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Neglect Ch. 02

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„Lass uns mal kurz rübergehen", beschloss Mackanzie unternehmungslustig und zog Alexa einfach mit sich mit.

„Hey!", beschwerte Alexa sich halbherzig.

Dreistigkeit war seit jeher eine von Mackanzies herausstechenden Eigenschaften... Aber die selbstbewusste Lockerheit, mit der sie zum Tisch der beiden jungen Männer schritt, überraschte Alexa nun doch.

„Hey, ihr beiden. Ist ja lustig, euch hier zu treffen! Dürfen wir uns kurz zu euch gesellen?" Mackanzies Stimme war zuckersüß. Mit der linken Hand spielte sie an einer brünetten Strähne herum, während sie die beiden jungen Männer abwartend anlächelte. Alexa ahnte plötzlich, was Mackanzie vorhatte...

Der Blonde deutete einladend auf den Platz neben sich, während er sie freudig überrascht angrinste. „Hey, Kensie. Was treibt dich denn hierher?"

Oh, ernsthaft? Alexa schloss für einen Moment die Augen. Smalltalk. Wie sehr sie das verabscheute! Ganz zu schweigen von dieser grenzenlos intelligenten Frage...

„Darf ich vorstellen?", deutete Mackanzie auf die beiden Männer, „das sind Shawn und Lawrence."

„Alexa", murmelte Alexa ergeben und ließ sich auf Mackanzies aufforderndes Winken widerwillig neben den Dunkelhaarigen fallen, den Mackanzie ihr als Lawrence vorgestellt hatte.

Unnötig zu erwähnen, dass Alexa auf einmal große Sehnsucht nach ihrem Bett verspürte... Plötzlich fühlte sie sich sehr, sehr überflüssig. Mackanzie war unlängst in ein angeregtes Gespräch mit dem Blonden, Shawn, versunken. Sie schienen komplett vergessen zu haben, dass es Alexa und Lawrence gab.

Lawrence hockte neben Alexa, schwieg genauso hartnäckig wie sie, warf ihr jedoch immer wieder flüchtige Blicke zu. Unter ihnen wurde Alexa sichtlich warm. Die unangenehme Stille zwischen ihnen machte sie nervös. Verzweifelt suchte sie nach einem Gesprächsthema, um die Anspannung auszugleichen. Egal was, Hauptsache, dieses schwer erträgliche Schweigen hörte auf.

Aber je mehr sie sich verkrampfte, desto weniger Ideen kamen ihr, worüber sie reden sollte.

Das Wetter? Das war in Malibu ziemlich konstant: Sonne im Frühling, Sonne im Sommer, Sonne im Herbst, Sonne im Winter. Und selten unter 30 Grad Fahrenheit.

Die High School vielleicht? Ja, ganz bestimmt. Weil Lawrence ja auch kein Stück so aussah, als hätte er das längst hinter sich und stattdessen schon zwei, drei Jahre College-Erfahrung im Gepäck!

Das College etwa? Lawrence interessierte sich als Mann auch ganz sicher für Alexas Modedesign-Studium und ihre Schnittmuster, Stoffe und Näharbeiten. Studierte er überhaupt? Oder gehörte er zu denjenigen, die nach der High School sofort einen Job gefunden hatten und seitdem von neun bis siebzehn Uhr unermüdlich schufteten?

„Alexa, richtig?", riss Lawrence sie da aus ihren Gedanken. „Du hast dieses Jahr deinen Abschluss an der Malibu High gemacht."

Überrascht, dass er darüber Bescheid wusste, nickte Alexa langsam. Über Lawrences Lippen spielte ein kleines, freches Grinsen. Es ließ ihn verwegen wirken. Eilig wich Alexa seinem Blick aus, unter dem ihr sichtlich warm wurde.

„Ich hab dich auf der Abschlussfeier gesehen", erklärte Lawrence, und fügte auf Alexas irritiertes Blinzeln hinzu: „Meine Schwester war in deinem Jahrgang."

