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Auf der guten Seite der Grenze

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„Gut, dann sind wir uns ja einig." Sie lächelte, erleichtert über den Konsens. Und gleichzeitig ein wenig traurig.

„Schätze ja." Er grinste und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. „Gut so?"

„Sehr gut." Kathrin schmiegte sich an ihn. „Es ist viel zu schön, dich zu spüren, als dass ich damit aufhören könnte."

„Ich weiß genau, was du meinst."

Der Kuss zog sich so sanft in die Länge wie der Sandstrand an einer einsamen Insel. Sie genoss das Spiel ihrer Zungen und ebenso den Griff, mit der er eine Pobacke umfasste und ihre Kehrseite erforschte. Jetzt, nach dieser Klärung, fühlte sie sich leicht und befreit. Jung. Mit einem stillen Kichern drückte sie sich auf die Zehenspitzen, damit er sie noch besser anfassen konnte. Alex brummte und packte begeistert zu, nahm die straffe Form in die Hand. Die unverschämte Berührung fachte die Glut in ihrem Schoß erneut an. Sie keuchte ihm in den Mund und machte keinen Hehl aus ihrer Erregung. Die neue Offenheit zwischen ihnen steuerte einen ganz eigenen Kitzel bei.

„Meine Güte! Was sollen wir nur tun?", murmelte sie zwischen zwei Küssen.

„Wir verbringen die Nacht zusammen, und beschränken uns auf Streicheln und Küssen", kam es sofort von ihm. Aus seiner Stimme sprach dieselbe Begierde, die in seinen Fingern saß.

„Was?", blinzelte sie.

Alex hielt inne und sah erstaunt drein.

„Ich dachte, das hätten wir besprochen. Wir werden nicht miteinander schlafen. Alles andere ist okay."

„Aber..." Sie biss sich auf die Lippen und verstummte. So konkret hatte sie bisher nicht gedacht. Ihr Kopf drehte sich wieder, dieses Bild überforderte sie. Hastig sah sie auf die Uhr an ihrem Handgelenk.

„Oh, die Pause ist gleich vorbei. Wir müssen zurück." Sie machte sich los.

„Kathrin, warte!" Er hielt sie um die Taille fest und sah ihr eindringlich in die Augen. „Ich will dich nackt in meinem Bett. Ich will dich streicheln, und küssen, und lecken. Endlos lange, überall. Ich will dich so sehr spüren, wie es nur geht, ohne zu vögeln."

Sie gaffte ihn an, brachte kein Wort heraus.

„Ist es auch das, was du willst?", drängte er.

„Ich..."

„Sag schon. Bitte!"

Sie atmete tief durch und drängte den Schwindel zurück.

„Ich muss darüber nachdenken", sagte sie. „Wir sprechen heute Abend darüber, ja?"

***

„... und stell dir vor: Das Restaurant hat angerufen. Sie haben gerade einen neuen Verstärker und Lautsprecher beschafft. Wir müssen also nicht unsere eigenen Sachen mitbringen. Ist das nicht super?"

„Toll. Wirklich gut."

Alex hielt das Handy ans Ohr gepresst und lauschte seiner Verlobten. Jetzt, kurz vor sechs, war sie aus dem Büro zurück und lag vermutlich auf dem Sofa. Er sah sie förmlich vor sich, die Arbeitskleidung abgestreift, nur in Slip und Shirt. Sie zog immer den BH aus, die schweren Brüste zeichneten sich so mehr als deutlich unter dem Stoff ab. Wenn er sie so antraf, dann musste er sie einfach streicheln. Oft entstand daraus ein Liebesspiel. Mehr als einmal hatten sie das Abendessen ausfallen lassen oder waren zu spät zu einer Einladung gekommen, weil sie auf dem Sofa Sex hatten.

Er lächelte versonnen. Doch gleichzeitig drängte sich ein anderes Bild dazwischen, ein anderer Eindruck. Eine Brust, kleiner und straffer, unter einem flaschengrünen Kleid... Von den folgenden Erläuterungen über den aktuellen Stand der Hochzeitsvorbereitungen bekam er nur die Hälfte mit.

