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Der Fetisch-Bauernhof 01

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Sie hatte auch verstanden, dass jeder, der wollte, einen Artikel schreiben konnte. Sie hatte Johanna gefragt, ob sie einen Artikel über den Huberhof schreiben sollte, und wer seine Bewohner waren und was sie taten, doch die hatte gelacht und "Bitte nicht!" gesagt, und "Lies mal 'Privatsphäre'."

Die Hure

Mein Leben änderte sich zweimal grundlegend. Viele Menschen können wohl erst rückblickend solche Momente finden, doch in meinem Fall hatte ich den ersten Umbruch sorgfältig geplant ... Naja, und dann kam es doch anders.

Mein Name ist Joy. Doch, wirklich. Joy Danner. Mein Vater ist ein amerikanischer G.I., der meine Mutter schwängerte und dann nach Hause zu seiner Frau zurückkehrte. Mutter tat das einzig Richtige, meldete sich bei der Truppenverwaltung und gab ihn als Vater an.

Seitdem kriegt sie monatliche Alimente und ich einmal im Jahr eine Karte zum Geburtstag. Jede in einem Umschlag mit einem Tausend-Dollar-Barscheck darin. Sechzehntausend Dollar bisher. Nur hatte es bis zu meinem zwölften Geburtstag gedauert, dass ich zum ersten Mal einen ungeöffneten Umschlag in die Finger bekam. Die Schecks davor waren in den tiefen Taschen meiner Mutter verschwunden. Aber danach schaffte ich es jedes Mal, den Postboten abzufangen, bevor meine Mutter mein Geld abgreifen konnte. Gestern kam die neueste Karte. Ja, heute war mein sechzehnter Geburtstag, der Tag, auf den ich hingearbeitet hatte, um mein Leben selbst in die Hand zu nehmen.

Während aus meinem Handy "Happy Birthday To You" in Dauerschleife dudelte und ich "Happy Birthday To MEEE!" dazu grölte, packte ich alle Dinge, die ich behalten wollte, in den großen Rucksack, den ich von einem kleinen Teil meiner vorgestern noch viertausend Dollar bezahlt hatte.

Wenn das so aussieht, als ob ich gerade dabei war, von zu Hause abzuhauen, dann entspricht das verdammt nochmal der Wahrheit. Warum? Warum war ich wohl an meinem sechzehnten Geburtstag allein zu Hause? Weil meine Mutter sich wieder einmal irgendwo volllaufen ließ oder einen zahlenden Kunden vögelte. Das war ihr Leben und ich wollte nicht so enden wie sie.

Und warum waren keine meiner Freundinnen da? Weil ich auch an der Front mein ganzes Leben lang wenig Glück hatte. Warum? Dämliche Frage. Schaut mich doch an. Und? Ach, ihr könnt nix sehen? Ich bin schwarz. Nicht wie der Sarotti-Neger, der ist im Vergleich zu mir ein Albino. Die Familie meines "Daddys" stammt aus Ghana, und meine Mutter hat auch afrikanisches Blut. Wenn ich in einen Raum kam, schalteten meine "Freundinnen" demonstrativ das Licht ein. Mobbing war mein Leben, als ich das Wort noch gar nicht kannte.

Rückblickend war es wohl nicht immer böse gemeint, aber wenn mich jemand zum ersten Mal sah, kam immer dieses Starren, das mich zur Weißglut brachte. Eh ich mich versah, hatte ich es mir schon mit einer weiteren potentiellen Freundin verscherzt.

In den letzten Jahren hatte ich gar nicht erst versucht, mit jemand eine engere Beziehung einzugehen. Stattdessen hatte ich mich zurückgezogen und Bücher über Amerika und Ghana gelesen. Übers Motorradfahren und Fliegen und alles andere, worin Motoren steckten. Ich träumte davon, eines Tages mit dem Motorrad in Joyville, Texas aufzuschlagen. 5,9 Quadratmeilen, 17.000 Einwohner, einer davon mein Dad. Ich wollte ihn kennenlernen und ihn beeindrucken.

