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Die schöne Gärtnerin

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Nimm Zwei, denn Naschen ist gesund.
16.2k Wörter
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37k
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Nimm zwei, denn denn Naschen ist gesund.

Im Wald und auf der „Heide", verlor ich Kraft durch Freude . . .

Die Idee zu dieser Geschichte habe ich bei Rafe Cardones abgekupfert. Er möge es mir nicht übel nehmen, weil ich über so etwas noch nie geschrieben habe, Aber es war amüsant und hat mir viel Spaß gemacht.

Wir haben einen „Neuen" im Dorf. Das ist zwar nichts Ungewöhnliches, weil ständig in den letzten Jahren neue Gemeindemitglieder zu uns kommen, aber das scheint ein „Besonderer" zu sein. Hören wir uns mal seine Geschichte an und entscheiden uns dann was weiter geschieht.

Liebe Grüße

Arne54

* * *

Sven Spitz war schon immer ein Erfolgsmensch gewesen. In der Schule tat er sich leicht mit dem Lernen, das Wissen und der Lehrstoff flogen ihm geradezu in den Kopf. Er studierte Jura und wurde Rechtsanwalt, spezialisierte sich auf Familien- und Jugendrecht.

Er wurde Juniorpartner in einer großen Anwaltskanzlei, hatte gute Erfolge vor Gericht für seine Mandanten und ein geregeltes Privatleben mit einer attraktiven Freundin an seiner Seite.

Und dann machte er es als Rechtsanwalt dem Ehegatten einer Mandantin gar nicht recht.

Sie hatte ihrem Göttergatten die eheliche Untreue unter Zuhilfenahme eines Privatdetektivs nachgewiesen und Sven mit der Regelung ihrer Scheidung bedacht. Und der holte für seine Mandantin heraus, was er nur herausholen konnte.

Nun traf es wahrlich keinen Unvermögenden, im Gegenteil. Der Ertappte war ein wohlhabender Unternehmer und nannte eine Zulieferfirma für die Automobilindustrie sein Eigen. Zudem war er auch in der Landespolitik als Abgeordneter aktiv und für diese Art der Öffentlichkeitsarbeit war sein Seitensprung, der ja auch nicht sein erster und einziger war, fürwahr keine Stimmenwerbung. Bei der nächsten Landtagswahl stellte sich heraus, dass die Sympathien der Wähler mehr auf der Seite der Frau, also der Betrogenen, waren als auf seiner. Und so sann er auf Rache.

Und die bekam er auch. Bei einem Empfang bei besagter Mandantin wurde es zuerst spät und dann wurde es Sven schlecht. Er dämmerte weg und wußte am nächsten Morgen nicht, wie er nach Hause gekommen war.

Zwei Tage später erfuhr er es, als ihm seine Freundin beim Frühstück die Zeitung um die Ohren schlug, dann heulend ihre Koffer packte und ihre Beziehung beendete.

Nachdem sein Kopfweh mit Hilfe von 2 Aspirin allmählich verschwunden war, besah er sich die Bescherung. Kompromittierende Fotos von ihm, seiner Mandantin, ihrer Tochter und der zugegeben attraktiven Hausdame, alle wie er betäubt ( was aber niemand von der Presse wusste oder wissen wollte ) und nackt im großen Ehebett, ließen ihn Böses ahnen. Und es wurde richtig übel.

Sofort hatte Sven Spitz, seinen Spitznamen weg. Der „spitze Sven" war noch die schönste der hämischen Bezeichnungen.

Von seiner Kanzlei bekam er zugegebener Weise eine ansehnliche Abfindung, aber als Anwalt wollten sie ihn nicht mehr haben. Er verkaufte seine Anteile am Büro. Er saß nun auf der Straße und hatte auch keine neue Anstellung in Aussicht.

Also holte er zum finalen Rundumschlag aus. An und für sich war Sven nicht nachtragend, aber er vergaß auch nichts. Alles was er über seinen Feind gesammelt hatte und das war nicht wenig, packte er zu einem ansehnlichen Paket zusammen. Da war dann alles beieinander, was beim Scheidungsprozeß nicht auf den Tisch kam, oder als nebensächlich erachtet wurde.

