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Ich Wünschte...

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Um halb drei verließ ich die Schule, war müde, hungrig, erschöpft, aber auch zufrieden. Ich hatte gute Arbeit geleistet und viel geschafft.

Als ich an meinem Auto stand, die Taschen auf den Rücksitz gewuchtet hatte und schon die Hand an der Fahrertür hatte, war sie da.

Ich erschrak, als sie die Hand auf meine Schulter legte und mich umdrehte.

„Ich habe auf Sie gewartet. Seit eins!"

„Oh!", was sollte ich sagen? Ich hatte das nicht gewusst. Es war nicht ungewöhnlich, dass ich länger an der Schule blieb, um dort zu arbeiten.

„Das tut mir leid, ich wusste nicht, dass ..."

„Seien Sie still"

Liz packte mich an der Hand und zog mich in das Gebüsch hinter dem Lehrerparkplatz.

Ich folgte ihr, ganz perplex. Sie schien wütend. Was hatte ich falsch gemacht? Wir hatten keine Verabredung oder so gehabt. Wenn sie so lange auf mich gewartet hatte, dann war das doch nicht meine Schuld. Wie hätte ich das wissen können?

Die Äste klatschten gegen meine Stirn, als wir durch einen ausgelatschten Weg liefen. Ich wusste, dass die Schüler hier immer heimlich rauchten, man munkelte, dass hier Drogen verkauft oder konsumiert würden. Manche Kollegen berichteten von süßlichem Rauch, der aus der Ecke aufstieg. Ich konnte dazu nichts sagen. Meine Drogenerfahrungen gingen gegen null. Ich sah nur den Müll, die zerknüllten Trinkbecher. Kein sonderlich idyllischer Ort.

Sie zog mich bis in die hinterste Ecke, drehte mich um und schubste mich gegen die Bretterwand des angrenzenden Grundstücks. Ich knallte mit Wucht dagegen, dass meine Schulterblätter schmerzten und die Wand bedrohlich nachgab und wackelte. Zwei Gärten weiter bellte ein Hund.

Sie blickte mich böse an, und stand näher an mir, als man das gewöhnlich tat.

Ich spürte ihren Atem auf meinem Gesicht. Er roch ein wenig süßlich, als hätte sie einen Orangensaft getrunken.

Zum ersten Mal fielen mir ihre Augen wirklich auf. Dass sie grün waren, hatte ich vorher schon registriert, aber nun bemerkte ich erst, wie schön sie waren. Ein wenig wässrig im Zentrum mit kleinen braunen Spritzern und kräftiger an den Rändern.

Sie bewegten sich nervös und aufgebracht hin und her, fanden meine Augen, die mit gutem Willen so ein wenig bläulich, eigentlich aber eher unscheinbar grau waren. Unsere Blicke verfingen sich ineinander, und ich sah, wie sie meinen Blick erwiderte und ruhiger wurde. Ich betrachtete ihr Gesicht. Die helle, bleiche Haut, die wenig Sonne zu sehen bekam, aber dadurch auch ein wenig vornehm aussah, die schmalen Augenbrauen, die sich über ihren Augen schwangen. Aus dieser Nähe war sie schön wie die Prinzessin eines fernen, dunklen Landes.

Ihre Augen musterten nun auch mich. Sie blickten auf meine Nase. Was war an der besonders? Folgten hinauf zu meiner Stirn, meinem Haaransatz. Sicher nahm sie wahr, dass die Färbung raus gewachsen war und das konturlose Braun meiner natürlichen Haarfarbe die blonde Färbung zu vertreiben begonnen hatte. Sie blickte auf meine Brauen, die ich ein wenig zu breit empfand und an ihren Ansätzen diesen kleinen Wulst hatten, den ich nicht mochte. Wieder hinunter zu meiner Nase, zu meinen Lippen, auf die ich stolz war, die durchaus Volumen hatten und mit aufgetragenem Lippenstift kräftig leuchteten. Ihr Blick folgte ihnen von einem zum anderen Mundwinkel, dann zu meinem Kinn hinunter, das ich früher als zu kantig empfunden hatte, das meinem Gesicht nun aber Kontur gab, wie ich fand. Dann wurde ihr Blick diffuser, meinen Hals glitt er hinunter. Er streifte meine Brüste, fand dort aber scheinbar nichts. Ich hatte den Blouson an, der keinen tiefer Einblick gewährte, also nahm ich ihr das nicht übel.

