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Es schlie?en sich die Kreise --

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Waldemar aber merkte mir an, daß ich Rolfs wegen wohl ebenso nervös war, und sagte:

"Und Rolf denkt wohl jetzt nach fünfundzwanzig oder wieviel Jahren auch anders über deinen kleinen Fehltritt."

"Wobei ich getreten worden bin -- wie die Hühner -- kennst du den Ausdruck?"

"Ja, den kenn ich!"

Am Freitag nachmittag war es mit dem armen Waldemar schwer auszuhalten. Um sechs Uhr anrufen -- viel zu früh. Um halb sieben -- jetzt erzählt Conny sicher gerade von der vergangenen Woche. Um sieben -- jetzt packt Conny sicher ihren Koffer aus -- "aber vielleicht hat sie einen Schwung Kleider längst bei Werner", wandte ich ein -- um halb acht wurde sicher zu Abend gegessen -- "Wenn du jetzt nicht anrufst, ruf ich für dich den Werner an!"

"Ich ruf schon an!"

Ich machte mir in der Küche zu tun, damit sich Waldemar beim Telephonieren nicht beobachtete fühlte, Waldemar telephonierte lange, und ich wußte schon nicht mehr, welche Töpfe ich noch blankputzen sollte. Schließlich kam er mit erleichtertem Gesichtsausdruck zu mir in die Küche und sagte:

"Wir haben uns prima mit Conny unterhalten. Und morgen treffen wir uns am Nachmittag in einem Café, und für Sonntag hat uns beide wieder Werner eingeladen -- dann kannst du auch Conny kennenlernen."

"Willst du nicht erst mal mit ihr und ihrem Bruder allein reden?"

"Das mach ich dann ja morgen, und es wäre schön, wenn du am Sonntag mitkommen würdest -- wir haben uns schon von unserer momentanen Lage erzählt, und Conny weiß von dir und ich auch von ihrem Freund."

"Na, dann zieh dir morgen mal was Schönes an und triff dich mit Conny!"

"Du bist nicht böse, daß ich dich am Nachmittag allein lasse?"

"Nein, ich finde schon eine Beschäftigung -- in Stellingen soll Stadtteilfest sein -- vielleicht finde ich da einen netten Herrn --"

"Meinst du das im Ernst?"

"Nein, Waldemar, die Zeiten sind vorbei, seit ich dich kenne. Fahr nur morgen und grüß Conny unbekannterweise von mir, falls ich das morgen vergesse!"

So fuhr Waldemar am Samstag nachmittag nach Harburg und ließ mich wirklich allein zu Hause zurück! Mir wurde dabei klar, wie sehr ich mich schon an das Eheleben mit Waldemar gewöhnt hatte, wie sehr er mir jetzt fehlte. Aber natürlich hatte ich ihm erlaubt, Conny wiederzutreffen. Und bei nüchterner Betrachtungsweise mußte ich mir eingestehen, daß ich die Lateinarbeit auch dann hätte korrigieren müssen, wenn Waldemar zu Hause geblieben wäre, und wahrscheinlich hätten wir deshalb nichts Gemeinsames unternommen, sondern Waldemar hätte gelesen oder Sport im Fernsehen gesehen. Erst viel später kam ich darauf, daß ich Waldemar eigentlich für sein Vertrauen dankbar sein mußte, daß er Conny auch mir vorstellen wollte: morgen!

Nach drei Stunden rief Waldemar an:

"Ich bleib noch hier zum Abendessen -- und Conny und Werner -- ich auch -- freuen uns alle sehr auf morgen -- dann sollen wir auch zum Abendessen bleiben und uns vorher nicht den Appetit verderben."

"Na, dann grüß alle schön, und fahr nachher vorsichtig, oder nimm eine Taxe, wenn du zu viel getrunken haben sollte -- aber wie ich dich kenne --"

"Ich trinke doch nie viel!"

"Genau: Das meinte ich. Also wirst du wahrscheinlich mit dem Auto kommen -- ach, ich muß Mama ja auch für morgen wieder absagen -- sollen wir sie dafür nicht mal am Montag besuchen?"

