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Neglect Ch. 02

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Eigentlich stand Zane der Sinn mehr nach Alleinsein -- aber vielleicht konnte Jules seine trübsinnigen Gedanken verscheuchen. Es brachte ihn nicht weiter, ständig über Geschehenes und Vergangenes zu sinnieren. Rückgängig machen konnte er es ohnehin nicht.

Also schüttelte Zane knapp den Kopf und schon hockte Julie auf der Fensterbank, ein Fuß auf dem weißlackierten Brett, der andere knapp fünf Zentimeter über dem hölzernen Fußboden baumelnd. Jules fischte mit geübten Fingern eine der langen Zigaretten aus ihrer Schachtel und lehnte dann den Hinterkopf gegen den Fensterrahmen. Ihr Blick schweifte nach draußen, über den wolkenbedeckten Himmel Richtung nächtliche Skyline der Downtown Houstons.

„Irgendwie macht dieser Anblick mich melancholisch", seufzte sie und drehte Zane den Kopf zu.

„Melancholisch?", echote er verständnislos. Nachdenklich, vielleicht. Seinetwegen auch träumerisch. Aber melancholisch?

„Er erinnert mich an das, was ich hinter mir gelassen hab." Jules schmuggelte ein schwarzes Feuerzeug aus ihrem Dekolletee hervor. Zanes Blick verfing sich einen Moment lang zwischen ihren hübschen Brüsten. Die gebräunte Haut schimmerte samtig im Schummerlicht. Zane spürte, wie ihm warm wurde. Leichte Röte zeichnete sich über seine Wangen ab, als er sich schließlich wieder unter Kontrolle hatte. Jules erwiderte seinen entschuldigenden Blick mit frechem Grinsen. „Hey, ich bin ein Mädchen, ich darf sowas."

Darauf zog Zane vor, nichts zu erwidern.

Aber Jules schien ohnehin keine Antwort von ihm zu wollen. Mit verträumtem Blick blies sie sanft über das Filterende ihrer Zigarette, um eventuelle Glassplitter zu beseitigen. Irgendein blödes Gerücht, das mal wer in Umlauf gebracht hatte, aber Jules schien es plausibel genug zu finden.

Sanft schob sie den Filter der Zigarette zwischen ihre lipglossig rosa schimmernden Lippen. Zane schluckte hart, als seine Fantasie ihm für einen Herzschlag lang unerwünschte Bilder vorgaukelte. Nein, das war jetzt wirklich kontraproduktiv... Wie lautete noch gleich die Quadratzahl von 17? Zane biss sich auf die Lippen. Welch ironisches Déjà-vu.

Jules' Finger spielten um das Feuerzeug. Kurz darauf kräuselte sich grauer Rauch in die angenehm abgekühlte Luft. Jules schloss die Augen und zog leise aufseufzend an ihrer Zigarette. Aus ihrem leicht geöffneten Mund quollen dünne Rauchfäden hervor, ehe Jules den Zigarettenrauch ihre Kehle kitzeln und anschließend ihre Kehle hinunterströmen ließ.

Und plötzlich saß da statt Jules auf einmal Alexa auf der Fensterbank und sah ihn aus halbgeschlossenen Augen lauernd an.

Durch Zanes Herz zuckte ein schmerzhafter Stich. Er schnappte geschockt nach Luft, wich entgeistert vor seiner Zwillingsschwester zurück. Das war nicht möglich...

„Zane? Ist alles okay?" Erschrocken beugte Alexa sich hervor, sodass ihm ihre runden Brüste aus dem viel zu engen Streifenshirt entgegenpurzelten.

Sie streckte die linke Hand nach ihm aus und war genauso plötzlich wieder Jules, wie sie sich in Alexa verwandelt hatte. Jules, die ihn halb verwirrt, halb erschreckt aus großen Augen anblinzelte. „Du warst plötzlich so... so blass. Geht es dir nicht gut?"

„Doch", krächzte Zane mit brüchiger Stimme. „Mir geht es ganz wunderbar..."