Ihr Blick konzentrierte sich wieder auf meine Augen.

Was sah sie darin?

Ich spürte ihren Blick, der sich tief durch meine Pupillen bohrte und etwas suchte.

Was fand sie?

Meine Ergebenheit oder meine Lust? Meine Hingabe? Meine Loyalität oder mein Vertrauen?

Es war einer dieser Momente, der nur einen Augenblick andauerte, aber wie eine Ewigkeit erschien. Ein Moment wie in einem Film eben, der mit aufwallender Streichermusik endete.

Wir wussten beide, was geschehen würde.

Und es geschah.

Mit beiden Hände knallte sie mich erneut gewaltsam gegen die Bretterwand, doch ich merkte nichts mehr davon, dass sie nachfederte, ich merkte auch nichts mehr von dem Hund, der wieder, aber nun wütender, bellte. Ich spürte nur noch ihre Lippen auf meinen.

Sie drückte sie mit solcher Wucht auf meinen Mund!

Es war kein Kuss, es war mehr wie der gierige Angriff eines Vampirs. Es war nicht zärtlich oder sinnlich, es war einfach nur hart und gewaltsam. Wie ein Raubtier sich in sein Opfer verbeißt.

Ihre Zunge drängte hervor, stieß in meinen Mund. Ich spürte die Kraft selbst in ihrer Zunge, die sich gegen meine drückte. Sie verschlangen sich ineinander, aber es war ihre, die die Richtung und die Bewegung vorgab, und meine Zunge konnte nur symbolischen Widerstand leisten. Sie hatte ihr nichts entgegenzusetzen.

Liz drückte meinen Kopf gegen die Bretterwand, unsere Oberkörper aneinander gepresst wanden sich, und ich glaubte ein Reißen zu hören oder zu spüren, als würde mein Blouson von einem Nagel zerrissen.

Was kümmerte es?

Ich spürte, wie sie schwer auf mich atmete, durch die Nasenflügel schnaubend wie ein Stier.

Immer wieder ihre Lippen, die mit meinen rangen, mit weit geöffneten Mündern. Einmal klickten unsere Schneidezähne gegeneinander, dass ich Sorge bekam.

Ihre Fäuste hatten erst mein Revers umkrallt, nun glitten sie roh über meinen Körper, umarmten mich, folgten den Linien meines Körpers, aber ohne Erkenntnisgewinn, sondern in erratischer Suche nach irgendeiner Erfüllung.

Meine Arme hielt ich starr an meinem Körper, folgsam und passiv, um ihren Händen nicht im Wege zu sein.

Sie schob mich den Zaun entlang in unserem Kuss, ich stolperte, hoffte, dass sie mich fangen würde, aber wir waren zu verschlungen, um uns mit Gravitation aufzuhalten. Ich knickte ein, und sie folgte mir, war über mir. Mein Knie fiel auf eine feuchte Stelle im Boden, ich dachte an den Flecken auf meiner hellen Hose, ob er wieder heraus ginge und daran, dass ich noch viel mehr solcher Male auf meiner Kleidung haben wollte. Liz könnte sich mit mir hier wälzen.

Oh täte sie es doch!

Ich würde jeden Fleck mitnehmen als stolzes Zeichen dessen, was sich hier abgespielt hatte.

Welch irrsinniger Gedanke in diesem Moment.

Halb hockten, halb lagen wir an diesem Zaun, meine Beine unangenehm gespreizt. Ich ignorierte das Ziehen in meinen Schenkeln, dafür spürte ich ihre Hände an meinem Hals. Mal griffen sie zu, dann ließen sie wieder locker, suchten sich eine andere Stelle, griffen wieder.