Über einen privaten Ermittler erhielt er noch einige vertrauliche Berichte und legte sie dem Paket bei. Das übergab er einem vertrauenswürdigen Journalisten mit einem Termin, an dem das Ganze veröffentlicht werden sollte. In der Zwischenzeit brach er alle Zelte in Deutschland ab und fuhr in den „Urlaub" nach Italien. Das heißt, er tauchte unter.

Als dann die Bombe platzte, saß er in der Nähe von Alba und half den dortigen Trüffelsuchern dabei, dass sie nicht von den Zwischenhändlern übers Ohr gehauen wurden. Über nicht ganz legale Quellen bekam er neue "echte" Papiere, mit denen er sich zumindest in Italien frei bewegen konnte. So las er die brisanten Nachrichten aus der alten Heimat im Internet und machte sich auf das Schlimmste gefasst.

Sein Widersacher hatte nach der Veröffentlichung einen Herzinfarkt erlitten und nicht überlebt, das heißt er hatte den Platz in seinem Unternehmen für einen Nachfolger frei gemacht und auch in der Politik gab es einen Nachrücker. Seine kurzzeitig trauernde Witwe hatte nun die Zeit und Muse, sich finanziell gut abgesichert um eine neue Beziehung zu kümmern und Sven einen besonderen Bonus zukommen zu lassen. Und einige besonders Nachtragende versuchten Sven zu finden und ihm ihre Meinung und Ansichten sehr handgreiflich beizubringen. Aber was sie auch taten, es führte zu keinem greifbaren Ergebnis.

Sven Spitz war und blieb unauffindbar.

* * *

So gingen fast 6 Jahre ins Land. Es war Gras über die Sache gewachsen.

Sven war nach einigen Ortswechseln in Dänemark gelandet, wo ein Bruder seines Vaters sich vor vielen Jahren in Roskilde als Gold- und Silberschmied niedergelassen hatte und sich einen sehr guten Ruf geschaffen hatte. Sven kaufte einige Schmuckstücke bei ihm, dann fasste er sich ein Herz und gab sich zu erkennen. Er hatte sich doch schon etwas verändert.

War er früher groß, aber auch etwas übergewichtig, so war er jetzt sehr schlank, hatte sein hellbraunes Haar hellblond gefärbt und sich einen kurzen Vollbart wachsen lassen. Außerdem sprach er gut Dänisch mit leichtem Akzent, aber das fiel nicht besonders auf.

Sein Onkel, schon immer ein ruhiger und bedachter Mann nickte, brummte ein wenig und half ihm dann im Rahmen seiner Möglichkeiten.

Er war zwar kein Hoflieferant, aber einige hohe Beamte des Königshauses und deren Gattinnen waren seine Kunden. Einer war ihm noch einen Gefallen schuldig und so kam Sven Lars Mortensen, wie er jetzt hieß, zu neuen Papieren, einer Zulassung als Anwalt und einer dänischen Staatsbürgerschaft. Als Sven seinen Onkel fragte, was das denn für ein Gefallen war, der solche Maßnahmen rechtfertigte, schüttelte der nur sein weises Haupt und meinte, das alles hätte so seine Berechtigung. Sven bohrte auch nicht nach, da er schon selbst schlechte Erfahrungen mit allzu großer Neugier gemacht hatte. Er nahm es hin und forschte nicht weiter.

* * *

Zwei Jahre später verstarben seine Eltern bei einem Verkehrsunfall und jetzt musste er notgedrungen wieder zurück ins Ländle. Mit seinem Onkel fuhr er nach Offenburg, wo seine Eltern beigesetzt wurden und stellte mit Erstaunen fest, dass sich niemand um ihn kümmerte.

Gut, er war jetzt 45 Jahre alt, war ja Ausländer, hatte sich doch verändert und im Ländle herrschte inzwischen eine andere Partei. Die Schaltstellen der Macht waren in anderen Händen.

