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Rehabilitationsmaßnahmen 02

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Montag, 19. Juni 2023

Am Montagmorgen ging es zum ersten Mal nach dem Frühstück ins Freie. Terraintraining nannte sich das Ganze, war aber ein Spazierengehen mit uns Fuß- und Herzkranken um die Klinik und durch den Kräutergarten. Das war aber sehr interessant, weil eine Fachfrau für Pflanzenkunde dabei war, die jede Pflanze schon beim Vornamen kannte und uns alles erzählen konnte. Keine unserer Fragen machte sie verlegen oder ließ sie bei der Antwort zögern.

Danach wäre Aqua-Gruppe angesagt gewesen, also Gymnastik im Wasser, aber ein Stromausfall in Bad Krozingen brachte den Computer in der Schwimmhalle zum spinnen, so dass der zu viel Chlor dem Wasser zusetzte. Es war schlichtweg ungenießbar und das für den Rest der Woche.

Also wurden wieder einmal alle Therapiepläne umgeändert und alle Zeiten durcheinander geworfen.

Zum Mittagessen gab es Gulasch oder Gemüsestrudel und da ich nur zweimal am Tag aß, entschied ich mich für das Deftige.

Scheiße, Devi hatte heute frei und da ich am Nachmittag nur 30 Minuten Atemtechnik in der Gruppe hatte, stand mir unendlich viel freie Zeit zur Verfügung, aber ich konnte sie nicht sehen und tigerte den restlichen Tag ruhelos herum. Nicht einmal das übliche Abendessen hat mir geschmeckt, aber dafür der Cappuccino im Schwarzwaldcafé.

Susanne und Elena hatten scheinbar gemerkt, dass mir eine Laus über die Leber gelaufen und meine Laune nicht gerade berauschend war, hielten sich aber zurück, nur Elena versuchte mich auf eine leicht penetrante Weise zum Reden zu bringen. Arne, der über meine Situation Bescheid wusste, grinste leicht, als ich ihr ausweichende Antworten gab, mit denen sie nichts anfangen konnte.

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Dienstag, 20. Juni 2023

Wiegen, Melken (Blutabnahme), Blutdruckmessen, jeden Morgen das gleiche Procedere. Eine kleine freudige Überraschung beim Wiegen, 116 kg Trockenmasse im Trainingsanzug. Es ging voran. Wenigstens auf diesem Gebiet.

Um 09:20 Uhr Visite bei der Stationsärztin. Ich holte meine Akte bei der Stationsschwester ab und wurde gleich von Dr. Julia L. aufgefordert, einzutreten und Platz zu nehmen. Heute schaute sie wieder besonders bezaubernd aus. Die kleine goldene Brille ließ ihr Gesicht überirdisch schön aussehen, das lange blonde Haar hatte sie zu einem Pferdeschwanz gebunden und ich konnte zum ersten Mal ihre kleinen zierlichen Ohren sehen, die mit goldenen Ohrsteckern geschmückt waren. Ich war hin und weg, als sie mir ein strahlendes Lächeln schenkte, das mir die Gedanken an meine unruhige Nacht vertrieb.

Dann wurde sie sachlich, erklärte mir sehr ausführlich meine Werte und stellte fest, dass mein Blutdruck zwar gesenkt werden konnte, aber immer noch zu hoch wäre. Sie änderte erneut meine Medikation und zwei neue Tabletten kamen dazu.

"Das machen Sie doch mit Absicht, Frau Doktor", protestierte ich, "jetzt habe ich schon 15 Tabletten jeden Morgen vor dem Frühstück, so dass ich keinen Appetit mehr habe. Und Sie sagen sich, stopf ihn mit Tabletten voll, dann isst er weniger und nimmt noch schneller ab, der kleine Moppel. Ich habe Sie durchschaut, Frau Doktor Julia L."

Sie schaute mich für einen Moment verdutzt an, dann begann sie schallend zu lachen. Ich möchte nicht wissen, was sich die anderen wartenden Patienten auf dem Gang gedacht haben.