Ihr Knie lag irgendwie zwischen dem Dreieck, das meine Schenkel bildeten, auch in einer unvorteilhaften Position. Ich wünschte, dass es weiter vordrang, mich berührte, wo ich es brauchte. Ich versuchte mein Becken vorzudrücken, doch ihr gesamtes Gewicht lastete auf mir, sodass ich mich nicht mehr bewegen konnte und meine Bemühungen keine Frucht trugen, höchstens ungelenk aussahen.

Das hier hatte nichts mehr von der Choreographie eines Films. Hier war nichts mehr manieriert oder stilisiert.

Als sie sich von mir löste und aufstand, blieb ich in meiner unangenehmen Position verharren. Es schien mir richtig, ich richtete nur ein wenig meine verrenkten Glieder, mehr nicht.

Ich wollte, dass sie auf mich hinab sah in meinen Kleidern, die verknittert, verrutscht und verdreckt waren. Sie sollte über mir stehen und auf mich herabblicken. Sie sollte spüren, was gerade geschehen war. Und ich wollte sie über mir stehen sehen. Wie ein Besiegter auf seinen Gegner hinauf schaut. Geschlagen und hilflos auf dessen Gnade angewiesen.

Sie tat mir den Gefallen, stand dort, stumm, ihre Brust hob und senkte sich nach der Anstrengung. Auch sie war erregt.

Liz sagte nichts, es war einfach ihr Blick von oben herab. Als sie ihren Fuß bewegte, zuckte ich zusammen. Ich hatte befürchtet, dass sie mir einen verächtlichen Tritt verpassen könnte. Aber sie tat nichts. Unsere Blicke trafen sich. Ihrer stählern, meiner geschlagen. Ein winziges Lächeln zog sich über ihr Gesicht.

Sie drehte sich um und verschwand durch das Gestrüpp. In wenigen Augenblicken war sie verschwunden, und ließ mich dort zurück.

An diesem Ort, der mir nun so unpassend erschien für das, was gerade passiert war. Langsam nahm ich den Hund wahr, der immer noch, wenn auch lustloser bellte und protestierte.

Ich spürte meine verrutschte Kleidung, zog sie ein wenig zurecht, spürte nun auch den leichten Schmerz an meinem Mund von diesem rohen Kuss, griff mir an den Mund, um zu sehen, ob ich blutete. Aber die Feuchtigkeit, die mein Zeigefinger aufnahm war nur Speichel. Meiner und ihrer untrennbar vereint. Ich müsste ihn eigentlich konservieren. Irgendwie aufbewahren für die Ewigkeit. Ich ließ meinen Finger sinken, ohne ihn abzuwischen

Trotzdem schmeckte ich den erdigen und metallischen Geschmack von Blut. Nicht stark, nicht dominant, aber dennoch unzweifelhaft. Wieder kam mir das Bild des Vampirs in den Sinn.

Ich mochte noch einige Minuten dort verharrt haben, dann war ich wieder so weit zu mir gekommen, dass mein Verstand lästige Fragen stellte. Was, wenn mich hier jemand fände? Wie würde das aussehen? Was würde man denken oder sagen?

Ich raffte mich mühsam auf, strich meine Kleidung glatt und stakste ungelenk durch das Gebüsch auf den Parkplatz zu meinem Wagen. Die Fahrertür war immer noch angelehnt.

Ich stieg ein, steckte den Schlüssel ins Schloss, aber drehte die Zündung nicht um.

Ich musste mich erst sammeln.

Vierzehn

Der Treffpunkt war eine Grillhütte am Rande des Stadtwaldes freitagabends.

Die Jogger waren längst weg.

Es war stockfinster.