„Ah", machte Alexa wenig intelligent und schalt sich im selben Moment selbst für ihre Einsilbigkeit. Lawrence musste sie ja zwangsläufig für eine Langweilerin halten. Eine trübe Tasse. Eine gegen Spaß allergische Spielverderberin.

Aber so schnell ließ Lawrence sich scheinbar nicht von ihrer wortlosen Verstocktheit erschüttern.

Mackanzies Absichten hingegen waren ziemlich durchschaubar: Alexa musste Zane vergessen, und was half gegen Liebeskummer aller Eigenart am Effektivsten? Ganz genau: Ein romantisches Liebesabenteuer mit einem gutaussehenden Mann.

Mackanzie fand nämlich, dass es einfach überfällig war, Alexa aus dieser kontraproduktiven Stimmung herauszuziehen. Notfalls eben auf die offensive Art.

Und Lawrence sah wirklich unverschämt gut aus, musste Alexa ihm zugestehen. In seinen hellblauen Augen lag ein unwiderstehlicher Charme, der sie sofort in seinen Bann zog.

Seine kurzen dunklen Haare hatte er mit etwas Gel verwuselt, sodass sie unordentlich in alle Richtungen standen, und seine sonnengebräunte Haut verriet ihr, dass Lawrence viel Zeit an der frischen Luft verbrachte. Vermutlich als Surfer oder Schwimmer im Meer des Nordpazifiks, der an Malibus Küste brandete. Oder als Basketballer auf den Sportplätzen in der Nähe vom Strand.

Wenn Lawrence lächelte, spielten zwei süße Grübchen um seine Mundwinkel und in seinen Augen spiegelte sich sanfter Spott. Alexa mochte dieses Lächeln auf Anhieb.

Selbst wenn da irgendwo stets der fade Beigeschmack von Mackanzies unausgegorenen Verkupplungsplänen lauerte.

Lawrence spürte Alexas Zögern sehr wohl, und lenkte das Gespräch in unverfänglichere Richtungen. Er erkundigte sich höflich nach ihren Plänen für die nähere Zukunft, hakte interessiert nach, wenn sie ins Stocken geriet und lachte herzlich über ihre schusseligen Missgeschicke, über die sie ihm mit einem kleinen, selbstironischen Lächeln berichtete.

Als Mackanzie schließlich zum Aufbruch drängte, weil sie müde war und der Pflaumenwein allmählich seine etwas unschönen Nebenwirkungen auf Shawn zeigte, fühlte Alexa zu ihrer eigenen Überraschung fast ein wenig Bedauern für den anstehenden Abschied von Lawrence.

Amüsiert beobachtete sie, wie Mackanzie sich vergeblich gegen Shawns aufdringliche Zuneigung zur Wehr setzte, bis Lawrence schließlich beherzt eingriff und sich seines liebestollen Kumpels annahm.

„Du brauchst jetzt keinen Pflaumenwein mehr", beschwichtigte er den lamentierenden Shawn gutmütig. „Das, was du jetzt am Meisten brauchst, ist dein Bett."

„Aber", hob Shawn zu Protesten an, warf Lawrence einen Schmollblick zu und verschränkte trotzig die Arme vor der muskulösen Brust. Alexa musste sich das breites Grinsen verbeißen, das sich unbedingt auf ihren Lippen ausbreiten wollte.

Shawn leistete zwar noch ein wenig Widerstand, da er sich am Liebsten noch durch die halbe Spiritousenkarte probieren wollte, wenn ihm schon Mackanzies weichen Brüste stiften ging, aber irgendwann war es geschafft: Die Rechnungen waren beglichen, ein Taxi für Alexa und Mackanzie war bestellt, Shawn schlummerte auf der untersten Treppenstufe gegen eine mächtige Löwenstatue gelehnt vor sich hin, Mackanzie hatte ihren Blick konstant auf ihr Smartphone gesenkt und tat wahnsinnig beschäftigt... und Lawrence steckte Alexa mit verschwörerischem Kavalierslächeln unauffällig seine Messengernummer zu.

