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Die Piratenbraut - Teil 07

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Bei der Verabschiedung meint der König, es sei noch viel zu früh zu gehen. Der Ball gehe immer bis in die Morgenstunden und werde erst da so richtig interessant.

„Majestät, wir sind das nicht gewohnt und werden deshalb früher müde. Ich hoffe, sie haben dafür Verständnis", sage ich höflich.

„Aber wir müssen uns unbedingt wiedersehen. Ihre Gesellschaft ist die reinste Freude für mich", meint er.

Seine Frau bittet mich in den nächsten Tagen einmal am Nachmittag zum Tee vorbeizukommen und drückt mich an sich. Eine eher ungewöhnliche Geste, die eigentlich nur engen Freundinnen vorbehalten ist, wie ich an diesem Abend beobachten konnte.

Als ich beim Hinausgehen den Premierminister treffe, reagiere ich sofort und spreche ihn auf mein Anliegen an.

„Herr Premier, hätten Sie morgen Vormittag kurz Zeit für mich? Ich hätte ein sehr dringendes Anliegen, das ich mit Ihnen besprechen müsste", frage ich ihn ganz direkt.

„Mylady, wie könnte ich einer so charmanten und wichtigen Dame einen Wunsch abschlagen. Ich würde mich freuen, wenn Sie mich morgen um zehn Uhr in meinem Amtssitz aufsuchen könnten", antwortet er.

Damit verlasse ich den Ball. Trotz allem war der Abend sehr erfolgreich und die Einlage mit Admiral Vasquez hat Spaß gemacht. Wie dem die Augen aufgegangen sind, wer ich bin, war einfach grandios. Dass ich aber eine derartige Wirkung auf ihn habe, das hätte ich nie gedacht. Ich vermute, ich bin der Dämon, der ihn jede Nacht heimsucht.

Von dem Moment an, dass Blake Sofie eröffnet hat, dass ich die Piratenbraut bin, hat sie mich mit anderen Augen angesehen. Offenbar war mein Ruf bis nach London vorgedrungen. Als wir in der Kutsche sitzen und losgefahren sind, kann das Mädchen seine Neugier nicht mehr zurückhalten.

„Tante Annie, stimmt das wirklich? Bist du diese Piratenbraut? Oder hat mich Blake nur auf den Arm genommen?", platzt sie hervor.

„Gedulde dich, hier ist nicht der geeignete Moment, darüber zu sprechen. Wenn wir zu Hause sind, erzähle ich dir gerne", beruhige ich sie und mache einen Seitenblick auf die Garde.

Als wir zu Haus hinter der Haustür sind, ziehe ich Sofie ins Kaminzimmer und schenke uns einen Whisky ein. Während ihn Blake dankend nimmt, meint Sofie etwas besorgt, sie sei noch zu jung dafür.

„Wenn du nur einen trinkst, wird dir das nicht schaden", beruhige ich sie.

„Tante Annie, mehr interessiert mich jetzt, ob du wirklich dieses schreckliche Weib bist", platzt sie heraus.

„So schrecklich ist die Piratenbraut doch nicht. Du darfst nicht alles glauben, was herumerzählt wird", erkläre ich ihr.

„Aber bist du diese Piratenbraut oder nicht?", wird sie langsam ungeduldig.

„Ja, ich bin es. Blake und ich waren einmal Piraten. Das war eigentlich eine sehr schöne Zeit", bestätige ich ihr.

Sofie schaut mich ungläubig an. Es hilft alles nichts, ich muss ihr meine Lebensgeschichte nun auch unter diesem Aspekt erzählen. Als ich damals Mary und den Kindern erzählt habe, wie es mir ergangen ist, habe ich diesen Teil ausgeklammert, so gut es ging. Nun aber erzähle ich ihr von dieser Seite meines Lebens. Sofie muss immer wieder lachen, als ich über unsere Abenteuer mit Vasquez, dem Schiff mit den Mädchen und mit den Piraten erzähle.