Ich war am Tag zuvor bereits dort gewesen, um sicher zu stellen, dass ich den Ort finde. Nun stapfte ich durch die Dunkelheit. Das Licht der Taschenlampe meines Handys half mir mehr schlecht als recht. Einmal knallte mein Kopf an einen Ast, den ich vor lauter Beobachtung des Bodens nicht gesehen hatte. Ich fluchte in die Dunkelheit und musste dann unwillkürlich über mich selbst schmunzeln. Wahrscheinlich bot ich ein lächerliches Bild im Kampf mit dem Weg und den Dornen, die nach meiner Jeans griffen und daran zerrten.

Schließlich erreichte ich die Hütte.

Es roch schwach, aber eindeutig nach Urin. Um diese Abendstunde war es still.

Das Rauschen der Stadt war weit weg und mehr zu erahnen als wirklich zu hören. Meine Augen starrten in die Dunkelheit der Hütte. Kein Lichtstrahl drang herein und keiner heraus.

Ich stand unschlüssig davor. War Liz schon da oder ließ sie mich wieder warten? Sollte ich eintreten? Ich war von dem Gedanken nicht begeistert. Denn ich vermutete, dass der Urin-Gestank seinen Ursprung in der Hütte hatte. Der Ort war nicht sehr angemessen. Weder romantisch noch sonst wie passend. Es war der Ort, an dem sich verboten Liebende heimlich trafen. Ein Notbehelf, ohne Stil oder Aura. Vollkommen kontraproduktiv in seiner Atmosphäre.

Liebe.

Wieder so ein Wort, das nicht richtig klang.

Der Treffpunkt der verboten Liebenden.

Geheime Raucherecken hinter der Schule, Tiefgaragen, öffentliche Bedürfnisanstalten, Autobahnbrücken?

Der beißende Geruch getrockneten Urins ein ständiger Begleiter? So hatte ich mir das nicht vorgestellt. Vielleicht war das nur Ausdruck eines kulturellen Altersunterschieds. An solchen Orten verbrachten Jugendliche, die knapp bei Kasse waren und nicht im Einkaufszentrum lungern wollten, einen Teil ihrer Freizeit eben. Die trafen sich nicht in gestylten Kaffeehäusern, wählten zwischen Hundert Sorten Kaffee aus und surften auf ihren Laptops im W-Lan.

Vielleicht war ich einfach zu alt für so etwas. War ich zu alt für sie?

Dumme Fragen, die ich wegwischte.

Ich war angekommen. Stand an dem Eingang, und aller Ärger, alle Rationalität, streifte ich ab. Was blieb, war das Herzklopfen und die Erwartung.

Ein letztes Mal beschäftigte mich die Wahl des Ortes. An solch einem Ort zu solch einer Zeit stellte ich mir vor, dass sich nur Psychopathen dort aufhalten würden.

Ich blieb vor dem Eingang stehen und versuchte irgendetwas zu erkennen oder zu hören. Es dauerte nur einige Augenblicke, aber ich war so auf meine Sinne konzentriert, dass ich furchtbar erschrak, als plötzlich das leise, aber unerwartete Ratschen des Feuerzeugs ertönte und ein gespenstiger Lichtstrahl auf Liz' Gesicht fiel, als sie ihre Zigarette anzündete.

Das Licht des Feuerzeugs erlosch nach wenigen Sekunden wieder. Es reichte aber, dass ich sie erkennen konnte. Sie saß lässig auf einer Bank, hatte einen Arm über die Holzlehne ausgestreckt und ein Bein angezogen auf der Sitzfläche der Bank stehen.

Wieder eine dieser überlegten Posen. War Liz so plakativ oder versuchte sie mir damit angestrengt eine Nachricht zu übermitteln?

Was nach dem Erlöschen der Flamme blieb, war das Glühen der Zigarette, das einen Teil ihres Gesichtes schwach erleuchtete und in ein warmes, aber auch diabolisches Licht tauchte.

„N'Abend", unterbrach sie die Stille.

„Guten Abend."

„Ich habe Sie von weitem kommen hören. Sie sind ganz schön durch das Gestrüpp getrampelt."

Ich hatte schon angesetzt, mich zu rechtfertigen, hielt dann aber inne, und entschuldigte mich mit leiser Stimme.