„Falls du unser Gespräch irgendwann vertiefen möchtest", murmelte er und sah Alexa mit seinem charmanten Lächeln direkt in die Augen. Über Alexas Wangen huschte ein zarter Rotschimmer. Eilig senkte sie den Blick und hoffte dabei inständig, dass Lawrence nichts bemerkte. Zu ihrer Erleichterung ersparte ihr die Ankunft des Taxis eine Antwort.

„Das wird auch Zeit", gähnte Mackanzie und streckte sich. „Ich will endlich raus aus diesen Schuhen..."

„Das lässt sich einrichten, Babe", murmelte Shawn im Halbschlaf und schnarchte einmal laut, zuckte dann fürchterlich zusammen und richtete sich erschrocken auf. Alexa warf ihm nur einen Schulterblick zu und zuckte dann ratlos die Achseln, aber Lawrence meinte mit angedeutetem Kopfschütteln: „Keine Sorge, um den kümmere ich mich."

„Wunderbar", seufzte Mackanzie und ließ sich auf die Rückbank des Taxis sinken, das vor ihnen hielt. „Worauf wartest du dann noch, Alexa? Ich will endlich nach Hause!"

„Ich komm schon", murmelte Alexa und sah Lawrence noch einmal mit schüchternem Lächeln an, unsicher, was sie sagen sollte.Vielleicht etwas Unverbindliches? Nein, das erschien ihr nicht angebracht. Eventuell etwas Kokettes? Das Problem damit war nur, dass Lawrence das gegebenenfalls auch falsch verstehen konnte, und sie wollte nicht forsch erscheinen, oder sich gar vor ihm lächerlich machen...

Alexa war noch völlig vertieft in ihre Gedanken, als Lawrence einfach ihre linke Hand nahm und an seine Lippen führte. „Ich wünsche dir eine gute Nacht, kleine Alexa."

Erneut blühte sanfte Röte auf ihren Wangen auf, aber diesmal schlug Alexa den Blick nicht nieder. Kühn streckte sie sich vor, drückte Lawrence für die Dauer eines Herzschlags an sich und murmelte: „Dir auch eine gute Nacht, Lawrence."

Dann drehte sie sich eilig um und hüpfte zu Mackanzie auf die Rückbank vom Taxi. Galant schloss Lawrence die Tür und winkte dem davonfahrenden Minivan noch einen Augenblick lang nach, ehe er sich Shawn schnappte und dafür sorgte, dass der wohlbehalten in seinem Bett landete. In seinem eigenem.

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~

Der kalifornische Spätsommer zeigte sich von einer seiner schönsten Seiten: Leuchtender Sonnenschein erstreckte sich über sanfte Hügellandschaften, streichelte das sich langsam verfärbende Laub an den Bäumen und tauchte das Meer in ein tiefes, sattes Blau, das Lust zum Schwimmen machte.

Die extreme Augusthitze war unlängst abgeklungen, aber noch hielten sich die sanften Ausläufer der Sommerwärme in den Straßen und Gassen Malibus.

Mitte September begannen für Zane die ersten Projektarbeiten, aber zwischen all den Recherchen, den nächtelangen Diskussionen mit seinen Projektpartnern und den langen Partynächten, zu denen Jules ihn in fast regelmäßigen Abständen mit Engelszungen überredete, fand Zane schließlich eine Gelegenheit, um für ein langes Wochenende zurückzukehren in die Villa seiner Eltern. Es wurde Zeit, dass er die letzten Sachen mitnahm, die er vor knapp dreieinhalb Monaten zurückgelassen hatte, als er nach La Grange gegangen war, und die er auch bei seinem Umzug in die Studenten-WG nicht berücksichtigt hatte.

Es war nicht mehr viel, das noch in seinem ehemaligen Zimmer einlagerte: Hier und da ein paar verstaubte Kisten mit Büchern, vereinzelnd ein abgebautes Regal -- und sein altes Bett samt Nachttisch, die Herzstücke des ansonsten gähnend leeren Raums. Zane fühlte sich sichtlich verloren in dieser staubbedeckten Ödnis, in der er fast sein ganzes Leben verbracht hatte.