„Es klingt so völlig anders, wenn du die Geschichte erzählst. Du hast ja nur Gutes getan", ist sie ganz verwundert.

„Glaubst du Vasquez würde die Geschichte so erzählen? Dann würde er ja als der Dumme dastehen", erkläre ich ihr.

„Aber da fällt mir auf, dann sollen ja übermorgen wieder zwei Schiffe mit solch armen Mädchen auslaufen. Das müssen wir unbedingt verhindern!", meint sie kämpferisch, weil sie nun die Zusammenhänge erkennt.

„Deshalb will ich morgen mit dem Premierminister sprechen. Diese Mädchen sollen London gar nicht verlassen und, wenn sie wollen, können sie für uns arbeiten", erkläre ich ihr.

Wir sprechen noch ein wenig über unsere Zeit als Piraten und auf hoher See, bevor wir dann doch ins Bett gehen. Es ist inzwischen recht spät geworden und wir fallen müde in die Kissen.

Kapitel 33 -- Die Befreiung

„Mylady, es ist mir eine Freude, dass Sie mich beehren", begrüßt mich Premierminister William Pitt.

„Herr Premierminister, ich habe ein dringendes Anliegen. Ihr Militär ist menschenverachtend und plant eine Aktion, die ich zutiefst verabscheue. Vor allem mir als Frau ist ein solches Verhalten unverständlich", komme ich gleich zur Sache.

Der Premierminister ist sehr überrascht von meiner direkten Art und bittet um nähere Erklärungen. Als ich ihm erzähle, was ich weiß, ist auch er schockiert. Ich habe bewusst Eleonora mitgenommen, dass sie aus erster Hand erzählen kann, was damals vorgefallen war. Allerdings tun wir so, als hätten wir uns erst nach der Befreiung kennen gelernt. Da die Aktion von damals neu aufgelegt werden soll, dürfte es diesmal kaum anders laufen.

„Dem müssen wir Einhalt gebieten. Wenn eine solche Aktion bekannt wird, kann das dem Ansehen Englands großen Schaden zufügen", stimmt mir der Premierminister zu.

„Ich gehe davon aus, das Beste wäre, den Transport bereits an Land zu verhindern, noch bevor die Mädchen auf das Schiff verladen werden. Auf hoher See kann sich der Kapitän leichter verteidigen und die Mädchen als Geiseln nehmen oder es könnte Opfer geben", teile ich ihm meine Überlegungen mit.

„Wenn wir nur wüssten, wo die Mädchen gefangen gehalten werden", denkt der Premierminister laut nach.

„Das kann ich Ihnen gerne zeigen. Sicher sind die Frauen auch diesmal dort untergebracht, wo wir damals gefangen gehalten wurden", bietet Eleonora an.

„Na dann, lassen Sie uns aufbrechen. Das nehme ich persönlich in die Hand", meint er.

Der Premierminister beordert eine beachtliche Zahl an Polizisten zu seinem Amtssitz und erkundigt sich, ob wir mit meiner Kutsche fahren könnten. Bis alles vorbereitet ist, plaudern wir über die unterschiedlichsten Dinge. Der Premierminister ist ein sehr interessierter Mann, vor allem interessiert ihn, wie es in der Welt draußen zugeht. Obwohl auch ich nur einen kleinen Teil gesehen habe, beneidet er mich darum und ist auch sonst sehr charmant. Zum Glück ist Blake zu Hauses geblieben, sonst könnte er noch eifersüchtig werden, auch wenn ich ihm mit Sicherheit keinen Grund dazu geben werde.