„Ist halt dunkel. Sie müssen sich nicht entschuldigen." Eine kurze Pause. „Auf der anderen Seite mag ich das. Sie haben Manieren. Es ist nicht ihre Schuld, trotzdem entschuldigen Sie sich. Das nennt man wohl devot. Ich lerne im Moment viel über all das hier. Aus dem Internet und so."

Ich blieb stumm und sah mich um. Erst jetzt erkannte ich, das Kletterseil vor mir auf dem Boden. Gelb und schwarz gemustert, locker aufgerollt.

Sofort war das Gespräch vergessen, und die Frage rückte in den Vordergrund, was es mit diesem Seil auf sich hatte?

Würde sie mich fesseln? Hier in der Nacht, in dieser stinkenden Hütte? Konnte ich das zulassen? Mich ihr vollkommen auszuliefern? Was könnte sie alles mit mir anstellen, wenn sie mich einmal all meiner Freiheit und Kontrolle beraubt hatte? Konnte ich mich ihr wirklich so ausliefern?

Angst stieg in mir hoch und ertränkte meinen Verstand.

Ihre Stimme war wieder leise und kontrolliert.

„Ich habe sie beobachtet, wie Sie mich beobachtet haben. Die Gardinen im Lehrerzimmer sind nicht so dicht, wie Sie vielleicht glauben. Das hat mir gefallen. Ich meine, dass eine Lehrerin einer Schülerin nachstellt. das schmeichelt mir. Das schmeichelt jedem, nehme ich an. Und Sie sind ja nun auch nicht unansehnlich. Ich müsste mich mit Ihnen nicht schämen."

Was sollte ich sagen?

Welch schiefer Gedanke. Sie müsste sich mit mir nicht schämen? Was sollte das? Stellte sie sich vor, dass sie mich in aller Öffentlichkeit zur Schau stellen konnte? In mir schrillten Alarmglocken.

Sollte ich das richtig stellen?

Sollte ich protestieren?

Sollte ich mich dazu äußern?

Das war eine Sache, die nun vollkommen jenseits jeder Diskussion stand. Am Nasenring durch die Schule geführt zu werden von ihr. Da könnte ich gleich meine Kündigung einreichen.

Aber ich sagte nichts. Das war nicht die Zeit für Verhandlungen über die Natur unserer Beziehung.

Liz ging über den Gedanken hinweg.

„Sie reizen mich. Im wahrsten Sinne des Wortes. Wenn Sie mich ansehen, dann fühle ich etwas. Etwas ... Wölfisches. So was wie einen Jagdtrieb oder so. Ich weiß nicht, was es ist. Irgendwie senden Sie so was aus wie: Ich bin ein Opfer. Friss mich!"

Ich schwieg. Sie hatte recht.

„Ich habe mich jedenfalls gefragt, was Sie von mir wollen. Ist ja nicht üblich, dass das Opfer dem Raubtier auflauert. Was wollen Sie von mir?"

Sie wollte mir zeigen, dass sie mir auch intellektuell das Wasser reichen konnte, dass sie sich Gedanken gemacht hatte.

„Also?"

Was wollte ich von ihr? Das war eine gute Frage. Ich hatte sie mir so explizit noch nie gestellt. Was wollte ich von ihr? Mir schien der Gedanke absurd. Hatte ich hier etwas zu wollen? In der Rolle, die ich mir vorstellte, hatte ich allenfalls auf die Brotkrummen zu hoffen, die sie mir vor die Füße warf. Lief es nicht so? Aber natürlich war das Unsinn. Natürlich hatte ich Erwartungen zu haben. Ich hatte eine Entscheidung getroffen, in freien Stücken hatte ich mich entschlossen. Natürlich hatte ich Erwartungen.

Zu Dienen.

Ihre Aufmerksamkeit zu erlangen.

Mich hinzugeben.

Glücklich zu sein.

Erfüllung zu finden.

Zu ihren Füßen zu liegen.

Geliebt zu werden.