„Ich muss Schluss machen", warf er irgendwann ein. „Die anderen wollen gleich Essen gehen."

„Gut. Ich habe mich noch mit Helga verabredet, im ´Bingo´. Dann bis Samstagabend! Ich liebe dich!"

„Ich liebe dich", antwortete er automatisch und beendete die Verbindung.

Stirnrunzelnd ließ er das Handy sinken. Stimmte das, was er gesagt hatte? Liebte er Jette? Konnte man das Liebe nennen, wenn ein Teil seines Gehirns sich gleichzeitig ausmalte, wie es sein würde, wenn Kathrin in wenigen Stunden unter seine Decke schlüpfte und sich an ihn schmiegte?

Doch seltsamerweise spürte er zwar Beklommenheit, aber keine nagenden Zweifel. Kathrin, das war hier und jetzt. Er würde sie nicht wiedersehen, wenn das Seminar vorüber war. Weder wollte er es, noch konnte er. Also hatte es nichts mit dem Rest seines Lebens zu tun.

Nein, das stimmte nicht, musste er zugeben. Es hatte sehr wohl etwas damit zu tun. Doch die seltsame Romanze mit Kathrin fühlte sich an wie eine Insel. Abgeschieden, weit entfernt vom staubigen Alltagskontinent. Was immer auf diesem Eiland geschah, erzeugte nur schwache Echos anderswo.

Hoffentlich.

Kathrin hatte sich noch immer nicht geäußert. In der Nachmittagspause bat sie um Entschuldigung und ging auf ihr Zimmer, dachte wohl nach. Ob sie kommen würde? Oder doch einen Rückzieher machen? Schließlich war sie bereits verheiratet, nicht nur verlobt.

Das Lodern von dem Ausflug auf den Hügel glomm noch in seinen Adern. Am liebsten hätte er dem Mädchen gleich dort die Kleider vom Leib gerissen, und aller Wahrscheinlichkeit nach hätte sie sogar mitgemacht. Gut, dass er der Versuchung widerstanden hatte. Das war ein Spiel mit dem Feuer, was sie hier trieben. Überstürzte Entscheidungen führten unweigerlich zu Brandwunden.

Ein elektronisches Piepen ließ ihn hochschrecken. Er sah sich um. Ah, an dem Haustelefon auf dem Schreibtisch blinkte eine grüne LED. Das war doch sicher --

„Ja?"

„Alex, hier ist Kathrin."

„Hallo!"

Er lauschte in den Hörer. Für zwei Sekunden hörte er nur ihren Atem, spürte ihr Zögern. Sein Herz wurde schwer wie ein Stein.

„Ich -- wir sollten es lassen, Alex", begann sie. „Ich weiß einfach nicht, ob es richtig ist. Ich habe gerade mit Detlef telefoniert, und...". Die Stimme verklang.

„Verstehe", sagte er, mit derselben schrecklichen Vernünftigkeit im Tonfall.

„Außerdem... ich bin nicht sicher, ob wir es kontrollieren können. Ob wir dann wirklich nur schmusen, und nicht doch irgendwann übereinander herfallen. Für mich kann ich da jedenfalls nicht die Hand ins Feuer legen. Wenn es um Sex geht, dann vergesse ich mich schon mal."

„Ja..."

„Tut mir wirklich leid, Alex. Ich bin sicher, es wäre wahnsinnig schön mit dir. Aber es geht einfach nicht."

„Schon okay." Er ließ sich in den Stuhl fallen und starrte die Decke an. „Schon okay."

„Böse?"

„Nein." Er überlegte kurz. „Wirklich nicht. Wir sind schließlich Freunde, oder?"

„Freunde, genau. He -- die anderen gehen nachher wieder in dieses Restaurant im Dorf, das soll richtig gut sein. Wollen wir auch mit?"

„Gute Idee. Wann geht´s denn los?" Er legte mehr Enthusiasmus in seine Stimme, als er empfand.

„Halb acht."

„Gut, ich bin dabei."

„Das ist schön. Bis nachher."

„Bis nachher."

Es klickte in der Leitung. Langsam ließ er den Hörer sinken.