Als die Kutsche und die Polizei bereitstehen, machen wir uns auf den Weg zu der von Eleonora angegebenen Adresse. Es ist ein Haus, das den Eindruck eines Gefängnisses erweckt. Ein hoher Zaun zieht sich um das Gebäude herum, die Fenster sind mit dicken Eisengittern versperrt und auch sonst macht das Gebäude einen ausgesprochen unnahbaren Eindruck. Einige Soldaten halten rund um das Gebäude Wache. Ihre Haltung wird straff, als sie den Aufmarsch sehen, mit dem wir vorfahren. Allerdings gehen sie trotz allem in Verteidigungshaltung.

Nachdem unsere Kolonne angehalten hat, kommt unsere Kutsche genau am Eingang zum Gebäude zu stehen. Wir steigen aus und gehen darauf zu.

„Halt. Hier ist der Zutritt nicht erlaubt", meldet ganz zackig der Offizier am Eingang.

„Wissen Sie überhaupt, wer ich bin?", antwortet der Premierminister etwas verärgert.

„Jawohl, Herr Premierminister", bestätigt der Offizier.

„Dann wissen Sie, dass mir sämtliche Waffengattungen unterstehen", nimmt nun auch der Premierminister einen sehr militärischen Ton an.

„Aber Sie sind in Begleitung von Damen, die keinen Zutritt haben", kontert der Offizier.

„Das ist mir scheißegal! Entschuldigen Sie meine Damen. Ich kann hier hineingehen, mit wem ich will. Wenn Sie nicht in die letzte Kolonie versetzt werden wollen, dann geben Sie sofort den Eingang frei!", brüllt der Premierminister los.

Nur bei den Worten, mit denen er sich bei uns Damen für seinen Ausdruck entschuldigt und damit seine gute Bildung unterstreicht, ist seine Stimme freundlich und ruhig. Aber er ist definitiv verärgert, wenn er mit dem Offizier spricht und bringt dabei seine Autorität voll zur Geltung.

„Wem untersteht dieser ganze Haufen hier?", brüllt der Premierminister, als der Offizier widerwillig den Eingang freigibt.

„General Smith, Herr Premierminister", antwortet der Offizier inzwischen recht kleinlaut.

„Dann lassen Sie diesen General Smith sofort holen. Und lassen Sie ihm auch ausrichten, wenn er in einer halben Stunde nicht da ist, dann kann er sich gleich zum Latrinenputzen in Hinterindien melden", gibt Premierminister Pitt in sehr militärischem Ton weitere Anweisungen.

„Jawohl, Herr Premierminister", meint der Offizier und schickt einen einfachen Soldaten zum General, dem er allerdings nicht deutlich macht, wie brenzlig die Lage ist.

„Wer hat hier im Augenblick das Kommando vor Ort?", will Pitt weiter wissen.

„Ich, Sir", antwortet der Offizier. „Ich bin Oberst Thomas Pelham."

„Und Sie haben Kenntnis davon, was in diesem Haus geschieht?", will der Premierminister weiter wissen.

„Hier werden weibliche Strafgefangene bewacht, die morgen nach Indien verschifft werden sollen, Sir", kommt prompt die Antwort.

„Gibt es hier ein Büro in dem Unterlagen zu den Strafgefangenen zu finden sind?", will der Premierminister weiter wissen.

„Ahm, ich bin nicht befugt ... „, meint Pelham.

„Habe ich Sie gefragt, ob sie befugt sind?", erhebt Pitt erneut seine Stimme.

„Nein, Sir, hier entlang, bitte", erklärt der Oberst und will uns schon ins Haus führen.

„Ziehen Sie Ihre Leute ab. Mit sofortiger Wirkung übernehmen meine Polizeibeamten die Bewachung des Gebäudes", blockt ihn der Premierminister ab.

„Aber Sir, ich darf das nicht, ohne Befehl von oben", legt sich der Offizier quer.

„Von weiter oben, als von mir, ist gar nicht möglich", faucht Pitt nun regelrecht. „Haben Sie das endlich verstanden?".

„Trotzdem Sir, ich muss auf General Smith warten", widersetzt sich der Oberst weiter.