Eilig wandte er den Blick ab von seiner Mitbewohnerin. Ihm war die Lust auf seine Zigarette vergangen. Und zwar gründlich. Lustlos zog er ein letztes Mal am Filter und schnipste die Zigarette dann aus einer lockeren Bewegung aus dem Handgelenk hinaus in die Nacht.

Vielleicht würde er den Rest seiner Samstagnacht einfach mit Kopfhörern auf den Ohren und seiner Lieblingsband in voller Lautstärke auf seinem Bett verbringen und so tun, als gäbe es ihn gar nicht.

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~

Das Mademoiselle's lag am Ende einer schmalen Seitengasse fernab des hektischen Lebens, das in den Straßen Malibus pulsierte.

Es war ein kleines Café mit drei Halbetagen und einer Galerie in französischem Charme und Fünfzigerjahre-Kaffeehaus-Chic, kitschig eingerichtet mit seinen lauschigen Sesseln und den gemütlichen Couchs vor schweren Ebenholztischen, dekoriert mit massiven Kerzenhaltern aus Messing und darin flackernden Wachskerzen... Die Fenster reichten vom Boden bis zur Decke und waren kunstvoll verhangen mit schweren Stoffvorhängen in Kaffeefarben, sodass man mit Leichtigkeit nach draußen sehen konnte, ohne selbst gesehen zu werden.

Das Herzstück des Cafés bildete jedoch der imposante Kamin auf der ersten Halbetage, die man mittels einer knartschenden Holztreppe mit aufwändig gearbeiteten Geländer erreichen konnte. Im Winter prasselte stets ein wärmendes Feuer hinter dem hübschen Kamingitter, doch im Sommer diente der Kamin lediglich als hübsche Fläche für das Meer an Teelichtern, das sich auf ihm erstreckte.

Das Mademoiselle's war für seine selbstgebackenen, französischen Kuchen bekannt und erfreute sich vor allem bei älteren Damen und jungen Mädchen besonderer Beliebtheit.

Und selbstverständlich war es Mackanzies und Alexas erklärtes Lieblingscafé.

Hierher flohen die beiden Freundinnen vor ihrem Alltag, wenn sie des Dramas in ihrem Leben überdrüssig waren. Oder um pikante Geheimnisse zu erläutern.

Wie beispielsweise an diesem sonnigen Nachmittag Anfang September.

Mackanzie sah Alexa über den Rand ihrer großen Cappuccino-Tasse abwartend an.

Das tat sie bereits seit geraumer Weile, und es fiel ihr sicherlich nicht leicht, ihre Neugierde im Zaum zu halten. Aber sie wollte Alexa nicht drängen, denn das führte zu nichts, wie die Erfahrung sie gelehrt hatte.

Alexa fühlte sich sichtlich unwohl, wie sie in ihrem Sessel kauerte, ihren Latte Macchiato mit Karamellaroma schwindlig rührte und weiterhin geflissentlich schwieg, während sie jeglichen Blickkontakt mit Mackanzie eifrig vermied.

Knapp drei Monate waren vergangen, seit Mackanzie ungewollt am Telefon jedes Wort mitangehört hatte, das zwischen Alexa und Zane gefallen war, als die Zwillinge jede Grenze der Moral überschritten hatten. Drei lange Monate, in denen Mackanzie vergeblich versucht hatte, sich einzureden, dass sie da nur etwas falsch verstanden hatte. Dass ihre Erinnerung ihr nur einen blöden Streich gespielt hatte.

Aber irgendwann war Mackanzies anfängliches Entsetzen einer schleichenden Neugierde gewichen, und sie hatte begonnen, darüber nachzudenken. War es wirklich so verwerflich, was sie da aus Versehen mitangehört hatte? Gut, Zane und Alexa waren Zwillinge -- aber noch vor einigen Jahrhunderten war es vor allem unter Adligen nichts Unübliches gewesen, einen Bruder mit seiner Schwester zu verheiraten, um die Linie „rein zu erhalten".