„Kacke!", murmelte er. Aus der Traum! Keine schlanke, biegsame Kathrin in seinem Bett, keine heimliche Fummelnummer als Abschied vom Junggesellendasein. Am liebsten hätte er das Telefon durch die Fensterscheibe gefeuert. Stattdessen legte er sorgfältig auf und rieb sich die Stirn.

Nun ja. Er sollte Kathrin dankbar sein. Sie zeigte mehr Verantwortungsgefühl, als er selbst aufbringen konnte. Morgen, wenn das Seminar zu Ende ging, würde er ihr wahrscheinlich die Füße dafür küssen, dass er mit reinem Gewissen nach Hause fahren konnte.

Außerdem würde er sie ja gleich noch sehen, beim abschließenden Abendessen. Sie würden nebeneinandersitzen, sich unterhalten. Wenigstens die Nähe genießen, und das Schwingen spüren. Das Echo dessen, was hätte sein können.

Doch das fühlte sich das ganz und gar nicht an wie ein Trost.

***

Kathrin knöpfte das grüne Kleid auf, ganz in Gedanken. Der Abend im Restaurant war erstaunlich fröhlich verlaufen. Alle waren dabei gewesen, und sogar Dr. Bohnert taute auf und erzählte Schwänke aus seinem Leben.

Alex war neben ihr gesessen, die ganze Zeit, doch sie mussten sich mit heimlichen Blicken und dem Kontakt ihrer Schenkel und Knie unter dem Tisch zufriedengeben. Mehr als ein paar unverbindliche Sätze konnten sie nicht austauschen. Jetzt, kurz nach zehn, war sie zurück in ihrem Zimmer und wollte noch duschen. Sie hasste es, den Geruch von Olivenöl und Küche in ihren Sachen und in den Haaren ins Bett mizutnehmen.

Sie zog das Kleid aus und tappte barfuß ins Bad. Als das Licht aufflammte, starrte ihr Spiegelbild sie an. Sie schnitt sich eine Grimasse und drehte sich vor dem Spiegel hin und her. Dieser neue BH von Passionata sah wirklich gut aus. Richtig schade, dass Alex sie nicht so erblickte...

Sie kicherte und löste den Verschluss. Oder so, mit nackten Brüsten. Nun, zumindest gespürt hatte er sie schon.

Ein Kribbeln lief über ihre Haut, und unwillkürlich legte sie sich die Hände auf den Busen. Die Brustwarzen kamen ihr immer noch empfindlicher vor als sonst, und bei der Berührung reagierten sie sofort und schwollen an.

Mit einem Seufzen ließ sie das und streifte den Slip ab. Als sie abwesend eine juckende Stelle an den Schamlippen kratzte, da waren ihre Fingerspitzen plötzlich feucht und schlüpfrig. Überrascht fasste sie nach. Tatsächlich -- die ganze Muschi troff von ihren Säften. Stammte das noch vom Spaziergang auf den Hügel in der Mittagspause? Kaum möglich, so lange hielt das nicht. Das bedeutete, die reine Anwesenheit von Alex im Restaurant musste es ausgelöst haben.

„Alex Weller!", murmelte sie vor sich hin und genoss das dämliche Grinsen auf ihren Lippen. „Du weißt wirklich, wie man ein Mädchen in Fahrt bringt."

In heiterer Stimmung trat sie unter die Dusche. Das Wasser rann köstlich heiß über ihre Haut und löste nicht nur die Gerüche, sondern auch alle Verspannungen. Und den Hauch von schlechtem Gewissen, den sie Alex gegenüber verspürt hatte. Sie wusch sich mit einem tonlosen Summen und dachte dabei an nichts, überließ sich den Bildern und Gefühlen, die von selbst auftauchten.

Wenig verwunderlich: Alle drehten sich um eine Person. Sie lächelte mit geschlossenen Augen. Mein Gott -- sie hatte seinen Schwanz angefasst. Zwar nur in der Hose, aber immerhin. Das hatte sich gut angefühlt. Hart und heiß, voller Leben. Und als er ihr die Hand auf den Bauch legte, da hätte sie am liebsten sofort das Kleid hochgerafft und sie tiefer geschoben. Auf den Slip. In den Slip hinein. Dann hätte er selbst gespürt, wie feucht sie war. Er hätte erst einen, dann zwei Finger an ihrer Muschi entlang gerieben und damit allmählich die Schamlippen auseinander gedrückt und dazwischen tiefer gegangen...