Meine Mutter hätte das nie zugelassen, also musste ich es auf eigene Faust tun. Mein Einreisevisum hatte ich schon. Mutter hatte den Antrag im Vollsuff unterschrieben, zusammen mit der Erlaubnis, mit der Schule auf einen Tagesausflug zu gehen.

Und so lautete mein Plan: Ich wollte zum Autohof an der Autobahn laufen, von dort mit einem LKW per Anhalter nach Hamburg, zum Flughafen und mit der Lufthansa um sechs Uhr dreizehn nach Houston, Texas. Auch das Ticket hatte ich schon. War doch vernünftig, oder?

Es war Sonntagabend, halb zehn, als ich auf dem Autohof ankam. Alles voller Fernlaster, aber niemand, der nach Fahrer aussah. Aber etwas anderes sah ich: Eine Gruppe von Mädchen und jungen Frauen, die ganz ähnlich wie ich Rucksäcke oder Reisetaschen bei sich trugen, und im Licht einer der riesigen Straßenlampen auf etwas zu warten schienen.

Okay, das sah vielversprechend aus. Die Blicke, mit denen sie mich empfingen, waren wie immer. Starren, Ablehnung, Ärger. Ich stellte mich weit genug weg, um nicht angesprochen zu werden und wartete auf ... Ja, worauf eigentlich, aber die anderen schienen es zu wissen.

Die Tür zur Raststätte ging auf und zu, und ein einzelner Mann kam näher. Bevor er die Gruppe erreichte, riefen ein paar der Frauen schon "Petar, hier bin ich" oder ähnliches. Petar grinste breit. "Hallo, Holtschitschky!" Dann ließ er seine Blicke über die Gruppe schweifen. "Dana", sagte er nur, und eines der Mädchen stieß einen leisen Begeisterungsschrei aus, während die anderen traurige Gesichter machten. "Ihr kommt auch wieder dran", sagte er mit einem schweren slawischen Akzent, und trollte sich mit der Glücklichen.

Dann kam schon der nächste. Ich versuchte, mich in der Gruppe nach vorne zu drängen, damit die Fahrer mich sehen würden. Doch ich bin nun einmal nicht die Größte, und die anderen schubsten mich immer wieder nach hinten. Außerdem schien eh jeder der Männer seine Favoritinnen zu haben. Irgendwann nagte der Gedanke an mir, dass es wohl seltsam war, dass so viele Mädchen regelmäßig trampten. Und dass sie überhaupt nicht fragten, wohin die Reise ging.

"He, du da, Nigger!", hörte ich plötzlich eine Stimme. Wenn ich eines hasste, dann dieses Wort. Trotzdem ... "Ich?"

"Wer sonst?", sagte er abschätzig. "Du bist die Neue! Wie alt?"

"Sech— äh Achtzehn."

"Lizenz?"

Ich runzelte die Stirn. "Was für eine Lizenz?"

Die Mädchen um mich herum lachten höhnisch. Brauchte man neuerdings eine Lizenz, um als Anhalter zu fahren?

Er schüttelte nur den Kopf, sagte "Erika" und lief in Richtung Parkplatz. Eine der Frauen riss ihre Tasche vom Boden und rannte ihm fast panisch hinterher.

Ehe ich mich wieder gefangen hatte, war ich allein. Alle anderen waren weg. Ein weiterer Mann kam heraus, musterte mich, schüttelte irgendwie bedauernd den Kopf, als ich ihn gerade ansprechen wollte, und verschwand.

Ich hörte das Anspringen schwerer Motoren und das Sirren von Elektromotoren. Auf dem ganzen Parkplatz gingen die Lichter der Laster an, doch noch nichts bewegte sich. Ich blickte auf die Uhr an der Raststätte. 21:59 wurde zu 22:00 und im selben Moment war die Hölle los. Es müssen hunderte von LKWs gewesen sein, die sich im selben Moment in Bewegung setzten und zwei Sekunden später anfingen zu hupen, als hinge ihre Existenz davon ab.

Ich wusste, dass sonntags vor zehn Uhr abends keine Laster fahren durften, ich hätte jedoch nie gedacht, dass so ein Chaos, wie das, was sich vor mir ausbreitete, die Folge war. Es dauerte eigentlich gar nicht lange, doch es schien, als ob jeder von den Fahrern versuchte, die anderen noch auf dem Weg zur Autobahn zu überholen.

