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Feuer und Wasser

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Das verlief sehr harmonisch und als Jürgen fragte, wie er weiter verfahren sollte, meinte der Verleger nur: ""So, wie bisher, Herr Reissner. Ihre Umsatzzahlen und die eingegangenen Leserbriefe und Anfragen von anderen Verlagen zeigen, dass sie gar nicht so falsch liegen. Den Vorabdruck ihres Romans wollte ich eigentlich an einen Fachverlag weiterreichen, der sich auf solche Sachen spezialisiert hat, aber dann haben wir uns entschlossen, das Risiko einzugehen und ihn selbst auf den Markt zu bringen. Ein paar Leseproben haben wir ja schon veröffentlicht und das Interesse war riesig. Wenn es ihnen recht ist, setze ich einen erfahrenen Verlagslektor dran, der ihren Entwurf in eine druckbare Form bringt. Er wird sich mit ihnen in Verbindung setzen und das Ganze mit ihnen redigieren. Die Erfahrung geht ihnen noch ab, ab das kommt schon noch. Ich hoffe, dass es kein Einzelwerk bleibt. Und nehmen sie die Ausfälle von Herrn E. nicht allzu persönlich, obwohl sie das waren. Aber er kommt mit der Rolle, nicht mehr die absolute Nr. 1 im Verkauf zu sein, nicht gut zurecht und der Rückgang seiner Aufträge und Verkäufe haben sein Weltbild erschüttert. Entweder passt er sich an die Situation an, oder er wird über kurz oder lang untergehen. So ist die Lage auf dem Büchermarkt. Wer nicht gelesen, also gekauft wird, der verschwindet aus den Buchläden und Regalen."

Jürgen verlies F. mit der Zuversicht auf dem richtigen Weg zu sein und einer stattlichen Zulage auf seinem Konto.

Sein Verleger wusste ja nicht, wer oder was der Grund am Umschwung seiner Schreibart war und Jürgen war der Meinung, das sei alleine seine Sache.

So kam er wieder in seinem Dorf an und als er wieder zuhause war, erkannte er, dass sich nichts geändert hatte. Gar nichts.

*

So ging der Winter vorbei, Jürgen hatte sich in seine Arbeit vertieft und schrieb jeden Tag mehrere Stunden. Er fing wieder an sich abzusondern, verließ seine Wohnung nur noch um einzukaufen. Abends, in den einsamen Stunden, griff er wieder zu seiner Flöte, begann zuerst mit Griffübungen, dann nahm er sich die Noten vor und langsam gewann er wieder an Können. Aber die Lieder, die er spielte waren traurig und getragen und halfen auch nicht, ihn wieder aufzurichten.

Dafür hatte er an Ende des Winters den Entwurf für seinen zweiten Roman fast fertig.

Der Eisiglu hatte den Winter über geschlossen und Jürgen traf Arne und Melanie nur zufällig einmal im Supermarkt. Sie schleppten ihn ins Café und redeten mit ihm. Arne gratulierte ihm zum kommerziellen Erfolg seiner beiden Serien, erkannte aber schnell, dass es Jürgen nicht aufbaute. Irgend etwas schien an ihm zu nagen und trübte seine Laune.

Er bat Arne mit ihm nach Hause zu kommen, um ihm den Entwurf für seinen zweiten Roman zu zeigen und seine Meinung darüber zu erfahren. Da er ja selbst schon mehrere geschrieben hatte, konnte Arne ihm vielleicht sagen, wo etwas zu ändern oder zu verbessern wäre.

Arne nahm sich sehr viel Zeit, las einige Abschnitte flott, andere sehr gründlich durch. Zwischendurch tranken beide Kaffee, redeten aber so gut wie kein Wort. Arne saß am Computer und dem großen Monitor, während Jürgen in der Zeit wieder am Laptop an einer neuen Episode seiner Serien schrieb.

Nach mehr als zwei Stunden schaltete Arne den Rechner aus und lehnte sich in seinem Stuhl zurück.