Puh! Mit einem Anflug von Verlegenheit nahm sie die Hand aus ihrem Schritt und konzentrierte sich auf die Reinigung. Unten herum wusch sie sich besonders gründlich. Schließlich wollte sie nicht, dass Alex...

„Moment!", sagte sie laut und hielt inne. Alex war in seinem Bett und würde dort bleiben, das hatten sie doch verabredet! Das war ihr eigener Wunsch, ihr Vorschlag. Sehr wohl hatte sie das Bedauern in seiner Stimme registriert, als sie ihm das verkündete.

Ihrem Körper war das egal. Sie fühlte sich, als hätte man sie am ganzen Leib abgeschmirgelt und nur dünnste Haut gelassen. Gerade ausreichend, um das rohe Fleisch zu bedecken. Jeder Strahl vom Brausekopf traf sie wie eine Nadel, obwohl der Wasserdruck nicht besonders hoch war. Die Brustwarzen weigerten sich, auch nur ein Jota ihrer Härte zu verlieren, und so etwas wie eine Bleiplatte drückte auf ihren Magen.

„Schluss damit!"

Schnell wusch sie die Haare und trocknete sich ab. Vielleicht war es heute nochmals notwendig, dass sie sich im Bett selbst Erleichterung verschaffte, um einschlafen zu können. Und falls nicht, dann würde sich Detlef morgen Abend freuen, wenn ihre aufgeheizte Libido sich über ihm entladen würde.

Doch seltsam -- dieser Gedanke kam ihr schal an und grau vor. Warum nur?

Mit einem unwilligen Schnauben schob sie all diese lästigen Fragen beiseite und widmete sich ihrem Äußeren. Die Haare föhnen und kämmen, lange und ausführlich. Ein wenig Rouge, und Kajal. Ein Hauch Lippenstift. Dann trat sie vor den Kleiderschrank. Glücklicherweise nahm sie immer zu viel mit, wenn sie wegfuhr, egal wohin. So bot sich ihr noch eine hinreichende Auswahl.

Sie entschied sich für schwarze Unterwäsche mit dem trägerlosen BH und für das bordeauxrote Sommerkleid. Für die Jahreszeit war es noch ein wenig zu leicht, knapp knielang und mit U-Boot-Ausschnitt. Doch sie mochte, wie es sich an ihren Leib schmiegte und den Schwung der Hüften aufnahm. Dazu die schwarzen Voltan-Pumps, und Alex würde...

Sie erstarrte, den zweiten Fuß noch nicht ganz im Schuh. Was machte sie hier eigentlich? Wieso zog sie diesen Fummel an, wenn sie gleich ins Bett wollte?

„Oh Mann!", stöhnte sie und ließ die Schultern sacken. „Das gibt´s doch gar nicht!"

Eine der Schranktüren bestand aus einer durchgehenden Spiegelfläche. Sie konfrontierte sich mit ihrem Bild. Eine attraktive junge Frau südländischen Typs glotzte ihr entgegen, bereit für alles, was die Nacht noch bieten mochte. Die nackten Schultern schimmerten sanft im Licht der Wandlampe.

Ein Zucken stahl sich in die Mundwinkel. Daraus entstand ein Grinsen. Schließlich lachte sie laut heraus. Nicht zu fassen! Anscheinend hatte sie schon entschieden, noch mit Alex auszugehen, bevor es ihr überhaupt bewusst wurde.

„Na schön, du Flittchen", murrte sie ihr Spiegelbild an. „Wenn du dich schon so herausgeputzt hast, dann können wir doch gleich mal sehen, ob wir auch Gesellschaft bekommen."