Alexa war seit seiner Ankunft vor zwei Tagen unauffindbar.

Vielleicht, dachte Zane, hätte er sie vorwarnen sollen... Aber er war einem spontanen Impuls gefolgt, als er kurzfristig beschlossen hatte, seine vier freien Tage hier unten im Süden Kaliforniens zu verbringen, und er hätte ohnehin nicht gewusst, was er Alexa hätte schreiben sollen. Der Kontakt zu ihr war in dem Moment abgebrochen, da Zane der Caploe-Villa den Rücken gekehrt hatte, um seinen Sommer fern von seiner Schwester auf einer texanischen Ranch zu verbringen.

Einige Male hatte Zane mit sich gerungen, Alexa wenigstens eine Mail zu schicken. Doch in La Grange hatte er wenig Gelegenheit gehabt, an sie zu denken, und seit seinem Umzug war so vieles passiert, das sein Leben grundlegend verändert hatte... Wenn er ehrlich zu sich war, dann graute es Zane vor dem Moment, da er Alexa von Jules würde berichten müssen. Und davon, dass... Nein, den Gedanken verdrängte er lieber ganz schnell wieder.

Jules war auf einem Wochenendtrip mit ihrer besten Freundin, und ohne sie erschien Zane ihre gemeinsame WG plötzlich sehr leer. Fast genauso leer wie nun sein ehemaliges Zimmer, in dem er sich nur zum Schlafen aufhielt. Die meiste Zeit verbrachte er mit seinem Laptop draußen auf der Terrasse, arbeitete an seinem Projekt oder genoss einfach nur die ungewohnte Ruhe in dem weitläufigen, furchtbar romantischen Rosengarten, der fast übergangslos an die mediterran gestaltete Terrasse und den Pool anschloss.

Eigentlich neigte auch Alexa dazu, hier ihre müßigen Stunden zu verleben. Vielleicht, gestand Zane sich ein, hatte er nur deshalb diesen Platz zum Recherchieren gewählt: Er hoffte unterbewusst, dass Alexa ihm hier früher oder später doch noch über den Weg laufen würde.

Sie konnte ihren Bruder schließlich nicht ewig meiden.

Dessen war sich auch Alexa bewusst, als sie sich an diesem lauen Sommerabend vom Fenster abwandte, um sich in ihrem begehbaren Kleiderschrank zu verschanzen. Das tat sie immer, wenn sie nachdenken musste.

Eine geraume Zeit lang hatte sie vor den Fenstern zum Balkon gekauert, an den ihr Zimmer angrenzte, um ihren Bruder verhalten von ihrem Versteck aus zu beobachten.

Er war in irgendwelche Mails vertieft und hatte scheinbar noch nicht gar bemerkt, dass seine Schwester von ihrem Shoppingtrip mit Mackanzie zurückgekehrt war. Das war vielleicht auch ganz gut so, denn damit ließ sich ihre Begegnung noch etwas weiter herauszögern. Alexa gestand es sich nicht gern ein, aber sie hatte Angst vor dem Moment, da Zane ihr wieder in die Augen sehen würde...

Heute Abend feierte der beliebteste Club ganz Malibus seine Neueröffnung, und Alexa brauchte dringend ein neues Kleid dafür. Wenn Mackanzie sie schon regelrecht bekniete, mit ihr dorthin zu gehen.

„Lawrence wird auch da sein", hatte sie versucht, Alexa zu ködern. „Ach bitte, Alexa... das wird bestimmt lustig!"

Was war Alexa da anderes übrig geblieben, als sich geschlagen zu geben? Doch inzwischen bereute sie, der bevorstehenden Party zugesagt zu haben. Ihr stand der Sinn plötzlich nicht mehr nach tanzen, trinken und Party machen... viel lieber hätte sie sich mit ihrem Teddy im Arm und der neusten Staffel ihrer erklärten Lieblingssendung in ihrem Bett vergraben und so getan, als gäbe es sie gar nicht.

Nur hatte Mackanzie schon seit jeher wenig Verständnis für solche melodramatischen Launen von Alexa.