Jürgen sah ihn erwartungsvoll an.

„Beeindruckend, sehr bewegend und intensiv", meinte er und schaute Jürgen an.

„Aber ist es wirklich das, was dich bewegt? Ist es das, was dich die ganze Zeit umtreibt? Du schreibst sehr gut, sehr umfangreich und der Leser wird von der Handlung gewiss beeindruckt sein und mitgenommen werden. Aber es kommt nicht aus deiner Seele, Jürgen, das bist nicht du. Du hältst zu viel zurück, bleibst stellenweise an der Oberfläche, genau so wie du es in deinem Verhältnis zu Elvira machst."

Bei dem Wort „Elvira" liefen Jürgen plötzlich, ohne dass er es verhindern konnte, die Tränen über das Gesicht und er konnte sich gar nicht mehr beruhigen. Er war die Woche über nicht aus dem Haus gegangen, hatte sie also auch nicht gesehen. Sogar wenn sie beim Putzen war, ist er nicht ans Fenster gegangen, nur um sie nicht sehen zu müssen. Denn sie zu sehen, das tat ihm sehr weh, zumal er bisher nicht den Mut aufgebracht hatte, ihr einmal richtig gegenüber zu treten und ein Zwiegespräch zu beginnen oder einzufordern.

Er war ein Feigling!

Er hatte Angst, einen Korb zu bekommen, sich eine Absage einzuhandeln, eine Abfuhr zu kassieren oder wie man es auch immer nennen wollte. Sogar wenn er von Vira träumte, wachte er immer dann auf, wenn sie zu ihm sagte, dass alles aus und vorbei sei, bevor es überhaupt angefangen hatte. Dann saß er lange wach in der dunklen Wohnung und grübelte vor sich hin, weil er nicht mehr schlafen konnte.

Arne legte ihm die Hand auf den Arm und drückte ihn.

„Wir machen am Samstag wieder auf und dann möchte ich dich bei uns sehen. Mach dir keine Hoffnungen, Elvira ist mit Ramona in die Ferien gefahren, sie wird also nicht da sein. Aber du musst wieder unter Menschen, sonst gehst du ein. Und werde dir gefälligst klar, was du willst, Jürgen. Wenn du sie wirklich liebst und willst, dann sage es ihr endlich, verdammt noch mal, denn ihr geht es genau so beschissen wie dir."

Arne machte eine kurze Pause.

„Ihr seid beide in einer verhängnisvollen Routine gefangen, aus der ihr endlich ausbrechen müsst. Macht reinen Tisch und egal wie das Ergebnis ist, dann wird endlich Klarheit zwischen euch herrschen.

Ich habe dir übrigens ein paar Stellen in deinem Roman angestrichen, wo ich der Meinung bin, das bist nicht du, der da schreibt, sondern ein Außenstehender. Lies es noch einmal durch und wenn du meiner Meinung bist, dann ändere es. Wenn nicht, dann lass es so. Und nun geh ich heim, bevor Melanie und die Kinder noch eine Vermisstenanzeige aufgeben. Mach´s gut, mein Junge und denke dran, am Samstag will ich dich bei uns sehen."

*

Nachdem Arne gegangen war saß Jürgen noch eine Zeitlang am Tisch, dann klappte er, nachdem er gespeichert hatte, sein Laptop zu und ging zum Schreibtisch.

Der große Monitor war nach der langen Zeit, die er nicht mehr benutzt worden war, in den Ruhemodus gegangen, aber als Jürgen die Maus antippte, erschien das zuletzt geöffnete Fenster wieder.

Er scrollte durch den Text, schaute sich die Passagen an, die Arne markiert hatte und überlegte lange.

Arne hatte recht. Das war nicht er selbst gewesen, der das geschrieben hatte. Das war ein Dritter, ein Unbeteiligter, der etwas geschrieben hatte, was nicht seine wirkliche Überzeugung war.