"Na, Kleine", hörte ich eine Männerstimme hinter mir. "Keinen abgekriegt?" Die Stimme klang weniger schroff als die der meisten anderen Männer, und irgendwie alt.

Ich drehte mich um. Ein Mann stand vor mir, der wie ein Cowboy gekleidet war, vom breitrandigen Hut über die Wildlederweste bis zu den Cowboystiefeln mit hohen Absätzen. Und er war tatsächlich alt. Glattrasiert, tiefe Furchen im Gesicht, lachende Augen, nasse, graue Haare. Er trug ein Handtuch über der Schulter und einen Waschbeutel in der Hand. Offensichtlich kam er gerade vom Duschen.

"Nein", sagte ich. "Fahren Sie nach Hamburg?"

Er runzelte die Stirn. "Wieso willst du das wissen?"

"Weil ich dahin will. Zum Flughafen."

Er schüttelte den Kopf. "Und warum stehst du dann hier?"

Er hatte das letzte Wort betont. "Wieso?", meinte ich. "Waren das keine Anhalterinnen?"

Er lachte herzlich. "Mädchen", sagte er, und schüttelte den Kopf. "Nein, das waren keine Anhalterinnen."

Jetzt war es an mir die Stirn zu runzeln. "Sondern?"

Er lächelte. "Ich kann dich am Hamburger Hafen rauslassen. Dort gibt es einen S-Bahnhof und du kannst nach Fuhlsbüttel fahren."

"Danke ... äh ..." Ich streckte meine Hand aus. "Ich heiße Joy."

Seine Augen wurden groß. Er griff nach meiner Hand und schüttelte sie. "Echt? Und das ist kein Künstlername? Ich bin Jörg. Soll ich deinen Rucksack tragen?"

"Nicht nötig", sagte ich und aktivierte den Motor. "Das Ding läuft mir von alleine hinterher."

"Schöne neue Welt! Da will man mal Kavalier sein ...", murmelte er grinsend. "Komm. Mein Laster steht da hinten."

"Sein Laster" war so lang, dass ich das Ende nicht sehen konnte. Mindestens zwölf Gespanne, jedes bestehend aus Zugmaschine und Anhänger. "Wow!", sagte ich. "Das ist ein langer Zug."

"Kennst du dich aus?"

Ich nickte. "Ich interessiere mich für alles, was fährt oder fliegt."

"Na dann." Er drückte einen Knopf und die Kabine der vordersten Zugmaschine senkte sich zum Einsteigen.

"Volvo FH22", sagte ich bewundernd. "Achthundert kW Brennstoffzellenantrieb. Gehört der Ihnen?"

Er lachte auf. "Schön wäre es. Nein, ich bin nur der Fahrer. Ich bringe hundertfünfunddreißig funkelnagelneue Audis für China zum Hamburger Hafen."

Er öffnete die Tür. "Steigen Sie ein, meine Dame."

"Vielen Dank, mein Herr." Ich schickte zuerst meinen Rucksack hinein und kletterte dann hinterher. Die Kabine war nicht groß. Zwei bequeme Sessel, der eine hinter einem Cockpit voller Instrumente, und dahinter eine Schlafkoje. Kaffeemaschine, Fernseher, alles nur vom Feinsten.

Ich setzte mich auf den Beifahrersitz und beobachtete voller Interesse, wie er eine seiner Zugmaschinen nach der anderen von hinten nach vorne aktivierte, und sorgfältig die Anzeigen überprüfte, bevor er zuletzt den Knopf drückte, der den ganzen Zug in Fahrt brachte. Er schob den Sitz zurück, verschränkte die Arme und grinste mich an. "Nächster Halt: Hamburger Hafen. Geplante Ankunftszeit: Drei Uhr Acht. Da hast du genug Zeit, deinen Flieger zu kriegen."

"Vielen Dank, mein Herr Chauffeur."