„Ich hol dich um Punkt zehn heute Abend ab. Und wehe dir, du bist dann nicht fertig!", hatte sie gedroht und Alexa mit einem ihrer finstersten Blicke gestraft, als Alexa vorhin bei einem Glas Latte Macchiato im Mademoiselle's angemerkt hatte, dass sie vielleicht doch keine Lust auf die Party hatte.

Also hatte Alexa kleinlaut nachgegeben und im Stillen beschlossen, die Begegnung mit Zane lieber noch ein bisschen weiter aufzuschieben und stattdessen angefangen, über ihr Outfit für die Party nachzudenken. Dummerweise war ihr dabei eingefallen, dass sie vor ein paar Wochen diese unglaublichen Manolo Blahnik Ankle Boots mit nietenbesetzten Absätzen entdeckt und sich umgehend in diese Schuhe verliebt hatte... Alexa hatte sich in den Kopf gesetzt, genau diese Ankle Boots heute Abend zu tragen.

Zu blöd nur, dass sie irgendwie... unerreichbar waren, im obersten Fach ihres begehbaren Kleiderschranks.

Alexa versuchte es trotzdem: Entschlossen streckte sie die linke Hand nach den Schuhkartons aus, die sie dort oben lagerte. Mit der rechten Hand hielt sie sich an dem weißen Holz fest, während sie sich auf die Zehenspitzen stellte. Sie streckte sich, sie reckte sich, aber es half nichts: Sie kam einfach nicht an das Objekt ihrer Begierde heran.

Leise fluchend sank sie wieder zurück auf ihre Füße und starrte den dunklen Schuhkarton verärgert an.

Wieso hatte sie den nochmal so verdammt hoch und für sie unerreichbar verfrachten müssen?

Ach ja -- damit niemand in diesem Haus und dieser Familie auf die dumme Idee kam, sich die teuren Manolos zu... „leihen", nur um sie dann mit abgebrochenem Absatz oder Kratzer im Lack klimmklammheimlich wieder zurückzuschmuggeln und so zu tun, als wäre nichts gewesen.

Grollig schob Alexa sich den Nagel ihres linken Zeigefingers zwischen die Zähne. Eine Angewohnheit, die Mackanzie schier wahnsinnig machte.

„Deine Nägel, verdammt", pflegte sie jedes Mal zu stöhnen und Alexa demonstrativ ihre eigenen perfekt manikürten Nägel unter die Nase zu halten. Was Alexa im Gegenzug dazu veranlasste, ladylike die Augen zu verdrehen und über großzügig über Mackanzies leidvolle Miene hinwegzusehen.

Es waren schließlich ihre Nägel! Sie konnte damit tun und lassen, was sie wollte. Und gerade jetzt ärgerte sie sich. Da musste sie halt ab und an zu drastischen Selbstverstümmelungsmaßnahmen greifen! Egal, wie unbegreiflich ihrer besten Freundin das Selbstattentat auch erschienen mochte.

Alexa stieß geladen die Luft aus.

Da half nichts.

Entweder, sie schleppte den verdammt schweren Badezimmerhocker aus vergoldetem Metall aus dem Badezimmer die 216 Schritte zu ihrem Kleiderschrank und kletterte mit wenig schlechtem Gewissen und viel größerem aus Not geborenem Erfindungsreichtum auf das teure Alpakafell, das darauf gespannt war, und riskierte damit, für immer enterbt zu werden, weil sie Ava Caploes Lieblingsmobiliar zerstört hatte.

Oder sie bekniete ihren Bruder.

Mhm.

Schwierige Entscheidung.

Alexa wiegte den Kopf hin und her, starrte den Schuhkarton noch einmal böse an und entschied sich dann murrend für Letzteres.

Verdammt sei ihre blöde Cousine! Nur ihretwegen hatte Alexa ihre Lieblingsschuhe so gut versteckt. Nur ihretwegen musste sie jetzt ihrem Bruder unter die Augen treten... obwohl die letzte gemeinsame Nacht noch immer unausgesprochen zwischen ihnen stand. Obwohl Zane einfach so fortgegangen war, ohne sich von Alexa zu verabschieden. Obwohl sie seit mehr als drei Monaten kein Wort mehr miteinander gewechselt hatten...