Er holte sich noch einen Kaffee, setzte sich hin und begann auszubessern oder gleich neue Teile einzufügen. Er konnte sich mit dem Schreiben Zeit lassen, denn Elvira war in den Ferien mit ihrer Tochter zu Verwandten gefahren und würde frühestens in zwei Wochen wiederkommen.

Er fing wieder an am Morgen zu laufen, setzte sich auf sein Mäuerchen und obwohl er wusste, dass Vira nicht da war, so war er doch enttäuscht sie nicht zu sehen.

Immer häufiger musste er sich eingestehen, dass er sie sehr vermisste.

Ja noch schlimmer, er stellte fest, dass er immer noch unrettbar in sie verliebt war.

Und diese Erkenntnis warf ihn für den ganzen Tag aus der Spur und es war nichts mit ihm in dieser Zeit anzufangen.

Zum ersten Mal seit langer Zeit sprach er mit seinen Eltern am Telefon über persönliche Dinge, nicht das Zeug das man sich immer so erzählt, nein, er schüttete seiner Mutter sein Herz aus und erzählte ihr, wie zerrissen er momentan war. Auf der einen Seite sein kommerzieller Erfolg, auf der anderen Seite sein Dilemma im Umgang mit der Frau, in die er sich verliebt hatte.

Seine Mutter tröstete ihn und machte ihm Mut, seinen Weg zu gehen, so konsequent, wie er es auch beruflich getan hatte.

Nach diesem Gespräch ging es ihm langsam wieder besser.

*

Wie er es versprochen hatte, machte er sich am Samstagmorgen auf den Weg zur Eisdiele. Aber vorher wollte er im Café frühstücken. Er war jetzt mehr als eine Woche nicht mehr dort gewesen und es fehlte ihm schon ein bisschen. Die freundliche Atmosphäre, das geschäftige Treiben und die vielen Menschen, von denen er schon eine ganze Menge zumindest vom Sehen her kannte und die ihn freundlich grüßten und ihm zunickten.

Als er die Passage zum Café entlang ging und versonnen die Unzahl an Blumen und Pflanzen betrachtete, die hier präsentiert wurden, da vernahm er plötzlich ein schüchternes „Guten Morgen".

Er schaute auf und blickte in das hübsche und freundliche Gesicht der schönen Gärtnerin.

Erstaunt, dass sie ihn wahrgenommen hatte, erwiderte er den Gruß, da fuhr sie auch schon fort: „Ich habe Sie ja lange nicht mehr gesehen, waren Sie verreist? Ich habe Sie schon richtig vermisst."

Er lachte.

„Nein, ich habe gearbeitet und momentan gibt es viel zu tun. Und Sie arbeiten auch am Samstag?"

„Ja, Blumen für die Gemeinde einpflanzen. Bei ihnen gegenüber bei der Bank kommt auch noch ein Pflanzentrog hin, aber erst nächste Woche. Heute machen wir zwei große Tröge vor das Rathaus hin, um die die Autofahrer herumfahren müssen. Dort wird nämlich immer viel zu schnell gefahren und die Schule und der Kindergarten sind ganz in der Nähe. Also bremsen wir sie so ein."

Sie verstummte, als wäre es ihr peinlich, dass sie so viel geredet hatte. Und woher wusste sie, wo er wohnte? Merkwürdig.

Jürgen drückte ihre Hand und lächelte sie an.

„Dann wünsche ich Ihnen noch ein kreatives Schaffen und ein wunderschönes Wochenende . . . und vielen Dank für ihre Nachfrage."

Die junge Frau, von der er nicht einmal den Namen wusste, errötete und eilte davon. Er sah ihr ein wenig verträumt nach. Sie war hübsch, freundlich, nett und kein Vergleich zu Elvira. Leider.

Als er das Café betrat, verschwand Carina gerade nach hinten, wo die Backautomaten standen. Maria, die „Grande Dame" der Bäckerei, begrüßte ihn und fragte ihn nach seinen Wünschen.

„Einen großen Kaffee, ein großes Wasser und ein normales Frühstück, bitte."