"Dienstag wäre für mich besser!"

"Also Dienstag! Tschüs bis nachher!"

Nun wurde es doch allmählich etwas langweilig. Irgendwie war ich nicht auf Lesen eingestellt, und so rief ich Trudi an.

"Also, der läßt dich allein", entrüstete sich Trudi, als sie meine Lage begriffen hatte, "um seine Ex zu treffen, wie ich das finde!"

"Erstens ist es nicht seine Ex, sondern seine erste große Jugendliebe, zweitens hab ich ihm dies ausdrücklich von Anfang an erlaubt, und drittens erlaubt er mir auch, mich mit Rolf zu treffen."

"Was, der Rolf kommt -- oder du fährst zu ihm -- der Hymen-Fetischist, der dich damals wegen des Häutchens hat sitzen lassen -- so muß man es doch ausdrücken!"

"Ja, du hast ja recht -- aber Rolf war meine erste große Liebe."

"Ich dachte, das war Peter."

"Mit Peter hatte ich meine erste längere Sex-Beziehung, und ich hab ihn dann auch liebgewonnen -- sehr lieb --, aber Rolf war meine erste große, leider aufs Letzte unerfüllte Liebe."

"Und die Erfüllung willst du jetzt nachholen?"

"Das wird wohl nicht gehen, Rolf ist glücklich verheiratet."

"Hast du schon mit ihm gesprochen?"

"Ja, er kommt wahrscheinlich im Mai."

"Die beste Zeit für eine Erfüllung von unerfüllten Jugendlieben."

"Sag nicht so was!"

"Gib's doch zu, Melanie: Du träumst doch sicher von einem Treff mit ihm auf einer schönen Wiese -- wie damals --"

"Also, ehrlich gesagt -- aber die Wiese gibt es ja schon längst nicht mehr."

"Aber es gibt andere Wiesen -- du hast doch deine Stammwiese -- und daß jemand verheiratet war, hat dich sonst auch nicht gestört!"

"Seit ich mit Waldemar zusammen bin, ist irgendwie alles anders -- auch das mit den fremden Männern."

"Na, wenn du meinst. -- Und was machst du heute weiter?"

"Ich ruf jetzt noch mal meine Mutter an, vielleicht besuch ich sie heute statt morgen mit Waldemar. Morgen stellt er mich übrigens seiner Conny vor -- oder umgekehrt."

"Na, denn man tau! Bernd winkt mir eben zu, er läßt dich grüßen. Weißt du übrigens, was er mich letzte Woche gefragt hat -- ich hab dir das noch gar nicht gesagt."

"Na, was denn?"

"Er sagt, ich soll dich mal fragen, ob du ihm nicht mal für eine Aktzeichnung Modell stehst. Ich hab ihm das ausgeredet."

"Das war vielleicht etwas voreilig!"

"Na, aber, jetzt, wo du mit Waldemar lebst?"

"Na und, kann ich da nicht einem seriösen Künstler Aktmodell stehen?"

"Oder liegen -- oder beim Liegen -- ich kenn doch meinen Bernd."

"So was kann man vielleicht abwimmeln -- aber gezeichnet oder gemalt zu werden, das würde mich schon reizen -- er kann uns ja auch beide zeichnen!"

"Dann denkt doch jeder, wir sind lesbisch."

"Würde dir das was ausmachen?"

"Schon! Und dir?"

"Wenig. Und du weißt doch: Bernd zeichnet so wenig gegenständlich, daß man gar nicht sieht, wer da Modell gestanden hat."

"Na, mal sehen! Tschüs, Melanie!"

Inzwischen hatte ich mich dazu entschlossen, meine Mutter heute und nicht am Dienstag zusammen mit Waldemar zu besuchen. Ich rief sie an und fragte:

"Mama, kann ich nicht heute schon kommen? Ich bring auch Kuchen mit."

"Na, dann komm mal, min Deern!"

Ich setzte mich ins Auto, kaufte auf dem Weg Kuchen in einer Konditorei, die so spät noch geöffnet hatte, und stand wenige Minuten später bei meiner Mutter in der Tür.