Die anderen LKWs waren alle schon weg, doch ich konnte verstehen, warum er sich Zeit gelassen hatte. Wäre er einer der ersten gewesen, hätte er sich sicher den Zorn seiner Kollegen zugezogen. Sein Display zeigte, dass wir hier vorne schon fast zwei Kilometer weit auf der Autobahn waren, bevor die letzte seiner fahrerlosen Zugmaschinen die Auffahrt passierte.

"Also, junge Frau", sagte er lächelnd. "Walte deines Amtes als Beifahrer."

"Was?", fragte ich verwirrt. "Was soll ich tun?" Mein Blick schwenkte von seinem Gesicht hinunter zu seinen engen Jeans.

"Mich wachhalten. Erzähl mir etwas aus deinem Leben."

Ein Stein fiel mir vom Herzen. "Und wer macht das sonst?"

Er tätschelte die Kaffeemaschine. "Ich muss aber meinen Koffeinkonsum einschränken, deswegen ist mir eine junge Frau um einiges lieber."

Es war eine sehr ungewöhnliche Situation für mich, doch erst stockend, und dann immer flüssiger breitete ich mein ganzes trauriges Leben vor ihm aus. Zwei Stunden lang, dann blickte ich ihn fragend an.

"Du, junge Dame." Er piekte mit dem Zeigefinger in meine Richtung. "Du musst lernen, dass 'überrascht schauen' nicht dasselbe ist wie 'voller Hass anstarren'. Du siehst nun einmal exotisch aus. Lerne—" Ein schrilles Piepsen unterbrach ihn. "Verdammt!" Er schob den Sessel nach vorne und drückte ein paar Knöpfe. Dann nahm er das Mikrofon seines Funksystems in die Hand. "An alle! Hier ist Cowboy Fünf-Fünf. Da ist ein ungesicherter Unfall auf der A7 Richtung Norden, kurz vor Raststätte Allertal. Leute, das sieht nicht gut aus."

Im Rückspiegel sah ich gelbe Blinklichter am ganzen Zug. In seinem Display war zu sehen, dass alle Gespanne abbremsten.

Ich beugte mich zu ihm und sah auf einem anderen Display, was geschehen war. Drei Icons von Fahrzeugen vor uns blinkten rot; sie hatten ihre automatischen Notrufe abgeschickt.

Links von uns zogen Laster und PKWs vorbei, die wohl selbst noch nichts mitbekommen bekommen hatten und für die unser Abbremsen eine willkommene Gelegenheit war, einen so langen Zug hinter sich zu lassen.

Ich blickte wieder auf das Unfalldisplay. Noch drei Icons mehr blinkten rot. Und plötzlich flammte das ganze Display auf. Ich schrie vor Schreck. Noch nie war ich so nah an einem Unfall gewesen.

"Verdammte Idioten!", brüllte Jörg und griff wieder zum Funkgerät. "Cowboy Fünf-Fünf an alle. Da ist gerade ein Idiot in das Stauende gerast. Autobahn A7 Richtung Norden vor Raststätte Allertal. Kollegen, fahrt runter von der Autobahn. Hier geht gar nichts mehr. Ich wiederhole ..."

Der Zug kam zum Stehen. Vor uns erhellten rote Bremslichter den Horizont, dahinter stiegen Flammen in den Himmel. Und immer noch fuhren Autos an uns vorbei, rasten Richtung Stau und bremsten dann erst — hoffentlich noch rechtzeitig — ab.

"Können wir runter?", fragte ich, doch ich kannte die Antwort schon.

"Keine Chance, Kleines. Nicht mehr in dieser Nacht. Dein Flieger geht ohne dich. Kannst du umbuchen?"

Ich lachte humorlos. "Gespart am falschen Ende." Ich hätte keinen Schnäppchenflug buchen sollen. Ich hätte mit der Eisenbahn zum Flughafen fahren sollen. Ich hätte mir einen Tag mehr Zeit nehmen sollen. Hätte, hätte ... Ich schob die Gedanken zur Seite. Ich hätte auch genauso gut in dem Laster da vorne sitzen können, der gerade alles um sich herum in eine Flammenhölle verwandelte.

Er schob den Sessel wieder zurück. "Wo waren wir gerade?"