Mit dem Gefühl betörenden Leichtsinns griff sie zum Telefon und wählte die Zwölf, die Nummer von Alex´ Zimmer. Es tutete, mehrfach, doch niemand nahm ab. Nach dem zehnten oder zwölften Signalton legte sie auf, die Stirn gerunzelt. Wo war er? Vor weniger als einer Stunde, nach der Rückkehr aus dem Dorf, hatte er sich artig von ihr verabschiedet und ihr eine gute Nacht gewünscht. Schlief er? Doch nein, das Telefon konnte man kaum überhören. War er auch noch losgezogen? Ohne sie? Oder vielleicht joggen gegangen? Jetzt, mitten in der Nacht?

Die Leichtigkeit entwich aus ihr wie aus einem lecken Ballon, sie seufzte müde. Bei dem Gedanken, jetzt das Kleid auszuziehen und ins Bett zu gehen, da schrie alles in ihr auf vor Enttäuschung. Dabei war es doch genau das, zu dem sie sich entschieden hatte, oder? Was sie Alex verkündet hatte. Was richtig war, vernünftig, klug. Und was nun ein Brennen in ihre Augenwinkel trieb. Der Kloß in ihrer Kehle schwoll schnell zu Orangengröße und...

Es klopfte.

Sie fuhr herum, mit jagendem Puls. Die Hand auf der Klinke verharrte sie einen Moment. Dann riss sie die Tür auf.

Alex, natürlich. Seine Haare schimmerten noch feucht von der Dusche, und auch er hatte sich frisch angezogen. Diesmal nicht die ewige Jeans-weißes-Hemd-Kombination, sondern eine weiße Leinenhose und ein Hemd in Rot- und Grautönen, auf dem Ethnomuster mit vagen Aborigine-Assoziationen prangten. Damit sah er wild aus. Wild und verteufelt attraktiv.

Sein ernstes Gesicht leuchtete auf, als er sie in dem Kleid erblickte. Sie verbarg ein breites Grinsen mit einer Hand vor dem Mund und trat beiseite. Wortlos kam er herein. Die Tür glitt ins Schloss, und sie standen voreinander und sahen sich an. Keiner wagte zu atmen.

„Schön, dass du noch auf bist", raunte er. „Ich -- ich musste dich einfach nochmal sehen..."

„Schön, dass du gekommen bist." Sie ergriff seine Hand. „Ehrlich gesagt hatte ich gerade versucht, dich anzurufen. Du hast dich nicht gemeldet."

„Ich war schon hier unten, vor deiner Tür", gestand er mit einem Lächeln. „Seit mindestens fünf Minuten überlege ich mir, ob es richtig ist, zu klopfen."

„Und?" Sie legte den Kopf zur Seite. „Ist es richtig?"

„Für mich schon. Und für dich?"

Sie nahm sich Zeit, um der Frage nachzuspüren.

„Ja", murmelte sie dann. „Für mich auch."

Der Fluss der Zeit verlangsamte sich, stoppte. Der Augenblick dehnte sich und gewann die Qualität der Ewigkeit. Sehr langsam legte Alex seine Hände auf ihre Hüften und zog sie an sich. Der Abstand zwischen ihren Körpern und ihren Augen schrumpfte im Zeitlupentempo. Fetzen von guten Vorsätzen und Vernunftgründen wirbelten durch ihren Kopf, umweht von einem Hauch von Panik. Doch sie leistete keinen Widerstand. Dieser Mann zog sie an wie einen Magnet. Sie fühlte sich als glückliches, kleines Eisenteilchen, das dieser Kraft nichts entgegensetzen konnte, und dies auch nicht wollte.

Ihre Arme legten sich um seine Schultern, ohne dass sie ihnen einen Befehl gegeben hätte. Sie sah zu ihm auf. Die eisgrauen Augen lohten, ganz und gar nicht eisig. Ihre Leiber berührten sich, fanden zueinander, aneinander.

„Kathrin, ich will diese Nacht mit dir verbringen", flüsterte er, Minzgeschmack im Atem. „Ich will mit dir ins Bett. Nur zärtlich, ohne Vögeln. Ich... brauche dich!"

„Ja." Sie holte tief Luft, was ihren Busen an ihn drückte, und atmete stotternd aus. „Ich glaube, ich will das auch..."