"Du kommst allein? Wo ist denn Waldemar?"

"Der macht einen Besuch."

"Und wen besucht er, wenn ich fragen darf?"

"Das darfst du gern: Er besucht eine Jugendfreundin, die gerade bei ihrem Bruder hier in Hamburg ist."

"Er besucht seine Freundin?"

"Mama: Erstens ist es nicht ,seine Freundin`, sondern seine beste Jugendfreundin von vor einem Vierteljahrhundert, und zweitens hab ich ihm das ausdrücklich erlaubt, und drittens werde auch ich demnächst, das heißt im Mai, meinen Jugendfreund Rolf treffen."

"Ja, der Rolf Peter --"

"Petereit, Rolf Petereit."

"Ja, der war so sympathisch -- ich hab mich immer gefragt, warum das damals mit euch auseinandergegangen ist. Ist er dir zu nahe getreten?"

"Im Gegenteil!"

"Wieso ,im Gegenteil`?"

"Er ist mir zu wenig nahetreten, ein anderer Junge -- Olaf, den kennst du nicht -- ist mir zu nahe getreten, und Rolf war so eifersüchtig, daß er batz-bauz mit mir Schluß gemacht hat."

"Und das hast du mir gar nicht erzählt?"

"Mama, was sollte ich dir das erzählen? Du hättest dich fürchterlich aufgeregt, und ich hab dem gar keine große Bedeutung beigemessen, bis Rolf mit mir Schluß gemacht hat."

"Und hat Olaf --"

"Ja, er hat!"

"-- hat Olaf dich vergewaltigt?"

"Nein, überhaupt nicht. Er hat auf einer Party mit mir getanzt -- Rolf konnte an dieser Party nicht teilnehmen -- und dann ist er mit mir in ein Zimmer verschwunden, hat ganz fix rein--raus gemacht, ich hatte sein weißes Zeugs nicht in mir, sondern auf dem Bauch und war trotzdem nicht mehr Jungfrau."

"Und als du Dieter kennengelernt hast, da warst du schon längst --"

"Eine Frau -- aber ,längst` ist auch etwas übertrieben."

"Und was hat Dieter denn dazu gesagt?"

"Der hat mir mit einem Kuß alles Vorherige verziehen -- er hatte ja auch ein Vorleben."

"Ich weiß nicht -- bei uns früher --"

"Mama, in welchem Jahrhundert lebst du denn noch? Als ich Abitur machte, hatten, glaub ich, schon alle Mädchen und fast alle Jungens die ersten Erfahrungen hinter sich, und ich war in meiner Klasse eher eines der späteren Mädchen."

"Und du hast mich am Tag deiner Hochzeit reden lassen und reden lassen, dabei wußtest du schon längst, wie das geht, warum hast du mir das nicht wenigstens da gesagt -- und läßt mich reden wie ein Baas!"

"Ja, Mama, das war blöd von mir, aber ich habe es nicht übers Herz gebracht -- bis heute -- dir zu sagen, wann und wie ich -- wir haben ja auch nie über so was geredet -- ich hab schon damals immer deine und Papas Ehe als großes Vorbild gesehen und gefürchtet, so gut würde ich es nicht hinkriegen."

"Ja, das war eine gute Ehe mit Papa -- aber, jetzt wo du erwachsen bist --"

"Aber das bin ich doch schon seit Jahrzehnten!"

"Aber für mich bist du doch auch immer noch irgendwie mein kleiner Spatz -- also Papa hatte ja auch seinen Spaß -- die drei Male, wo ich schwanger war, da ist er auch --"

"-- in den Puff gegangen --"

"Ausdrücke hast du wieder -- nein: Es gab da in Eimsbüttel eine Madame namens Dupont -- ob die wirklich so hieß, das weiß ich nicht -- die hatte einen Gesprächskreis mit jungen Leuten beiderlei Geschlechts -- da sind auch welche von Papas Kollegen hingegangen -- da wurde, heißt es, locker auch über heikle Themen geredet."