Nicht selten hatte Mackanzie sich gefragt, woher die gesellschaftliche Ächtung für intime Begegnungen zwischen Bruder und Schwester in diesem Jahrhundert kam. Wie sie es auch drehte und wendete und auf den Kopf stellte, sie fand keine befriedigende Antwort darauf.

Aber sie ahnte, dass Alexa unter dem litt, was zwischen Zane und ihr vorgefallen war. Wider Erwarten hatte sich dieser Zustand nicht verbessert, als Zane vor einigen Wochen fortgegangen war, um den Sommer in Texas auf einer kleinen Rinder-Ranch zu verbringen, ehe er seine Studentenwohnung in Houston bezog.

Seit Zane fort war, verblasste Alexas Lebenslust mit jedem Tag ein bisschen mehr. Stattdessen gab sie sich mehr und mehr ihrer Melancholie hin, starrte abwesend in die Ferne und war kaum ansprechbar. Mackanzie hatte versucht, sie aufzumuntern, sie abzulenken, sie wieder zum Lächeln zu bringen -- vergeblich. Alexas Traurigkeit war stärker als Mackanzies Versuche, etwas gegen zu unternehmen.

Und es bedurfte wahrlich keines Mathematikgenies, um zwei und zwei zusammenzuzählen: Alexa hatte Liebeskummer.

Nicht wegen Ethan, diesem hirnlosen Vollzeitidioten, der inzwischen ganz offen und schamlos mit der Schulmatratze Taylor Greene ausging. Das schien Alexa zu Ethans grenzenlosem Frust sogar herzlich egal.

Der Grund für Alexas Liebeskummer war Zane.

Mackanzie hatte Ewigkeiten mit sich gerungen, Alexa einfach darauf anzusprechen. Aber jedes Mal war sie war froh über jede Ausrede gewesen, die ihr eingefallen war, um diesem vermutlich unangenehmen Gespräch aus dem Weg zu gehen. Sie hatte es aufgeschoben und hinausgezögert, bis es schließlich unumgänglich geworden war. Weil Mackanzie es einfach nicht länger ertragen konnte, Alexa so desinteressiert, gedankenverloren und traurig zu sehen.

Es war nicht so, dass Mackanzie nicht verstehen konnte, wie sehr Alexa ihren Zwillingsbruder vermisste -- aber Alexa neigte zu Melodramatik, und zeitweilig gefiel sie sich in ihrer Rolle aus trübsalsblasende Prinzessin von und zur Erbse einen leichten Takt zu sehr.

Also hatte Mackanzie ihre beste Freundin vor wenigen Stunden unter einem Vorwand in ihrem schicken, obsidianschwarzen Mercedes von Zuhause abgeholt und nach einer ausgiebigen Shoppingtour quer durch Alexas Lieblingsläden waren sie schließlich hier im Mademoiselle's gelandet. Alexa hatte sich gefühlte Ewigkeiten hinter der Kuchenkarte versteckt, aber irgendwann war eine adrett gekleidete Kellnerin aufgetaucht und hatte mit freundlichem Lächeln ihre Bestellung entgegengenommen. Und anschließend hatte es einfach kein Aufschieben mehr gegeben.

'Augen zu und durch', hatte Mackanzie beschlossen und Alexa einfach direkt gefragt. Ohne Umschweife und langes Herumdrucksen.

Alexa rührte schon seit fünf Minuten wortlos in ihrem Glas herum und wagte nicht, ihre beste Freundin seit immer und für alle Ewigkeiten anzusehen. In ihren Gedanken rauschte es.

Mackanzie wusste es also. Alexas schlimmsten Befürchtungen waren eingetroffen: Jemand hatte herausgefunden, wie es um sie stand.

Seit Alexa vor einigen Wochen nach ihrer verhängnisvollen Kollision mit Zane das Telefon auf dem Fußboden vorm Küchendurchgang zur Terrasse entdeckt hatte, plagten sie Angst und Entsetzen gleichermaßen. Sie wusste nicht, wie viel Mackanzie mitgehört hatte, und sie wagte nicht, ihre beste Freundin ganz unverfänglich danach zu fragen.