Maria hob eine Augenbraue.

„Frühstück? Bei uns? Ist ja was ganz Neues."

„Ich war zu bequem, zuhause alleine zu essen, also habe ich mir gedacht, such dir eine nette Gesellschaft und genieße da dein Frühstück. Also bin ich hier."

„Nun gut, sehr gerne. Carina, bitte einmal Frühstück für Herrn Reissner."

„Ich hab zu tun", schallte es von hinten. „Soll Christina machen."

Maria schaute verdutzt, aber als sie etwas sagen wollte, schüttelte Jürgen den Kopf.

„Ist schon in Ordnung, dann eben Christina."

Maria schaute ihn fragend an, dann hellte sich ihre Miene auf und ein kleines Lächeln ging über ihr Gesicht.

„Leuenberger, wie?"

„Wer oder was bitte ist ein Leuenberger?", fragte er verdutzt.

Maria grinste ihn jetzt richtig breit an.

„D i e Leuenberger, die Juniorchefin von der Gärtnerei. Andrea Leuenberger."

Jetzt wußte er wenigstens den Namen der flotten Gärtnerin.

Maria drehte ihren Kopf.

„Ist da vielleicht wer eifersüchtig?" fragte sie so laut, dass man es auch hinten in der Backstube hören konnte.

„Blöde Kuh", kam postwendend die Antwort und Jürgen und Maria amüsierten sich wegen dieser Reaktion.

Maria winkte ihn mit ihrem Finger näher zu sich.

"Sie sollten sie mal sehen, was sie für einen Aufstand macht, wenn sie Sie kommen sieht, Herr Reissner. Dann verschwindet sie wie der Blitz in die Backstube vor den Spiegel, richtet sich ihre Haare, schaut ob das Make-Up auch gut aussieht und lässt dafür alles andere stehen und liegen. Und dann drängelt sie sich an die Theke, nur um Sie bedienen zu können. Ein Kleinkind könnte nicht besser bemuttert werden. Und wenn Sie wieder weg sind, dann heißt es - Herr Reissner hier, Herr Reissner da, und hast du gesehen, wie er mich angeschaut hat? - Manchmal ist sie schlimmer wie ein pubertierender Teenager."

Jürgen lachte vor sich hin, während er der Erklärung von Maria zuhörte.

"Na, wenigstens sind Sie diesem Alter schon entwachsen, nicht wahr, Frau Eckhardt?"

Mit Erstaunen registrierte Jürgen, dass Maria leicht errötete und verlegen den Tresen abwischte.

"Ich hab noch zu tun", meinte sie entschuldigend und verschwand ebenfalls in der Backstube.

Wie gerne wäre Jürgen jetzt ein Mäuslein gewesen und hätte dem Getuschel der beiden lauschen können.

Was hatte er denn da losgetreten?

Er nahm seinen Kaffee und das Tablett mit dem Frühstück, setzte sich auf seinen Platz und begann genussvoll den noch warmen Semmel mit Butter und Marmelade zu bestreichen. Er lies sich Zeit damit, beobachtete das geschäftige Treiben an den vier Kassen des Marktes, winkte ein paar Bekannten zu und hielt einen kurzen Plausch mit Patrick, der noch für das Wochenende einkaufte.

Zufrieden und satt saß Jürgen nach seinem Frühstück entspannt auf seiner Bank, schaute dem emsigen Hin und Her im Markt zu, es war ja schließlich Samstag und morgen war zu, da musste man heute noch einmal ordentlich die Vorräte auffüllen. Bis Montag war es lang hin.

Jürgen bedauerte es fast, dass er sein Laptop zuhause gelassen hatte, denn diese kleine Episode war es wert, festgehalten zu werden. Aber noch war er in der Lage sich etwas zu merken.

Carina kam dann doch wieder von hinten hervor, denn es waren eine Menge Kunden zu bedienen, hatte sich aber entschlossen, Jürgen die kalte Schulter zu zeigen. Sie konnte es sich aber nicht verkneifen, ab und zu einen prüfenden Blick zu ihm zu werfen.