Alexa atmete einmal tief durch, schnappte sich das letzte bisschen Mut, das sich irgendwo tief in ihr verbarg und hielt festen Schrittes auf ihre Zimmertür zu. Okay. Dann war es jetzt wohl so weit. Sie atmete einmal ganz tief durch, straffte ihre Schultern und drückte dann ihre Türklinke herunter.

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~

Welch wundervolle Nacht für romantische Begegnungen... Alexa breitete lachend ihre Arme aus und drehte sich einmal um die eigene Achse. Den Kopf in den Nacken gelegt, lachte sie den Sternen entgegen, die ungezählt über ihr blinkten. Fehlte eigentlich nur noch eine Sternschnuppe, und alles wäre perfekt.

Vor einiger Zeit hatte Lawrence sie unter einem Vorwand von der Party entführt. Sie schlenderten am nächtlichen Strand entlang, Alexa barfuß, die schwarzen Ankle Boots in ihrer rechten Hand, Lawrence an ihrer linken Seite, seine Jacke locker über seine rechte Schulter geworfen. Sie plauderten und lachten über Belanglosigkeiten wie das Wetter, die neusten Skandale der High Society, die ausgelassene Stimmung auf der Party, von der sie so Hals über Kopf geflohen waren.

Irgendwann blieb Lawrence einfach stehen und zog Alexa zu sich. Lachend drückte Alexa sich an seinen muskulösen Oberkörper, den Blick fest auf seine Augen gerichtet. Sie war nicht mehr nüchtern, und zusätzlich ziemlich überdreht vom Tanzen. Wortlos sahen sie einander an.

Und da passierte es einfach: Ganz langsam näherte Lawrence sich Alexas Gesicht, bis ihre Lippen den letzten Abstand zwischen ihnen überwanden.

In Alexa stieg ein warmes Kribbeln auf, als sie Lawrences schüchternen Kuss schmeckte. Langsam legte sie ihm ihre Arme um den Nacken, wobei sie ihre Schuhe losließ, die mit weichem Geräusch im Sand aufkamen.

Alexas Hände gruben sich tief in Lawrences wuseligen Haare, die er heute Nacht offen und ohne jegliche Stylingprodukte trug. Sie konnte seinen Herzschlag spüren, der die Adern an seinem sehnigen Hals pochen ließ. Lawrence vertiefte den leidenschaftlichen Kuss, bis Alexa sich mit unterdrückten Keuchen aus seiner Umarmung wandte.

Mit leuchtendem Blick sah sie ihm in die Augen.

„Wir sollten das nicht tun", flüsterte sie und klang alles andere als vernünftig. Aber Lawrence, dem nicht entgangen war, was Alexa in dieser Nacht an Cocktails getrunken hatte, lächelte sie nur entschuldigend an und hauchte ihr einen zarten Kuss auf ihre linke Hand. „Nein, sollten wir nicht. Lass mich dich nach Hause bringen, kleine Alexa. Ehe dir noch etwas zustößt."

„Du bist ein echter Gentleman", seufzte Alexa, plötzlich viel nüchterner als vorhin bei ihrem ersten Kuss. „Ja, vielleicht sollte ich jetzt wirklich nach Hause. Mein Bruder macht sich bestimmt schon Sorgen..."

Wie Recht sie damit doch hatte...

Zane war nicht sonderlich erfreut gewesen, als ihm statt Mackanzie vor einigen Stunden niemand geringeres als Lawrence gegenüber gestanden hatte, um Alexa abzuholen. Aus einem Impuls heraus war Zane versucht gewesen, Lawrence einfach die Tür vor der Nase zuzuschlagen. Alexa hatte das jedoch mit ihrem Erscheinen zu verhindern gewusst. Das überraschte Lächeln auf ihren Lippen, kaum dass sie Lawrence im Türrahmen entdeckt hatte, gefiel Zane überhaupt nicht.