Da platzt dem Premierminister der Kragen. Er weist den Kommandanten der uns begleitenden Polizeikräfte an, den Oberst wegen Insubordination festzunehmen und alle Soldaten durch Polizisten zu ersetzen. Wer sich wehrt, soll ebenfalls festgesetzt werden. Der Chef der Polizeikräfte ist äußerst energisch und setzt den Befehl auch in wenigen Minuten um. Wir warten währenddessen vor dem Haus.

„Mylady, sie hatten mit ihrer Vermutung Recht", wendet sich der Premierminister derweil an mich.

„Und ich wette, wir finden keine Verurteilungen für die armen Frauen, die hier sicher widerrechtlich festgehalten werden", erkläre ich ihm.

„Ich glaube inzwischen auch, dass die erfundenen Beschuldigungen nie vor einem Gericht verhandelt wurden. Ich bin sicher, die Frauen wurden nur ausgewählt, weil sie sich nicht wehren konnten und weil sie hübsch sind", pflichtet mir der Premierminister bei.

Während wir warten, kommt General Smith herbeigeilt. Er ist ganz aufgebracht und fuchtelt wild mit den Armen, als er uns erklären will, dass wir hier nichts zu suchen hätten. Doch der Premierminister lässt sich nicht so leicht abwimmeln. Inzwischen ist auch er überzeugt, dass hier einiges ganz gehörig im Argen liegt. Als der General schließlich zu unverschämt wird und uns gewaltsam entfernen lassen will, lässt er sich nicht lange an der Nase herumführen und veranlasst, dass auch der General wegen Befehlsverweigerung festgenommen wird. Dieser ist darüber äußerst empört und beginnt zu schimpfen und zu fluchen.

Etwas nervös wird er, als der Premierminister mit mir und Eleonora zusammen ins Büro gehen, um die Unterlagen zu studieren.

„Hier finden wir sicher etwas, haben sie gesehen, wie nervös der General geworden ist?", frage ich den Premierminister.

„Mylady, dürfte ich vorschlagen, dass wir du zueinander sagen. Wenn wir schon gemeinsam auf Verbrecherjagd gehen, dann wäre das durchaus angebracht", schlägt er daraufhin vor.

„Du hast Recht, ich in Annie", stimme ich zu.

„Ich bin William."

„Wir sollten den General in diesen Raum bringen lassen, damit wir an seinem Gesicht ablesen können, wo wir die Unterlagen finden", schlage ich vor.

„Du bist ein echtes Teufelsweib. Oh, entschuldige, ich habe gerade mit der Piratenbraut und nicht mit der Präsidentin gesprochen", grinst er von einem Ohr zum anderen.

„Du weißt es?", frage ich.

„Wer sonst kennt sich mit alledem so gut aus?", erwidert William und macht dabei eine Handbewegung, die das ganze Haus einschließt.

„Und du lässt mich jetzt auf der Stelle festnehmen?", frage ich doch etwas besorgt.

„Das ist alles vor zehn Jahren passiert und damit verjährt. Zu deinem Glück", meint er grinsend und zwinkert mit dem Auge.

„Dann müsstest du aber zumindest Vasquez aus der Nervenanstalt entlassen", sage ich nun etwas mutiger.

„Ach, meine Liebe, der ist dort sehr gut aufgehoben. Er ist schließlich kein Heiliger", meint er.

„Seit wann weißt du das bereits?", frage ich neugierig.

„Wissen tue ich es erst jetzt, seit du es mir bestätigt hast. Geahnt habe ich es, als du heute zu mir gekommen bist und von den Frauen gesprochen hast. Ich habe erfahren, was auf dem Ball vorgefallen ist. Deshalb konnte ich mir schon recht bald ausrechnen, warum du so gut informiert bist", erklärt er mir.

„Und du bist mir wirklich nicht böse?", frage ich.

„Wie kann ich einer so schönen, klugen und für die gute Sache engagierten Frau böse sein?", antwortet er äußerst charmant.