Wie aus Versehen legte sie ihre Hand auf meine und es war als würde mich ein leichter Stromschlag durchlaufen. Von Kopf bis Fuß.

"Keine Angst, Arne", meinte sie und sie nannte mich zum ersten Mal bei meinem Vornamen." Ich meine es doch wirklich nur gut mit dir. In der kurzen Zeit, die du bei uns bist, da bist du schon fast ein Mitglied von Station 1 geworden. Die Schwestern und Therapeuten mögen dich und wir wollen dich wirklich gesund sehen und nicht verlieren. Ganz besonders ich nicht."

Bei diesen Worten wurde sie rot, so als ob sie schon zu viel gesagt hätte wurde wieder sachlich.

"Also mache deine Therapie weiter so gewissenhaft wie bisher, denn ehrlich gesagt bist du noch nicht über den Berg. Das dauert noch ein Weilchen und deshalb werde ich eine Verlängerung für dich beantragen. Deine Kasse ist wenigstens in dieser Beziehung ziemlich großzügig und wird mir keine Steine in den Weg legen, ich habe mal vorläufig bis 8. Juli beantragt, weil sie bestimmt versuchen werden, um einen Tag zu kürzen... und wenn wir unter uns sind kannst du Julia zu mir sagen."

Wieder das leichte Rot in ihrem Gesicht.

"Sehr gerne, Julia und ich danke dir für all das was du für mich und die anderen Patienten tust. Und zwar von ganzem Herzen, denn du bist mit Leib und Seele bei deinem Beruf und trägst eine große Verantwortung. Dafür liebe ich dich fast ein wenig."

"Schau dass du zur Diagnostik kommst und dir ein 24Stunden-EKG verpassen lässt, du Spinner. Und du musst mich nicht angraben, versuche es nicht einmal. Ich bin schließlich verheiratet."

Sie zeigte mir den Ringfinger der rechten Hand und ich lachte leise, denn jetzt war sie die Überraschte.

"Ich auch, meine Göttin in Weiß", und an meinem Ringfinger blitzte der gleiche einfache goldene Ehering auf, den auch sie trug, aber bei mir an der Linken. "Wenigstens in dieser Beziehung passen wir zueinander."

"Sieh zu, dass du in die Diagnostik kommst und mach bitte ein ernstes Gesicht, wenn du mein Zimmer verlässt. Die anderen Patienten brauchen nicht zu sehen, dass wir uns amüsiert haben."

Ich zwinkerte ihr noch einmal zu, dann machte ich mich mit bemüht ernster Miene auf den Weg zum Aufzug.

In der Diagnostik hängten sie mir das Langzeit-EKG vor die Brust und drei aufgeklebte Sensoren maßen für die nächsten 24 Stunden meine Werte.

Trotzdem durfte ich am Nachmittag zum Ergometertraining und für eine schweißtreibende Stunde zum MTT. Es war sehr heiß an diesem Tag und am Abend war ich ordentlich groggy.

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Mittwoch, 21.Juni 2023

Business as usual,

Wiegen, Blutdruck usw.

Um 07:40 Uhr musste ich in der Diagnostik sein, damit das Langzeit-EKG entfernt werden konnte.

Zum Frühstück hatte ich nur eine Tasse Kaffee und ein Glas Wasser gehabt, denn sie hatten ein Attentat namens "Belastungs-EKG" mit mir vor. Nur zu, dachte ich mir, wieder radeln und diesmal im Liegen.

Vor Beginn der Tour ein erneutes Blutdruck messen ( 130 - 70 - 64 ) und dann strampelte ich los. Das Programm erhöhte die Belastung immer ein wenig mehr und die Ärztin in der Diagnostk meinte, dass sich der Blutdruck peu à peu ein wenig steigerte. Das Treten fiel mir immer schwerer und es waren doch erst ein paar Minuten, seit ich angefangen hatte.

"Stopp! Nicht mehr treten!", rief die Ärztin aufgeregt und befreite meine Füße aus den Pedalen. Dann griff sie zum Telefon und rief jemanden an.

"Was ist denn los?", wollte ich wissen, denn ich verstand nicht, worum es ging.

