz Platz, Leo und Sophie teilten sich die dritte aufklappbare Sitzreihe, den sogenannten Schwiegermuttersitz und behielten ihre jüngeren Geschwister im Auge. Walter würde auf dem Hof bleiben, da kein Sitz mehr frei war und er den Hof nicht alleine lassen wollte. Es waren noch zwei Ehepaare als Feriengäste zum Langlaufen da und um die würde er sich kümmern.

Theo fuhr los und wieder einmal war er dankbar für den Allradantrieb. Die Nebenstraßen waren verschneit und nur teilweise geräumt, erst ab der Hauptstraße konnte er das Tempo etwas forcieren, da dort geräumt und gestreut war.

* * *

Als sie das Krankenhaus erreichten, waren die Kinder fast nicht mehr zu bremsen. Sie konnten es kaum noch erwarten, endlich ihre Mutter wieder zu sehen. Theo nahm Cleo und Fabi bei den Händen, während Renate die beiden Großen einbremste. Er fragte an der Rezeption nach und bekam Sylvias Zimmernummer mitgeteilt.

Dann redete er noch kurz mit den Kindern, um ihnen zu sagen, dass sie bei aller Wiedersehensfreude etwas leise sein sollten, da er nicht wusste, wie es mit der Gehirnerschütterung von Sylvia stand.

Renate eilte etwas voraus, denn auch sie wollte ihre Tochter so schnell wie möglich in ihre Arme schließen. Einmal kurz an die Tür geklopft und schon stürmte sie auf Sylvias Bett zu.

"Hallo, mein Schatz, schön dich zu sehen. Wie geht es dir?"

Obwohl Sylvia noch ziemlich blass war, strahlte sie, als sie ihre Mutter und die Kinder sah. Das hatte sie wohl nicht so schnell erwartet. Sie wollte gerade etwas sagen, da sah sie Theo mit ihrer Tasche im Hintergrund stehen. Sie hielt sich mit ihrer Rechten den Mund zu und hatte die Augen voller Erstaunen aufgerissen, als sie ihren Besuch erkannte. Jeden anderen hätte sie wohl erwartet, aber nicht Theo. Sie wusste nicht was sie sagen sollte. Und was sie auch noch irritierte war, dass sich Fabienne an Theo klammerte und seine Hand gar nicht mehr loslassen wollte.

Renate bereinigte die Situation, indem sie Sylvia einen groben Überblick gab, was Theo mit der ganzen Angelegenheit zu tun hatte und wie ihr Unfall abgelaufen war.

Sylvia lag eine ganze Zeitlang reglos da, als müsste sie das Gehörte erst einmal verdauen.

Dann streckte sie ihre Hand zu Theo hin.

"Komm her zu mir, Theo. Ich danke dir von ganzem Herzen für das, was du für meine Familie und für meine Kinder getan hast. Ich weiß gar nicht, wie ich das wieder gutmachen kann."

"Oooch, das ist doch gar nicht der Rede wert, Sylvia. Ich war halt da und konnte helfen," erwiderte Theo verlegen. Er ergriff ihre Hand und erwiderte ihren sanften Händedruck.

Fabienne erzählte ihrer Mutter auf ihre eigene Art und Weise, was gestern und an diesem Tag alles passiert war, sie wurde fast atemlos, als sie alles durcheinander brachte, bis Sylvia sie an sich drückte und sie so zur Ruhe brachte.

Renate schob einen Stuhl zu Theo hin, weil sie wusste, dass er immer noch ein paar Probleme mit seinen Hüften und Beinen hatte, wenn er länger stehen musste. Er nickte ihr dankbar zu und wie aus Versehen rutschte er ziemlich nahe an Sylvia heran. Die ganze Zeit hatte er ihre Hand nicht losgelassen und auch sie hatte keinen Versuch unternommen, sie ihm zu entziehen. Fabienne und Cleo richteten sich auf seinen Knien häuslich ein, Leonidas und Sophie hatten es sich auf der Bettkante bequem gemacht. Renate hatte sich vom Flur einen weiteren Stuhl organisiert und saß nun auf der anderen Seite des Bettes. Sie betrachtete sich Theo und ihre Enkel und machte sich so ihre Gedanken. Was wäre wenn . .?

Theo gingen ähnliche Gedanken durch den Kopf und sie wären wohl erstaunt gewesen, wenn sie gewusst hätten, was der Gegenüber so überlegte.

Theo wurde sentimental, als er sich überlegte, was gewesen wäre, hätten Sylvia und er sich damals nicht getrennt und geheiratet. Dann wären die Vier seine Kinder, Sylvia wäre seine Frau und . . . und . . .und. . .und. Wäre und hätte, aber es war ganz anders gekommen. Aber jetzt saß er da, hielt ihre Hand und hatte zwei ihrer Kleinen auf dem Schoß. Insgeheim fühlte er sich doch wie ein Vater.