Jürgen hatte massive Schwierigkeiten, nicht pausenlos zu grinsen, aber ein Dauerlächeln konnte er nicht unterdrücken. Und jedes Mal wenn Carina zu ihm schaute, dann zeigte er ihr sein schönstes Lächeln. Was sie von Mal zu Mal mehr verunsicherte und verwirrte.

Aber Jürgen war selber verwundert. Was er jetzt und hier machte, das hatte er vorher noch nie gemacht. Seine angeborene Schüchternheit hatte dies verhindert. Dieses Dorf und seine Einwohner, ganz besonders eine, hatten ihn versaut. Pfui, Jürgen, schäme dich.

Aber es gefiel ihm und er fühlte sich sauwohl.

Ein kurzer Blick auf seine Uhr zeigte ihm, dass es Zeit war zu gehen. Er räumte sein Geschirr in den Schrank, nahm seine Tasche, winkte den Damen von der Bäckerei zu und verließ das Café.

*

Er kam gerade recht, als Arne die Eisdiele aufsperrte. Der schaute gen Himmel und meinte: „Na, ob das heute was wird? Es sieht gar nicht so gut aus? Mel? Machen wir heute mal nicht so viel Eis. Ich glaube, eine Lage reicht. Es riecht nach Regen."

Wie Arne das riechen konnte, das war Jürgen nicht ganz klar. Konnte man riechen, ob es regnet?

Nun, Arne musste es wissen. Er lebte schon länger hier und war mit den wetterbedingten Eigenheiten der Gegend vertraut.

Er bestellte sich einen Schwarzwaldbecher, zu lange hatte er auf gutes Eis verzichtet. Dazu einen Cappuccino, denn im Magen kam ja sowieso alles zusammen.

Dann zog er ein dickes Papierbündel aus seiner Tasche und legte es vor Arne auf den Tisch.

„Bist du so gut und liest dir das mal durch, wenn du Zeit hast? Ich habe mich an deinen Vorschlag gehalten und alles noch einmal überarbeitet. Es hat lange gedauert, bis ich so einigermaßen zufrieden war. Jetzt möchte ich gerne deine Expertise hören. Und bitte genau so, wie du es beim Lesen empfindest. Nimm bloß keine Rücksicht auf meine Empfindlichkeiten. Ich will die Wahrheit, die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit. Okay?"

Arne nickte und legte das Bündel zur Seite.

„Nun gut, dann werde ich mal den strengen Richter spielen, Jürgen. Und wie sieht es bei dir aus? Bist du in der anderen Sache zu einer Entscheidung gekommen?"

„Ja, da muss ich jetzt durch. Wenn Elvira aus dem Urlaub zurück kommt, werde ich sie um eine Unterredung bitten. Ich halte den Zustand, wie er momentan besteht, nicht mehr lange aus. Das macht mich fertig. Ich brauche Klarheit, ganz egal wie sie aussieht. Ich bin auf alles gefasst Arne, nur so kann ich nicht weiterleben. Meine Moral, meine Arbeit, mein Wohlbefinden, alles leidet darunter. Es muss zu einer Entscheidung kommen und ich werde das akzeptieren, was sie möchte. Alles andere bringt nichts."

Arne nickte zustimmend.

„Dann hoffe und wünsche ich das Beste und zwar für euch beide. Ich kenne Vira schon lange und dich eigentlich erst so richtig seit einem halben Jahr, aber nach meiner unmaßgeblichen Meinung seid ihr füreinander bestimmt. Warum muss es denn immer so kompliziert sein, hä?"

Jürgen zuckte mit den Schulter, dann wandten sie sich anderen Themen zu. Er lies sich von Arne das Kochbuch zeigen, fand sogar einige Rezepte darin, die er sich auch zutraute und erwarb ein Exemplar. Wenn er Probleme haben sollte, dann sollte er ruhig kommen und ihn um Rat fragen. Vielleicht konnten sie mal zusammen kochen, dann würde er einige Tricks und Kniffe lernen, die es etwas einfacher machen würde.