Mein Puls beruhigte sich langsam wieder. "Überrascht schauen", sagte ich. "Du hast noch nicht einmal das getan, als wir uns getroffen haben."

Er grinste verlegen. "Ich hab dich schon gesehen, wie ich zum Duschen gegangen bin. Ich habe einen Blick für Neulinge."

"Was waren denn das für Frauen? Doch keine normalen Anhalter!?"

Er lachte herzlich. "Autobahnhuren."

Mein Herz blieb stehen. "Was?"

"Die fahren kreuz und quer durch Europa und halten die Fahrer auf andere Weise wach. Soll recht einträglich sein, habe ich mir sagen lassen."

Huren? Prostituierte? "Ist das denn legal?"

"Klar doch. Wir Fahrer müssen nur im Notfall innerhalb von fünf Sekunden reagieren. Die Koje ist also tabu. Und es soll schon blaue Flecke gegeben haben, wenn jemand so eine vom Schoß geschubst hat."

Ich schüttelte den Kopf.

"Manche Fahrer", sagte er grinsend, "reichen die Rechnungen als Spesen ein."

"Rechnungen? Ich dachte immer ..."

"Die Frauen sind ganz normale selbstständige Unternehmerinnen. Die zahlen Steuern, Kranken- und Sozialversicherung. Bei manchen kann man sogar mit Kreditkarte bezahlen."

"Du hast auch schon welche gehabt", stellte ich fest.

"Klar doch."

"Und du hast gedacht, ich wäre auch eine?"

"Nur kurz."

"Warum nicht länger? Weil ich so jung bin?"

Er schüttelte den Kopf. "Du kannst dir ab sechzehn eine Lizenz holen. Nein, Kleines. Den anderen ist es prinzipiell egal, wohin sie fahren. Am Ziel oder an der Grenze können sie immer einen anderen Laster kriegen."

Ich war sprachlos. Ich hatte mir immer das "Rotlicht-Milieu" ganz anders vorgestellt. Verrufen, kriminell, keine "Unternehmerinnen." Doch was wusste ich schon von der realen Welt da draußen?

"Was ist das für ein Gesichtsausdruck?", fragte er.

"Ich ..." Ich zögerte. Ich war immer allein gewesen in meinen Entscheidungen. Vielleicht konnte ich von ihm ja noch mehr sachliches Feedback bekommen. "Was meinst du? Wie vernünftig ist mein Plan?"

"Deinen Vater zu besuchen? Ehrlich gesagt: Nicht sehr. Du hast noch nie mit ihm geredet? Du weißt gar nicht, ob er noch in dem Kaff wohnt?"

Ich runzelte die Stirn. Die Geburtstagskarten waren von der Army gekommen, nicht von ihm. Ich seufzte tief. "Ich weiß noch nicht einmal, ob er überhaupt noch lebt."

"Und selbst wenn: Er hat sicher eine andere Familie. Was denkst du, wie die dich empfangen?"

Dagegen wäre das Standard-Starren aus meiner Umgebung ein herzliches Lächeln gewesen. "Du hast recht", gab ich zu. "Hast du auch eine Idee, was ich stattdessen machen soll? Zurück nach Hause?"

Er schüttelte den Kopf. "Wenn nur die Hälfte davon stimmt, was du mir über deine Mutter erzählt hast, dann nicht. Und ob du in eurem Ort jetzt noch eine Chance hast, Freunde zu finden, ist auch zweifelhaft."

"Du bist ganz schön hart."

"Du hast es gewollt. Du hast noch nie jemand gehabt, der die einfach die Wahrheit ins Gesicht gesagt hat."

Ich nickte langsam. "Danke. Du bist fast wie ein Vater."

Sirenen ertönten hinter uns. Blaulichter zuckten. Hupen ertönten, während die Fahrer von manuell gesteuerten Autos widerwillig eine Gasse freimachten.

Ein Löschzug schob sich links von uns vorbei. Polizei, Rettungswagen. Nein, das würde noch sehr lange dauern.

"Willst du dich schlafen legen?", fragte Jörg. "Du kannst die Koje haben."