Als er wieder in seiner alten Heimat war, merkte er wie sehr sie ihm gefehlt hatte. Also beschloß er, ein letztes Mal umzuziehen.

Er wies vor der Anwaltskammer seine Zulassung als Rechtsanwalt in Dänemark nach, sein Jurastudium in Deutschland, das Zweite Staatsexamen und erhielt schließlich seine Zulassung.

Er verkaufte das Haus und Grundstück seiner Eltern, fuhr nach Dänemark zurück und übergab seinem Onkel einen ansehnlichen Teil des Verkaufspreises. Der wollte es nicht annehmen, aber Sven blieb standhaft und als er sagte, das wäre das Dankeschön für den Gefallen seines Onkels, der ihm dadurch ein neues Leben ermöglicht hatte. Da gab der schließlich nach.

Dann kehrte Sven wieder in seine alte Heimat zurück, aber natürlich nicht mehr in die Landeshauptstadt. So blöd war er nun doch nicht.

Er suchte sich ein Haus im Schwarzwald. In einem Dorf, nicht zu groß und nicht zu klein und im Notfall nicht zu weit von der Schweizer und Französischen Grenze entfernt. Man konnte nie wissen.

Und welches Dorf das war könnt ihr euch ja denken.

Und in diesem Dorf fand er das Haus das ihm gefiel. Mittelgroß, im Schwarzwälder Stil gebaut und mit einem großen Grundstück und Garten. Ideal für eine Niederlassung als Anwalt, mit schönen Büro und Wartezimmer. Da das Gebäude aber schon fast zwei Jahre leer stand, war es eher ein Dschungel als ein Garten. Da gab es noch viel zu tun. Handwerker mussten sich im Haus um Elektrik, Heizung und Wasser kümmern und für den Garten mussten auch Fachleute her.

* * *

Also schaute er sich im Dorf um. Er fand eine Firma für den Verleih von Gartengeräten und kleinen Baumaschinen. Da er aber handwerklich sehr ungeschickt war, lies er sich beraten, wo er einen fachkundigen Gartenbaubetrieb finden würde. Der Schreiner, ein Riese von über zwei Meter Körpergröße, musterte ihn.

„Haben sie etwas gegen Frauen?", wollte er wissen.

„Nein, wieso?", war die erstaunte Frage von Sven.

„Weil wir hier eine sehr gute Gärtnerei im Dorf haben. Sind etwa ein Dutzend Mitarbeiter, aber alle Chefs mit Ausnahme des Fahrers sind Frauen. Die „Garten - Hexen", wie sie manchmal abschätzig genannt werden. Aber vom Fachwissen, von der Arbeitsauffassung und der Kreativität können sich die anderen mehr als eine Scheibe abschneiden. Und im Preis sind sie auch unschlagbar. Garten- und Landschaftsbau Leuenberger, so heißt der Betrieb."

Er gab ihm eine Visitenkarte mit Anschrift und Telefonnummer.

„ Sie können die Gärtnerei am Ortsrand in Richtung Rheintal finden. Brauchen sie sonst noch etwas, Herr . . .?", sagte der Riese.

„Entschuldigung, mein Name ist Sven Lars Mortensen", sagte er.

„Aha, Däne, wie?", fragte der Große. „Ich bin Patrick, Schreiner und Möbelbauer, Computerfachmann und Geräteverleiher. Wenn sie einen Rat oder Hilfe brauchen, auch wenn es um Software geht, können Sie sich an mich wenden. Oder an meinen Onkel. Der hat hier auch ein Geschäft."

„Ach so, und was gehört nicht ihrer Familie?", wollte Sven lachend wissen.

„Der Supermarkt, der Friseur und das Bestattungsunternehmen", erhielt er zur Antwort und Patrick grinste breit. „Und die Weibergärtnerei, aber nur weil wir alle schon selbst verheiratet sind, Kinder haben und Vielweiberei bei uns amtlich noch nicht zugelassen ist."