Arne schaute mit gerunzelter Stirn nach draußen. Es war merklich dunkler geworden.

Er ging vor die Tür, schaute nach oben, dann rief er seine Frau und Heike, die in der Eisdiele half.

„Räumen wir zusammen, es sieht gar nicht gut aus. Und du schaust, dass du heim kommst, bevor du nach Hause schwimmen kannst."

„Ich helfe euch noch", meinte Jürgen und packte mit an. Er schaute nach oben und sah das der Himmel senfgelb geworden war. Es sah nach Gewitter und Hagel aus. Und von Westen kam eine rabenschwarze Wolkenwand.

Dann nahm er sein neues Kochbuch und machte dass er nach Hause kam.

*

Kaum war er in der Wohnung, musste er alle Fenster schließen, da ein starker Wind aufkam.

Die ersten Tropfen klatschten gegen die Scheiben und Jürgen beschloß sich an die Balkontür zu setzen und das Schauspiel zu betrachten. Er holte sich ein Glas Wein aus der Küche nahm sich einen Stuhl und machte es sich bequem.

Der Regen und der Wind wurden stärker, die Tropfen größer und der Lärm, mit dem sie gegen die Fensterscheiben schlugen, wurde lauter.

Was war er froh, dass er zuhause war und dem Toben des Sturmes aus der warmen Stube zuschauen konnte.

Ein ungeheuer lauter Donnerschlag ließ ihn zusammenzucken und dann schlugen Hagelkörner gegen die Fenster und prasselten auf den Balkon. Von hier aus sprangen sie in alle Richtungen davon und verursachten einen Lärm, der ihm schon fast in den Ohren schmerzte. Blitze zuckten und tauchten das Halbdunkel in ein gespenstisches Licht. Wer jetzt draußen von dem Gewitter überrascht wurde, der tat ihm leid.

Dann ließ der Hagel nach, aber dafür wurde der Regen umso stärker. Es goss in Strömen, so dass er das Gebäude gegenüber durch die Wasserwand fast nicht erkennen konnte. Es rauschte, als würde er an einem Wasserfall sitzen.

Jürgen richtete er sich auf. Er glaubte etwas gehört zu haben. Wieder läutete die Türglocke. Wer mochte denn bei diesem Sauwetter da draußen sein?

Noch einmal das Läuten, diesmal schon heftiger.

Er sprang auf, eilte zur Wohnungstür und öffnete sie.

Und glaubte seinen Augen nicht zu trauen.

*

ELVIRA!!!

Sie war doch im Urlaub? Und wie sah die denn aus?

Wie eine getaufte Maus.

Nass bis auf die Haut, das Wasser lief in kleinen Bächen aus ihren Haaren und durchnässte ihre Bluse. Und es mag unpassend klingen, aber jetzt konnte Jürgen zum ersten Mal ihren niedlichen kleinen Busen sehen, oder besser gesagt den BH, der ihn verdeckte.

Sie schaute ihn mit weit aufgerissenen Augen an und tropfte derweil den Boden voll.

„Wir müssen reden!", stieß sie hervor. Sie zitterte vor Kälte und brachte die Worte fast nicht hervor, so klapperten ihre Zähne.

„Wir müssen reden!", wiederholte sie.

Er fasste ihre eiskalte Hand, zog sie in die Wohnung und schloss die Tür.

„Aber nicht so", meinte er und nahm sie mit ins Bad.

Er stellte eine kleine Wanne auf die Waschmaschine und schaltete den Heizstrahler ein. Jetzt musste es schnell gehen und da konnte er keine Widerworte gebrauchen.

„Los, ausziehen!", sagte er bestimmt.

Elvira starrte ihn entsetzt an und wich einen Schritt zurück.

„Die nassen Klamotten kommen in die Wanne und dann vor die Tür stellen. Da stehen Shampoo und Duschgel."

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