"Ich bin viel zu aufgedreht", sagte ich. "Außerdem hast du mir noch nicht gesagt, was ich in meinem Leben machen soll, statt nach Amerika zu fliegen."

Er lachte auf. "Das musst du schon selbst rausfinden. Was kannst du denn?"

"Nicht viel. Ich bin in der Mittelstufe einmal sitzengeblieben. Aus Faulheit. Die Mittlere Reife habe ich mit Ach und Krach geschafft. Mein Wissen über Technik ist rein theoretisch. Ich habe noch nicht mehr gemacht, als eine Schraube an meinem Fahrrad anzuziehen."

Er ließ seine Blicke an meinem Körper hinauf und hinunter gleiten. Anerkennende Blicke. Ich wusste, dass ich recht gut aussah. Ich hatte für den Trip auch extra saubere Jeans und ein ziemlich enges T-Shirt angezogen.

"Es stört dich nicht", stellte er fest, "wenn ich dich so anschaue. Du könntest Model werden."

"Zu klein", gab ich zurück. "Die wollen mindestens eins-achtzig."

"Ah! du hast dich schon dafür interessiert."

Ich zuckte die Schultern. "Hat wohl jedes Mädchen in meinem Alter einmal."

"Du weißt, dass die meisten Models viel nackte Haut zeigen müssen."

"Macht mir nichts aus", gab ich zurück. "Im Sommer lege ich mich immer nackt in die Sonne." Ich grinste frech. "Sonnenschutz brauche ich keinen."

"Bist du noch Jungfrau?"

Mein Atem stockte. Aber nur für ein paar Sekunden. "Nein. Ich kannte mal einen Jungen, der stand auf meine Hautfarbe. Hat meinen Rücken von Kopf bis Fuß abgeleckt, angeblich, um 'wissenschaftlich zu überprüfen', ob die Farbe echt war. Er hat mich dann rumgedreht und entjungfert." Ich zuckte die Schultern. "Ich hatte gehört, es kann wehtun. War bei mir nicht so. Ich war schon so heiß, dass ich direkt ..." Ich stockte. Das war ja wohl ein bisschen zu intim.

Jörgs Gesichtsausdruck hatte sich verändert. Der freundliche Opa war einem Mann gewichen, der mich offensichtlich nicht als seine Enkeltochter, sondern als Frau ansah.

"... gekommen bin", sagte ich. "Sex macht mir verdammt viel Spaß." Ich beugte mich hinüber zu ihm. "Ich mag dich, Jörg. Bist du verheiratet?"

Er holte tief Luft und schien aus einer Art Trance zu erwachen. "Ja", sagte er, "seit einundfünfzig Jahren. Clarissa ist ... Sie hatte einen schweren Unfall. Sie ist fast komplett gelähmt. Ihre Pflege ist der Grund, warum ich mit siebzig noch auf der Autobahn bin. Ich wäre viel lieber bei ihr, würde ihre Hand halten."

"Das tut mir leid." Ich legte meine Hand auf seine. Er griff danach und hielt sie fest. "Weiß sie von deinen Begleiterinnen?"

"Sie sagt, ich solle mir gar keinen Zwang antun." Er lächelte schwach. "Ich muss ihr immer davon erzählen, wenn ich nach Hause komme. Wie die Frau ausgesehen hat, wie groß ihre Brüste waren, wie es sich angefühlt hat, in ihrem Mund, in ihrer Muschi oder ..." Er hielt inne.

Ich löste meinen Gurt und glitt hinüber auf seinen Schoß. "Wir haben viel Zeit heute Nacht", sagte ich. "Du wirst Clarissa verdammt viel zu erzählen haben, wenn du heimkommst."

*

Johanna Aumann blickte mich lächelnd an. "War das der Beginn deiner Karriere als Autobahnhure?"

Ich schüttelte den Kopf. "Ich bin das erste halbe Jahr nur mit Jörg gefahren. Er hat mich sogar zu Clarissa mitgenommen. Ich war sozusagen Enkeltochter und Geliebte gleichzeitig. Sie war ... witzig. Wir haben stundenlang über Jörg und seine sexuellen Leistungen getratscht. Die Röte in seinem Gesicht war verdammt süß."