Vielleicht, hatte Alexa wider besseren Wissens die irrsinnige Hoffnung gepflegt, vielleicht hatte Mackanzie ja auch einfach sofort aufgelegt. Aus Trotz, weil Alexa sie so abrupt vergessen hatte. Oder weil sie wütend darüber war, dass Alexa ihr nicht mehr geantwortet hatte.

Vergeblich gehofft: Mackanzie hatte sich fast drei Monate lang nichts anmerken lassen, nur um Alexa dann ganz unvorbereitet mit der Tatsache zu konfrontieren, dass sie es wusste. Alles. Von Alexas verbotenen Gefühlen für ihren Bruder bis hin zu der fatalen Begegnung auf der Terrasse.

„Ich... es ist so, weißt du...", begann Alexa leise, den Blick konstant auf den Tisch gerichtet. So, als lägen dort all die Antworten auf die stummen Fragen, die zwischen Mackanzie und ihr im Raum schwebten. Alexa spürte all die ungesagten Dinge auf sie einstürmen, sie drückten ihr auf den Bauch und schnürten ihr die Kehle zu.

Es hatte Alexa gewissermaßen schockiert, dass Mackanzie sie so lange in Sicherheit gewiegt hatte, nur um ihr dann ohne Vorwarnung die Pistole auf die Brust zu setzen.

Aber irgendetwas in Mackanzies Augen sagte Alexa, dass sie es nicht böse meinte. Dass sie die Zeit gebraucht hatte, um nachzudenken. Um ihre eigenen Schlüsse zu ziehen und um herauszufinden, wie sie selbst dazu stand. Und in ihrem Blick lag keine Skepsis, kein Abscheu, keine Verachtung. Mackanzie hatte ihre Entscheidung getroffen, und sie lautete keinesfalls Verurteilung. Oder gar das Ende ihrer Freundschaft, wie Alexa es insgeheim befürchtet hatte.

„Er fehlt mir", murmelte Alexa ergeben.

Die zarten Hände um das Macchiato-Glas zitterten. Alexa biss sich auf die Lippen, aber es half nichts: Der Gedanke an ihren Bruder ließ sofort heiße Tränen in ihren Augen aufsteigen. Wütend blinzelte Alexa sie weg. Nein, sie wollte jetzt nicht heulen. Schon gar nicht hier, außerhalb ihres Zimmers und ohne ihren Stoffteddy aus Kindertagen, der immer noch mit in ihrem Bett schlafen durfte, neben ihrem Kopfkissen unter seiner eigenen, kleinen Decke.

Zane hatte sich seit fast drei Monaten nicht mehr bei ihr gemeldet. Nachts lag Alexa wach und fragte sich, wie es ihm wohl ging, wie sein Sommer war, und ob ihm Houston gefiel. Vielleicht hatte er bereits die ersten Freundschaften mit seinen Kommilitonen geschlossen und die ersten Gemeinsamkeiten mit seinem Mitbewohner gefunden... oder aber, und dieser Gedanke ließ ihr Herz schmerzhaft gegen ihren Brustkorb sprengen, er hatte jemand kennen gelernt. Eine Andere. Jemand, den er lieben und begehren durfte.

Ein Mädchen, dem all das zu tun und lassen erlaubt war, was Alexa auf Ewig verwehrt bleiben würde...

„Ich weiß, dass es schwer ist", fing Mackanzie an. Alexa fand den verständnisvolle Ton in Mackanzies Stimme nur schwer zu ertragen, vergrößerte er doch nur unnötigerweise den harten Kloß in Alexas Kehle. „Aber was hast du davon, wenn du nur noch an ihn denkst? Dadurch wird es doch auch nicht leichter."

Alexa richtete den tränennassen Blick auf Mackanzie. Was sollte das werden? Vorwürfe waren das Letzte, was Alexa jetzt hören wollte...