Sie saß immer noch still da und wartete auf meine Antwort. Ihre Zigarette hatte sie längst weggeschnipst, doch meine Augen hatten sich ein wenig an die Dunkelheit gewöhnt, und ich konnte ein paar Linien in ihrem Gesicht ausmachen.

In meinem Kopf spielte sich ein Lied ab. Es kam aus dem Nichts, es war einfach so da. Es hatte mir zuvor nichts bedeutet, ich kannte es, hatte es aber in der Kategorie Kuriositätenkabinett eingeordnet. Unter dem Stichwort: Wie erbärmlich können manche Frauen doch sein?

„Kennst du die Band Hole?" Meine Stimme krächzte ein wenig.

„Von der Frau von Kurt Cobain. Wie heißt die noch?"

„Courtney Love"

„Genau."

„Die haben mal ein Lied gecovert aus den 60ern. Von Carol King und Phil Spector. Der sitzt jetzt wegen Mordes im Knast und hat mit den Beatles gearbeitet."

„Und?"

„Das Lied geht so:

He hit me.

And it felt like a kiss.

He hit me.

And I knew he loved me.

If he didn't care for me,

I could have never made him mad.

But he hit me.

And I was glad."

Baby won't you stay?

„Krank."

„Das sagt Courtney Love auch."

„Und, was hat das mit uns zu tun?"

Die Frage war einfach, sie war zu erwarten gewesen. Es war die natürlichste Frage der Welt. Nur musste ich es jetzt tun. Ich musste meine Gefühle vor ihr ausbreiten, mich vor ihr entblößen. War ich dazu in der Lage? Aber was für eine Alternative hatte ich? So lief es nicht. Ich hatte mich nicht zu zieren. Das hier hatte etwas damit zu tun, sich zu überwinden.

„Nun, wie soll ich sagen. Es ist nicht einfach. Da ist diese Frau, und die wird wie Dreck behandelt von ihrem Mann, und sie sieht das als Zeichen seiner Zuneigung. Er könnte sich ja auch eine andere suchen, aber er gibt sich mir ihr ab, obwohl er das nicht müsste."

„Und Sie sind schon froh, wenn sich einer mit Ihnen abgibt? Egal was der mit Ihnen macht? Hauptsache er gibt sich mit Ihnen ab? So verzweifelt sind Sie?"

Ihre Worte schnitten wie Rasierklingen. Sie hatte einen Nerv getroffen. Ich wusste nicht, welche Reaktion ich gerne gehabt hätte, vielleicht Mitgefühl oder lieber gar keine Antwort. Aber sicherlich nicht diese kalte Analyse.

„Sie sind also von einem Typen verlassen worden und wollen nun, dass sich irgendwer um sie kümmert? Selbst wenn er sie wie Dreck behandelt? Bin ich also so was wie eine Verlegenheitssache, die Sie sausen lassen, wenn Sie wieder einen anderen Typen finden?"

„Nein, so ist es nicht."

Da steckte etwas Tieferes dahinter, das ich auch schon gefühlt hatte, als ich noch mit Hans zusammen war. Ein Wesen, das ich nie wirklich erkundet hatte, das in einer Gegend meiner Seele beheimatet war, die mir unheimlich zu erforschen gewesen war. Etwas, das ich immer von mir geschoben hatte und nicht näher betrachten wollte. Ich hatte nie darüber nachgedacht, ich hatte es nie kennen lernen wollen. Aber nun hatte es sich eben hervor gedrängt, war ans Licht gekrochen und nun musste ich mich damit auseinandersetzen. Ein schwarzes Wesen, geschmeidig, gewandt, mit weichem Fell, aber eben auch unheimlich. Wie eine schwarze Raubkatze. Grazil, mit weichem Fell aber scharfen Krallen und tödlichem Instinkt. Wunderschön, aber auch mordsgefährlich.

Ich konnte es nicht genauer beschreiben. Meine Worte fehlten mir, die Situation raubte mir meine Gedanken, und so blieb es bei Klischees von schwarzen Katzen. Platt und abgestanden.

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