Er zog noch zwei Visitenkarten aus einer Mappe und gab sie Sven.

„Elektriker und GWS werden sie sicher auch noch brauchen und so bleibt die Arbeit im Dorf. Auf die Leute hier ist Verlaß."

„Sehr schön. Sie bauen auch Möbel?", erkundigte sich Sven.

Patrick winkte.

„Kommen sie mal mit", forderte er Sven auf.

Sie gingen in einen großen Schuppen und als Patrick das Licht einschaltete, da staunte Sven. Bauernmöbel, wie in Tirol oder dem Allgäu, so was gab es bei Ikea nicht. Und der Duft von dem Holz. Sven ging mit großen Augen in dem Raum herum, prüfte und klopfte gegen verschiedene Möbel.

„Wirklich alles massiv", fragte er ungläubig und Patrick nickte stolz.

„Da werde ich auf sie zukommen", meinte Sven und überlegte schon, was er für welchen Raum brauchen würde. „Und morgen gehe ich auf Hexenjagd."

„Vorsicht, die sind zu fünft, also geben sie Acht. Lassen sie sich nicht täuschen nur weil es Frauen sind."

„Wenn es recht ist, dann bin ich Sven." Er streckte ihm die Hand hin.

„Patrick, oder Paddy, wie meine Mädels mich nennen", sagte der und schlug ein.

„Herzlich willkommen bei uns im Dorf. Darf ich fragen, was du beruflich machst?"

„Ich bin Rechtsanwalt."

„Schön, so etwas fehlt uns hier noch", meinte Patrick nickend. „Also dann auf in den Kampf und viel Glück."

„Erst morgen, zuerst ausruhen und noch etwas umschauen."

* * *

Sven fuhr zu seinem Haus zurück und nach einem gründlichen Rundgang schrieb er einige Sachen auf, um die er sich morgen kümmern wollte.

Tor zum Grundstück richten lassen, Fensterläden ausbessern, Geländer der Veranda gleich neu machen. Steckdosen setzen und neue Armaturen für Küche, Toiletten und Bad. Jetzt wusste er wenigstens, an wen er sich wenden konnte.

Er seufzte. Was ihm so alles auf den zweiten Blick jetzt auffiel. Deswegen war die Immobilie so günstig gewesen und er hatte bei der ersten Inaugenscheinnahme vor lauter Enthusiasmus und Begeisterung nicht so genau hingesehen.

Aber das hatte alles bis morgen Zeit. Er musste noch etwas essen und ein wenig einkaufen. Also wieder ins Auto und ab in den Supermarkt. Der war für so ein kleines Dorf ziemlich groß und das Warenangebot war sehr vielfältig. Sven kaufte reichlich ein, denn Kühlschrank und Kühltruhe waren so leer wie sein Magen. Nahe beim Markt hatte er ein Asiarestaurant gesehen, da wollte er später seinen Kalorienbedarf decken.

Gesättigt und zufrieden fuhr er in Richtung nach Hause, als er am Eiscafé vorbei kam. Ein Parkplatz war frei und schon bog er ab. Man musste die Gelegenheit beim Schopf packen, denn ein Cappuccino oder Espresso hatte noch Platz.

Er betrat die Eisdiele und schon bekam er ein Dessert für seine Sinne. Eine Frau, etwas jünger als er, stand hinter der Theke und bereitete einige Eisbecher zu, die schon sehnlichst an den Tischen erwartet wurden.

So etwas hübsches und knackiges hätte er hier bestimmt nicht erwartet. Sven schluckte, als sie ihn anlächelte und nach seinen Wünschen fragte.

„Einen Cappuccino, bitte", aber er hätte lieber etwas anderes gesagt.

Die Schiebetür zum Nebenraum fuhr zur Seite und ein untersetzter älterer Mann mit Brille, Halbglatze, breiten Schultern und zwei Eisbehältern betrat den Raum.

Die Frau trat zu ihm, küsste ihn, wie es eine Tochter bei ihrem Vater auf keinen Fall tun sollte und sagte:

„Ich geh hoch und schau nach den Kindern, Liebling. Machst du bitte hier weiter?