"Ihr Blutdruck ist schlagartig auf 230 - 120 gestiegen und ab da wird es gefährlich. Bleiben sie ruhig liegen, ihre Ärztin ist gleich da."

Kaum hatte sie das gesagt, flog die Tür auf und Julia stürmte in das Zimmer. Sie ließ sich das Messblatt zeigen und ihr Gesicht zeigte einen besorgten Ausdruck.

"Wir müssen Sie von dem Gerät kriegen, können Sie sich aufrichten?"

Mit vereinter Hilfe der beiden Damen schaffte ich es in den aufrechten Stand, beide legten sich je einen Arm von mir über die Schulter und dann wankte ich mehr als ich ging mit ihnen in das Nebenzimmer, wo sie mich auf einer Liege betteten.

"Liegenbleiben und den Mund auf", befahl Julia mit strenger Stimme sprühte mir ein übel schmeckendes Spray (Nitro) in den Mund. "Los, im Rachen verteilen und dann schlucken, das senkt den Blutdruck schnell."

Die EKG-Ärztin hatte den Raum inzwischen verlassen und versorgte andere Diagnostikpatienten. Julia schloss die Zimmertüre und ich sah die Tränen in ihren schönen Augen.

"Was machst du mir für Sorgen, Arne? Ich möchte keinen Patienten verlieren und dich schon gar nicht. Mach mir nicht solchen Kummer, ich bitte dich."

Sie beugte sich zu mir herunter und gab mir einen zärtlichen Kuss auf die Lippen.

"Bitte, Julia, bitte nicht. Wir sind beide nicht frei, hast du das vergessen?"

"Das ist meine Medizin und gehört zu deiner Behandlung. Also sei still und nimm dein Medikament."

Wieder gab sie mir einen Kuss und diesmal blieb ich ihr gegen meine Überzeugung nichts schuldig.

Mein Herz ging trotz des immer noch hohen Blutdruckes auf und nicht nur mein Herz.

Nein, auch die Zimmertür und mit einem Mal stand Devi im Raum, die etwas für ihre Chefin aus einem der Aktenschränke holen wollte.

Als sie sah, wie Julia mich medizinisch versorgte, wurde sie bleich und erstarrte regelrecht. Nachdem sie mir einen bösen Blick zugeworfen hatte, wirbelte sie herum und verließ das Zimmer, aber nicht ohne die Zimmertür hinter sich fest zuzuwerfen. Der Knall schreckte uns beide aus unserer Zweisamkeit.

Julia schaute mich mit großen Augen an.

"Scheiße!", war ihr Kommentar und ich konnte ihr nur zustimmen.

"Die Cheftippse und sie scheint richtig sauer zu sein." Julia blickte mich misstrauisch an: "Sag mal, hast du was mit der?"

"Bei meiner Ehre, das hab ich nicht. Ich habe mich mit ihr im Café getroffen und unterhalten und dabei haben wir Händchen gehalten. Mehr nicht, darauf gebe ich dir mein Wort. Ich bin nicht mehr zu haben, für niemanden, Julia und wegen dir sage ich das mit Bedauern."

"Ach, das sagst du sicher zu jeder hübschen Frau, die dir über den Weg läuft, du Schuft."

"Nein, das tue ich nicht."

Ich zog meinen Geldbeutel hervor, klappte ihn auf und zeigte ihr das Bild von Melanie und den Kindern.

"Für nichts auf der Welt würde ich meine Familie aufs Spiel setzen und für niemanden."

Julia nickte verstehend: "Da gebe ich dir Recht, das würde ich an deiner Stelle auch nicht tun. Was ich aus meiner Warte ein wenig bedauere. Ich bin seit knapp einem Jahr verheiratet und habe wegen meines Berufes und dem meines Mannes noch keine Kinder."

Ich nahm sie sanft an ihren Schultern.