"Das ist ja mal eine intelligente Tarnung von so was -- Gesprächskreis -- auf die Idee muß man erst mal kommen!"

"Na ja, so hatte Papa auch mal seinen Spaß. -- So, mein Spatz, setzen wir uns endlich an den Kaffee!"

Der Rest des Nachmittags verlief ruhig und harmonisch. Ich spürte, wie meine Mutter und ich uns bei diesem Gespräch, einem der ersten über solche Themen, sehr viel näher gekommen sind und daß ein schwerer Stein von unserer Beziehung genommen war.

Beim Abschied küßte mich meine Mutter und fragte mit Tränen in den Augen: "Nun sag mal, Melanie, bist du mit deinem Leben glücklich gewesen?"

"Was soll ich sagen, Mama? Im Moment, mit Waldemar, bin ich sehr, sehr glücklich, so glücklich wie wohl noch nie in meinem Leben -- mit Ausnahme als Kind -- und mein Leben davor -- ich würde es nicht unglücklich nennen."

"Ich hab mich nur immer gefragt --"

"Wir reden noch weiter darüber! So, jetzt fahr ich nach Hause, wahrscheinlich ist Waldemar zurück und hat sicher viel zu erzählen. Es geht ja nicht nur um seine Jugendfreundin Conny, er war -- und das hab ich jetzt erlebt -- auch mit ihren Brüdern sehr befreundet und hat die jetzt wiedergefunden."

Ich fuhr schnell nach Hause, und tatsächlich wartete Waldemar schon auf mich. Wir fragten beide fast gleichzeitig:

"Wie war's?"

Waldemar floß als erstem das Herz über, und er erzählte von diesem Nachmittag, an dem er nach etwa dreißig Jahren zum ersten Mal wieder seine Jugendfreundin getroffen hatte. Das Treffen muß sehr harmonisch verlaufen sein, aber Waldemar erzählte keine Einzelheiten; die sollten wohl ein Geheimnis von Conny oder von Conny und ihrem älteren Bruder oder vielleicht auch von Waldemar bleiben -- oder sie wollte ihre schlimmen Erlebnisse erst einmal verdrängen und vielleicht viel später erst davon erzählen. Auf meine unangebracht neugierigen Fragen antwortete Waldemar nur, Conny sei von ihrem Ex nicht nur betrogen, sondern auch vor allen Leuten lächerlich gemacht worden.

"Aber du wirst sie ja morgen kennenlernen, vielleicht erzählt sie dir als Frau mehr, aber das soll sie entscheiden."

"Und habt ihr schon Weiteres ausgemacht?"

"Ich werd sehen, daß ich Conny auf meiner nächsten Dienstreise nach Kiel, die demnächst ansteht, besuche; sie will mir ihre Wohnung zeigen."

"Und dann werdet ihr auch das Schlafzimmer in Augenschein nehmen --"

"Wohl nur in Augenschein nehmen, denn sie scheint ihren neuen Freund wirklich sehr gern zu haben. Du wirst sie ja morgen kennenlernen."

"Ich freu mich schon!"

Und das tat ich wirklich. Nach allen Erzählungen Waldemars mußte Conny eine ganz liebe Person sein, der man helfen mußte, nach ihren schweren Enttäuschungen wieder Selbstvertrauen und Vertrauen zu anderen Menschen zu gewinnen.

Als wir am kommenden Nachmittag bei Werners Haus klingelten, wer öffnete uns? Eine freundliche Dame, etwas älter als ich: Conny! Sie fiel gleich Waldemar um den Hals, nach zwei Küßchen aber begrüßte sie mich mit den Worten:

"Sie sind also Melanie, Waldemars zweite Frau -- Waldemar hat mir schon vieles von Ihnen erzählt."

"Hoffentlich nicht zuviel Schlechtes-- und verheiratet sind wir auch -- noch -- nicht!"

"Das hab ich in meiner Jugend mal geglaubt, daß es darauf ankommt, Melanie, das hab ich mir inzwischen abgespeckt! -- Aber gehen wir doch auf die Terrasse und klönen da!"