Der Herr bekommt einen Cappuccino und ich dicke Beine, wenn ich hier noch länger rumstehe. Ich komme um halb Acht runter und helfe dir beim Aufräumen."

„Du kannst oben bleiben, Schatz. Heike will heute Abend noch putzen, weil sie morgen in der Früh ihre Enkelin da hat."

„Ach schön", meinte die Frau, „endlich mal etwas früher die Beine hochlegen."

Sie winkte den Gästen zu, wünschte allen einen schönen Abend und verließ das Café.

Sven war verblüfft. Diese hübsche Frau und der, Verzeihung, alte Sack waren Mann und Frau? Und alle schienen das so hinzunehmen und keiner regte sich darüber auf?

Er war ja aus der Stadt so einiges gewohnt, aber das?

Svens Weltbild war erschüttert.

Jetzt musste nur noch eine Elfjährige mit einem Mittvierziger hereinkommen und den als ihren Mann vorstellen. Ach du Heilig´s Blechle, wo war er hier gelandet?

„Kann ich Ihnen irgendwie helfen?"

Jürgen zuckte zusammen, als der Gelatiere ihn fragte.

„Ääääh, ja, also, ich bin neu hier und wollte mich einmal umschauen. Das Dorf hat wohl viel zu bieten? Ich heiße Sven Lars Mortensen."

„Er du dansker? I det mindste ved navn. Knækbrød eller smørrebrød, for at bruge en kliche med det samme ( Sie sind wohl Däne? Jedenfalls dem Namen nach. Knäckebrot oder Smörrebröd, um gleich mal ein Klischee zu bedienen?)."

Jetzt war Sven wirklich geplättet.

„Äääh, sie sprechen Dänisch? Hier im Schwarzwald?"

„Ich war nicht immer hier. Ich komme aus Bayern."

„Jaaaaahhh, da redet man doch auch kein Dänisch, oder doch?"

Der alte Witzbold grinste ihn an.

„Spaß beiseite. Meine Tochter ist seit fast 30 Jahren mit einem Notar in Roskilde verheiratet."

„Du meine Güte, was ist die Welt klein. Da habe ich auch einige Zeit gelebt. Wie ist denn ihr Name?"

„Nicole Vestsjælland."

„Den Namen hab ich schon mal gehört. Es gibt ja nur zwei Notare in Roskilde und mit dieser Kanzlei habe ich schon einige Mal zu tun gehabt. Deshalb sprechen sie so gut dänisch."

„Muss ich wohl, denn sonst verstehen mich meine Enkel nicht. Die sprechen deutsch in einem schlimmeren Dialekt, als es die Leute hier oben tun. Ich habe gehört, sie haben das alte Wassmer Haus gekauft. Da gibt es noch gut zu tun."

„Ja, aber der Schreiner hat mir ein paar Adressen gegeben."

„Ah, meinen Neffen haben sie also auch schon kennen gelernt."

„Patrick ist ihr Neffe? Hätte ich mir denken können. Diese Ähnlichkeit."

Das klang ein klein wenig sarkastisch.

„Vorsicht, machen sie meinen Neffen nicht schlecht. Er kann nichts dafür, dass er so groß ist. Da sind meine Schwester und sein Vater schuld."

Sven lachte. Also Humor hatten die hier oben schon. So langsam begann er sich wohl zu fühlen.

Er verabschiedete sich mit der Bemerkung, dass er noch seine ganzen Vorräte einräumen musste und das Gefrorene in die Kühltruhe sollte.

„Und da sitzen sie bei mir herum und lassen das Zeug auftauen?"

„He, ich komme aus Dänemark und da gibt es eine Automarke aus dem Nachbarland, die haben sogar kleine Kühltruhen und Kühlschränke für ihre Kombis."

„Alles klar. Wo der Wolf-O einen Ren-O jagt. Dann schönen Abend noch, Herr . . „

„Sven reicht, wenn´s Recht ist."