Aber Mackanzie schien beschlossen zu haben, auf Alexas Wünsche keinerlei Rücksicht zu nehmen. Eindringlich sah sie Alexa an. „Es ist das Vernünftigste, ihn zu vergessen. Er ist dein Bruder, Süße, vergiss das nicht -- das mit dir und ihm hätte ohnehin keine Zukunft. Und es gibt genug Menschen in Malibu, für die euer Geheimnis ein gefundenes Fressen wäre."

Für Ethan Williams, beispielsweise.

Für diverse Mädchen aus Alexas Jahrgang an der Malibu High School, die noch eine Rechnung mit ihr offen hatten, weil sie sich mit einem einzigen schüchternen Augenaufschlag den beliebtesten Footballspieler der ganzen Schule geangelt hatte.

Für all die abgewiesenen Verehrer, die sich in ihrem Stolz gekränkt fühlten, weil Alexa ihnen diesen arroganten Quarterback der Multiple Scorgasms vorgezogen hatte, der sich so schamlos an sie herangemacht und ihr den Himmel auf Erden versprochen hatte, wenn sie mit ihm ausgehen würde.

Und für Mackanzies Cousine Vienna Cummings, die Alexa vor zwei Jahren vom Thron des Cheerleading-Captains der Malibu High gestoßen hatte, als sie kurzfristig eingesprungen war, weil Vienna sich beim Training das Armgelenk angebrochen hatte und deswegen für das laufende Semester ausschied. Alexa, die mit süßen sechs Jahren mit Ballettunterricht angefangen hatte, jeden Morgen vorm Unterricht am Strand joggen ging und seit knapp einem halben Jahr zum Cheerleadersquad dazugehörte, hatte ihre verantwortungsvolle Aufgabe ohne große Mühe gemeistert und es war bald beschlossene Sache, dass sie Vienna als Cheerleading-Captain ablösen würde. Nicht erwähnenswert, dass Vienna ihr diese Schmach ganz sicher nicht so schnell vergessen würde. Ganz zu schweigen von ihrem rachsüchtigen Zorn, den Vienna seitdem für das blondgelockte Puppengesicht mit dem unschuldigen Augenaufschlag schürte. Alexas kleines Geheimnis wäre bei Vienna in den denkbar schlechtesten Händen...

„Aber was ist, wenn es jemand herausfindet? Was tun wir dann?", flüsterte Alexa erstickt.

Mackanzie atmete tief durch. Dieser Gedanke war ihr auch schon gekommen, und sie hatte ihn genauso eilig wieder beiseite geschoben, wie er sie heimgesucht hatte. „Darum machen wir uns Gedanken, wenn es so weit sein sollte. Falls es überhaupt mal so weit kommt. Oder weiß sonst noch jemand Bescheid?"

Alexa schüttelte heftig den Kopf, sodass ihre weichen Engelslocken hin- und herwirbelten. „Nein."

Woher auch? Alexa hatte stets darauf geachtet, sich durch nichts zu verraten, und Zane war ohnehin der einzelgängerische Außenseiter der Malibu High School gewesen -- er hatte keine Freunde, die sein pikantes Geheimnis hätten herausfinden können.

„Euer Geheimnis ist bei mir sicher", versprach Mackanzie. „Ich bring dich jetzt nach Hause, und dann suchen wir dir was Hübsches zum Anziehen, frischen dein verheultes Make-up ein bisschen auf und heute Abend gehen wir zusammen essen. Nur du und ich. Vielleicht bringt dich das ja auf andere Gedanken."

Mackanzie sah Alexa aufmunternd an. Schniefend wischte Alexa sich über die tränennassen Augen und versuchte ein leicht verunglücktes Lächeln. Was blieb ihr auch anderes übrig, als zustimmend mit den Schultern zu zucken?

„Einverstanden."

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~

Das Restaurant, das Mackanzie ausgesucht hatte, war für Alexas eher mediterran orientierten Geschmack fast einen Hauch zu exotisch.

Aber Mackanzie hatte darauf bestanden, den Mädchenabend bei ihrem Lieblingsthailänder ausklingen zu lassen.