"Kinder bereichern dein Leben ungemein, Julia. Warte nicht zu lange damit, denn Kinder brauchen junge Eltern mit denen sie wachsen und reifen können. Ich bin schon alt und habe manchmal so meine Probleme, mit meinen Rangen mithalten zu können und meine beiden anderen Töchter sind schon älter als du und haben selbst schon Familie und Kinder. Also, wenn es geht macht es möglichst schnell, dann habt ihr es einfach leichter."

Julia lehnte sich an mich und seufzte. Ich küsste sie leicht auf die Stirn.

"Ich glaube, ich bin soweit, dass ich in mein Zimmer gehen und mich hinlegen kann."

"Bist du dir sicher? Wenn ja, dann lege dich hin und geh heute zu keiner Therapie mehr. Ich werde dich entschuldigen und später noch einmal bei dir vorbeikommen. Mal schauen, ob Devi zu einen Gespräch bereit ist. Ich möchte nicht, dass das die Runde durch die Klinik macht. Das würde dir und auch mir nicht gut tun. Hier, nimm diese Tablette, bevor du dich hinlegst. Und jetzt ab ins Bett."

Ich umarmte Julia zärtlich und verzog mich in den 1.Stock, wo ich mich in mein Bett legte und sofort eingeschlafen war.

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Donnerstag, 22. Juni 2023

Ich erwachte gegen 05:30 Uhr, nachdem ich tief und traumlos geschlafen hatte. Ich fühlte mich gut und als ich aus dem Bett stieg, hatte ich keine Probleme mit dem Gleichgewicht. Aber trotzdem war etwas anders als sonst. Zuerst kam ich nicht darauf, aber dann roch ich es. Julias Parfüm, dieser typisch liebliche Duft, der so gut zu ihr passte.

Also hatte sie doch noch einmal bei mir vorbei geschaut und ich hatte tief und fest geschlafen und es nicht mitbekommen.

Vielleicht war es unser Glück gewesen, denn ich hätte bestimmt große Mühe gehabt, ihr zu widerstehen und die Finger von ihr zu lassen.

Erst einmal öffnete ich die Balkontür, damit die Putzfrau, die mein Zimmer, aber auch das von Julia reinigte, nicht auf dumme Gedanken kommen konnte.

Ich ging ins Bad, duschte und rasierte mich, das heißt ich schnitt meinen Vollbart noch kürzer.

Eigentlich gar nicht mal so übel, dachte ich mir, als ich meinem Spiegelbild frech zugrinste und ihm die Zunge herausstreckte. Du siehst besser aus als vor dem Herzinfarkt, schmaler im Gesicht, kein Zittern und Wackeln in meinem linken Arm und wenn ich mich mit meinen Altersgenossen verglich, schnitt ich gar nicht mal so schlecht ab. Ich ging zwar auch am Stock, aber ich ging aufrecht. Ein wenig Arroganz durfte wohl sein, besonders wenn ich an Julia und Devi dachte.

Ja, Devi Anela Sinaratis. Das könnte ein Problem werden, denn sie konnte Julia und mir erhebliche Probleme bereiten. Ich hoffte, dass Julia sie hatte beruhigen können und wollte auch noch einmal mit ihr ein klärendes Gespräch führen.

Aber sie ging mir die nächsten zwei Tage erfolgreich aus dem Weg und so wurde nichts daraus.

Beim MTT nach dem Frühstück verausgabte ich mich so richtig, so dass ich die Fangopackung und die Hydrojet-Massage in vollen Zügen genoss. Ich stand nur mit Widerwillen von der Liege auf, weil anschließend Ergometertraining angesagt war. Meine Motivation war ehrlich gesagt unter aller Sau, denn wer so eine Terminplanung verbrochen hatte, gehörte als "Hau den Lukas" auf dem Volksfest ausgestellt. Ich kam mir vor wie ein Kaltblüter, der beim Deutschen Derby mitgaloppieren sollte.

An diesem Tag war meine Laune im Keller, man sah es mir an und ließ mich in Ruhe. Nur mit meinem Namenvetter konnte ich reden, da er eingeweiht war. Das hat mich dann etwas beruhigt.