„Ist recht. Arne. Schönen Abend noch."

Sven ging zum Auto. Wenn alle hier so waren, dann prima.

* * *

Nach einer recht unruhigen Nacht versuchte Sven mit einem reichhaltigen Frühstück und viel Kaffee auf Touren zu kommen. Er war ein paarmal wach geworden, weil er nicht richtig schlafen konnte und sich nicht klar war, in welcher Reihenfolge er die Arbeiten durchführen lassen sollte. Strom war ganz wichtig, denn sein Büro sollte bis in zwei Wochen fertig sein. Er konnte schließlich seine Klienten, so es welche geben sollte, nicht in einer Rumpelkammer empfangen. Der Zeitdruck und der Umfang der anstehenden Arbeiten hatten ihm etwas den Schlaf geraubt.

Er lies sein Auto stehen und ging zu Fuß ins Dorf. So wusste er dann wenigstens, wo was zu finden war. Der Installateur und der Elektriker lagen direkt am Ortseingang im "Industriegebiet", wenn man die vier Kleinbetriebe als das bezeichnen durfte. Die anderen beiden waren eine Druckerei und der Bestatter samt Steinmetzbetrieb. Und nebenan wurden zwei weitere Gebäude errichtet. Da sollten dann eine Schreinerei und ein Fliesenbetrieb reinkommen, wie er der großen Tafel entnehmen konnte.

Beim Elektriker und Installateur vereinbarte er für den nächsten Vormittag einen Besichtigungstermin und suchte sich die neuen Armaturen für Küche und Bad heraus. Dann ging er zum Steinmetz, um sich ein Schild für seine Kanzlei anfertigen zu lassen. Er entschied sich für eine helle Marmorplatte und eingefräste schwarze Buchstaben.

Sven L. Mortensen

Rechtsanwalt

Familien- und Jugendrecht

So stand es da, deutlich sichtbar und auffällig. Ein bisschen Eitelkeit durfte schon sein.

In der Druckerei gab er ein Inserat für das nächste Gemeindeblatt in Auftrag. Er besprach mit der Leiterin der Druckerei, auch hier war der Chef eine Frau, seine neue Visitenkarte und lies ein Faltblatt drucken, in dem er seiner Kundschaft seinen besonderen Aufgabenbereich beschrieb.

Die Druckereibesitzerin hieß Ingrid K., war etwa 40 Jahre alt, untersetzt und strahlte eine auffällige Sinnlichkeit aus. Das bemerkte Sven, als er mit ihr am Computer die Vorlage für die Visitenkarten erstellte. Dabei rückte sie wie aus Versehen immer näher zu ihm hin, bis sie sich schließlich mit den Schultern berührten. Das schien ihr aber keineswegs peinlich zu sein, denn außer einer leichten Rötung ihres Gesichts gab sie sich weiterhin professionell. Vielleicht wollte sie testen, wie er zu ihren Annäherungsversuchen stand.

Dann erklärte sie ihm, dass ihr Mann das örtliche Versicherungsbüro hätte und wenn er eine Versicherung oder etwas ähnliches bräuchte, dann würden sie ihm sehr gerne zur Verfügung stehen. Sie würde auch gerne einmal bei ihm in der Kanzlei vorbei kommen, wenn sie einen fachkundigen Rat bräuchte.

Sven grinste in sich hinein. Er konnte sich gut vorstellen, an was für einen fachkundigen Rat sie dachte. Im Laufe seiner Berufsjahre hatte er es gelernt, Menschen gut einzuschätzen. Er achtete auf viele Kleinigkeiten, die andere einfach übersahen. Gestik, Wortwahl und Gesichtsausdruck verrieten ihm sehr viel über sein Gegenüber. So hatte er schon die Übernahme von zwei Fällen abgelehnt, wo er sich sicher war, dass man ihn linken wollte.

* * *

Nun ging es zur nächsten Baustelle. Sein Garten und das Grundstück.

Nach einigem Suchen fand er die "Weibergärtnerei" am Ortsrand.