Dort erwartete uns schon Werner und fragte:

"Na, habt ihr euch schon ein wenig miteinander bekannt gemacht?"

Als es bei dem folgenden small talk über das Wetter und die Hamburger sowie allgemeine Politik allmählich lästig wurde, daß Conny und ich die einzigen in der Runde waren, die sich siezten, fuhr Werner dazwischen und sagte:

"Ihr beiden Hübschen, ich sehe, ihr versteht euch prächtig, wollt ihr euch nicht auch duzen?"

"Ach ja, natürlich", sagte Conny, "also ich bin die Conny -- Ferber --, ich blöde Kuh bin das noch von meinem -- unserem, nicht wahr, Werner? -- Elternhaus so gewohnt, daß man sich mit fremden Leuten erst mal fünfundzwanzig Jahre siezt, also stoßen wir aufs Du an, Melanie -- Werner, hol doch mal bitte was!"

Nachdem Werner einen Cognac gebracht und Conny mit mir Schwesternschaft getrunken hatte, sagte ich zu ihr:

"Nach allem, was mir Waldemar Liebes von Dir erzählt hat, bin ich froh, daß du so gut aufgelegt bist! Komm doch zu mir aufs Sofa und laß dich noch mal richtig umarmen."

Sofort setzte sich Conny zu mir, und wir umarmten uns lange und innig -- so lange, daß Werner lachend sagte:

"Das sieht ja schon richtig gefährlich aus mit euch beiden!"

"Wieso gefährlich?", fragte Conny und fuhr, als der Groschen gefallen war, fort: "Ach so! Ja, du hast recht, Werner: Nach meiner Scheidung hat mir wirklich eine Kollegin, von der alle wußten, daß sie lesbisch ist, angeboten, zu ihr zu ziehen. Ich hab das zum Glück nicht gemacht, denn ich hatte gleich das Gefühl, daß sie auch sehr besitzergreifend ist. Also setzen wir uns wieder anständig hin, auch du, Melanie, und halten züchtigen Abstand voneinander!"

"Du bist Chemikerin, hat mir Waldemar erzählt?"

"Hat er das? Da hat er mal recht mit -- ich weiß ja nicht, was er sonst von mir so erzählt hat --"

"Nichts Schlimmes!"

"Das will ich hoffen! Mein Ex verbreitet nämlich neuerdings die angeblich ,wissenschaftlich erwiesene Tatsache`, daß wegen der Produkte meiner Firma die Fische im Polarmeer sterben oder so was Ähnliches."

"Und was macht ihr wirklich?"

"Reinigungsmittel. Ich entwickel gerade ein Verfahren, ein umweltverträgliches Spülmittel möglichst kostengünstig herzustellen. Das wird den Pril-Markt revolutionieren! Wenn von einer Milliarde Chinesen nur jeder hundertste das neue Mittel kauft, dann könnte ich mir sogar ein neues Auto kaufen."

"Das hab ich dir doch schon versprochen", warf Werner ein.

"Ach ja, richtig, danke: Dann genügt jeder zweihundertste."

"Und was machen deine Töchter?"

"Die haben beide fertig studiert, wohnen in Rostock und besuchen ziemlich oft ihre Mama, die manchmal den Kopf schüttelt -- aber es sind liebe Mädchen."

"Und warum schüttelst du dann den Kopf?"

"Die haben beide schon lange einen Freund -- also: jede hat einen Freund -- und die ältere hat schon zwei Kinder und die jüngere kriegt in fünf Monaten ihr erstes -- aber heiraten wollen die nicht."

"Vielleicht wegen deines Beispiels."

"Genau das sagen meine Mädchen -- ich sag immer noch Mädchen --"

"Das sagen doch fast alle Mütter!"

"Also genau das sei der Grund, dabei sind meine Schwiegerfreunde ganz liebe Jungs und zeigen überhaupt keine der so äußerst liebenswerten Eigenschaften meines Ex, die so bald nach der Hochzeit herausgekommen sind."

",Liebenswerte Eigenschaften` hast du ironisch gemeint, nicht wahr?"