Sylvia lag ruhig in ihrem Bett und fühlte Theos warme Hand, die ihre sanft umfasst hatte und ihr ein Gefühl der Vertrautheit und Zufriedenheit gab. Er hatte sich in seinem Stuhl zurückgelehnt, die Augen geschlossen und ihre Kleinen sicher auf seinem Schoß. Was ihm durch den Kopf ging, das wusste sie nicht, aber er machte einen zufriedenen und ausgeglichenen Eindruck. Sie überdachte ihr bisheriges Leben und fragte sich, ob sie vielleicht etwas falsch gemacht hatte. Sie hatte Theo damals sehr gekränkt, als sie ihn wegen Michael verließ, aber sie wollte doch unbedingt Kinder und die konnte ihr Theo auf Grund seiner Verletzungen und gesundheitlichen Einschränkungen nicht geben. Ja, heute wäre das vielleicht möglich, aber würde er sie überhaupt noch mögen? Da war sie sich ganz und gar nicht sicher. Sie hatte damals hauptsächlich an sich gedacht und durch ihren Egoismus hatte sie ihn sehr gekränkt.

Und als er vor einiger Zeit die Verbindung mit Monika eingegangen war, da war sie ordentlich eifersüchtig gewesen, denn Monika war als Leiterin der Verwaltung der Supermärkte quasi ihre Vorgesetzte gewesen und deshalb auch weisungsbefugt. Sie waren öfter verschiedener Meinung gewesen und auch mehr als einmal zusammen gerumpelt, also konnte man mit Fug und Recht behaupten, dass sie nicht gerade die besten Freundinnen gewesen waren. Aber wo sie Monika Malters als Rivalin und kaltes, unpersönliches Wesen wahrgenommen hatte, da musste Theo andere Seiten bei ihr entdeckt haben.

Als sie ihn sich etwas genauer anblickte, erkannte sie, dass er sich im Laufe der Jahre zumindest äußerlich erheblich verändert hatte. War er früher eher feingliedrig und etwas weich gewesen, so hatte sein Gesicht jetzt kantigere Züge, an seinen Schläfen sah sie die ersten grauen Haare, denn die vergangenen Jahre und Schicksalsschläge hatten ihre Spuren hinterlassen. Tiefe Falten hatten sich aufgrund der Erlebnisse in seiner Vergangenheit in seinem Gesicht eingegraben und ließen ihn ernster, aber auch männlicher erscheinen.

Sylvia verlor sich so allmählich in ihren Gedanken und auch Theo nahm nicht so wirklich an der Unterhaltung teil. Die Kinder wurden allmählich unruhig und zappelig.

Renate pflückte sich die beiden kleinen Mädchen von Theos Schoß und sagte beiläufg: "Ich glaube, ich gehe mal mit den Kindern in der Caféteria ein Eis essen. In der Zeit könnt ihr euch in aller Ruhe unterhalten. Nach all den Jahren habt ihr euch sicher einiges zu sagen."

So schnell konnte sie gar nicht schauen, wie die Kinder aus dem Zimmer gesaust waren und voller Ungeduld am Lift auf ihre Oma warteten.

* * *

Plötzlich war es ganz still im Zimmer und Sylvia wurde es etwas mulmig zumute. Was würde nun geschehen. Würde Theo sich von ihr abwenden, sie vielleicht mit Vorwürfen überhäufen, oder würde er sie einfach ignorieren. Sie spürte, wie sich ihre Augen mit Tränen füllten und dann rannen die ersten feuchten Bächlein ihre Wangen herunter.

Als Theo sah, dass Sylvia weinte, glaubte er, sein Herz würde zerbrechen. Er wollte die Frau, die er geliebt hatte und die er immer noch liebte, nicht weinen sehen. Er beugte sich zu ihr herunter und küsste ihr zärtlich die Tränen von ihren Wangen.

Sylvia umklammerte ihn mit ihrem gesunden Arm und dann brachen alle Dämme bei ihr. Sie ließ ihren Tränen freien Lauf und durchnässte Theos Hemd. All ihre Erinnerungen an ihr Leben kamen an die Oberfläche, all das was sie erfolgreich die letzten Jahre beiseite geschoben und verdrängt hatte. All das brach sich jetzt Bahn und die Gefühle, die hervorbrachen, ließen sie erbarmungswürdig aufschluchzen. Und dass Theo sie nicht von sich schob, sondern sie in seinen Armen hielt und ihr besänftigend zuredete, ließ sie die Hoffnung schöpfen, dass sich doch alles zum Besseren wenden würde.

"Nicht weinen, mein Engel, bitte nicht. Das ist gar nicht gut für mich."

"Wieso für dich?", fragte Sylvia etwas verwundert.

"Weil ich dann gleich aus Sympathie mitheulen muss."

"Ach Theo, mein Theo", meinte sie mit einer Mischung aus Schluchzen und Lachen, "du bist immer noch derselbe liebe, verrückte Kerl wie damals. Trotz aller Geschehnisse bist du immer noch der mitfühlende Typ wie früher. Wie bist du nur auf die Idee gekommen, zu uns auf den Hof zu fahren und woher wusstest du dass ich im Krankenhaus liege?"