„Wenn ich nicht mit der Liebe meines Lebens verheiratet wäre, dann könntest du mir noch gefährlich werden", gestehe ich.

„Sorry, ich muss mich korrigieren. Eine schöne, kluge, engagierte und loyale Frau", meint er.

Während William den General ins Büro holen lässt, beruhige ich mich wieder. Er hat mir einen ganz schönen Schrecken eingejagt. Als mich der Premierminister so gerade heraus bezichtigt hat, die Piratenbraut zu sein, da dachte ich, das Spiel sei aus. Dass er aber ähnlich denkt wie ich, das hätte ich in dieser Konsequenz nie erwartet. In einer Zeit, in der die Gesellschaft fast vollständig von Männern bestimmt wird, haben die Anliegen der Frauen wenig Rückhalt. Doch ich bin wirklich erleichtert, denn sein Verständnis kann unserem Vorhaben, den Mädchen und Frauen zu helfen, äußerst nützlich sein.

Ich gehe auf einen Aktenschrank zu und öffne ihn. Der General bleibt ruhig. Ich schaue die im Schrank enthaltenen Unterlagen zwar durch, blättere sie aber eher gelangweilt durch. Sein Verhalten lässt mich vermuten, dass ich darin sowieso nichts Interessantes finde. Ich erkenne auch schon bald, dass es die Krankenakten der armen Frauen sind.

„Du warst kerngesund, als du für den Transport nach Indien freigegeben worden bist", sage ich zu Eleonora.

„Du wirst doch nicht sagen, dass da auch noch meine Krankenakte drinnen ist?", kommt ihre überraschte Antwort.

„Du wurdest hier an den Mandeln operiert", suche ich ein Detail aus der Krankenakte.

„Das wird alles beschlagnahmt", meint William und geht auf einen weiteren Schrank zu.

Auch diesmal bleibt der General ruhig. Der Premierminister kann schon nach einer kurzen Kontrolle erkennen, dass es sich um die Unterlagen zum Wachpersonal handelt. Auch das bringt uns keine wirklich wichtige Entdeckung.

„Ah, diese Einrichtung war ganz offensichtlich nach der ersten missglückten Überfahrt für sieben Jahre geschlossen. Aus den Jahren 1782 bis 1788 gibt es keine Unterlagen darüber, dass irgendwelches Personal hier stationiert gewesen wäre. Erst im Herbst 1788 wurden wieder erste Personen beschäftigt. Ich gehe davon aus, dass ab diesem Zeitpunkt erste Vorbereitungen angelaufen sind", fasst William seine Erkenntnisse aus den Unterlagen zusammen.

„Ist es tatsächlich möglich, dass ein Premierminister nichts wichtigeres zu tun hat, als alte Akten zu wälzen, nur weil ein hysterisches Weib glaubt, hier würden Verschwörungen oder andere Schandtaten geplant?", faucht der General.

„Sie nennen die Präsidentin eines befreundeten Staates ein hysterisches Weib? Haben Sie denn überhaupt keine Bildung?", kontert William entrüstet. „Dass man beim Militär leider keine Diplomatie lernt, ist auch bedauerlich."

„Sie benimmt sich wie ein hysterisches Weib. Deshalb sage ich es auch offen. Was hat sich eine ausländische Präsidentin einzumischen, wenn es um ein Frauengefängnis in England geht? Sie hat hier nichts zu suchen!", beharrt der General.

„Werden Sie etwa nervös, Herr General?", meint William gelassen und wendet sich dem letzten Schrank im Raum zu.

Auch diesmal bleibt der General immer noch recht ruhig. Tatsächlich enthält der Schrank lediglich Unterlagen zur Verwaltung. Die Kosten dieser Einrichtung waren zuletzt richtig hoch, da insgesamt 48 Frauen und Mädchen einerseits und 32 Personen für Personal und Wachen andererseits in den Listen geführt werden. Es zeigt sich, dass vor rund zwei Jahren die ersten Frauen hier festgesetzt worden sind und es mit der Zeit immer mehr wurden.