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Freitag, 23. Juni 2023

Julia hatte heute frei und keine Spur von Devi als ich zum Ergometer-Training ging. Ich sah, dass das Namensschild an ihrer Bürotür weg war.

Zum Teufel, was war da los? Warum war ihr Zimmer leer?

Die Klinikchefin kam aus ihrem Büro mit einem Stapel Papiere in der Hand. Sie war sicher auf dem Weg zu einem Vortrag über Herzkrankheiten, Cholesterin oder falsche Ernährung.

"Suchen Sie Frau Sinaratis? Die ist nicht mehr bei uns. Hat sie Ihnen das nicht gesagt. Sie hat schon vor drei Monaten gekündigt, weil sie in die Firma ihres Mannes einsteigen wollte und seit heute ist sie weg."

Ich war wie erschlagen und gegen meinen Willen stiegen mir Tränen in die Augen.

"Na, na, nehmen Sie es nicht so schwer, ihr geht es sicher gut. Und die Buchbesprechung können Sie auch mit mir machen. Das kriegen wir bestimmt hin."

Den Ausdruck "Blöde Kuh!" konnte ich gerade noch unterdrücken. Obwohl, wie eine Kuh sah sie ja nicht gerade aus. Frau Dr. Klinikchefin war ziemlich attraktiv. Sie war nicht sehr groß, schlank, mit langem dunklen Haar und nicht einmal schlecht gebaut. In normalen Zeiten hätte ich ihr bestimmt hinterher geschaut, aber die Zeiten waren eben nicht normal.

Und sie war keine Devi, nicht die Bohne.

Ich konnte ihre Blicke in meinem Rücken regelrecht spüren, als ich zum Trainingsraum schlich.

Der Tag war mir gründlich versaut.

Beim Mittagessen stocherte ich lustlos in meinem Salat herum und die Blumenkohlcreme-Suppe zwang ich nur in mich hinein, damit ich überhaupt etwas Warmes im Magen hatte. Gott sei Dank war Susanne schon weg und Elena kam erst viel später, so dass ich Arne mein Herz ausschütten konnte. Er konnte mir zwar auch nicht weiterhelfen, hatte aber Verständnis für meine Situation.

Als kleines Trostpflaster machen wir wieder für den Samstag einen kleinen Einkaufsbummel aus. Ich kam mir langsam vor wie eine Frau, die aus lauter Frust zum Schoppen geht, um das Ganze zu kompensieren.

Das Schreiben fiel mir an diesem Tag nicht leicht.

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Samstag, 24.Juni 2023

Ein Schock im positiven Sinne beim Wiegen. Ich hatte an einem Tag 900g verloren, sagte zumindest die Waage. Gut für meine Gesundheit, aber der Grund dafür stimmte mich nicht positiv.

War das vielleicht Liebeskummer? Gekränkte Eitelkeit auf jeden Fall. Sie konnte doch nicht so sang- und klanglos verschwinden, ohne sich wenigstens von mir zu verabschieden. Ganz so gleichgültig waren wir uns doch nicht gewesen.

Diesmal hatte ich schon beim Frühstück meinen Rucksack dabei und Arne wollte seinen Rollator mitnehmen, damit er alles leichter unterbringen konnte und sich beim Gehen nicht so schwer tat.

Ich holte mir wieder 2l Saft und für unsere Damen am Tisch frische Brezen. Das konnte ich alles bequem in meinem Rucksack verstauen, während Arne seinen Rollator vollpackte, als stünde eine Hungersnot bevor. Er war aber auch durch seine Krankheit und den Herzinfarkt ordentlich abgemagert. Und als Ballastgewicht noch zwei Sixpack Hopfenkaltschale, weil immer nur Tee, Kaffee und Wasser sind nicht gut für den Heilungsprozess, wie er felsenfest behauptete.

Auf meinen Brezen wäre ich beinahe sitzengeblieben, denn Susanne und Elena kamen an diesem Tag nicht zum Essen. Männerbesuch, und dann auch noch die eigenen, als ob das wichtiger wäre. Also ging eine Breze an die nette Empfangsdame an der Rezeption und die zweite an Schwester Monika von unserer Station. Die dritte habe ich mir voller Genuss selber einverleibt.