„Wow!"

Bei seinem Lächeln rann es ihr warm durch Mark und Bein. Wie von selbst trafen sich ihre Lippen zu einem bedächtigen, beinahe nachdenklichen Kuss. Kathrin kam sich vor wie ein Stück Butter in der Sonne. Alle Gedanken und Überlegungen verloren ihre Form, schmolzen dahin, büßten jegliche Bedeutung ein. Nur dieser Augenblick zählte, etwas anderes existierte nicht mehr auf der Welt. Sie gab sich hin, lehnte sich an seine starke Gestalt, und zerfloss.

Küsse. Drängender jetzt, leise Schmatzlaute produzierend. Seine Arme um ihren Rücken, die Kraft darin. Eine Zunge, die sich zwischen ihre Lippen tastete. Sie spürte das Zittern unterdrückter Lust und öffnete den Mund, leckte daran, schwelgte in der unglaublichen Intimität der Berührung. Der Eisenring seiner Umarmung schloss sich enger um sie, und sie genoss es, wie er ihr den Brustkorb zusammen und die Luft abdrückte. Am liebsten wollte sie mit ihm verschmelzen, eins werden, Atom für Atom...

Eine innere Warnlampe leuchtete auf. Das war ein gefährlicher Wunsch, signalisierte es. Sie schluckte und raffte den letzten Rest klaren Denkens zusammen.

„Alex, du musst mir eines versprechen", murmelte sie, ohne den Kontakt ihrer Lippen zu lösen.

„Mhm?"

„Du musst aufpassen. Du bist verantwortlich dafür, dass wir auf der guten Seite der Grenze bleiben. Du darfst nicht schwach werden. Auch wenn ich dich anflehe, mich endlich richtig zu vögeln."

Er sah ihr in die Augen und saugte sanft an ihrer Oberlippe.

„Versprochen."

Die Vertrauenswürdigkeit von Eckpfeilersteinen schwang in seiner Stimme. Sie glaubte ihm und konnte endgültig loslassen.

Für einen Sturz im freien Fall.

***

Alex fühlte sich wie verzaubert. Gerade noch trat er vor ihrer Tür von einem Fuß auf den anderen, sein Inneres ein einziger Aufruhr. Und jetzt fügten sich die Dinge ineinander. Von selbst, ohne jeden Druck. Er hielt dieses erstaunliche Mädchen im Arm und sie hatte „Ja" gesagt! Sie wollte es! Wollte ihn, wollte Zärtlichkeiten mit ihm tauschen, Nähe teilen. Sex.

An die Grenze verschwendete er keinen Gedanken. Er hatte es ihr versprochen, also würde er es halten. Wichtig war nur, sie jetzt zu spüren, zu küssen, zu umarmen. Alles Weitere würde sich genauso automatisch ergeben. Ja, er hatte das Gefühl, als ob er in dieser Nacht keinen Fehler machen könnte. Als ob er überhaupt nicht dazu in der Lage wäre. Die Magie des Augenblicks ließ so etwas nicht zu.

Ein neuer Zungenkuss. Er leckte sie tief in die Kehle und spürte den Laut mehr, den sie hervorstieß, als dass er ihn hörte. Sie schmeckte traumhaft frisch und süß und bog sich in seinen Armen wie eine Weidenrute. Seine Hand fand ihren Po, und erneut genoss er die unvertraute Straffheit. Ganz anders als das weiche Volumen von Jette und daher umso erregender...

Er zuckte innerlich zusammen. Wollte er an Jette denken? Konnte er das? Doch bizarrerweise schien der halbtransparente Geist seiner Verlobten zu lächeln und ihm aufmunternd zuzunicken. Vermutlich nur ein Wunschtraum seiner aufgeheizten Fantasie, aber er nahm es als Omen.

Seine Finger schlossen sich fester um Kathrins linke Hinterbacke und er erforschte die Form, ohne seiner Leidenschaft Zügel anzulegen. Er verglich, stellte seine Erinnerungen an Jette daneben, schlemmte in den feinen Unterschieden. Ah, wie er diesen knackigen Arsch begehrte.

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