"Du hast es erraten! Jetzt bin ich zweifache, bald dreifache Oma, kann aber als solche nur sehr bedingt ausgenutzt werden, da ich ja noch berufstätig bin. Das besorgen dann die Gegenschwiegermütter, Freundesschwiegermütter, Schwiegerfreundesmütter -- wie sagt man bei so was?"

"Das weiß ich auch nicht -- ein Armutszeugnis für eine Deutschlehrerin! -- Jetzt, wo ich älter werde, denke ich auch manchmal, daß es schön gewesen wäre, wenn ich Enkelchen hätte."

"Dazu kann ich dir ein Rezept sagen: früh heiraten und Kinder kriegen!"

"Das erste hab ich ja gemacht, und es war wohl zu früh, und dann ging es auseinander --"

"Und warum hattet ihr keine Kinder am Anfang?"

"Meine Berufsausbildung war meinen Eltern und Dieter -- das ist mein Ex -- wichtiger; das war überhaupt die Bedingung, daß meine Eltern mich mit zwanzig heiraten ließen."

"Na ja, mein holdes Ehegespons -- möge er in den Pinneberger Sümpfen -- aber man soll ja nicht fluchen -- also er sagte immer, wie gern er Kinder hätte, und damit hat er auch unsere Eltern und meine Brüder rumgekriegt -- gib es zu, Werner! -- und die Kinder hat er mir dann ja gemacht, und dann ging es los -- aber wir reden ja heute so lustig, ich will nicht wieder damit anfangen! -- Und wir tratschen hier, und ich hatte Werner gesagt, ich kümmere mich um den Kaffeetisch! Das muß ich jetzt nachholen, ihr unterhaltet euch ja wohl auch ohne mich!"

Wirklich: Die Unterhaltung war so anregend gewesen, daß wir gar nicht gemerkt hatten, daß wir immer noch an einem leeren Tisch saßen -- nicht einmal ein Glas Wasser hatte man uns angeboten!

Als Conny in der Küche hantierte, sagte Werner:

"So fröhlich habe ich Conny seit ihrer Scheidung nicht mehr erlebt! Habt vielen, vielen Dank, daß ihr gekommen seid!"

Ich ging dann auch in die Küche, um Conny zu fragen, ob ich ihr nicht etwas helfen könne.

"Danke, nicht nötig, Melanie! -- Ich glaub, wir sind uns in vielem ähnlich, findest du nicht?"

"Genau das finde ich auch -- das liegt wohl am Frauentyp, der Waldemar gefällt."

"Das wird's sein -- wenn du doch mal den Kuchenteller nehmen tätest -- oder darf ich das zu einer Deutschlehrerin nicht sagen?"

"Eigentlich nicht -- aber ich geb dir gern Nachhilfestunden."

"Ach geh, unsere Forschungsberichte müssen wir sowieso alle auf Englisch schreiben, und die sieht dann immer ein Engländer durch, der bei uns arbeitet."

"Das wollte ich dir nur noch sagen, wo wir hier in der Küche unter uns sind: Wenn du jemand brauchst, mit dem du von Frau zu Frau reden kannst: Ich bin sozusagen immer für dich da."

"Danke -- aber was heißt ,sozusagen`?"

"Das heißt, daß ich ja auch meinen Beruf hab und es deshalb zweckmäßig ist, ein Treffen oder in längeres Gespräch vorher zu verabreden."

"Ist doch klar, Melanie! Ich werd vielleicht auf dein Angebot zurückkommen. -- Gehen wir wieder raus zu den anderen! Kriegen wir beide alles mit?"

"Bei den Kuchenmengen, die du gebracht hast, fürchte ich, eine von uns muß nochmal in die Küche und den Rest holen."

"Ach, das geht schon!"

"Aber wir sind doch keine Kellnerinnen -- die Kuchenteller sollen nicht zu Bruch gehen, die sehen mir sehr nach altem Familienporzellan aus."

"Das hast du richtig erraten. -- Na gut, du hast gewonnen, nehmen wir erst mal einen Teil."

"Vielleicht essen unsere Herren ja auch gar nicht so viel."