Mit Arne war ich am Nachmittag noch im Café und wir tauschten uns über unsere Hobbys und Interessen aus. Wir hatten nicht nur den gleichen Vornamen, sondern interessierten uns für Astronomie und Teilchenphysik, wobei ich zugeben muss, dass mir der mathematische Teil ein Gräuel ist. Aber Arne jonglierte mit den Zahlen wie ein Artist im Zirkus.

Dann erzählte er mir noch einige interessante Dinge aus seinem Berufsleben als Rechtsanwalt und ganz nebenbei, dass er schon am Dienstag nach Hause fahren würde. Er wäre jetzt schon seit 3 Monaten in Krankenhäusern, seine Arbeit würde liegenbleiben, weil er keinen adäquaten Vertreter hätte. Nur Ausgaben, keine Einnahmen und langsam würde alles zusammenbrechen. Die Ärzte wären mit seiner vorzeitigen Entlassung einverstanden, da seine Versicherung auch bald nicht mehr zahlen würde. Also auch Anwälte haben es nicht einfach, wie ich schon von Susanne erfahren hatte.

Als ich in mein Zimmer gehen wollte, fing mich Schwester Monika ab. Meine Verlängerung war genehmigt worden, aber nur bis zum 6.Juli statt bis zum 8. Juli. Das wäre nämlich ein Samstag und dafür hatte meine Versicherung kein Verständnis. So würde ich an einem Donnerstag heimfahren, könnte am Freitag bei meinem Hausarzt wegen der Medikamente und Weiterbehandlung vorbeischauen und hätte dann das Wochenende Zeit mich zuhause zu erholen. Auch eine Begründung, aber gut.

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Sonntag, 25. Juni 2023

Nicht einmal Ergometerfahren konnte ich, da der MTT-Raum geschlossen war. Es war keine Aufsichtsperson greifbar und ohne Therapeuten durften wir nicht an die Geräte. Da machte sich der Personalmangel negativ bemerkbar.

Viele Telefonate mit der Familie, gute Ratschläge von meiner Frau Doktor Nichte aus Wiesbaden, noch bessere Anweisungen von meiner alles besser wissenden Schwester, weiterhin gute Genesungswünsche von Mama und dann eine Stunde lang gute und aufbauende Gespräche mit Mel und den Kindern. Kaum hatte ich aufgelegt, riefen Louise und ihre Mutter an und richteten mir die besten Grüße aus unserem Dorf aus. Es klang wie ein Nachruf, aber noch war ich nicht tot.

Aber in dieser Nacht habe ich wie ein Toter geschlafen.

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Montag, 26, Juni 2023

Wieder Blut abgegeben, um dann am nächsten Tag zu erfahren, was mit meinen Werten immer noch nicht stimmte. Aber ich erfuhr, dass Julia sich krank gemeldet hatte und heute nicht in der Klinik war. Zu ihrer Vertreterin wollte ich nicht, weil sie meine Krankengeschichte nicht kannte. Aber auch sie ist eine sehr kompetente Ärztin. Aber ich wollte ja auch aus persönlichen Gründen zu Frau Dr. Julia L.

115,5 kg, also wieder ein Pfund weniger, obwohl ich bis auf den Stadtbummel mit Arne jegliche sportliche Betätigung am Wochenende vermieden hatte. Also hatte doch der Liebeskummer an meinen Fettreserven geknabbert.

Ich saß nach dem Frühstück und einer kurzen Unterhaltung mit Arne in der Sitzgruppe der Rezeption, als mich plötzlich beinahe der Schlag traf. Ein blau gemustertes Sommerkleid kam auf mich zugeschwebt und darin steckte Devi Anela Sinaratis und grinste mich frech an. Sie winkte mir fröhlich zu und marschierte in Richtung ihres "ehemaligen" Büros. Dann machte sie eine Kehrtwendung und kam schnurstracks auf mich zu. Sie grinste mich richtig unverschämt an, als sie mein dummes, fragendes Gesicht sah.

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