"Nun, nachdem ich dich aus dem Auto gezo . . ."

"Waaaas? Was hast du gemacht? Das will ich jetzt wissen! Mama hat ja doch nur vage Andeutungen gemacht, aus denen ich nicht so richtig schlau geworden bin."

Sylvia hatte sich auf ihrem gesunden Arm aufgestützt und schaute Theo durchdringend an.

"Na du bist bei Hänner mir in mein Auto gerutscht, nachdem du durch die Leitplanke gebrochen bist. Und da hab ich dich halt rausgezogen. Ich konnte dich doch nicht so in den Gurten hängen lassen und habe mir große Sorgen gemacht dass du schwer verletzt sein könntest. Ich konnte dich doch nicht im Stich lassen."

Theo und Sylvia hatten sich mit den rechten Händen festgehalten. Jetzt griff sie nach seiner Linken, die noch mit mit einem weißen Verband umwickelt war, während an seiner Rechten nur noch 2 Pflaster den Handrücken verzierten.

"Theo, was ist das? Hast du dich vielleicht verletzt, als du mich aus dem Auto gezogen hast?"

"Ach Sylvie, die paar kleinen Schnitte sind doch nicht der Rede wert", sagte er, sog aber schmerzhaft die Luft ein als Sylvia etwas fester zudrückte. Die Arbeit als Bäuerin hatte sie kräftiger werden lassen, als zu der Zeit, als sie im Supermarkt noch an der Kasse saß.

"Theo, Theo, mach so was nie wieder. Du darfst dich doch wegen mir nicht in Lebensgefahr bringen, das bin ich doch nicht w . . . "

"Stopp, Sylvie, sag es nicht, sag es bloß nicht. Wer soll es denn sonst für mich wert sein, wenn nicht du?" Theo liefen die Tränen über die Wangen und er schämte sich nicht deswegen. "Du warst mein Leben, Sylvia, mein ein und alles. Dass du dich damals für Michael entschieden hast, kann ich dir heute nicht mehr übel nehmen. Ein wenig verstehe ich dich. Als du so in deinem Auto lagst, da konnte ich einfach nicht anders. Ich mag dich noch immer, nein, eigentlich ist es mehr, aber ich möchte nicht mehr sagen. Ich habe an deine Kinder gedacht und da war mir klar, dass ich es einfach tun musste. Ich konnte es nicht zulassen, dass deine Kinder nach dem Vater auch noch die Mutter verlieren. An mich habe dabei nicht gedacht. Und nachdem du auf dem Weg ins Krankenhaus warst, hatte ich nichts anderes im Sinn, als deine Mama und Walter zu benachrichtigen und ein wenig zu beruhigen. Das war alles was mir den Sinn kam. "

"Theo?", fragte sie ungläubig," ist es das was ich da höre? Habe ich das richtig verstanden? Du magst mich immer noch nach all dem, was ich dir angetan habe?"

" Natürlich bin ich immer noch in dich verliebt, ich habe nie damit aufgehört. Ich hatte zwar die Hoffnung schon fast aufgegeben, aber an das letzte Fünkchen habe ich mich geklammert. Und jetzt nach deinem Unfall hatte ich die Möglichkeit dir vielleicht zu helfen und dich wiederzusehen. Mehr wollte ich eigentlich erst gar nicht, aber nachdem ich deine Kinder kennengelernt habe, gibt es auf einmal andere Prioritäten für mich. Ich möchte für dich und deine Kinder da sein und helfen, so gut ich kann. Und wenn es nur als Freund der Familie ist."

"Als Freund der Familie? Theo, im Leben nicht. Obwohl ich mit Michael ein gutes Leben hatte, habe ich doch sehr oft an dich gedacht. An unsere gemeinsame Zeit und die Dinge die wir miteinander geteilt hatten. Ich habe mitbekommen, was dir alles widerfahren ist, aber ich hatte niemals den Mut auf dich zuzugehen und mit dir zu reden. Nein, das habe ich mich nicht getraut. Aber ich bin oft in meinem Bett gelegen, habe an dich gedacht und mich in den Schlaf geweint, weil ich manchmal richtig verzweifelt war, wenn ich an deine Situation gedacht habe."

"Sylvia, ich bitte dich, mach dir keine Gedanken mehr über das, was jetzt schon Vergangenheit ist. Vorbei ist vorbei, nicht vergessen, aber in den Hintergrund gedrängt. Du hast deine Zukunft und die deiner Kinder vor dir, darum schaue optimistisch nach vorne."

Sylvia überlegte länger und sagte erst nichts. Dann sah sie Theo offen ins Gesicht, schluckte einmal, als wenn sie sich nicht sicher war, dass sie das, was ihr im Herzen brannte und auf der Zunge lag, auch aussprechen sollte.