„Jetzt hab dich nicht so!", stichelte Mackanzie und schob Alexa einfach in die gedämpfte Atmosphäre des Restaurants, ohne auf weitere Proteste ihrer besten Freundin einzugehen. „Dieser Tag braucht einfach ein bisschen Kitsch. Und jetzt hör endlich auf, dich dagegen zu sträuben!"

Als *kitschig* würde Alexa das Restaurant vielleicht nicht gerade betiteln... Aber der Zauber singapurischer Nächte bereitete sich unverscheuchbar über ihr aus, kaum dass sie einen Fuß über die Schwelle gesetzt hatte, und Alexa war umgehend von ihm gefangen genommen.

Ihr bewundernder Blick streifte die detailverliebt bemalten Wände, huschte beeindruckt über die abstrakten Figuren und Gemälde und war dem Flair der praktizierter Exotik schneller erlegen, als es ihr bewusst werden konnte.

Die einzelnen Tische standen in gemütlichen Nischen, überdacht mit dunklen Baldachinen, von denen mal hier, mal da vereinzelnd eine bunt bemalte Laterne herabhing. Kerzenlicht ließ das asiatische Flair des Restaurants schummerig, aber behaglich wirken.

Eine zierliche Kellnerin geleitete die beiden Freundinnen zu einem der verschwiegenen Nischentische. Immer noch staunend, ließ Alexa ihre Handtasche neben sich auf die Holzbank sinken, die mit zierlich bestickten Sitzkissen ausgestattet war. Mackanzie saß ihr gegenüber und strahlte sie selbstzufrieden an. „Ich wusste doch, dass es dir hier gefällt."

„Mh", machte Alexa nur, aber da tauchte die Kellnerin erneut auf, um ihnen die Speisekarten zu überreichen, und ersparte Alexa damit irgendwelche Rechtfertigungen.

„Hast du schon mal das hier probiert?", fragte Mackanzie und deutete auf eine der exotischen Vorspeisen. Alexa nahm die Karte näher in Augenschein und schüttelte kurz darauf langsam den Kopf. „Das klingt... ähm, abenteuerlich."

Um nicht zu sagen, unappetitlich: Marinierter Tintenfisch gehörte noch nie zu Alexas erwählten Lieblingsgerichten...

Aber Mackanzie schien heute fest entschlossen, mit sämtlichen Regeln von Alexa zu brechen, und kurz darauf hatte sie ihre beste Freundin erfolgreich dazu überredet, die halbe Vorspeisenkarte zu bestellen und auch dem köstlichen Pflaumenwein reichlich zuzusprechen.

Wie sie später nach Hause kommen sollten, war Alexa schleierhaft... Aber zugegebenermaßen dachte sie auch nicht länger als einen Herzschlag darüber nach. Notfalls eben mit einem Taxi.

Die beiden Freundinnen probierten sich einmal quer durchs ausladend gedeckte Buffett, kosteten mal hier von den wirklich köstlichen Currys, mal da von den exotischen Fisch- und Fleischgerichten und fühlten sich anschließend zwar ziemlich vollgefuttert, aber auch ziemlich glücklich. Alexa spürte, wie sich eine schläfrige Zufriedenheit ihres Körpers bemächtigte, kaum dass sie mit leisem Seufzen in die weichen Kissen ihrer Bank zurücksank. Ihretwegen könnte sie jetzt ohne Umwege in ihr gemütliches Bett fallen und umgehend ins Traumland hinüberdriften.

Allerdings hatte Mackanzie da bereits die Nachtischkarte entdeckt. Doch bevor Alexa der süßen Versuchung nachgeben und sich zu einer der unendlichen Köstlichkeiten bequatschen lassen konnte, quietschte Mackanzie unterdrückt auf.

„Oh mein Gott. Schau mal unauffällig rüber zum Nebentisch!"

Mit diskretem Blick deutete sie über Alexas Schulter. Dezent neugierig, drehte Alexa sich vorsichtig um. Am Tisch in der verschwiegenen Nische hinter ihr saßen zwei junge Männer in ungefähr ihrem Alter, die in ein leises Gespräch vertieft waren und weder Alexa noch Mackanzie bemerkt hatten.