Aber wirklich belastende Unterlagen, woher die Mädchen stammen und, dass sie hier widerrechtlich festgehalten werden, haben wir bisher noch nicht gefunden. Entweder diese Unterlagen werden anderswo aufbewahrt oder sie sind gut versteckt.

„Na, Herr Premierminister, glauben Sie mir jetzt, dass es sich nur um Hirngespinste handelt?", triumphiert der General sichtlich erfreut.

„Dass es keine Unterlagen zu den Frauen gibt, ist noch kein Beweis, dass alles mit rechten Dingen zugeht. Ich habe immer noch keine Unterlagen gesehen, aus denen hervorgeht, dass die Frauen rechtskräftig verurteilt sind und zu Recht in dieser Struktur einsitzen. Solange ich diese Unterlagen nicht habe, gehe ich hier nicht weg", meint der Premierminister dezidiert.

„Seien sie nicht kindisch. Die Frauen sind Verbrecherinnen. Jede von ihnen hat sich etwas zu Schulden kommen lassen", beharrt Smith.

„Dann gibt es auch die Unterlagen dazu. Das ist ganz einfach. Deshalb suchen wir sie weiter", kontert William.

„Ich bringe Sie Ihnen morgen in den Amtssitz", lenkt der General ab.

„Ich will sie jetzt sehen, bevor das Schiff mit den Frauen an Bord ausläuft und wir sie nicht mehr sehen", erkennt der Premierminister den Trick des Generals.

Ich denke scharf nach. Irgendwo müssen die Unterlagen doch sein. Schließlich sind alle Papiere zur Verwaltung in diesem Büro fein säuberlich abgelegt. Da werden doch nicht ausgerechnet die Unterlagen zu den Frauen hier fehlen. Doch wo können sie nur sein? Ich würde solch brisante Papiere ja auch nicht einfach offen herumliegen lassen. Also, wo können sie sein? Beim Nachdenken schaue ich durch Zufall zu Boden. Dabei fallen mir an einem der Schränke Schleifspuren auf, die sich in den Steinboden geritzt haben.

„William, komm, schieben wir den Schrank hier zur Seite", fordere ich meinen Verbündeten auf.

Der Premierminister schaut einen Moment irritiert, hilft mir aber doch den Schrank so zu verschieben, wie die Spuren es nahelegen. Zwei kräftige Polizisten sind sofort zur Stelle, um uns zu helfen und nehmen uns die Arbeit ab. Der Schrank bewegt sich tatsächlich und es kommt eine Öffnung in der Wand zum Vorschein. Der Schrank gibt eine Türöffnung frei, die in einen kleinen Raum dahinter führt. Der General wechselt die Gesichtsfarbe und wird weiß, wie eine Wand. Ich bin am Ziel!

Ich zwänge mich noch vor William in den kleinen Raum, in dem auf einer grob gezimmerten Ablage fein säuberlich alphabethisch geordnet Akten liegen. Ich nehme die erste Mappe und entdecke darin Unterlagen zu einer Maria. Sie wurde beschuldigt, einem älteren Mann die Geldtasche gestohlen zu haben. Ausführlich sind die Aussagen des Opfers, angeblicher Zeugen und des Mädchens in der Akte vermerkt. Auf der Mappe steht „Keine Anklage, Vorwurf scheint unbegründet. Mädchen ist hübsch und wird deshalb für das Programm Indien ausgewählt. General Smith".

„Oho, da haben wir ja den Übeltäter", sage ich und zeige die Unterlagen William.

„Das ist die Höhe. Sie haben die armen Mädchen festgehalten, obwohl sie wussten, dass die Anschuldigungen aus der Luft gegriffen sind? Wie konnten Sie Ihr Land nur so schändlich verraten?", ist der Premierminister aufrichtig schockiert.